Protocol of the Session on April 28, 2010

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Guten Morgen, Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 69. Sitzung im 23. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 16. Wahlperiode.

Tagesordnungspunkt 10: Mitteilungen des Präsidenten

Ich stelle hiermit die Beschlussfähigkeit fest.

Geburtstag hat heute der Abgeordnete Norbert Böhlke.

(Beifall)

Ich übermittle Ihnen im Namen des ganzen Hauses herzliche Glückwünsche: Gesundheit und Wohlergehen für das vor Ihnen liegende neue Lebensjahr, Herr Kollege!

Jetzt zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 11, der Abgabe einer Regierungserklärung. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort.

Zu dem zu Tagesordnungspunkt 19 vorgesehenen Antrag zum Thema SGB II wurde mir von den Fraktionen mitgeteilt, dass zwischen ihnen noch Abstimmungsbedarf besteht. Das betrifft den letzten Punkt auf unserer heutigen Tagesordnung. Davon, ob zu diesem Thema Beratungsbedarf besteht, hängt ab, ob die heutige Sitzung gegen 19 Uhr oder 19.30 Uhr endet.

Ich darf Sie herzlich bitten, Ihre Reden bis spätestens morgen Mittag, 12 Uhr, an den Stenografischen Dienst zurückzugeben.

Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr die Schriftführerin mit.

Guten Morgen, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es haben sich entschuldigt von der Landesregierung Finanzminister Herr Möllring ab 12.30 Uhr, von der Fraktion der CDU Frau Jahns und von der Fraktion der SPD Herr Tonne.

Vielen Dank. - Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 11 auf:

Abgabe einer Regierungserklärung „Niedersachsen 2020 - Große Herausforderungen für unser Land in schwieriger Zeit“ - Unterrichtung - Drs. 16/2418

Der Ministerpräsident hat mit Schreiben vom 20. April 2010 mitgeteilt, am heutigen Vormittag eine Regierungserklärung abgeben zu wollen.

Ich erteile dem Herrn Ministerpräsidenten das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Zuerst - das werden alle nachvollziehen - gilt mein Dank der großen Mehrheit des Hauses für die gestrige Zustimmung zu den neuen Kabinettsmitgliedern.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: So groß war sie nicht!)

Das ist ein wichtiges Signal der Geschlossenheit und des Aufbruchs.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Mein Angebot zur Mitarbeit gilt selbstverständlich - das ist demokratische Gepflogenheit - allen Abgeordneten des Hauses und allen Fraktionen, an der Bewältigung mitzuarbeiten - unter Einschluss von Herrn Lies, Herrn Schostok und anderen, vorbehaltlich der noch durchzuführenden Wahlen. Ich glaube, dass die Herausforderungen so groß sind, dass es sich lohnt, sich über diese hier gemeinsam auszutauschen.

Es wird eine Kraftanstrengung vergleichbar mit der Zeit des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg, was klar wird, wenn man sich die Lage der Finanzen von Land und Kommunen infolge der Finanzkrise anschaut,

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

wenn man sich die demografische Entwicklung anschaut und wenn man beispielsweise die Herausforderungen durch den Klimawandel auch in Auswirkung auf ein Küstenland wie Niedersachsen betrachtet.

Vorweg möchte ich sagen, dass Niedersachsen besonders gut für die Zukunft gerüstet ist. Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes sind mit unserer Arbeit zufrieden - zufriedener denn je. Das hat die NDR-Umfrage gezeigt. Vor allem CDU und FDP wird zugetraut, die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen. Dieses Vertrauen werden wir, CDU, FDP und die Landesregierung, bestärken, weil wir die Aufgaben, die vor uns liegen, mit Mut, Tatkraft und Entschlossenheit angehen - wie in den vergangenen sieben Jahren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es ist fast schon bemerkenswert, dass wir trotz dieser gigantischen Finanz- und Wirtschaftskrise in einer guten Verfassung sind.

Thema Arbeit: Wir haben heute die niedrigste Arbeitslosigkeit seit zwölf Jahren.

Thema Bildung: Wir haben den höchsten jemals erreichten Stand an Lehrkräften an unseren Schulen bei gesunkenen Schülerzahlen.

Thema Sicherheit: Wir haben die historisch höchste Aufklärungsquote mit rund 60 %.

Diese Themen - Arbeit, Bildung, Sicherheit - sind uns in den letzten sieben Jahren wichtig gewesen. Dort haben wir gegenüber anderen Ländern aufgeholt. Aber wir müssen jetzt mit gleicher Entschlossenheit die großen, neuen Herausforderungen angehen.

Die erste, die ich benennen möchte, ist die Überwindung der Finanzkrise. Seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland hat es das nicht gegeben, dass die Wirtschaftsleistung innerhalb eines Jahres - wie im vergangenen Jahr - um 5 % schrumpft und dass sowohl der Welthandel als auch das Bruttoinlandsprodukt schrumpfen.

Es ist auch wahr, dass wir mit Rettungsschirmen, Konjunkturpaketen, Kurzarbeit, Umweltprämie und anderen Maßnahmen besonnen und klug gehandelt haben, sodass heute internationale Medien schreiben: Deutschland ist nicht mehr kranker Mann Europas, sondern der Motor Europas. Niedersachsen ist ein sehr starker Teil dieses Motors; denn bei uns ist die Wirtschaftsleistung unterdurchschnittlich zurückgegangen und das Wachstum in den letzten Jahren überdurchschnittlich gewesen. Darauf können wir gemeinsam stolz sein.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir hatten sogar in dem Krisenjahr einen Anstieg der Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um 0,5 %. Damit liegt Niedersachsen im bundesweiten Vergleich auf Platz 1 der westdeutschen Flächenländer. Wir hatten in den letzen sieben Jahren einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 5,3 %. In Westdeutschland betrug er nur 3,0 %.

Es war richtig, dass diese Mehrheit bei der Umsetzung der inzwischen über 5 100 Vorhaben nach der Initiative Niedersachsen und dem Konjunkturprogramm von Anfang an auf die Kommunen gesetzt hat. Jetzt kann man im Lande betrachten, wie richtig es war, hierbei den Kommunen die Kompetenz zuzutrauen. Sie wissen am besten, wo der Geldeinsatz angebracht ist und wie es schnell in der örtlichen Wirtschaft eingesetzt wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Aber wir als Regierung spüren natürlich täglich, wie schwierig dieses Jahr wird und wie schwierig die nächsten Jahre werden. Zu den zentralen Aufgaben gehört es, den Mittelstand, die Wirtschaft, auch große Vorhaben mit bezahlbaren Krediten zu versorgen, die Finanzmärkte zu reformieren, damit Verantwortung und Haftung wieder die entscheidende Rolle spielen, und die Banken an den Kosten der Krise zu beteiligen, wobei wir - das ist, glaube ich, Konsens in diesem Haus - in besonderer Weise Verantwortung für die Sparkassen und die Genossenschaftsbanken haben, die an dem Entstehen der Krise eben so gut wie nicht beteiligt waren. Sie bedürfen deswegen jetzt besonderer Berücksichtigung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Uns liegt daran, dass die Dinge wieder in Ordnung gebracht werden, dass wir wieder zu einer vernünftigen Haushaltsführung zurückkehren und dass wir eine Exitstrategie aus der schuldenfinanzierten Krisenbekämpfung entwickeln. Wir müssen das Vertrauen in die soziale Marktwirtschaft wiederherstellen. Wir müssen vor allem auf den Konsolidierungspfad bei den öffentlichen Haushalten zurückkehren. Das ist zwar überaus schmerzlich, aber dazu gibt es im Kern keinerlei Alternative.

Die zweite Herausforderung ergibt sich daraus, nämlich die Sanierung der öffentlichen Haushalte. Wenn wir diese jetzt nicht weiter intensiv betreiben, auch mit unpopulären Entscheidungen in der Kabinettsklausur im Juni und bei der Aufstellung des Haushalts 2011, werden wir uns an kommenden

Generationen versündigen. Griechenland lässt grüßen!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

An Griechenland kann man erkennen: Jedes Jahr mit neuen Schulden zu arbeiten, geht nicht immer gut. Manche Dinge, die man jahrelang gemacht hat, gehen irgendwann nicht mehr. Es muss uns beunruhigen, und es beunruhigt auch die Bevölkerung draußen im Lande, aber auch uns im Parlament, dass der Bund in diesem Jahr 80 Milliarden Euro neue Schulden aufnimmt. Das entspricht rund 25 % der vorgesehenen Ausgaben. Auch in Niedersachsen machen wir mit jeweils 2,3 Milliarden Euro neuen Schulden in diesem und im vergangenen Jahr zu viele Schulden. Damit lagen wir zwar weit unter dem, was die Vorgängerregierung ohne Finanzkrise an Schulden gemacht hat.

(Zurufe von der SPD)

- Sie haben eine Neuverschuldung von 6 Milliarden Euro mit dem Doppelhaushalt 2002/03 beschlossen, als es keine Finanzkrise gab. Wir hingegen haben eine Neuverschuldung von 4,6 Milliarden Euro in den Jahren der Finanzkrise beschlossen. Daran wird deutlich, weshalb bei manchen von roten Zahlen und bei anderen von schwarzen Zahlen gesprochen wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Uns und wahrscheinlich auch Sie beunruhigt vor allem die Situation der kommunalen Haushalte. Zwar konnten die niedersächsischen Kommunen in den Jahren 2006, 2007 und 2008 Überschüsse erwirtschaften. Im Jahr 2009 hat sich diese Entwicklung allerdings dramatisch umgekehrt. Es ist gut, dass Innenminister Schünemann in der Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen vertreten ist. Wir erwarten ein klares Signal zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung. Denn die Kommunen sind die Urorte der Demokratie. Auf kommunaler Ebene hat es angefangen mit der Mitwirkung und Verantwortung von Bürgerinnen und Bürgern. Wir wissen, nur starke Gemeinden, Städte und Landkreise bieten die Gewähr für ein starkes Land Niedersachsen. Ohne starke Kommunen ist dieses Ziel nicht erreichbar.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es ist ziemlich ernüchternd, dass die Landesregierung die Gewerbesteuerumlage gesenkt hat - das bringt den Kommunen 300 Millionen Euro im Jahr -, die Konnexität eingeführt hat, die Investitionsmittel überwiegend den Kommunen gegeben

hat, den Zukunftsvertrag verabschiedet hat, dass aber das alles nicht reicht, um die Kommunen in eine gute Zukunft zu führen. Daher wird von der Kommission des Bundes erwartet, dass sie entscheidende Schritte zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung vorbereitet.