Guten Morgen, Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 142. Sitzung im 46. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 16. Wahlperiode.
Zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 16, Aktuelle Stunde. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort.
Guten Morgen, Kolleginnen und Kollegen! Es haben sich entschuldigt: von der Fraktion der CDU Frau Hartmann, Herr Hogrefe und Frau Konrath bis ca. 10 Uhr sowie von der Fraktion der SPD Herr Möhle bis zur Mittagspause und Herr Krogmann ab 14 Uhr.
Für diesen Tagesordnungspunkt sind mir fünf Themen benannt worden, deren Einzelheiten Sie dem Nachtrag zur Tagesordnung entnehmen können.
Die in unserer Geschäftsordnung für den Ablauf der Aktuellen Stunde geregelten Bestimmungen setze ich bei allen Beteiligten - auch bei der Landesregierung - als bekannt voraus.
Die Auswirkungen des Fiskalpaktes werden Niedersachsen und seine Kommunen hart treffen - Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/5015
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das erste Thema der heutigen Aktuellen Stunde trägt die Überschrift „Die Auswirkungen des Fiskalpaktes werden Niedersachsen und seine Kommunen hart treffen“. Das steht natürlich unter einem Vorbehalt; denn wir wissen ja: Der Bundestag und der Bundesrat haben das Paket zwar verabschiedet. Es hat aber noch keine Rechtskraft, weil die Unterschrift des Bundespräsidenten fehlt. Dieser wartet wiederum auf das Bundesverfassungsgericht. Und das Bundesverfassungsgericht hat klugerweise gesagt: Ihr könnt da Hektik machen, wie ihr wollt. Wir lassen uns von den Märkten nicht unter Druck setzen. Das Urteil kommt frühestens am 12. September. - Also warten wir erst einmal in Ruhe auf den 12. September!
Bei der Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht geht es vor allen Dingen um die Frage der Demokratie; denn der Kern des Fiskalpaktes ist, dass per nicht kündbarem Vertrag - das ist ein nie mehr kündbarer Vertrag; er hat sozusagen Ewigkeitsgarantie - in Zukunft alle nationalen Parlamente auf einen der wesentlichen Bestandteile des Haushaltsrechts verzichten sollen, nämlich auf das Recht - das jeder Häuslebauer und jeder Unternehmer hat -, für die Zukunft und für Zukunftsinvestitionen auch Kredite aufzunehmen. Per völkerrechtlichem Vertrag sollen alle Parlamente Europas dieses Recht künftig nicht mehr haben. Das ist eine dramatische Einschränkung der Demokratie. Die Linke wird das niemals mitmachen - auf keiner Ebene.
In dieser Aktuellen Stunde geht es aber um die Auswirkungen für Niedersachsen. Wir hatten am 22. Juni 2012 schon eine Debatte dazu. Leider sehe ich jetzt Herrn Aller nicht. Ich wollte nämlich gerne noch einmal auf folgenden Punkt eingehen: In der Debatte am 22. Juni dieses Jahres hat Herr Aller begründet, warum seine Partei dem Fiskal
Als ich ihn gefragt habe, ob er denn einmal das Missverhältnis zwischen dem, was der Fiskalpakt eigentlich kostet, und dem, was die SPD herausverhandelt hat, quantifizieren könne, hat er gesagt, dieses Missverhältnis bestehe zwar, aber - ich zitiere -:
„Die Frage ist, ob man überhaupt etwas tut, wenn man die Möglichkeit hat, etwas tun zu können. Deshalb die Finanztransaktionssteuer. … Die rechnen mit 35 bis 37 Milliarden, möglicherweise aufgeteilt auf Europa und die Teilnehmerländer.“
Patrick Schreiner vom DGB Niedersachsen verdanken wir eine interessante, sehr detaillierte Rechnung zu der Frage, was der Fiskalpakt eigentlich an Mitteln kostet, die den Haushalten entzogen werden, und wie viel diese Verhandlungsergebnisse bringen. Er kommt zu folgendem Ergebnis:
„in den 25 Fiskalpakt-Staaten Kürzungszwänge von 480 Milliarden Euro provozieren … Dem stehen durch ,Wachstumspaket‘ und Finanztransaktionssteuer im absolut unwahrscheinlichen Idealfall Kompensationen durch Mehreinnahmen bzw. höhere Ausgaben der 25 europäischen FiskalpaktStaaten von höchstens 148,9 Milliarden Euro gegenüber.
Dies zeigt: Die Maßnahmen, die SPD und Grüne Merkel für die Zustimmung zum Fiskalpakt abgetrotzt haben wollen, sind nicht einmal annähernd geeignet, die negativen Auswirkungen des Fiskalpakts wettzumachen.“
ist ungefähr das, was der Fiskalpakt auf europäischer Ebene den öffentlichen Haushalten entzieht. Die rechte Säule ist ungefähr das, was herausverhandelt worden ist. Das ist das Missverhältnis. Dieses Missverhältnis wird in den nächsten Jahren massiv auf das Land Niedersachsen und seine Kommunen durchschlagen - natürlich nur anteilig, nicht vollständig.
(Christian Grascha [FDP]: Diese Gra- fik zeigt, dass Sie Marktwirtschaft überhaupt nicht verstanden haben!)
Nun weiß ich auch - Sie wissen das genauso -, dass wir diese Vereinbarung im Bundesrat haben. Der Kern ist allerdings: Jetzt ist klargestellt, dass die Länder für die Kommunen haften. Zwar will sich der Bund an den Eingliederungshilfen für Menschen mit Behinderung beteiligen. Aber die konkrete Ausgestaltung ist unklar. So ähnlich ist es auch bei der Frage der Krippenplätze. Das soll nach Kinderförderungsgesetz passieren. Aber da stellt sich schon jetzt häufig das Problem des Eigenanteils, also der Gegenfinanzierung der Kommunen. Auch das ist mehr ein Drops zum Lutschen, als dass es wirklich Nährwert beinhaltet.
Insgesamt zeigt sich: Dieses zwischen Bund und Ländern ausgehandelte Ergebnis trägt der angespannten finanziellen Situation der Kommunen nicht Rechnung. Die Situation der Kommunen wird sich massiv verschärfen. Das haben alle zu verantworten, die diesem unseligen Fiskalpakt zugestimmt haben. Wir hoffen zwar auf den 19. September und das Bundesverfassungsgericht.
Aber wir werden weiter gegen den Fiskalpakt, gegen Bankenmacht und für Demokratie in Europa kämpfen.
(Beifall bei der LINKEN - Jens Nacke [CDU]: Wie kann man nur so viel Fal- sches in fünf Minuten packen?)
Ich stelle zunächst die Beschlussfähigkeit des Hauses fest und erteile jetzt dem Kollegen Grascha das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Sohn, die Balken, die Sie eben gezeigt haben, dokumentieren nur, dass Sie von Marktwirtschaft offensichtlich gar keine Ahnung haben.
Das, was Sie da gezeigt haben, ist ein statisches System. Die Marktwirtschaft ist aber ein lebendiges, ein dynamisches System.
Nach den Diskussionen über die Schuldenkrise in Europa ist der Fiskalpakt eine einmalige Chance, aus der Schuldenfalle der letzten Jahrzehnte herauszukommen. Der Fiskalpakt korrigiert die Fehler, die in der Geburtsstunde des Euro gemacht wurden, aber auch bei der Durchführung. Wir erinnern nur daran, dass Deutschland eines der ersten Länder war, das die Stabilitätskriterien verletzt hat. Das hat seinerzeit die rot-grüne Bundesregierung getan. Kanzler Schröder hat sich hier in Deutschland dann sogar noch dafür feiern lassen, dass ihm das gelungen ist. Das war eindeutig ein Fehler, und diese Fehler werden jetzt vom Fiskalpakt korrigiert.