Der Fiskalpakt führt Schuldenbremsen in ganz Europa ein - das ist gut. Wir bekommen verbindliche Regeln - das ist gut. Und wir bekommen auch automatische Sanktionen - das ist ebenfalls gut. Jetzt sind wir in Europa auf dem richtigen Weg, meine Damen und Herren.
Nun kommen wir zu den Auswirkungen auf die Kommunen, die Herr Dr. Sohn zumindest im Titel der Aktuellen Stunde genannt hat; in seinem Redebeitrag ist er darauf aber gar nicht richtig eingegangen.
Ich möchte dazu auf die Drs. 17/10074 des Deutschen Bundestages hinweisen. Dabei handelt es sich um die Antwort der Bundesregierung auf eine
„Welche Besonderheiten gelten bei der Einbeziehung der Kommunen in das gesamtstaatliche Defizit vor dem Hintergrund der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie?“
„Die kommunale Selbstverwaltungsgarantie wird durch den Fiskalvertrag bzw. den in der Diskussion befindlichen gesetzgeberischen Maßnahmen zur innerstaatlichen Umsetzung nicht berührt.“
Nach Artikel 58 unserer Landesverfassung trägt das Land die Verantwortung für die Finanzausstattung der Kommunen. Diese Verantwortung nehmen zumindest CDU und FDP auch wahr.
Wir haben uns in der Vergangenheit für das Konnexitätsprinzip stark gemacht. Wir haben uns für einen verfassungsgemäßen kommunalen Finanzausgleich stark gemacht; auch das ist nicht allen Seiten in diesem Haus in der Vergangenheit stets gelungen. Und wir haben mit unserem Vorschlag zur Schuldenbremse ab 2017 eine Finanzgarantie für unsere Kommunen vorgeschlagen. Diesem Vorschlag muss die Opposition nur zustimmen, dann sind unsere Kommunen geschützt, meine Damen und Herren.
Die Auswirkungen auf das Land gestalten sich wie folgt: Wir sehen uns durch den Fiskalpakt auf unserem Weg bestätigt. Wir wollen die Nullverschuldung ab 2017 mit einem klaren Abbaupfad. Dieses klare Bekenntnis erwarten wir vor allem auch von den Kollegen der SPD. Bisher fehlt dieses Bekenntnis aber. Ich sage dazu: Für die Verfassungsänderung brauchen wir die Opposition. Für einen ausgeglichenen Haushalt ab 2017 brauchen wir die Opposition aber nicht. Auf diesem Weg werden wir klar weiterarbeiten.
Die FDP-Fraktion begrüßt das Entgegenkommen des Bundes beispielsweise bei den Ausgaben der Grundsicherung. Dieses Entgegenkommen bedeutet 171 Millionen Euro für die nächsten drei Jahre
für den Landeshaushalt. Außerdem 3 000 zusätzliche Krippenplätze und einige andere Dinge, Stichworte Eingliederungshilfe und Entflechtungsgesetz.
Ich möchte hier noch einmal ganz klar betonen: Niedersachsen hätte dem Fiskalpakt auch ohne diese Vereinbarung zugestimmt; denn ein gesamtstaatliches Defizit verringert man nicht dadurch, dass man eine bestehende Aufgabe von einer Ebene zur anderen führt, sondern dadurch, dass man spart und konsolidiert.
Deshalb bedauern wir auch, dass sich die SPDregierten Länder bei der Außenhaftung und bei den Sanktionen durchgesetzt haben. Leider ist es so, dass die Länder aus der Verantwortung für den Fiskalpakt raus sind. Länder wie NordrheinWestfalen, die im Tiefschlaf versuchen, die Schuldenbremse zu erreichen, können bis 2020 leider so weitermachen, und der Bund muss ihnen auf Druck der SPD auch noch die Bettdecke reichen. Wir sind dafür, dass auf allen Ebenen Verantwortung übernommen wird. Niedersachsen muss und wird weiter Vorbild sein, zumindest solange CDU und FDP in diesem Land regieren.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schon der Titel dieser Aktuellen Stunde macht deutlich, welche Absicht dahintersteht. Die Linke unternimmt wieder einen ihrer Versuche, sich als Fundamentalopposition und kompromisslose Kritikerin ins Bild zu setzen.
Dass der Fiskalpakt noch umfassender als die Schuldenbremse Sparzwänge auferlegt, ist richtig - nicht nur dem Bund und den Ländern, sondern eben auch den Kommunen. Gerade wegen ihrer jetzt schon bestehenden Finanznot sind die Kommunen kaum in der Lage, ihre Aufgaben zu erfül
len. Wir wissen, dass die Kassenkredite aktuell mehr als 44 Milliarden Euro betragen. Die Infrastruktur droht zu verfallen, und neue Aufgaben sind kaum noch leistbar. Das hat auch damit zu tun, dass die Kommunen stellvertretend für die Länder und den Bund Aufgaben wahrnehmen müssen, obwohl ihre Einnahmesituation nach wie vor sehr unsicher ist.
In Niedersachsen hat dazu aber auch die Kürzung des kommunalen Finanzausgleichs erheblich beigetragen, meine Damen und Herren.
Genauso richtig aber ist auch, dass die A-Länder und die SPD im Bund nicht auf Fundamentalopposition gemacht haben. In harten und zähen Verhandlungen sind wichtige Erfolge für die Kommunen erzielt worden, die zumindest einen Einstieg in den Ausstieg aus der Schuldenspirale der Kommunen gebracht haben.
Ich will dafür vier Beispiele nennen: Der Bund stellt jetzt mehr Mittel für den Ausbau der Kinderbetreuung, nämlich 580 Millionen Euro, zur Verfügung. Diese Mittel hätten wir ohne diese Verhandlungen nicht gehabt, meine Damen und Herren.
Zukünftig werden den Kommunen auch die Ausgaben für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung als Nettokosten in einer Spitzabrechnung erstattet. Auch das hätten wir ohne diese Verhandlungen nicht erreicht, meine Damen und Herren.
Ich sage hier ganz klar: Das ist sicherlich ausbaufähig, aber es ist ein Anfang. Für Niedersachsen bedeuten allein diese Regelungen schon Mehreinnahmen von 100 Millionen Euro.
Herr Dr. Sohn, Sie lassen immer aus, dass der Einstieg in die Finanztransaktionssteuer ein ganz großer Erfolg unserer Verhandlungen ist.
Besteuerung der Finanzmärkte kommen muss. Das Vertragswerk wird jetzt auch durch ein Programm für mehr Wachstum und Beschäftigung in Europa flankiert. Die Ursachen der Finanzmarktkrise würden durch diese Bundesregierung und auch durch diese Landesregierung heute immer noch nicht angegangen, wenn es nach Frau Merkel und nach dem Finanzminister und dem Ministerpräsidenten in diesem Hause gegangen wäre. Das ist unser Erfolg, meine Damen und Herren!
Herr Finanzminister, Herr Möllring, Sie nennen diese Verhandlungen in der NOZ vom 29. Juni ganz abwertend „eine Feilscherei“. Offenbar wollen Sie immer noch nicht wahrhaben, dass den Kommunen das Wasser wirklich bis zum Hals steht. Ihnen ist offenbar auch nicht klar, dass den Kommunen aktiv geholfen werden muss, damit sie aus der Finanzklemme herauskommen. Wir alle erinnern uns noch sehr gut daran, dass Sie hier in Niedersachsen sogar die Gewerbesteuer abschaffen wollten.
(Beifall bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Es ist nicht überall so schlimm wie in Hannover, Herr Schostok!)
Es grenzt schon an unverantwortliche Fahrlässigkeit, wie diese Landesregierung mit Schuldenbremse und Fiskalpakt umgeht. Mein Eindruck verfestigt sich immer mehr: Ihnen ist völlig egal, was dies für die Aufgabenerfüllung des Landes und der Kommunen bedeutet, weil Sie nur auf die propagandistischen Aspekte des Schuldenabbaus fixiert sind, meine Damen und Herren.
Wenn wir den Kommunen nicht helfen und die finanziellen Spielräume des Staates nicht generell erweitern - und darum geht es -, dann werden die Schuldenbremse und der Fiskalpakt den sozialen und demokratischen Staat bei der Erfüllung seiner Aufgaben unaufhaltsam strangulieren, meine Damen und Herren. Nehmen Sie bitte auch die andere Seite der Wahrheit wahr!
(Beifall bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Dann stimmen Sie aber auch dem Schweizer Steuerabkommen zu! - Weitere Zurufe)
Wir sehen auch die Notwendigkeit, dass einem unkontrollierten Schuldenmachen ein Riegel vorgeschoben werden muss. Gleichzeitig sagen wir aber auch, dass der Staat seine Aufgaben greifbar wahrnehmen muss. „Nachhaltige Haushaltspolitik“ heißt eben auch, sich um die Einnahmen zu kümmern. Dem Staat müssen genügend Mittel für die Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung gestellt werden.