Protocol of the Session on December 15, 2009

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Die Beschlussfähigkeit stelle ich zu einem späteren Zeitpunkt fest.

Mitteilungen des Präsidenten

Zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 11, Dringliche Anfragen. Anschließend setzen wir die Beratungen mit der Aussprache über die Einzelpläne „Inneres, Sport und Integration“ und „Justiz“ fort. Nach der Mittagspause behandeln wir die Einzelpläne „Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien“, „Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung“ sowie „Umwelt und Klimaschutz“. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort.

Die heutige Sitzung soll gegen 20.50 Uhr enden.

Ich weise außerdem darauf hin, dass auch in diesem Tagungsabschnitt das „Modellprojekt Landtagsfernsehen“ wieder mit Nachwuchsjournalistinnen und -journalisten der Humboldt-Schule Seelze Sendungen erstellen wird. Die einzelnen Sendungen stehen unmittelbar nach ihrer Produktion im Internet auf der Homepage der Multi-Media Berufsbildende Schule (www.mmbbs.de) zum Abruf bereit. Sie sollen auch über den Regionalsender h1 gesendet werden.

An die rechtzeitige Rückgabe der Reden an den Stenografischen Dienst bis spätestens morgen Mittag, 12 Uhr, wird erinnert.

Es folgen geschäftliche Mitteilungen durch die Schriftführerin.

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es haben sich entschuldigt von der Fraktion der CDU Frau Pieper bis zur Mittagspause und von der Fraktion der SPD Herr Schneck.

Vielen Dank. - Bevor wir die Beratung aufnehmen, von mir folgender Hinweis: Mit dem zeitlichen Ab

stand zur Diskussion am gestrigen Tage und nach der Sitzung des Ältestenrates möchte ich mitteilen, dass ich im Januar die Fraktionsspitzen erneut zu einem Gespräch einladen möchte, um generell über die Debattenkultur im Niedersächsischen Landtag und im Speziellen auch über den Ablauf des gestrigen Abends anhand des dann vorliegenden Protokolls zu diskutieren. Im Übrigen möchte ich dem einen oder anderen Kollegen anraten, in § 89 der Geschäftsordnung, auf den ich verweise, nachzulesen, welche Möglichkeiten der Präsident in besonderen Fällen hat. Es geht darin um die Ordnung im Plenarsaal. Dort ist exakt beschrieben, wie der Präsident agieren kann.

Wir kommen jetzt zu Tagesordnungspunkt 11:

Dringliche Anfragen

Es liegen vier Dringliche Anfragen vor.

Nach der gestern beschlossenen Änderung unserer Geschäftsordnung kann jede Fraktion nunmehr fünf Zusatzfragen stellen. Diese Änderung greift bereits in der heutigen Sitzung. Im Übrigen setze ich die für die Behandlung Dringlicher Anfragen geltenden Geschäftsordnungsbestimmungen als allgemein bekannt voraus. Ich weise nur noch gesondert darauf hin, dass einleitende Bemerkungen bei den Zusatzfragen nicht zulässig sind. Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich Sie, sich auch weiterhin schriftlich zu Wort zu melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 11 a auf:

Viktoriabarsch und Pangasius statt Seelachs? - Anfrage der Fraktion der CDU - Drs. 16/1963

Ich erteile dem Kollegen Frank Oesterhelweg - - -

(David McAllister [CDU]: Nein, McAl- lister! - Wolfgang Jüttner [SPD]: Das ist Chefsache!)

- Gut. Ich erteile dem Kollegen McAllister das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Unruhe)

Herr Kollege, ich darf kurz unterbrechen. - Da ja Wert darauf gelegt wird, dass Ruhe im Plenarsaal herrscht, werde ich jetzt konsequent darauf achten. Insofern sollten Sie sich noch etwas Zeit nehmen, bis es ruhiger geworden ist. - Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Dringliche Anfrage der CDULandtagsfraktion hat folgenden Wortlaut:

Victoriabarsch und Pangasius statt Seelachs?

Im November 2009 hat der WWF die internationale Zertifizierung des Marine Stewardship Council (MSC) lobend hervorgehoben. Der MSC-Standard wurde durch eine umfangreiche Beratung mit Wissenschaftlern, Fischereimanagern und Umweltschutzorganisationen rund um den Globus entwickelt und stellt einen breiten Konsens darüber dar, was nachhaltige Fischerei ist. Die an die Zertifizierung geknüpften Bedingungen verpflichten Fischereibetriebe dazu, ihre Leistung kontinuierlich zu verbessern, und führen zu langfristigen, positiven Veränderungen im Fischereimanagement und in der operativen Arbeit der Fischerei.

Am Beispiel des Alaska-Seelachses hat die Naturschutzorganisation WWF Produkte mit dem MSCSiegel als gute Wahl für Händler und Verbraucher empfohlen, die sich für umweltverträgliche Fischprodukte entscheiden wollen. Das mit der Zertifizierung verbundene Fischereimanagement etwa für den US-Alaska-Seelachs gelte in wissenschaftlichen Kreisen als eines der besten der Welt.

Ebenfalls im November 2009 hat Greenpeace die dritte Ausgabe seines Einkaufsratgebers „Fisch - beliebt, aber bedroht“ herausgegeben. In der dritten Auflage ruft die Organisation den Verbraucher dazu auf, weniger und bewusster Fisch zu essen. Vertretbar wäre laut Greenpeace etwa der Verzehr des Viktoriabarsches oder des Pangasius, ein vornehmlich in Aquakulturen in Südostasien gezüchteter Fisch, der sich zunehmend auch in jeder deutschen Fischtheke findet. Der Ratgeber hält hingegen den Kauf und Verzehr von AlaskaSeelachs - auch Alaska-Pollack genannt - trotz MSC-Zertifizierung für nicht vertretbar.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Wie beurteilt die Landesregierung den Einkaufsratgeber „Fisch - beliebt, aber bedroht“ von Greenpeace im Allgemeinen und im Hinblick auf die mit der MSC-Zertifizierung verbundenen positiven Zielsetzungen?

2. Teilt die Landesregierung die Besorgnis der Vertreter der Fischwirtschaft auf Bundes- und Landesebene, der Ratgeber könne zu wirtschaftlichen Ausfällen führen und verleite den Verbraucher zu übertriebener Abstinenz beim Fischverzehr?

3. Stellt die Aquakultur aus Sicht der Landsregierung eine Alternative zum Wildfang dar, und welche Vorteile bzw. Nachteile sind mit dieser Art der Fischzucht verbunden?

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile Herrn Minister Ehlen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Fisch ist ohne jeden Zweifel ein vielfältiges und wertvolles Lebensmittel. Lassen Sie mich dazu einige Fakten nennen.

Im vergangenen Jahr lag der Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland bei 15,5 kg und damit noch unter dem Weltdurchschnitt von 16,4 kg. Auch in den meisten EU-Mitgliedstaaten lag der Fischverbrauch höher, so z. B. in Spanien und Portugal bei mehr als 50 kg.

Der deutsche Markt wird nach wie vor zu knapp 70 % von Seefischen dominiert, während der Anteil von Süßwasserfisch einschließlich Lachs 22 % beträgt. 10 % des Verbrauchs entfallen auf Krebse und Weichtiere. Das Gesamtaufkommen an Fisch und Meeresfrüchten betrug im vergangenen Jahr über 2,2 Millionen t Fanggewicht. Die Anlandungen der deutschen Fischer und die Produktion der deutschen Binnenfischer haben hieran einen Anteil von rund 14 %.

Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass wir in Europa eine gemeinsame Fischereipolitik haben, deren vorrangiges Ziel die nachhaltige Nutzung der Fischbestände ist. Dieser Grundsatz der Nachhaltigkeit wird von uns zusammen mit der Bundesregierung vorbehaltlos unterstützt.

Natürlich gibt es viele Fischbestände, die nachhaltig genutzt und nicht überfischt werden. Dies zeigt die Tatsache, dass immer mehr Fischereien durch den MSC - nicht nur in Europa, sondern weltweit - als nachhaltig zertifiziert werden. Hierzu gehören z. B. die Seelachs- und auch die Heringsfischerei in der Nordsee. Auch die US-amerikanische Fischerei auf Alaska-Seelachs, die eine der wichtigsten Fischereien darstellt, ist MSC-zertifiziert. Die russische Fischerei auf diese Fischart durchläuft derzeit den Zertifizierungsprozess.

Vor diesem Hintergrund kann die Ablehnung vieler MSC-zertifizierter Fischarten durch einen Einkaufsratgeber aus wissenschaftlicher Sicht nicht nachvollzogen werden. Verbraucherinformationen sollten sich vielmehr sachlich und begründet darstellen.

In diesem Zusammenhang begrüßen wir das Verbraucherinformationssystem, das Frau Bundesministerin Aigner gemeinsam mit dem JohannHeinrich-von-Thünen-Institut, dem Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels und dem Bundesmarktverband der Fischwirtschaft vorgestellt hat. Verbraucherinnen und Verbraucher erhalten hier sachgemäße und verständliche Entscheidungshilfen, um ihren Fischeinkauf an Nachhaltigkeitskriterien auszurichten.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zu 1: Aus Sicht der Landesregierung kommt es auf die nachhaltige Nutzung der Fischbestände an. Hierzu gibt es Erkenntnisse der Wissenschaftler. Inzwischen gibt es auch zahlreiche Fischereien, die sich im Hinblick auf die Nachhaltigkeit haben zertifizieren lassen. Wir sehen deshalb keinen vernünftigen Grund, weshalb der Verbrauch und der Verzehr dieser Fischarten zurückgehen sollen oder darauf verzichtet werden soll.

Zu 2: Inzwischen gibt es zahlreiche Angebote und Möglichkeiten für den Verbraucher, sich sachgerecht über das Thema Fisch und Fischerei zu informieren und dann seine Kaufentscheidung zu treffen. Aus Sicht der Landesregierung ist daher nicht zu erwarten, dass der Verzehr von Fisch oder auch Fischwaren zurückgehen wird.

Zu 3: Die Aquakultur kann einen Beitrag zur Versorgung der Bevölkerung leisten und stellt mittel- und langfristig eine Ergänzung zur Fischerei dar. In Niedersachsen ist die Aquakultur in den letzten beiden Jahren entscheidend weiterentwickelt worden. Die Landesregierung unterstützt hier entspre

chende Innovationen. Dabei liegt das besondere Augenmerk auf der Reduzierung von Wasser- und Energieverbrauch.

Gegenwärtig ist der Landeregierung der folgende Bestand an Aquakulturbetrieben in Niedersachsen bekannt: 10 Haupt- und 1 300 Neben- und Zuerwerbsbetriebe der Karpfenteichwirtschaft, 52 Haupt- und 1 000 Nebenerwerbsbetriebe der Forellenteichwirtschaft sowie 9 moderne Kreislaufanlagen.

Aquakultur bietet die Chance, unabhängig von Meeresfang und Meeresquoten zur gesunden Eiweißversorgung bei der menschlichen Ernährung beizutragen. Aquakultur kann als Innovations- und Zukunftstechnologie gelten. Insbesondere die Aquakultur unter marinen Bedingungen erlangt weltweit zunehmende Bedeutung, wobei jedoch viele Fragen technischer und biologischer Art bisher noch nicht gelöst sind.

Ob sich in den Offshorewindparks in Nord- und Ostsee wirtschaftlich Erfolg versprechende Möglichkeiten entwickeln lassen, muss die Zukunft erweisen. In jedem Fall werden die Möglichkeiten einer kombinierten Nutzung und eines integrierten Küstenzonenmangements hier mit einbezogen.

Danke schön.