Protocol of the Session on June 17, 2009

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Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 40. Sitzung im 14. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 16. Wahlperiode.

Die Beschlussfähigkeit wird zu einem späteren Zeitpunkt festgestellt werden.

Geburtstag haben heute die Kultusministerin und Abgeordnete Frau Elisabeth Heister-Neumann und der Abgeordnete Christoph Dreyer.

(Beifall)

Ich übermittle Ihnen im Namen des gesamten Hauses herzliche Glückwünsche und wünsche Ihnen Gesundheit und Wohlergehen für das vor Ihnen liegende neue Lebensjahr, vor allen Dingen hier und da vielleicht politisch etwas mehr Ruhe als im letzten Jahr.

Wir kommen dann zur Tagungsordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 13, den Dringlichen Anfragen. Anschließend setzen wir die Beratung in der Reihenfolge der Tagesordnung fort.

Die heutige Sitzung soll gegen 19 Uhr enden.

Ich möchte Sie noch auf eine Veranstaltung hinweisen. In der Mittagspause, zu Beginn der Nachmittagssitzung, wird in der Portikushalle der Kinderwaldchor eine kurze musikalische Darbietung vortragen. Ich würde mich freuen, wenn Sie ungeachtet der Fülle der von uns zu behandelnden Themen ein wenig Zeit fänden, bei der Veranstaltung dabei zu sein.

Ich darf Sie herzlich bitten, Ihre Reden bis spätestens morgen Mittag, 12 Uhr, an den Stenografischen Dienst zurückzugeben.

Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr die Schriftführerin mit.

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es haben sich entschuldigt von der Landesregierung Kultusministerin Frau Heister-Neumann ab 18 Uhr, von der Fraktion der CDU Herr Focke und von der Fraktion der FDP Herr Riese.

Vielen Dank. - Bevor ich Tagesordnungspunkt 13 aufrufe, bitte ich die Kolleginnen und Kollegen des Landtages, sich von den Plätzen zu erheben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Laufe des gestrigen Tages erreichte uns die schlimme Nachricht, dass im Jemen auch zwei junge deutsche Frauen aus dem Landkreis Gifhorn aufgrund eines gewaltsamen Verbrechens zu Tode gekommen sind. Viele Hintergründe und Umstände dieser furchtbaren Tat liegen noch im Dunkeln. Gewiss ist jedoch, dass zwei noch sehr junge Menschen, die, geleitet von tiefen Glaubensüberzeugungen und einem diakonisch-missionarischen Gedanken im besten Sinne, in Saada ein Krankenhauspraktikum absolvierten, aufgrund eines scheußlichen Verbrechens zu Tode gekommen sind.

Der Niedersächsische Landtag trauert um die Toten und bekundet sein Mitgefühl den Mitgliedern der Familien der Toten, ihren Freunden und allen, die ihnen in großer Zuneigung verbunden waren.

Ich danke Ihnen.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 13 auf:

Dringliche Anfragen

Es liegen drei Dringliche Anfragen vor. Die für die Behandlung Dringlicher Anfragen geltenden Geschäftsordnungsbestimmungen setze ich als allgemein bekannt voraus. Ich weise nur noch gesondert darauf hin, dass einleitende Bemerkungen zu den Zusatzfragen danach nicht mehr zulässig sind. Aber ich glaube, das wissen und beherzigen alle Kolleginnen und Kollegen.

Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich darum, dass Sie sich nach wie vor schriftlich zu Wort melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.

Wir kommen jetzt zum Tagesordnungspunkt 13 a:

Begrenzung von Managergehältern - Anfrage der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/1360

Zur Einbringung erteile ich dem Kollegen Adler das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit November 2007 sind Gehälter von Topmanagern in der Diskussion und wurden auch von Spitzenpolitikern der CDU/CSU und der SPD angegriffen. So kritisierte die Bundeskanzlerin Bezüge, die beim 1 000-Fachen des Verdienstes eines einfachen Mitarbeiters lägen, als maßlos und betonte, dass diese den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft gefährdeten. Gleichzeitig sei nicht akzeptabel, dass Manager, die in ihrem Job versagt hätten, mit hohen Abfindungen belohnt würden, so Frau Dr. Angela Merkel.

Ein Vorstandsvorsitzender eines DAX-Unternehmens verdiente im Jahr 2005 durchschnittlich 3,9 Millionen Euro - fast 150-mal so viel wie ein durchschnittlich verdienender Arbeitnehmer. Die Bezüge der Topmanager sind in den vergangenen Jahren massiv gestiegen und haben sich dramatisch von den Löhnen und Gehältern der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abgekoppelt: Während z. B. Anfang der 70er-Jahre ein aktiver Vorstand der Deutschen Bank AG noch das 30Fache eines Arbeitnehmergehalts erhielt, war es im Jahr 2003 bereits das 240-Fache.

Vor diesem Hintergrund können derartige Bezüge von Topmanagern auch nicht als Entgelt für deren persönliche Leistung im Unternehmen bezeichnet werden. Nicht selten gehen hohe Managerbezüge mit massivem Arbeitsplatzabbau und mangelndem wirtschaftlichen Erfolg aufgrund von Managementfehlern einher.

Eine Spitzenposition bei Managergehältern nimmt der Vorstandsvorsitzende der Porsche AG Wendelin Wiedeking mit 77,4 Millionen Euro im Jahr 2008 ein. Das ist etwa das 2 000-Fache eines Facharbeiterlohns. Herr Funke von der Hypo Real Estate will einklagen, dass sein Gehalt von vermutlich 1,3 Millionen Euro weitergezahlt wird, obwohl er einen Job gemacht hat, der das Unternehmen in das finanzielle Desaster geführt hat.

Nach § 87 des Aktiengesetzes sollen die Managergehälter in einem „angemessenen Verhältnis“ zu den Aufgaben des Vorstandes und zur Lage der jeweiligen Aktiengesellschaft stehen. Diese Bestimmung konnte der Maßlosigkeit der Vorstandsbezüge und Sonderzahlungen offenbar nicht Einhalt gebieten.

Die Bundesregierung hat das Gesetzgebungsverfahren zu einem Vorstandsvergütungsangemessenheitsgesetz auf den Weg gebracht. Am 25. Mai

2009 fand dazu im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages eine Sachverständigenanhörung statt. Das Gesetz soll bis zur Sommerpause verabschiedet werden.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Gibt es eine Begrenzung der Managergehälter in den Unternehmen, in denen das Land mit Sitz und Stimme im Aufsichtsrat vertreten ist, oder ist beabsichtigt, darauf zu drängen, hierbei eine Grenze nach oben einzuführen?

2. Beabsichtigt die Landesregierung, im Rahmen ihrer Beteiligung am Gesetzgebungsverfahren über den Bundesrat darauf hinzuwirken, dass bei der beabsichtigten Änderung des Aktiengesetzes bzw. bei dem Vorstandsvergütungsangemessenheitsgesetz Vorstandsgehälter mit Höchstbeträgen gedeckelt werden?

3. Wäre in diesem Verfahren nicht auch darauf zu drängen, Fehlsteuerungen durch falsche Anreizsysteme, wie z. B. die Orientierung der Boni am Aktienkurs, zu vermeiden und stattdessen Anreize zu schaffen, die an langfristigen Unternehmensinteressen und am Erhalt und Ausbau von Arbeitsplätzen orientiert sind?

Vielen Dank. - Für die Landesregierung nimmt Herr Minister Busemann Stellung. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Adler, die Festsetzung von Vorstandsvergütungen in den großen Unternehmen, die zumeist Aktiengesellschaften sind, obliegt als Teil des Anstellungsvertrages gemäß §§ 84 und 112 des Aktiengesetzes dem Aufsichtsrat. Die Anstellung erfolgt im Rahmen der Vertragsfreiheit aufgrund eines Dienstvertrages. Die Landesregierung respektiert grundsätzlich die Vereinbarung der Vergütung von Leitungsorganen von Wirtschaftsunternehmen als das Ergebnis von Vertragsverhandlungen der dafür berufenen Personen und Organe.

Sie ist grundsätzlich nicht bestrebt, von der unser flexibles Wirtschaftssystem tragenden Vertragsfreiheit abzuweichen. Bei Vorstandsmitgliedern von Aktiengesellschaften finden derartige Vertragsverhandlungen regelmäßig zwischen dem Vorstandsmitglied und dem Aufsichtsrat statt. In diese Verhandlungen fließt das Wissen der für den Vertrag jeweils Sachkundigsten ein: zum einen das Wissen des Vorstandsaspiranten, der selbst auch

einschätzen kann, was er auf anderen ihm offenstehenden Tätigkeitsfeldern - gegebenenfalls auch im Ausland - verdienen könnte, und zum anderen aufseiten des Aufsichtsrats das Wissen darüber, wie sich die Gehaltsstruktur der übrigen Vorstandsmitglieder und die Lage der Gesellschaft darstellen und welche Schwierigkeiten, Aufgaben und Risiken auf den Aspiranten zukommen.

Die Landesregierung neigt nicht dazu, in derartige beiderseits von Sachkunde geprägte zweiseitige Vorgänge in planwirtschaftlicher Weise deckelnd einzugreifen. Sie respektiert vielmehr die privatwirtschaftliche Verantwortung der Wirtschaftsunternehmen für die von ihnen geschlossenen und einzuhaltenden Verträge auch mit ihren Leitungspersonen. Dabei verkennt sie allerdings nicht, dass sich Vorstandsgehälter auch an der Lage des Unternehmens zu orientieren haben. Das steht aber bereits explizit in § 87 Abs. 1 des Aktiengesetzes. Das hatte und hat der Aufsichtsrat bei den Verhandlungen stets zu berücksichtigen. Wo das nicht geschehen ist, kann es schon nach geltendem Recht in Betracht kommen, dass der Aufsichtsrat Pflichtverstöße begangen hat, für die er gegebenenfalls auch geradestehen muss. Seine Mitglieder sind dafür dem Unternehmen verantwortlich.

Die Landesregierung verkennt andererseits auch nicht, dass es exzesshafte Gehaltsvereinbarungen gibt. Sie verweist aber darauf, dass durch das Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetz 2005 die Grundlage dafür gelegt wurde, dass Personen, die vor Maßlosigkeit nicht zurückschrecken, von der Öffentlichkeit und in der Presse an ihrem Verhalten gemessen werden können.

Die Landesregierung verkennt schließlich aber auch nicht, dass die Fraktion der Linken im Bundestag im November 2007 in der Debatte aus Anlass der zweiten und dritten Lesung ihrer seinerzeitigen Gesetzentwürfe zur Begrenzung von Managergehältern ausdrücklich angetreten ist, um die Abgeordneten des Bundestages über den Vorschlag, Vorstandsgehälter auf das 20-Fache des niedrigsten Arbeitnehmerentgelts zu begrenzen, namentlich abstimmen zu lassen. Die Fraktion der Linken maßte sich an, den richtigen obersten Preis für ein Managergehalt zu kennen, und wollte diejenigen Abgeordneten vorführen, die einer Deckelung auf das 20-Fache nicht zustimmten.

(Widerspruch bei der LINKEN)

- Warum regen Sie sich denn so auf?

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Positio- nieren Sie sich doch einfach einmal! - Hans-Henning Adler [LINKE]: Gut, dass Sie das vorgelesen haben!)

- Sie können ja auch noch nachfragen.

Seinerzeit hat der Abgeordnete Dr. Krings darauf im Bundestag geantwortet - Zitat -:

„Ziemlich genau ausgangs des Mittelalters hat man festgestellt, dass man hierfür“

- gemeint war der Gedanke vom gerechten Lohn -

„keine, zumindest keine gesetzlichen Vorgaben finden kann.“

Man fragt sich unweigerlich: Dient die Dringliche Anfrage nun dazu, wieder jemanden vorzuführen? - Jedenfalls tut die Dringliche Anfrage wieder so, als könne man explizite Vorgaben machen; nur nennen tut sie diesmal keine. Man müsste ja auch begründen, warum eine in den Raum gestellte Obergrenze für alle Unternehmungen und alle Gestaltungen richtig sein soll.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die aufgeworfenen Fragen wie folgt: