Ich übermittle Ihnen im Namen des ganzen Hauses herzliche Glückwünsche, Gesundheit und Wohlergehen für das vor Ihnen liegende Lebensjahr.
Zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 15, den Mündlichen Anfragen. Danach behandeln wir im Rahmen der Haushaltsberatung die Einzelpläne „Wirtschaft, Arbeit und Verkehr“ sowie „Wissenschaft und Kultur“. Nach der Mittagspause beraten wir zunächst den Einzelplan „Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit“, dann den Einzelplan „Kultus“ und danach die Tagesordnungspunkte 16 bis 20.
Ich darf Sie noch herzlich bitten, Ihre Reden bis spätestens morgen Mittag, 12 Uhr, an den Stenografischen Dienst zurückzugeben.
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es haben sich entschuldigt von der Landesregierung Ministerpräsident Herr Wulff, von der Fraktion der CDU Frau Bertholdes-Sandrock ab 12.30 Uhr, von der Fraktion der SPD Herr Schneck, von der Fraktion der FDP Herr Dr. Hocker und von der Fraktion DIE LINKE Herr Adler nach der Mittagspause.
Die für die Fragestunde geltenden Regelungen unserer Geschäftsordnung setze ich als bekannt voraus. Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich Sie, dass Sie sich schriftlich zu Wort melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.
Der Abgeordnete Ralf Briese von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bringt die Frage ein. Ich erteile ihm das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Briese!
Vielen Dank, Herr Präsident. - Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! „Besser die …“ - Hat der Innenminister erneut „die Wahrheit einem Belastungstest unterzogen“?
Im letzten Landtagsplenum hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eine Dringliche Anfrage zum Thema „Auskunftspflicht der Landesregierung nach bestem Wissen und Gewissen“ gestellt. Hintergrund war eine Aussage des Innenministers, dass er keinerlei Einfluss auf die Streckenroute geplanter MOX-Brennelemente-Transporte in Niedersachsen habe. Der Innenminister hat dann in der Debatte zugegeben, dass die Polizei an das Bundesamt für Strahlenschutz sehr wohl eine Stellungnahme zur geplanten Transportroute abgebe, das Bundesamt diese Hinweise auch ernst nehme und bisher noch niemals von entsprechenden polizeilichen Vorschlägen abgewichen ist.
Beobachter urteilen, dass der Innenminister hier offenkundig nicht den Unterschied zwischen einer Entscheidungsbefugnis und einer politischen Einflussnahme erkennen konnte oder wollte. Denn ganz eindeutig hat der Innenminister als oberste Fach- und Aufsichtsbehörde mit seiner Stellungnahme für die Transportstrecke einen Einfluss auf
das Gesamtgeschehen. Zu dieser Einschätzung kommt auch der unabhängige Gesetzgebungs- und Beratungsdienst in einem Gutachten zur Frage der Auskunftspflicht der Regierung vor dem Parlament.
In einem weiteren Fall hat der Innenminister die objektive Datenlage in der Diskussion über die Wirkung der Abschaffung der Widerspruchsverfahren verzerrt dargestellt.
Herr Kollege, ich unterbreche Sie jetzt. Sie fahren bitte dann fort, wenn im Plenarsaal Ruhe eingekehrt ist. - Bitte schön!
Der Innenminister hat in der Debatte im Parlament behauptet, dass die Abschaffung zu keinerlei Anstieg von Klagen bei den Verwaltungsgerichten geführt habe. Dies ist falsch; denn empirisch eindeutig ist es anfänglich zu einem höheren Klageaufkommen an den Fachgerichten gekommen.
Die verfassungsrechtliche Pflicht zur Wahrheit vor dem Parlament wurde in den Augen von Beobachtern vom amtierenden Innenminister auch in der Debatte um die Zulässigkeit und Verfahrensweise der umstrittenen Moscheekontrollen einem Belastungstest unterzogen. Der Innenminister hat in der Debatte nämlich behauptet, dass die DITIB, also der Dachverband Türkisch-Islamische Union, ihr Einverständnis mit den Kontrollen zugesichert habe. In der Sachverständigenanhörung zur Zulässigkeit dieser Kontrollen haben unisono alle türkischen und muslimischen Verbände und Organisationen ihre deutliche Ablehnung der Moscheekontrollen geäußert.
Danach sind und waren sie niemals mit den Polizeikontrollen einverstanden und fühlen sich durch diese ungezielten Kontrollen diskriminiert und in ihren Religions- und Freiheitsrechten verletzt.
Innerhalb von zwei Monaten hat der amtierende Innenminister dem Parlament also gleich dreimal objektive Tatbestände falsch oder verzerrt dargestellt.
1. Welche politischen und/oder rechtlichen Konsequenzen hat eine objektiv falsche Aussage eines Regierungsmitglieds vor dem Parlament?
2. Welche politische Konsequenz hat eine objektiv falsche Aussage eines Regierungsmitglieds vor dem Parlament, wenn das aussagende Regierungsmitglied die objektiven Tatsachen kennt bzw. kennen könnte, beispielsweise durch ein Gutachten?
3. Wie lautet der Titel des Buches von Ministerpräsident Wulff über das Gespräch mit dem Journalisten Müller-Vogg aus dem Jahr 2007, und welche Relevanz hat dieser für das politische Handeln der Landesregierung?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung ist nach Artikel 24 der Niedersächsischen Verfassung verpflichtet, Anfragen von Mitgliedern des Landtages nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Aus diesem Grundsatz heraus wird von mir bei der Beantwortung entsprechender Fragen Wert auf ein Höchstmaß an Genauigkeit und Vollständigkeit gelegt.
Erstens. Der Fragesteller verweist auf die Debatte zur Durchführung von MOX-Transporten und führt hierzu an, dass „Beobachter urteilen, dass der Innenminister hier offenkundig nicht den Unterschied zwischen einer Entscheidungsbefugnis und einer politischen Einflussnahme erkennen konnte oder wollte“.
Hierzu stelle ich fest: Ausweislich des Stenografischen Protokolls der 52. Plenarsitzung habe ich Folgendes ausgeführt:
„Es besteht insofern auch überhaupt keine Möglichkeit, dass wir auf die Entscheidung direkt Einfluss nehmen können.“
„Ich habe völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass es kein Benehmen, kein Einvernehmen gibt, sondern dass wir - das ist doch völlig klar, wenn wir einen Transport polizeilich schützen sollen - im Vorfeld um eine Stellungnahme gebeten werden.“
Ich stelle fest: Während der gesamten Debatte habe ich versucht, deutlich zu machen, in welcher Form wir im Rahmen des Genehmigungsverfahrens beteiligt werden. Ich meine, dass der Fragesteller die Unterstellung, ich habe wesentliche inhaltliche Unterscheidungen in der Debatte nicht treffen können oder wollen, gegen sich selber gelten lassen muss.
Die von mir in den Debatten zugrunde gelegte Unterscheidung ist diejenige zwischen einer gesetzlich zugewiesenen Entscheidungsbefugnis einerseits und einer fachlichen Stellungnahme im Rahmen der Beteiligung andererseits. Diese vom Fragesteller außer Acht gelassene Unterscheidung legen auch die Regelungen des atomrechtlichen Genehmigungsverfahrens nahe. Von politischer Einflussnahme lese ich im Atomgesetz hingegen nichts.