Protocol of the Session on December 7, 2012

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Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 153.Sitzung im 49. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 16. Wahlperiode.

Tagesordnungspunkt 34: Mitteilungen des Präsidenten

Die Beschlussfähigkeit des Hauses kann ich noch nicht feststellen.

Zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 35, den Mündlichen Anfragen. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort. Die heutige Sitzung soll gegen 14.45 Uhr enden.

Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr die Schriftführerin mit.

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es haben sich entschuldigt von der Landesregierung der Minister für Inneres und Sport, Herr Schünemann, von der Fraktion der CDU Herr Krumfuß, Herr Dr. Matthiesen ab 12 Uhr, von der Fraktion der SPD Frau Stief-Kreihe, Frau Rakow, Herr Klein, von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Helmhold, Frau Heinen-Kljajić, von der Fraktion DIE LINKE Frau Zimmermann sowie das fraktionslose Mitglied des Hauses, Frau Wegner.

Vielen Dank. - Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 35:

Mündliche Anfragen - Drs. 16/5450

Die Frage 60 wurde vom Fragesteller zurückgezogen.

Die für die Fragestunde geltenden Regelungen unserer Geschäftsordnung kennen Sie. Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich Sie, dass Sie sich schriftlich zu Wort melden.

Ich stelle fest: Es ist 9.04 Uhr.

Ich rufe die Frage 1 auf:

Welcher Weg führt die Energiewende zum Erfolg?

Sie wird von Herrn Toepffer eingebracht. Herr Toepffer, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Trotz des laut BDEW seit 1998 um 51 % gestiegenen Strompreises für Privathaushalte spricht der Vorsitzende des SPD-Bezirksverbandes Braunschweig, Hubertus Heil, in der Frankfurter Rundschau vom 6. Oktober 2012 von einer „hysterischen Kostendebatte“. Für die von Heil im gleichen Artikel geforderte Steigerung der Energieeffizienz bietet die energetische Gebäudesanierung großes Potenzial. Derzeit stimmen aber die SPD-geführten Bundesländer im Bundesrat gegen eine Förderung der energetischen Sanierung. Neben dem Ausbau der Erneuerbaren und der Steigerung der Energieeffizienz ist der Ausbau der Netzinfrastruktur für die erfolgreiche Energiewende erforderlich.

Ich frage die Landesregierung:

1. Sieht die Landesregierung die Entwicklung der Kosten für Energie als eine Gefahr für die Energiewende und deren Akzeptanz?

2. Wie bewertet die Landesregierung Forderungen, die energetische Sanierung von Gebäuden mit Zwang durchzusetzen und dabei keine Rücksicht auf die Wirtschaftlichkeit von Investitionen zu nehmen?

3. Wie will die Landesregierung die Akzeptanz für den notwendigen Ausbau der Energieinfrastruktur verbessern, und welchen Beitrag können technische Innovationen leisten, um den erforderlichen Netzausbau zu reduzieren?

Für die Landesregierung antwortet Herr Dr. Birkner. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Deutschland hat sich sowohl gesellschaftlich als auch politisch für die Energiewende entschieden. Damit die Energiewende ein dauerhafter Erfolg wird, wir die Herausforderungen meistern

können und die Chancen der Energiewende für Niedersachsen nutzen, ist der Rückhalt in der Bevölkerung für die erforderlichen Maßnahmen unerlässlich.

(Beifall bei der FDP)

Die Energiewende ist politisch gewollt und wird akzeptiert. Durch Kostensteigerungen, mangelnde Entschlossenheit sowie Belastungen durch den erforderlichen Netzausbau wird die Akzeptanz der Energiewende jedoch gefährdet - aber natürlich auch durch andere Entwicklungen wie etwa den zunehmenden Maisanbau in der Fläche und damit auftretende Probleme. Nur wenn es gelingt, die Bürgerinnen und Bürger dauerhaft bei der Energiewende mitzunehmen und sich die erwarteten Vorteile einer erneuerbaren Energieversorgung einstellen, werden wir die Akzeptanz der Menschen erhalten. Nur dann kann die Energiewende ein Erfolg werden.

(Beifall bei der FDP)

Diese Landesregierung steht für eine verlässliche, bezahlbare, umwelt- und klimaverträgliche Energieversorgung, so wie wir das im Energiekonzept der Landesregierung im Januar dieses Jahres bereits ausgeführt haben. Entsprechend tritt sie für mehr Kosteneffizienz, die Berücksichtigung der Belange der Bürgerinnen und Bürger sowie die Überwindung der Blockade bei der energetischen Gebäudesanierung ein. Wir stehen zur Energiewende und haben dabei insbesondere die Bezahlbarkeit im Blick.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Der Umstieg auf erneuerbare Energien wird von einer großen Mehrheit der Bevölkerung mitgetragen. Laut der Naturbewusstseinsstudie des Bundesamtes für Naturschutz, die im August dieses Jahres vorgestellt wurde, befürworten 87 % der Befragten den Ausbau von Windkraftanlagen im Meer und 79 % an Land. Die grundsätzliche gesellschaftliche Akzeptanz für erneuerbare Energien und damit auch für die Energiewende ist sehr groß.

Zugleich müssen wir beachten, dass entsprechend einer Untersuchung von TNS Infratest aus dem Oktober dieses Jahres 52 % der Bürgerinnen und Bürger - also die Mehrheit - davon ausgehen, dass die Energiewende ihnen persönliche Nachteile bringt. Die große Mehrheit - neun von zehn Befragten - erwartet höhere Lebenshaltungskosten durch steigende Energiepreise. Nach dieser Befragung

wissen wir auch, dass kaum jemand bereit ist, auch nur mehr als 100 Euro zusätzlich für Strom aus erneuerbaren Energien zu bezahlen.

Bisher gibt es noch eine hohe Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger für die Energiewende. Diese dürfen wir aber nicht verspielen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Ein Schlüssel für den Erfolg und die Akzeptanz der Energiewende wird die Strompreisentwicklung sein. Wie in der Frage bereits richtig wiedergegeben, ist der Strompreis nach Angaben des BDEW seit 1998 um 51 % gestiegen. Der darin enthaltene Anteil an Erzeugung, Transport und Vertrieb stieg um 10 %, und der von Steuern und Abgaben wie beispielsweise der EEG-Umlage erhöhte sich im gleichen Zeitraum um 179 %; er macht mittlerweile 45 % der gesamten Stromkosten pro Kilowattstunde aus. Aber selbst inflationsbereinigt ergibt sich immer noch ein Anstieg der Stromkosten von 22 %. Dabei sind die Haushaltsnettoeinkommen laut Statistischem Bundesamt lediglich um rund 12 % gestiegen.

Leider ist ein Ende der Preisspirale zur Finanzierung der Energiewende noch nicht in Sicht. Die nächste Erhöhungswelle für die Strompreise wurde mit der Erhöhung der EEG-Umlage um knapp 47 % für das kommende Jahr bereits eingeläutet.

Die finanzielle Belastung durch die Stromkosten trifft vor allem die einkommensschwächeren Haushalte. Bei den Haushalten mit weniger als 1 000 Euro Pro-Kopf-Einkommen floss beispielsweise im Jahre 2011 nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft beinahe 1 % der verfügbaren Einkommen in die EEG-Finanzierung.

Vor diesem Hintergrund ist die in der Frage zitierte Aussage des stellvertretenden SPDFraktionsvorsitzenden im Bundestag, Hubertus Heil, aus der Frankfurter Rundschau vom 6. Oktober 2012 nicht nachzuvollziehen, als er von einer hysterischen Kostendebatte sprach. Die Realität, die sich vor allem in einkommensschwächeren Familien abspielt, ist eine andere. Daher ist es auch nicht verwunderlich, wenn sich diese Familien von der Energiewende abwenden, da sie Monat für Monat eben ganz andere Sorgen haben.

Wenn wir über die steigenden Stromkosten der Privathaushalte reden, müssen wir gleichzeitig die Folgen für unsere deutschen Unternehmen im Auge behalten. Der Strompreis für unsere Betriebe und Industrieunternehmen stieg seit 1998 um

50 %. Wird die Stromsteuer herausgerechnet, ergibt sich immer noch eine Steigerung von 34 %. Bei Betrachtung der Nettostrompreise für unsere Unternehmen, also ohne Steuern, Abgaben und Umlagen, ergibt sich im gleichen Betrachtungszeitraum ein Rückgang der Kosten um 5 %.

Der Staat ist also mit seiner Vielzahl an Steuern und Abgaben der hauptverantwortliche Treiber der Stromkosten für nicht privilegierte Unternehmen. Daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es auch richtig und wichtig, dass energieintensive Unternehmen über die Besondere Ausgleichsregelung beim EEG eine Ermäßigung der EEGUmlage erfahren. Andernfalls wären diese Unternehmen und damit auch die Arbeitsplätze aufgrund der schlechteren Wettbewerbsbedingungen, die in Deutschland bei den Strompreisen herrschen, akut in Gefahr. Immerhin arbeiten in Deutschland 875 000 Personen im Bereich der energieintensiven Industrie und erwirtschaften einen Umsatz von 310 Milliarden Euro.

Die Landesregierung steht daher zu den Ausnahmen bei der EEG-Umlage. Sie steht zum Industriestandort Niedersachsen. Wir wollen diese Arbeitsplätze und damit die Existenzgrundlage der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten.

Die Strompreise in Deutschland haben mittlerweile eine Höhe erreicht, die für die deutsche Wirtschaft und vor allem für den deutschen Mittelstand zu einem Wettbewerbsnachteil geworden ist. Aber auch die Privathaushalte werden in Deutschland stärker belastet als in anderen europäischen Ländern. Schließlich lag der durchschnittliche Strompreis in Deutschland im Jahr 2011 ohne Berücksichtigung von Steuern und Abgaben um 10 % höher als im Mittel der EU. Unter Berücksichtigung von Abgaben und Steuern ist der Strompreis in Deutschland um 38 % höher als im EU-Durchschnitt. Nach Dänemark und Zypern hat Deutschland damit die höchsten Strompreise in der Europäischen Union.

Um die Akzeptanz der Energiewende bei den Bürgerinnen und Bürgern aufgrund der steigenden Stromkosten nicht zu verlieren, muss das Fördersystem für erneuerbare Energien effizienter werden. Die Landesregierung wirkt aktiv an der Novellierung des Fördersystems mit, damit Energie bezahlbar bleibt und sichergestellt ist, dass jeder Cent so effizient wie möglich eingesetzt wird.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Zu 2: Für die Niedersächsische Landesregierung hat Energieeffizienz eine hohe politische Priorität. Um die Umsetzung der ehrgeizigen Klimaschutzziele der EU und auch der Bundesregierung, die wir uns zu eigen gemacht haben, zu unterstützen, müssen die politischen Rahmenbedingungen so gestaltet werden, dass die Marktentwicklung effizienter Produkte gefördert und Markthemmnisse überwunden werden.

Mit etwa 40 % hat der Endenergieverbrauch in Privat- und Geschäftsgebäuden einen wesentlichen Anteil am gesamten Energieverbrauch. Für die Energieeinsparung im Gebäudesektor ist aber nicht nur eine Senkung des Stromverbrauchs, sondern vor allem die Reduzierung des Wärmebedarfs von besonderer Bedeutung. Niedersachsen setzt dabei vor allem auf das Eigeninteresse der Immobilienbesitzer und Vermieter. Wir sind überzeugt, dass wir im Dialog mehr bewegen können als mit staatlicher Regulierung. Einen Zwang zum unwirtschaftlichen Handeln darf es hier nicht geben.

Deshalb hat das niedersächsische Umweltministerium die Kampagne „HeimSpiel für Modernisierer. Mit Energieberatung haushoch gewinnen.“ gestartet. Wir setzen bis Ende 2013 rund 1,7 Millionen Euro für diese Kampagne ein.

(Clemens Große Macke [CDU]: Gute Kampagne!)

Die Kampagne motiviert private Hauseigentümer in Niedersachsen, Möglichkeiten für eine energetische Gebäudemodernisierung zu prüfen. Dabei liegt besonderes Gewicht auf der qualifizierten Energieberatung. Mit einer eigenen Förderung der Baubegleitung von energetischen Sanierungsmaßnahmen an selbst genutzten oder vermieteten Wohngebäuden von Privatpersonen geben wir der Sanierung einen zusätzlichen Schub. Laut Richtlinie können hierfür pauschal 1 000 bzw. maximal 1 500 Euro bei der NBank beantragt werden.

Um die Einsparpotenziale im Ein- und Zweifamilienhausbereich zu heben, ist eine deutliche Erhöhung der energetischen Sanierungsquote allerdings weiterhin notwendig. Eine breite Umsetzung energetisch-wirtschaftlicher Sanierung auf dem heutigen Stand der Technik wäre ein entscheidender und großer Schritt zum Erreichen der Ziele. Eine zügige Durchsanierung des Bestandes ist dabei wichtiger als einzelne Spitzensanierungen.

Wichtig für die Planungssicherheit der Sanierungswilligen sind vor allem verlässliche rechtliche