Protocol of the Session on October 6, 2010

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Tagesordnungspunkt 12: Mitteilungen des Präsidenten

Wahrscheinlich werden jetzt einige in der CDUFraktion sagen, der Abend ist gesichert. Denn ich gratuliere von hier aus dem Abgeordneten KarlHeinz Bley sehr herzlich zu seinem Geburtstag.

(Beifall)

Herr Kollege, Gesundheit und Wohlergehen für das vor Ihnen liegende neue Lebensjahr!

Zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 13, der Aktuellen Stunde. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort.

Die heutige Sitzung soll gegen 19.47 Uhr enden.

Ich darf Sie herzlich bitten, Ihre Reden bis spätestens morgen Mittag, 12 Uhr, an den Stenografischen Dienst zurückzugeben.

Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr die Schriftführerin mit.

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es haben sich entschuldigt von der Fraktion der CDU Herr Höttcher und Herr Bäumer ab ca. 10 Uhr, von der Fraktion der SPD Herr Borngräber bis zur Mittagspause und das fraktionslose Mitglied des Hauses, Frau Wegner.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 13 auf:

Aktuelle Stunde

Für diesen Tagesordnungspunkt sind mir fünf Themen benannt worden, deren Einzelheiten Sie

dem Nachtrag zur Tagesordnung entnehmen können. Die in unserer Geschäftsordnung für den Ablauf der Aktuellen Stunde geregelten Bestimmungen setze ich bei allen Beteiligten, auch bei der Landesregierung, als bekannt voraus.

Da die Themen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drs. 16/2903 und der Fraktion der SPD in der Drs. 16/2902 identisch sind, halte ich das Haus damit einverstanden, diese beiden Themen auch gemeinsam aufzurufen. Darüber hinaus wurde in der gestrigen Sitzung des Ältestenrates vereinbart, die Themen der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 16/2899 und der Fraktion der CDU in der Drs. 16/2908, die beide die Hartz-IV-Regelsätze zum Gegenstand haben, ebenfalls gemeinsam aufzurufen.

Damit stehen den Fraktionen dann jeweils zehn Minuten zur Verfügung. Ich will allerdings betonen: Einzelredebeiträge maximal fünf Minuten. Zur Klarstellung sei noch einmal darauf hingewiesen, dass das gemeinsame Aufrufen mehrerer Anträge nicht zur Aufhebung der Einzelredezeit führt. Die einzelnen Redezeiten sind insofern also begrenzt.

Ich eröffne jetzt die Besprechung zu Tagesordnungspunkt 13 a:

Endlagerfrage lösen - Rückholbarkeit ist ein wichtiges Kriterium - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 16/2904

Dazu erteile ich dem Kollegen Dr. Hocker das Wort. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als wir Mitglieder des Umweltausschusses während der vergangenen Woche das schwedische Forschungsprojekt Äspö und das angrenzende Zwischenlager in Oskarshamn bereist haben, haben wir von unseren Gesprächspartnern vor Ort und den Vertretern des schwedischen Umweltministeriums vor allem fragende Blicke und Verwunderung geerntet.

Dabei schien wohl jedem von uns niedersächsischen Umweltpolitikern etwa die Frage nach den Gefahren eines Wassereinbruchs innerhalb eines teilweise sogar unterhalb der Ostsee geplanten atomaren Endlagers, das in wenigen Jahren den Betrieb aufnehmen soll, als durchaus berechtigt. Weil aber die abgebrannten Brennstäbe in nicht

rostendem Edelmetall endgelagert würden - so die für mich und uns alle verblüffende Antwort unserer Gastgeber -, würde von ihnen ja auch in einer Million Jahren keine Gefahr ausgehen.

Meine Frage nach dem Sicherheitskonzept für die Transporte der abgebrannten Brennstäbe per Schiff ins Zwischenlager wurde ebenfalls schnell obsolet: Die Stadt Oskarshamn sei außerordentlich stolz darauf, dass sie sich im Wettbewerb als Zwischen- und Endlagerstandort gegen fast 20 schwedische Städte habe durchsetzen können. Besondere Sicherheitskonzepte für den Transport benötige man da beim besten Willen nicht, war die erstaunliche Antwort.

Meine Damen und Herren, bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Ein öffentlicher Wettbewerb, bei dem nicht die Langzeitsicherheit oberstes Kriterium ist, sondern Kriterien wie etwa der auf dem Seeweg erleichterte Transport ins Zwischenlager eine Rolle spielen, wünsche ich mir nicht für Deutschland und am allerwenigsten für Niedersachsen. Die Sicherheit wird und muss auch bei der wieder angelaufenen Erkundung des Salzstockes in Gorleben oberstes Gebot haben, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Ich unterstelle jedem in diesem Hause, dass er diese Einschätzung teilt. Und genau deswegen wünsche ich mir eben keinen Wettbewerb zwischen den Kommunen, sondern ein kleines bisschen mehr von dieser schwedischen Gelassenheit und weniger gesteuerte Verängstigung der Menschen in Deutschland, die die Suche nach dem sichersten Standort erschwert, statt sie zu befördern, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Karl-Heinz Klare [CDU]: Sehr wohl! Sehr richtig!)

Die Erkundung von Gorleben wurde wieder aufgenommen, damit Abfälle möglichst bald nicht mehr unbefristet in oberirdischen Zwischenlagern verbleiben müssen.

Wir wollen aber nicht nur das Problem der Endlagerung für künftige Generationen lösen, sondern wir möchten unseren Kindern und Kindeskindern gleichzeitig im wahrsten Sinne des Wortes keine Chancen verbauen. Die Forschung über die Verwertbarkeit der gelagerten Brennelemente wird erst in einigen Jahren eine Antwort auf die Frage erlauben, inwiefern wir ihre Restenergie nutzen

können. Hierbei kann etwa die Transmutation ein erfolgversprechender Ansatz sein, der nicht nur erlauben könnte, aus den Abfällen wiederum Energie zu erzeugen, sondern sie zusätzlich ungefährlich für die Nachwelt machen würde. Um diese Chancen künftigen Generationen zu bewahren, möchten wir während der Betriebsphase eines Endlagers die Rückholung der Abfälle ermöglichen, meine Damen und Herren.

So kontrovers wir das Energiekonzept und die Verlängerung der Restlaufzeiten in der Vergangenheit debattiert haben und auch im Laufe des heutigen Plenartages noch debattieren werden, so sehr möchte ich an dieser Stelle dafür werben, dass wir in Zukunft bei der Debatte um die Endlagerung mit der Option der Rückholbarkeit auch vor dem Hintergrund unserer gemeinsamen Erfahrungen in Skandinavien zu einer sachorientierteren Diskussion zurückkehren.

Ich hoffe, dass wir mit unserer Forderung nach der Rückholbarkeit vielleicht einen zumindest kleinen gemeinsamen Nenner in diesem Hause finden können. Auch wenn Sigmar Gabriels Roadmap aus dem Jahr 2009 das Thema „Rückholbarkeit“ noch mit keiner Silbe erwähnt hat, würde ich mich freuen, wenn sich auch Sozialdemokraten und Grüne mit diesem Thema anfreunden könnten.

Meine Damen und Herren, mit der gläsernen Erkundung des Salzstockes Gorleben übernehmen wir Verantwortung für künftige Generationen, weil wir aktiv nach einem Standort für radioaktiven Müll suchen, an dem alle Bundesregierungen der vergangenen Jahrzehnte eine Mitverantwortung tragen.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Sie su- chen doch überhaupt nicht!)

Gleichzeitig möchten wir mit der Rückholbarkeit Optionen für die Zukunft eröffnen, die für Niedersachsen und die Menschen im Wendland von zentraler Bedeutung sein können. Ich lade Sie herzlich ein, uns auf diesem Weg zu begleiten.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich erteile dem Kollegen Bosse von der SPD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Man traut ja seinen Ohren kaum! Man traut ja seinen Ohren kaum!

(Beifall bei der SPD)

Als Rohstoff wieder zurückholen und aufarbeiten - einen solchen Zungenschlag habe ich zu diesem Thema in den letzten 20 Jahren nicht mehr gehört, meine Damen, meine Herren.

(Beifall bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Sie müssen mal die Ohren aufmachen, Herr Bosse! Sie hören vielleicht schlecht!)

Dennoch muss ich an dieser Stelle sagen: Als ich das gelesen habe, habe ich meinen Augen nicht getraut; denn es scheint ja eine Einsicht zu kommen, wenn auch relativ spät. Das muss man an dieser Stelle auch sagen. Aber, lieber Gero Hocker: Eine Rückholung während der Betriebsphase - 20, 50, 80 Jahre -, das ist geradezu lächerlich, meine Damen und Herren! Das ist lächerlich!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das ist auch nur eine Rückholbarkeit light - etwas anderes ist das an dieser Stelle nicht - und möglicherweise in dem Medium Salz nur sehr schwer möglich. Darüber muss man sich im Klaren sein.

Man muss sich im Übrigen auch darüber im Klaren sein, meine Damen, meine Herren, was man will. Man muss doch die Kriterien vorher festlegen. Man muss vorher sagen, was man will.

(Zustimmung bei der FDP)

Zu diesen Kriterien gehört auch eine Rückholbarkeit. Nach dem wissenschaftlich und geologisch neuesten Stand muss man diese Kriterien festlegen. Und man muss das, bitte schön, auf einer weißen Landkarte tun - ohne politische Vorbehalte, ohne den Einfluss von Bundesländern, insbesondere den süddeutschen Bundesländern.

(Christian Dürr [FDP]: Wo ist das Neue, Herr Bosse?)

Das Wesentliche ist: Man muss die Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger mit einbinden, meine Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Im Übrigen sehe ich das hier als ganz kläglichen Versuch, von der Gorleben-Debatte abzulenken.