Guten Morgen, Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 87. Sitzung im 29. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 16. Wahlperiode. Die Beschlussfähigkeit werde ich zu einem späteren Zeitpunkt feststellen.
Zur Tagesordnung: Für die verbleibenden drei Sitzungstage dieses Tagesabschnitts haben Sie gestern Abend eine aktualisierte Tagesordnung erhalten, die die Absprachen der Fraktionen für den weiteren Umgang mit der Tagesordnung wiedergibt.
Wir beginnen die heutige Sitzung mit der Regierungserklärung des Innenministers zum Thema „Demonstrationsfreiheit achten - Missbrauch ächten“. Danach behandeln wir den Tagesordnungspunkt 14, die Anträge zur Aktuellen Stunde. Nach der Mittagspause setzen wir die Beratungen mit Tagesordnungspunkt 15 in der vorgesehenen Reihenfolge bis zu Tagesordnungspunkt 23 fort.
Ich möchte Sie noch auf eine Veranstaltung hinweisen. Die Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur in Niedersachsen (LAGS) lädt uns zu ihrer Jubiläumsfeier ein, die am 19. Januar 2011 im Kulturzentrum Pavillon am Raschplatz als Parlamentarischer Abend stattfinden wird. Sie wünscht sich dazu von uns Gedichte als Geschenk.
Wir haben heute und morgen während unserer Sitzung die Gelegenheit, in der unteren Wandelhalle ein Gedicht vorzutragen, das dann als Videoaufnahme zum Jubiläum aufgeführt wird. - Ich wünsche Ihnen dabei viel Erfolg und natürlich auch viel Freude.
Ich darf Sie herzlich bitten, Ihre Reden bis spätestens morgen Mittag, 12 Uhr, an den Stenografischen Dienst zurückzugeben.
Justizminister Busemann ab 14 Uhr, von der Fraktion der CDU Frau Hartmann und Herr Schobert, von der Fraktion der SPD Herr Schostok und Frau Emmerich-Kopatsch vormittags, von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Briese, von der Fraktion DIE LINKE Frau Reichwaldt und das fraktionslose Mitglied des Hauses, Frau Wegner.
Abgabe einer Regierungserklärung zum Thema „Demonstrationsfreiheit achten - Missbrauch ächten“ - Unterrichtung - Drs. 16/3029
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Castortransport 2010 stand in ganz besonderem Maße im Brennpunkt der Öffentlichkeit, ebenso wie Stuttgart 21, Ausschreitungen bei Demonstrationen in Berlin, Hamburg und an anderen Orten und natürlich auch die Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke.
Wie sieht nun die Bilanz aus? - Viele Atomkraftgegner haben friedlich demonstriert. Mein Dank gilt all denjenigen, die dazu beigetragen haben.
Aber es kam auch zu gewaltsamen Ausschreitungen, insbesondere zu Angriffen gegen Polizeibeamte. Diese Gewaltakte sind durch nichts, aber auch durch gar nichts zu begründen, und wir müssen sie gemeinsam auf das Schärfste verurteilen.
Ohne Frage: Für die Polizei war es ein äußerst schwieriger, ein langer und auch ein kräftezehrender Einsatz. Mein Fazit ist allerdings eindeutig: Am Ende war es ein erfolgreicher Einsatz.
Die Einsatzleitung hat lageangemessen gehandelt. Das Demonstrationsrecht wurde gewahrt. Gegen Gewalttäter wurde konsequent eingeschritten. Ich bin wirklich stolz auf die Polizeibeamten des Bun
Sie sind bis an die Grenzen der Belastbarkeit gegangen. Sie haben einen ausgezeichneten Job gemacht. Herzlichen Dank für diesen Einsatz!
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zustimmung bei der SPD Meine Damen und Herren, viele Menschen in Nie- dersachsen haben sich in diesen Tagen die Fra- gen gestellt: Warum machen wir diese Transporte überhaupt? Warum kann der atomare Abfall nicht in Frankreich bleiben? (Kreszentia Flauger [LINKE]: Falsche Frage! - Johanne Modder [SPD]: Das war nicht die Frage!)
Sehr eindrücklich fand ich ein Protesttransparent mit dem Slogan „return to sender“. Nur passiert durch die Castortransporte genau das, wozu dieses Transparent aufruft. Die radioaktiven Abfälle, die bei der Nutzung der Kernenergie in Deutschland angefallen sind, kehren nach Deutschland zurück, sie sind bei uns zu entsorgen.
Wir können die Lasten der Vergangenheit nicht anderen aufbürden. Für die sichere Lagerung des Atommülls sind wir verantwortlich.
Ungeachtet der moralischen Verantwortung gibt es die klare rechtliche Verpflichtung, die in Frankreich verglasten radioaktiven Abfälle zurückzuführen.
- Herr Meyer, ich rede im Moment davon, dass es keinen Sinn macht, sich schlichtweg zurückzuziehen und zu sagen: Die Zwischenlagerung, die Endlager interessieren uns überhaupt nicht.
Das ist etwas, was in dieser Diskussion in den letzten Tagen völlig verrutscht ist. Man darf doch wohl noch auf die Rechtslage hinweisen, ohne dass man hier Zwischenrufe bekommt.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Unglaub- lich! Darum ging es doch gar nicht! Sie wissen doch genau, worum es wirklich ging! - Gegenruf von Björn Thümler [CDU]: Wir sind hier doch nicht im Kindergarten! - Glocke des Präsidenten)
- Dass Sie bei dem Stichwort „Rechtslage“ schreien, wundert mich nicht, Frau Flauger; das muss ich Ihnen einmal deutlich sagen.
Die klare rechtliche Verpflichtung, die in Frankreich verglasten radioaktiven Abfälle zurückzuführen, ist u. a. in den völkerrechtlich verbindlichen Notenwechseln zwischen der deutschen und der französischen Regierung aus den Jahren 1979, 1989 und 2008 festgelegt. Das ist die rechtliche Ausgangslage, der sich die Verantwortlichen stellen müssen, und zwar unabhängig von den aktuellen Entscheidungen zur Zukunft unserer Energiepolitik.
Unabhängig von den energiepolitischen Entscheidungen in Berlin gilt: Deutschland muss seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen nachkommen. Deswegen sind wir in Niedersachsen mit der Sicherung des Castortransports konfrontiert. Dabei steht die Niedersächsische Landesregierung vor einer doppelten Herausforderung. Einerseits gilt es, den Transport sicher ins Zwischenlager zu bringen, und auf der anderen Seite gilt es, das Demonstrationsrecht der Bürgerinnen und Bürger zu wahren. Das ist die innenpolitische Kernaufgabe, die sich den politisch Verantwortlichen stellt, unabhängig davon, welche persönliche Auffassung man als Entscheidungsträger zur Gestaltung der Energiepolitik hat.
Meine Damen und Herren, wenn ich mir die Diskussionsbeiträge der ehemaligen Bundesumweltminister Trittin und Gabriel anschaue, dann habe ich wirklich Zweifel, dass sie diese Rechtslage noch vor Augen gehabt haben.
Aber dieser innenpolitischen Verantwortung stellt sich die Niedersächsische Landesregierung, und dieser Verantwortung stellt sich unsere Polizei - mit Professionalität, mit Augenmaß und dem klaren Auftrag, Sicherheit zu gewährleisten und gleichzeitig das Recht auf Demonstrationsfreiheit zu achten. Sie hat diese mitunter heikle Gratwanderung auch in diesem Jahr erfolgreich bewältigt.
Die nachfolgenden Zahlen verdeutlichen die Dimension des diesjährigen Castoreinsatzes: Unter Führung der Polizeidirektion Lüneburg waren in diesem Jahr 11 836 Einsatzkräfte eingesetzt, davon 5 091 aus Niedersachsen. Zum Straßentransport erhöhte sich diese Zahl um weitere 2 394 Beamte der Bundespolizei. Im Vergleich zum Transport 2008 mussten wir damit zur Lagebewältigung über 2 000 Einsatzkräfte mehr aufbieten.
Sie haben mit ihren Einsatzkräften eine hohe Solidarität bewiesen. Ich fand es wirklich beeindruckend, dass, als wir am Sonntag gesehen haben, dass dieser Einsatz länger dauert, vielleicht auch heftiger wird, innerhalb von wenigen Stunden nicht nur Zusagen gemacht wurden, sondern noch am Abend 1 088 zusätzliche Kräfte aus acht Ländern zur Verfügung gestellt worden sind, 13 Einsatzhundertschaften. Das ist Solidarität. Dafür wirklich herzlichen Dank!