Protocol of the Session on September 14, 2011

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Guten Morgen, Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 113. Sitzung im 37. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 16. Wahlperiode.

Ich stelle die Beschlussfähigkeit fest.

Tagesordnungspunkt 12: Mitteilungen des Präsidenten

Zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 13, Aktuelle Stunde. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort.

Die heutige Sitzung soll gegen 19.20 Uhr enden.

Bitte geben Sie Ihre Reden bis spätestens morgen Mittag, 12 Uhr, an den Stenografischen Dienst zurück.

Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr die Schriftführerin mit.

Guten Morgen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Entschuldigt haben sich von der Fraktion der CDU Herr Coenen, Herr Höttcher und Herr Oesterhelweg sowie von der Fraktion der FDP Herr Försterling ab 12 Uhr.

Vielen Dank. - Ich rufe dann Tagesordnungspunkt 13 auf:

Aktuelle Stunde

Für diesen Tagesordnungspunkt sind mir fünf Themen benannt worden, deren Einzelheiten Sie dem Nachtrag zur Tagesordnung entnehmen können. Die in unserer Geschäftsordnung für den Ablauf der Aktuellen Stunde geregelten Bestimmungen setze ich bei allen Beteiligten, auch bei der Landesregierung, als bekannt voraus.

Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, im Zusammenhang mit dem Antrag der Fraktion der SPD in der Drs. 16/3983 auch gleich die Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drs. 16/3986 und der Fraktion DIE LINKE in der

Drs. 16/3978 aufzurufen, die das gleiche Themengebiet betreffen. Damit stehen den Fraktionen jeweils 15 Minuten Redezeit zur Verfügung. Allerdings weise ich zur Klarstellung darauf hin, dass das gemeinsame Aufrufen mehrerer Anträge zur Aktuellen Stunde nicht zu einer Aufhebung der in § 49 Abs. 4 Satz 2 unserer Geschäftsordnung vorgesehenen Einzelredezeit von fünf Minuten führt. Die einzelnen Redebeiträge dürfen daher höchstens fünf Minuten dauern. Ich bitte die Redner, sich daran zu halten.

Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 13 a, c und d auf:

Sicherheit geht vor - Castor stoppen! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/3983

Gorleben vor dem Aus! - Neue Endlagersuche starten - den Castortransport absagen! - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/3986

Keine Tricksereien und Vertuschungen bei den Strahlengrenzwertüberschreitungen in Gorleben: Zwischenlager schließen, Castortransport absagen! - Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/3978

Ich eröffne die Aussprache. Als erstem Redner erteile ich dem Kollegen Bosse von der SPD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gorleben, Gorleben, immer wieder Gorleben - das muss Ihnen, Herr Ministerpräsident, und Ihnen, Herr Sander, aber auch den regierungstragenden Fraktionen doch irgendwann zum Halse heraushängen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Heute war zu lesen, dass Herr McAllister einen sehr vernünftigen Weg einschlägt, wie wir als SPDFraktion finden. Gorleben wird von Protesten, von Empörung, von Verständnislosigkeit und von Skandalen begleitet und ist letzten Endes auch mit Ignoranz verbunden. Das ist es, was die Menschen auf die Straße treibt.

Nun lauteten die letzten Schlagzeilen: „Die Zahl der Mädchengeburten ist im Landkreis LüchowDannenberg und den umliegenden Bundesländern deutlich zurückgegangen“ oder aber im Hamburger

Abendblatt: „Der zulässige Grenzwert für Radioaktivität am Zwischenlager Gorleben wird in diesem Jahr überschritten werden“.

Noch weitaus besorgniserregender ist aber die Tatsache, wie die Öffentlichkeit von diesen doch katastrophalen Entwicklungen in Gorleben erfahren hat; denn dies geschah nicht etwa durch die niedersächsische Atomaufsicht, wie es hätte sein sollen, sondern letzten Endes durch die Medien.

(Unruhe)

Herr Kollege, ich unterbreche jetzt einmal. - Ich halte das für ein ausgesprochen wichtiges Thema und bitte darum, dass die Gespräche in den Fraktionen eingestellt werden. Wer nicht an diesem Thema interessiert ist, muss auch nicht zwingend hier sitzen, sondern kann seine Gespräche außerhalb des Plenarsaales führen. - Bitte!

Danke schön, Herr Präsident.

Dies geschah also nicht durch die Atomaufsicht, sondern letzten Endes durch die Medien, die - das muss an dieser Stelle wieder gesagt werden - durch Zufall vom NLWKN von den hohen Messwerten erfahren haben. Der Eingreifwert von 0,27 mSv, bei dem der Einlagerungsbetrieb unterbrochen werden muss, ist bereits seit Juni dieses Jahres erreicht.

Doch statt verantwortungsbewussten Handelns müssen wir leider Gottes miterleben, wie versucht wird, diese Ergebnisse zu vertuschen und zum Teil auch zu beschönigen. Da werden, wie wir im Umweltausschuss erfahren mussten, Castoren hin- und hergeschoben, und ein Messpunkt wird versetzt - alles getreu dem Motto: Wer schon nicht überzeugen kann, der sollte wenigstens etwas Verwirrung stiften.

Hier muss deutlich gesagt werden: Sorgfalt, Seriosität, Transparenz und natürlich auch das absolute Achten von Grenzwerten sind notwendig. Danach muss gehandelt werden.

Gorleben ist eine Einbahnstraße. Die Werte sind letzten Endes auch ein Alarmsignal. Schon jetzt stehen 102 Castoren im Transportbehälterlager, und wir wissen, dass der Grenzwert dieses Jahr noch überschritten wird. Deshalb kann man doch nicht noch mehr Castoren dort hineinrollen. Letzten Endes wären es bis zu 420; dann wäre die Halle ausgelastet.

Es gibt ja mittlerweile mehrere Gründe dafür, den Transport abzusagen. Diese Gründe liegen auf dem Tisch. Man muss es erst einmal wirklich wollen und natürlich auch eine gewisse Durchsetzungsfähigkeit haben. Ich unterstelle an dieser Stelle: Sie wollen es zunächst einmal nicht, weil wirtschaftliche Interessen für Sie eine wesentlich größere Rolle spielen als Sicherheit, Transparenz und Umweltschutz. Möglicherweise hat es auch taktische Gründe. Wenn die Transporte jetzt abgesagt werden, würden die Castoren Ende nächsten Jahres rollen, also kurz vor der Landtagswahl.

Meine Damen und Herren, Durchsetzungsfähigkeit und Wille scheinen in dem Sinne nicht vorhanden zu sein. Ich bitte Sie aber trotzdem, Herr Ministerpräsident: Lassen Sie diese Chance bitte nicht verstreichen. - Herr Tanke wird in Kürze noch etwas zu dem Brief sagen, den Sie geschrieben haben. Die Forderungen, die darin stehen, teilen wir. Das wissen Sie auch. Um glaubwürdig zu sein und Durchsetzungsfähigkeit zu zeigen, Herr Ministerpräsident, müssen Sie anpacken, und zwar jetzt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Wenzel das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, Sie versuchen heute Morgen, Politik durch PR zu ersetzen. Sie schreiben einen Brief an den Bundesumweltminister

(Ministerpräsident David McAllister: Der ist sechs Wochen alt!)

und lancieren dieses Schreiben an den „lieben Norbert“ am Tag vor einer brenzligen Landtagsdebatte an die Presse.

(Ministerpräsident David McAllister: Sechs Wochen alt! - Ulf Thiele [CDU]: Sechs Wochen alt!)

- Aber heute stand es in der Zeitung.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten - Zuruf von Ulf Thiele [CDU])

- Einen Moment, Herr Thiele, hören Sie erst einmal zu!

Das ist PR. Politik dagegen wäre es, die Einwilligung des Landes Niedersachsen zum anstehen

den Castortransport zu versagen. Das ist das, was wir erwarten und was auch die Bevölkerung von Ihnen erwartet.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Vor zweieinhalb Wochen wurde bekannt, dass der genehmigte Grenzwert für radioaktive Strahlung an dem Zwischenlager für hoch radioaktiven Atommüll in Gorleben überschritten wird. Seitdem versucht diese Landesregierung, die Öffentlichkeit über die wahren Hintergründe zu täuschen. Die Messungen der oben genannten Werte wurden zwischen Ende November 2010 und Juni 2011 vom niedersächsischen Landesamt durchgeführt und auf das Jahr hochgerechnet. Im Juni und im Juli dieses Jahres erfuhren die Öffentlichkeit und der Landtag nichts von den Messungen des Landesamtes, und das, obwohl das Landesamt als unabhängige Stelle für die Kontrolle dieser Messwerte zuständig ist. Auch im August schwieg das Umweltministerium. Erst eine journalistische Recherche brachte die überhöhten Messungen an die Öffentlichkeit.

Was kam dann? - Es kam eine Erklärung der Sprecherin von Herrn Sander im Deutschlandfunk am 26. August. Zitat:

„Eine Maßnahme könnte daher darin bestehen, die Castorbehälter innerhalb des Lagers umzustellen. So würde der Abstand zum Zaun des Betriebsgeländes erhöht.“

(Zuruf von den GRÜNEN: Hört, hört!)