Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 31. Sitzung im 11. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 16. Wahlperiode.
Zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 16, Dringliche Anfragen. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort. Die heutige Sitzung soll gegen 18.40 Uhr enden.
In der Portikushalle vor dem Leibniz-Saal wird Ihnen zu Beginn der Mittagspause der Philharmonische Chor Quakenbrück eine kurze musikalische Darbietung vortragen. Über Ihre Aufmerksamkeit für diese Darbietung würde ich mich freuen.
Ich darf Sie herzlich bitten, Ihre Reden bis spätestens morgen Mittag, 12 Uhr, an den Stenografischen Dienst zurückzugeben.
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es haben sich entschuldigt von der Landesregierung Herr Finanzminister Möllring bis zur Mittagspause und von der Fraktion der SPD Frau Hartmann und Herr Jüttner.
Es liegen drei Dringliche Anfragen vor. Die für die Behandlung Dringlicher Anfragen seit April 2008 geltenden Geschäftsordnungsbestimmungen setze ich als bekannt voraus. Ich weise nur noch gesondert darauf hin, dass einleitende Bemerkungen zu den Zusatzfragen nach der jetzigen Regelung nicht mehr zulässig sind. Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich Sie, sich schriftlich zu Wort zu melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.
Auswirkungen der vor allem in den Konjunkturpaketen I und II verankerten Steuersenkungen auf die kommunalen Verwaltungshaushalte in Niedersachsen - Anfrage der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/893
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In den Konjunkturpaketen I und II sind neben der Förderung öffentlicher Investitionen, vor allem der Städte, Gemeinden und Landkreise, gleichzeitig Maßnahmen für Steuersenkungen verankert. Rückwirkend zum 1. Januar 2009 soll der Grundfreibetrag in der Lohn- und Einkommensteuer um 170 Euro auf 7 834 Euro angehoben werden. Ab dem Jahr 2010 steigt er auf 8 004 Euro. Der Eingangssteuersatz sinkt ab Januar 2009 von 15 % auf 14 %. Um die sogenannte kalte Progression abzuflachen, werden die Tarifeckwerte ab dem Jahr 2009 um 400 Euro und im Jahr 2010 noch einmal um 330 Euro verschoben. Verbessert wird ab dem Jahr 2009 die steuerliche Abzugsfähigkeit von Handwerkerleistungen. Bereits wieder eingeführt ist die steuersenkende degressive Abschreibung bei beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Dazu kommen erhebliche Reduzierungen der Lohnsteuer aus der Wiedereinführung der Pendlerpauschale bis zum 20. Entfernungskilometer.
All diese steuersenkenden Vorhaben führen zu erheblichen Einnahmeausfällen bei den öffentlichen Haushalten, vor allem in den Kommunalhaushalten. Ein bedeutender Teil bereits eingeplanter Einnahmen der öffentlichen Haushalte, vor allem der Kommunen, wird nach Meinung vieler Experten wegbrechen.
Ende Januar 2009 veröffentlichte das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung eine Studie, die Folgendes ergeben hat:
Im Jahr 2009 dürften den Kommunen aus den Konjunkturpaketen bundesweit zusätzliche Investitionsmittel in Höhe von voraussichtlich 6,3 Milliarden Euro zur Verfügung stehen. Im Jahr 2010 könnten es noch einmal 5,8 Milliarden Euro sein. Doch gleichzeitig verursachen die genannten
Steuersenkungen in den Konjunkturpaketen sowie die Wiedereinführung der Pendlerpauschale bis zum 20. Entfernungskilometer massive Steuerausfälle bei den Kommunen.
Angesichts der Tatsache, dass die Kommunen in den meisten Bundesländern über den kommunalen Finanzausgleich auch von den Steuereinnahmen des jeweiligen Landes abhängig sind, beziffert das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung die kommunalen Mindereinnahmen in diesem Jahr bundesweit insgesamt auf 1,9 Milliarden Euro und im Jahr 2010 sogar auf 3,4 Milliarden Euro. Damit würden den Kommunen in diesem Jahr 30 % der zusätzlichen Investitionsmittel gleich wieder entzogen, im kommenden Jahr wären es, der HansBöckler-Stiftung zufolge, sogar annähernd 60 %. Würde - so die Untersuchung der Stiftung weiter - die von der Bundesregierung für das Jahr 2010 vorgesehene steuerliche Abzugsfähigkeit von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung dazu gerechnet, verlören die Kommunen bundesweit im Jahr 2010 sogar fast 80 % der zusätzlichen Investitionsmilliarden. All das widerspräche den Zielen der Konjunkturpakete, die Investitionsimpulse möglichst ungeschmälert vor Ort ankommen zu lassen.
Zu den genannten Einnahmeausfällen kommunaler Verwaltungshaushalte infolge von Steuersenkungen des Bundes kommen die sich bereits abzeichnenden weiteren konjunkturell bedingten Verluste für die Städte und Gemeinden vor allem bei der Gewerbesteuer. So hat die Volkswagen AG der Stadt Hannover gegenüber angekündigt, ihre Gewerbesteuer-Vorauszahlungen vorerst einzustellen. Dadurch fallen womöglich mehr als 25 Millionen Euro aus, und das nicht nur in diesem Jahr, sondern so lange, bis sich Banken, Versicherungen, Autozulieferer, Mittelständler von der Rezession wieder erholt haben (siehe Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 30. Januar 2009, S. 14). Auch die Continental AG hat der Stadt Hannover angekündigt, ihre Gewerbesteuer-Vorauszahlungen sofort einzustellen. Ähnliche Einschätzungen liegen auch aus anderen Städten und Regionen Niedersachsens vor.
Aus all dem geht hervor, dass sich abzeichnet - damit kommen wir zum Kern der Angelegenheit -, dass die den Kommunen bereitgestellten zusätzlichen Investitionsmittel in Höhe von etwa 12,1 Milliarden Euro - bundesweit - durch die in den Konjunkturpaketen I und II selbst verankerten Steuersenkungen, weitere steuersenkende Vorhaben der Bundesregierung sowie durch die konjunkturell
bedingten Steuerausfälle von Städten und Gemeinden, insbesondere bei der Gewerbesteuer, in hohem Maße wieder verloren gehen.
1. Wie beziffert sie die Auswirkungen der in den Konjunkturpaketen I und II verankerten Steuersenkungen auf die Verwaltungshaushalte niedersächsischer Kommunen in den Jahren 2009 und 2010 im Vergleich zu den den Kommunen jeweils zusätzlich zur Verfügung stehenden Investitionsmitteln beider Jahre?
Herr Kollege, darf ich kurz unterbrechen? - Vielleicht besteht die Möglichkeit, den Erfahrungsaustausch über den gestrigen Abend etwas leiser durchzuführen; denn der Redner wird erheblich gestört. Ich bitte, ihm die notwendige Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen.
Ich widerspreche Herrn Dinkla ja selten. Aber ich habe ein dickes Fell. Das stört mich gar nicht so.
2. Welche Einschätzung trifft sie zu den zu erwartenden konjunkturell bedingten Einnahmeausfällen niedersächsischer Städte und Gemeinden in diesem Jahr, insbesondere hinsichtlich der Gewerbesteuer?
3. Welche Schritte wird sie veranlassen, um die mit den Steuersenkungen der Konjunkturpakete I und II sowie den sich abzeichnenden konjunkturell bedingten Steuerausfällen einhergehenden massiven Belastungen für die Verwaltungshaushalte niedersächsischer Kommunen, bei gleichzeitiger Sicherung von deren Investitionsoffensive, im Zusammenwirken mit der Bundesregierung und den Regierungen der anderen Bundesländer auszugleichen?
Fragesteller, den Eindruck zu erwecken, das Konjunkturpaket II sei nur eine Mogelpackung und die den Kommunen zufließenden Mittel würden in hohem Maße durch Steuerausfälle wieder verloren gehen. Wer eine solche Behauptung aufstellt, ist in der Realität noch nicht angekommen.
(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Jörg Bode [FDP] - Kreszentia Flauger [LINKE]: Wir sind Ihnen vor- aus!)
- Suchen Sie das Gespräch mit den Kommunen vor Ort oder auch mit den kommunalen Spitzenverbänden, Frau Flauger, und Sie werden sehen, dass das Verhältnis der Landesregierung zu den Kommunen von Vertrauen und gegenseitigem Respekt getragen ist.
Unsere Kommunen wissen, dass sie sich gerade in den vor uns liegenden schwierigen Zeiten auf diese Landesregierung verlassen können. Der Ende des letzten Jahres aus dem Amt geschiedene Oberbürgermeister von Celle und durchaus kritikfreudige langjährige Präsident und Vizepräsident des Niedersächsischen Städtetages, Martin Biermann, schreibt in der neuesten Ausgabe der Verbandszeitung des Niedersächsischen Städtetages wörtlich:
„Wenn heute die Mittel aus dem Konjunkturprogramm II in einer Größenordnung von 600 Millionen Euro pauschaliert zur Vergabe direkt an die Kommunen ohne regulierende Landesbestimmungen weitergegeben werden, dann ist dies ein ungeheurer Durchbruch im Zusammenwirken beider Ebenen. So etwas kommt nicht von ungefähr, sondern setzt Vertrauen voraus, an dem wir gegenseitig gearbeitet haben.“
Meine Damen und Herren, ich unterstreiche dies und weise in diesem Zusammenhang beispielhaft auf die Einführung der strikten Konnexität, die Vereinbarung zum E-Government und auf die gemeinsamen Entscheidungen zum Ausbau der Kinderbetreuung für die unter Dreijährigen hin. Bei all diesen Beispielen ist sehr deutlich geworden, dass die Landesregierung und die Kommunen in wichtigen Fragestellungen für unsere Bürgerinnen und Bürger konstruktiv und zukunftsgerichtet zusammenarbeiten. Trotz manchmal der Sache und den
verschiedenen Interessenlagen notwendigerweise geschuldeten unterschiedlichen Auffassungen werden wir auch weiterhin auf dieser Vertrauensbasis aufbauen und den Dialog suchen. Die Kommunen sind nun einmal die ersten Ansprechpartner für die Bevölkerung. Dort schlagen die Probleme als Erstes auf, und wir müssen unseren Kommunen die notwendigen Hilfestellungen geben, ohne sie in irgendeiner Weise zu bevormunden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren aus der Fraktion DIE LINKE, statt fortdauernd zu kritisieren, sollten auch Sie die positiven Auswirkungen des Konjunkturpaketes II für die Kommunen in Niedersachsen nicht ganz aus den Augen verlieren. Wenn morgen der Bundesrat dem Gesetz zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland zugestimmt und anschließend dieses Hohe Haus das Nachtragshaushaltsgesetz 2009 mit dem darin enthaltenen Niedersächsischen Zukunftsinvestitionsgesetz verabschiedet haben wird, werden wir als erstes Land der Bundesrepublik Deutschland eine rechtliche Grundlage zur Auszahlung der Finanzhilfen an unsere Kommunen geschaffen haben.
Darauf können wir stolz sein. Ich bedanke mich bei Ihnen allen dafür, dass wir die Beratungen so zügig durchführen konnten. Ich bedanke mich aber auch bei den kommunalen Spitzenverbänden für ihre sehr konstruktive und hilfreiche Mitarbeit sowie - auch dies muss an dieser Stelle einmal erlaubt sein - bei den beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Staatskanzlei und der betroffenen Ressorts für ihr außergewöhnliches Engagement. Das, was dort geleistet worden ist, ist wichtig und im Sinne der Kommunen. Herzlichen Dank für diese Arbeit!
Die Landesregierung wird von den insgesamt zur Verfügung stehenden Mitteln in Höhe von 1,227 Milliarden Euro im Rahmen der Niedersachseninitiative 964 Millionen Euro direkt den Kommunen zukommen lassen. Dies entspricht rund 78 % der gesamten Mittel. Hiermit bewegen wir uns bundesweit im Spitzenfeld, zumal auch der überwiegende Anteil der sogenannten Landesmaßnahmen, wie beispielsweise der Hochschulbau, direkt vor Ort, d. h. in den Kommunen, investiert werden wird. Wir stellen 600 Millionen Euro pauschal allen Kommunen nach Einwohnerzahl auf Abruf zur Verfügung. Darin enthalten sind Ei
genanteile der Kommunen in Höhe von 120 Millionen Euro, deren individuelle Höhe von der finanziellen Leistungsfähigkeit der Gemeinden und Landkreise abhängt. Diese 600 Millionen Euro stehen für schnell, unkompliziert und flexibel umzusetzende kommunale Maßnahmen bereit.