Protokoll der Sitzung vom 19.02.2009

- Es geht hier eigentlich um ein wichtiges Thema. Wenn Sie eine Frage stellen, die nicht ganz kurz ist, wäre es ganz schön, wenn Sie wenigstens ein bisschen zuhören würden.

Das wollte ich gerade sagen, Herr Minister. - Ich bitte noch einmal ausdrücklich darum, dass der Geräuschpegel reduziert wird. Er ist nicht nur für den Redner eine Zumutung, sondern auch für die Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Tribüne. Ich wiederhole meine dringliche Bitte, die Gespräche in den Reihen deutlich zu reduzieren.

Das Land hat mit einer Übernahme von 5 % der kommunalen Beteiligungsquote in Höhe von 30 Millionen Euro ganz bewusst dazu beigetragen, dass die finanzschwächsten Kommunen nur einen Eigenanteil von 5 % aufbringen müssen. Entscheidend ist aber auch hier, dass die Kommunen ihre Maßnahmen selbst bestimmen und selbst umsetzen wollen. Deshalb entscheiden sie allein vor Ort, welche Handlungsoptionen in ihrer Gemeinde oder in ihrem Kreis sinnvoll, effektiv und notwendig sind.

(Heinrich Aller [SPD] meldet sich zur Geschäftsordnung)

Herr Minister, ich muss Sie erneut kurz unterbrechen. Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Aller?

Dies ist ungewöhnlich. Wenn man eine Frage beantwortet, dann muss man erst einmal - - -

Entschuldigung, eine Klarstellung: Herr Aller hat sich zur Geschäftsordnung gemeldet.

(Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Das geht doch gar nicht mitten in der Be- antwortung einer Anfrage!)

Wir haben eine klare Regelung, wie Dringliche Anfragen zu handhaben sind. Die Regierung ist gehalten, auf Fragen, die gestellt worden sind, präzise zu antworten. Was hier stattfindet, ist die vorweggenommene Haushaltsdebatte. Ich halte es für ungehörig, dass der Minister hier zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage eine Rede hält und zum Kern der Fragestellung, wie es über das Programm zu neuen Schulden kommt, bisher nicht ein einziges Wort gesagt hat.

(Lebhafter Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Herr Kollege Aller, ich weise darauf hin, dass ich die Kritik zu diesem Zeitpunkt für unangemessen und nicht formgerecht halte. Ich bitte, den Herrn Minister seine Ausführungen ohne Störungen machen zu lassen. Sie können zu einem anderen Zeitpunkt Ihre Kritik hier anbringen.

Zur Geschäftsordnung kann ich natürlich nicht reden. Gleichwohl sage ich Ihnen: Wenn eine Frage zum Konjunkturpaket II gestellt wird, dann ist es zwar verständlich, dass es auf dieser Seite schwer erträglich ist, wenn hier dargestellt wird, dass das Konjunkturpaket von der Landesregierung nun so umgesetzt wird, wie es die Kommunen haben wollen. Aber wenn in der Frage suggeriert wird, dass dieses Konjunkturpaket II eine Mogelpackung sei, dann muss ich zunächst einmal darstellen, wie dieses Konjunkturprogramm aussieht. Das ist doch völlig logisch.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Hier werden 600 Millionen Euro verteilt. Angesichts einer solchen Summe muss man schon ein bisschen darüber reden, wie das Ganze vernünftig umgesetzt wird. Wir haben eine Hotline eingerichtet, weil es überall noch Fragen gibt, wie das Ganze umgesetzt werden soll. Auch dieses Parlament hat ein Anrecht darauf, dass im Detail dargestellt

wird, wie die Landesregierung dieses Programm umsetzt, wenn eine solche Frage gestellt wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Detlef Tanke [SPD]: Im Detail!)

Das ist sinnvoll, und dabei sollte man auch zuhören. Es ist doch völlig unangemessen, dass, wenn man hier - - -

(Detlef Tanke [SPD]: Wenn Sie aus- weichen!)

- Überhaupt nicht ausweichen! Nun warten Sie doch erst einmal ab!

(Zurufe von Heinz Rolfes [CDU], von Kreszentia Flauger [LINKE] und von der SPD)

Deshalb entscheiden sie allein vor Ort, welche Handlungsoptionen in ihrer Gemeinde oder in ihrem Kreis sinnvoll, effektiv und notwendig sind. Zu einer Entscheidungsoption gehört notwendigerweise immer auch eine Verantwortungsoption. Deshalb ist ein kommunaler Mindesteigenanteil unverzichtbar, auch wenn er nur bei 5 % liegt.

Mithilfe des Niedersächsischen Zukunftsinvestitionsgesetzes werden wir das Pauschalpaket in den Kommunen unbürokratisch und flexibel umsetzen können. Landtag und Landesregierung schaffen mit dieser äußerst schnellen und praktisch zeitgleichen Reaktion auf die Entscheidungen auf Bundesebene die rechtlichen Voraussetzungen für die Umsetzung der Investitionen in Niedersachsen.

Zu dem Pauschalpaket kommen noch weitere 364 Millionen Euro hinzu, die den Kommunen für Schwerpunktförderung bereitgestellt werden. Auf der Grundlage von Förderrichtlinien werden die Schulinfrastruktur, die Breitbandverkabelung, die kommunalen Sportstätten, die Krankenhäuser, der Hochwasserschutz im Binnenland und die Altlastensanierung in Kommunen eine erhebliche Verbesserung erfahren. In all diese Planungen wurden die kommunalen Spitzenverbände frühzeitig eingebunden. Die Verteilung eines erheblichen Teils der Mittel geht auf die Wünsche und einen gemeinsamen Vorschlag der kommunalen Spitzenverbände zurück. Dies schließt die Aufteilung der Mittel zwischen der Kreis- und der Gemeindebene, die Verteilung der Mittel nach Einwohnern bzw. nach Einwohnern und Fläche sowie die Festsetzung des Eigenanteils nach Steuereinnahmekraft ein.

Von Beginn an war es das erklärte Ziel der Landesregierung, der kommunalen Ebene die Fi

nanzmittel aus dem Konjunkturpaket II möglichst ohne bürokratische Hürden zur Verfügung zu stellen. Dem Gesetzentwurf können Sie entnehmen, dass uns dies ohne Wenn und Aber gelungen ist.

Die Anforderungen, die uns der Bund abverlangt, wurden unverändert und ohne zusätzliche Vorgaben übernommen. Schließlich - auch das muss man sehr deutlich feststellen - reicht die Landesregierung erheblich mehr als die vom Bund geforderten 70 % der Finanzhilfen an die kommunalen Gebietskörperschaften weiter. Wir glauben, dass man in den Kommunen am besten weiß, wo man investieren muss.

(Beifall bei der CDU)

All diese Umstände - all diejenigen, die dabei waren, werden sich an die Anhörung im Ausschuss für Haushalt und Finanzen erinnern - haben dazu geführt, dass die Arbeit der Landesregierung, insbesondere auch des Innenministeriums, die besondere Anerkennung der kommunalen Spitzenverbände gefunden hat.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die beiden Konjunkturpakete zur Sicherung der Beschäftigung und Stabilität in Deutschland enthalten sowohl steuerliche Entlastungen als auch ausgabeseitige Maßnahmen insbesondere zur Stärkung der kommunalen Investitionsbasis, die sich in ihrer gesamtwirtschaftlichen Wirkung ergänzen. Auf der Finanzierungsseite verteilt sich die Einnahmeminderung der öffentlichen Haushalte durch steuerliche Maßnahmen dabei im Wesentlichen entsprechend den gesetzlichen Beteiligungsverhältnissen auf die staatlichen und kommunalen Ebenen.

Auf der Ausgabenseite werden im Rahmen der Initiative Niedersachsen Investitionszuweisungen für kommunale Aufgaben von Bund und Land geleistet, für die es in einer gesamtwirtschaftlichen Normallage keine derartigen Finanzierungsbeiträge geben würde. Der kommunale Eigenanteil am Gesamtvolumen des auf die Kommunalebene in Niedersachsen entfallenden Investitionsvolumens beträgt dabei lediglich rund 17 %. Die Maßnahmen im Rahmen der Konjunkturpakete dienen daher nicht nur gesamtwirtschaftlichen, sondern in hohem Maße auch kommunalen Zielen und Interessen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dies vorausgeschickt, beantworte ich die Dringliche Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Mit der Initiative Niedersachsen setzen wir das Konjunkturpaket II kurzfristig um. Wir wollen vor allem zwei Dinge erreichen, nämlich Arbeitsplätze und damit Beschäftigung zu sichern und damit den Standort Niedersachsen zu verbessern, damit wir aus der momentanen Krise gestärkt hervorgehen.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb soll vor allem in den Kommunen zielgenau und nachhaltig investiert werden. Wir geben unseren Kommunen im Rahmen der Initiative Niedersachsen fast 1 Milliarde Euro für investive Zwecke. Mit diesen Investitionen wird vor Ort wirtschaftliche Leistung erzeugt, die dann ihrerseits zu höheren Steuereinnahmen führen wird.

Aus den Konjunkturpaketen ergeben sich nach derzeitigem Stand auf der Grundlage der Schätzung des Bundesministeriums der Finanzen für die kommunale Ebene in Niedersachsen folgende unmittelbaren finanziellen Auswirkungen: Das Konjunkturpaket I verursacht im Jahr 2009 Einnahmeverluste in Höhe von 56 Millionen Euro, im Jahr 2010 in Höhe von 131 Millionen Euro.

(Zuruf von der SPD: Aha!)

Das Konjunkturpaket II führt im Jahr 2009 zu Einnahmeverringerungen in Höhe von 58 Millionen Euro und in 2010 in Höhe von 65 Millionen Euro.

Demgegenüber betragen die Investitionszuweisungen für die Kommunen in Niedersachsen aus Bundes- und Landesmitteln im Rahmen der Initiative Niedersachsen in den Jahren 2009 und 2010 insgesamt rund 800 Millionen Euro.

Zu Frage 2: Eine belastbare Einschätzung im Hinblick auf die Veränderung der Einnahmeerwartungen infolge der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung wird nach der offiziellen Steuerschätzung vom 12. bis 14. Mai 2009 erfolgen können.

Zu Frage 3: Die Landesregierung wird die Entwicklung der Finanzsituation der Kommunen genau beobachten und im Rahmen des jährlich zu erstellenden Berichts zur Entwicklung der Finanz- und Haushaltslage des Landes Niedersachsen und der niedersächsischen Kommunen bewerten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Jetzt haben alle Kolleginnen und Kollegen die Option, Nachfragen - auch kritische Nachfragen - zu stellen. Damit beginnt der Kollege Adler von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Warum müssen die ärmsten Kommunen in Niedersachsen überhaupt etwas aus eigenen Mitteln zu dem bezahlen, was ihnen aus dem Konjunkturpaket zugewiesen wird, wenn doch immerhin steuerliche Nachteile auf der Einnahmeseite zu befürchten sind und die ärmsten Kommunen dadurch voraussichtlich in noch größere Schwierigkeiten als schon jetzt geraten werden?

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister Schünemann!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, zu Beginn muss ich hier noch einmal darstellen, warum Konjunkturprogramme gemacht werden. Konjunkturprogramme werden gemacht, um Arbeitsplätze zu sichern und insgesamt dazu beizutragen, dass die Wirtschaft eben nicht weiter zurückgeht, sondern dass die Konjunktur anspringt. Das ist der Grundsatz. Jetzt Rechnungen darüber anzustellen, dass es zu Einnahmeverlusten aus der Steuer kommt, wenn man Steuervergünstigungen umsetzt, ist natürlich eine rein theoretische Berechnung.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Aber lo- gisch!)

Durch solche Anreize wird die Wirtschaft angekurbelt, und dadurch werden wiederum mehr Steuern eingenommen. Das ist doch die ganze Philosophie, die Sie als Fraktion DIE LINKE nicht verstehen.

(Beifall bei der CDU)

Steuererleichterungen führen zur Konjunkturbelebung, das ist doch völlig klar! Das nur noch einmal, um es Ihnen deutlich zu machen.