Protocol of the Session on January 20, 2012

Login to download PDF

Guten Morgen, Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 127. Sitzung im 41. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 16. Wahlperiode.

Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest.

Tagesordnungspunkt 27: Mitteilungen des Präsidenten

Zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 28, Mündliche Anfragen. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort.

Die heutige Sitzung soll gegen 13.10 Uhr enden.

Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr die Schriftführerin mit.

Es haben sich entschuldigt: von der Landesregierung Herr Finanzminister Möllring* ab 10.15 Uhr, der Minister für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung, Herr Lindemann, und von der Fraktion der FDP Herr Försterling.

Wir kommen damit zu Tagesordnungspunkt 28:

Mündliche Anfragen - Drs. 16/4370

Die für die Fragestunde geltenden Regelungen unserer Geschäftsordnung setze ich als allgemein bekannt voraus. Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich Sie, sich nach wie vor schriftlich zu Wort zu melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.

Ich stelle fest: Es ist jetzt 9.01 Uhr.

Wir kommen zu Frage 1:

Energiewende in Niedersachsen: Wie sicher? Wie teuer? Wie nachhaltig?

Siehe Seite 16378

Dazu erteile ich dem Kollegen Dr. Hocker das Wort. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Energiewende in Deutschland ist die zentrale industrie-, klima- und gesellschaftspolitische Herausforderung der nächsten Jahrzehnte. Sie wird Auswirkungen auf unser Verhalten, auf unser Arbeitsplatzangebot, auf den Energiekostenanteil und auf unsere nachbarschaftlichen Beziehungen in Europa haben. Im politischen Raum werden derzeit unterschiedliche Ansätze, Maßnahmen und Vorgehensweisen im Umgang mit der Energiewende diskutiert.

Wir fragen deswegen die Landesregierung:

1. Wie bewertet die Landesregierung Absichten, die energetische Sanierung des Gebäudebestands im privaten Bereich zu erzwingen, und welche finanziellen Auswirkungen für die niedersächsischen Haushalte sind zu erwarten?

2. Wie würde die Landesregierung einen vollständigen Verzicht auf den Neubau von konventionellen Kraftwerken, insbesondere hinsichtlich der ganzjährigen Versorgungssicherheit, beurteilen?

3. Wie beurteilt die Landesregierung die derzeitige Einsatzfähigkeit und Wirtschaftlichkeit von Speichertechnologien?

Vielen Dank.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Dr. Birkner das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Niedersachsen ist das Bundesland mit der dynamischsten energiepolitischen Entwicklung in Deutschland. Die traditionell starke Rolle der Energiewirtschaft in unserem Bundesland hat ganz wesentlich dazu beigetragen, dass es gelingen konnte, Niedersachsen auch zu einem der Bundesländer mit einem starken industriellen und gewerblichen Rückgrat zu entwickeln.

Eine starke Kraftwerksstruktur hat in der Vergangenheit eine sichere und preisgünstige Stromversorgung ermöglicht. Bereits in den 1990er-Jahren

hat in Niedersachsen auch der Siegeszug der erneuerbaren Energien begonnen.

Meine Damen und Herren, die Energiewende wird zweifellos ein enormer Kraftakt für Gesellschaft und Wirtschaft. Die Landesregierung stellt sich dieser Herausforderung und geht sie entschlossen und gestaltend an. Niedersachsen kann und wird eine zentrale Rolle beim Umbau der Energieversorgung Deutschlands spielen. Wir werden diese Jahrhundertchance für Niedersachsen, die mit der Energiewende einhergeht, als Landesregierung konsequent nutzen.

Niedersachsen ist bereits heute deutscher Marktführer beim Ausbau der erneuerbaren Energien. So stehen 25 % der deutschen Windenergieleistung in Niedersachsen. In keinem Bundesland wird insgesamt mehr Strom aus erneuerbaren Energien nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz erzeugt als in Niedersachsen.

(Zuruf von Kurt Herzog [LINKE])

Meine Damen und Herren, die positiven Auswirkungen des Ausbaus der erneuerbaren Energien sind in Niedersachsen bereits deutlich spürbar. So trägt der Ausbau zur Ansiedlung und Neugründung von Unternehmen bei. Gerade ehemals strukturschwache Gebiete wie die Küstenregion, aber auch der ländliche Raum, das ganze Land, konnten davon profitieren. Hier verzeichnen wir einen deutlichen Anstieg der Beschäftigung und eine gesteigerte Wertschöpfung vor Ort.

Die Nutzung der Windenergie spielt in Niedersachsen eine besondere Rolle. Neben den großen Anlagenbauern sind viele vorwiegend mittelständische Zulieferer für die Windbranche tätig.

Aber auch die Bioenergienutzung ist ein Aushängeschild für Niedersachsen. Rund ein Viertel der bundesweit installierten elektrischen Leistung aus Biogas steht hier in Niedersachsen und generiert Wertschöpfung vor Ort. Neue Wirtschaftsstrukturen rund um die Bioenergie sind im Land gewachsen.

Meine Damen und Herren, diese Erfolgsgeschichte wollen wir fortschreiben. Klare Leitziele neben Umwelt- und Klimaverträglichkeit müssen zukünftig aber auch die Versorgungssicherheit und die Bezahlbarkeit der Energieversorgung sein. Das ist keine banale Aufgabenstellung. Wir dürfen beim Ausbau der erneuerbaren Energien nicht den Fehler machen, ständig steigende Energiepreise auszulösen, die sich zu einem sozialen Problem für viele Privathaushalte entwickeln würden. Auch viele Schlüsselindustrien sind darauf angewiesen,

dass die Energiepreise in Deutschland nicht zu einem zusätzlichen internationalen Wettbewerbshindernis werden. Denn die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie hängt ganz wesentlich davon ab, dass wir alles dafür tun, dass wir nicht zur Hochpreiszone von Europa werden.

Meine Damen und Herren, aber nicht nur der Preis, auch die Verlässlichkeit der Energieversorgung ist für die Zukunft Niedersachsens als Industrie- und Automobilland eine unverzichtbare Voraussetzung.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Versorgungssicherheit zu erhalten, bedeutet u. a., Stromnetze zu ertüchtigen, nachzurüsten und auszubauen. Der ambitionierte Ausbau der erneuerbaren Energien stellt die Netze vor völlig neue systematische Herausforderungen. Die Konsequenz ist: Sowohl auf der Verteilnetzebene als auch auf der Übertragungsnetzebene müssen viele neue Leitungen gebaut werden, um diese unstete Stromeinspeisung aus erneuerbaren Energien in die Verbrauchsschwerpunkte leiten zu können.

Versorgungssicherheit zu erhalten, bedeutet auch, neue, moderne konventionelle Kraftwerke zu errichten. Denn für einen stabilen Netzbetrieb können wir darauf nicht verzichten. Und dabei steht die Landesregierung für Technologieoffenheit. Es sind die Investoren, die entscheiden müssen, welche Technologie sie einsetzen.

Meine Damen und Herren, es ist unsere gemeinsame Aufgabe, diese unvermeidbaren Konsequenzen des beschleunigten Ausbaus der erneuerbaren Energien in der Öffentlichkeit zu vermitteln. Wer sich gegen die Nutzung der Kernkraft zur Stromerzeugung ausspricht, der darf in der Folge nicht den erforderlichen Zubau von konventionellen Kraftwerken verteufeln.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

In Ergänzung zu den erneuerbaren Energien werden wir auch in Zukunft darauf angewiesen sein, dass konventionelle Kraftwerkskapazitäten bereitstehen, die dann Strom liefern können, wenn die Erneuerbaren es eben nicht können.

(Unruhe)

Herr Minister, ich darf kurz unterbrechen. Ich gehe einmal davon aus, dass acht Minuten nach Beginn

der Sitzung die morgendliche Begrüßung innerhalb der Fraktionen zum Abschluss gekommen ist. Insofern meine ich, dass man die Gespräche einstellen kann.

Herr Minister, Sie haben wieder das Wort.

Herzlichen Dank. - Meine Damen und Herren, wichtig ist mir aber auch, dass wir bei allem Optimismus über den Umbau unserer Energieversorgung nicht in den Fehler verfallen, die Bürgerinnen und Bürger mit gesetzlichen Vorschriften und Zwangsmaßnahmen zu überschütten.

(Zustimmung von Dr. Gero Clemens Hocker [FDP] und Ursula Körtner [CDU])

Das wäre ein Rückschritt auf dem dringend notwendigen Weg zu mehr Akzeptanz.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: In Deutschland wird mehr als ein Viertel des gesamten Endenergieverbrauchs in privaten Haushalten für die Bereitstellung von Heizungswärme und Warmwasser benötigt. Um diese Einsparpotenziale zu heben, ist noch eine deutliche Erhöhung der energetischen Sanierungsquote notwendig.