Gerd Ludwig Will

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Last Statements

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, vor dem Hintergrund Ihrer allgemeinen Betrachtungen und der sehr fulminanten Absichten, die Sie hier erläutert haben, frage ich Sie, weil Sie das Thema Hafenhinterlandverkehre angesprochen haben: Was ist in den letzten zehn Jahren da eigentlich realisiert worden? Welche fertigen Projekte haben Sie überhaupt abgeliefert?
Herr Minister, vor dem Hintergrund, dass die maritime Verbundwirtschaft durchaus auch eine nationale Aufgabe ist und die Landesgrenzen bei Weitem sprengt, frage ich Sie: Was haben Sie eigentlich inzwischen mit den anderen Küstenländern erreicht, um zusätzliche Mittel aus den Bundesver
kehrswegeplänen für Straße, Schiene und Wasserstraße vor die Klammer zu ziehen, damit der Hafenhinterlandausbau beschleunigt werden kann?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dürr, Herr Thümler, bei Ihrem dreisten Selbstlob fallen mir zuerst die vom Rechnungshof aufgedeckten Vetternwirtschaften in der Wirtschaftsförderung - Cemag lässt grüßen;
das Land lässt dabei Millionen, liebe Kolleginnen und Kollegen; das muss man hier wissen - und die Phantasiepläne zur Infrastruktur ein. Real haben Sie weder das Schiffshebewerk Scharnebeck noch die Y-Trasse noch den dringenden Ausbau der Hafenhinterlandverkehre wirkungsvoll vorangebracht.
Meine Damen und Herren, Sie haben sich wegen der Vollbeschäftigung gelobt. Es geht nicht, wie Sie es immer darstellen, um die Arbeit an sich, sondern auch um die Qualität der Arbeit, um ordentliche Einkommen und Arbeit mit Zukunft in und für Niedersachsen.
Was stellen wir fest? - Prekäre Beschäftigung hat massiv zugenommen. Von 2000 bis 2011 sank die sozialversicherungspflichtige Vollbeschäftigung um 4,2 %, stieg die Leiharbeit um 185 %, stiegen die Minijobs um 21 % und stieg der Anteil der befristeten Beschäftigung bis 2009 um 28 %. So sieht Ihr Jobwunder aus, meine Damen und Herren von der CDU und von der FDP!
2010 arbeiteten in Niedersachsen ca. 23 % im Niedriglohnsektor. Das sind inzwischen 760 000 Beschäftigte mit Bruttolöhnen unter 9,54 Euro. 80 % dieser Betroffenen verfügen über eine abgeschlossene Ausbildung bzw. ein Studium. Zwei Drittel davon sind Frauen. Fazit: Für die berufliche Gleichstellung haben Sie in den letzten zehn Jahren nichts getan und auch nichts erreicht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, 135 000 Arbeitnehmer in Niedersachsen beziehen sogenannte Aufstockerleistungen. Dafür müssen in Niedersachsen jährlich 1,1 Milliarden Euro aus Steuermitteln finanziert werden. Hier hätten Sie durch entschlossene Bekämpfung prekärer Beschäftigung wirksam sparen können. Stattdessen haben Sie die öffentlichen Kassen für Lohnersatzzahlungen plündern lassen. Die Allgemeinheit subventioniert Minilöhne.
Was wir übrigens nicht brauchen, meine Damen und Herren, ist die Taktiererei der CDU und der FDP in Sachen Mindestlohn. Die CDU will ihren Juniorpartner nicht düpieren und schiebt die Verantwortung deshalb weit von sich. Das ist unverantwortlich gegenüber Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die von ihrer Hände Arbeit nicht leben können.
Und noch ein Stichwort zum Einstieg in das Wirtschaftsleben: Von rund 800 befragten Jugendlichen mit einer Ausbildung in Metallberufen erhielten 2012 75 % lediglich einen befristeten Arbeitsvertrag oder wurden gar nicht übernommen. Aufsteiger sehen anders aus, meine Damen und Herren!
Sie reden sich Ihre Welt schön. Fragen Sie einmal die jungen Menschen, denen der berufliche Ein- und Aufstieg so erschwert wird, obwohl viele über Facharbeitermangel klagen! Hier hätten Sie handeln müssen!
Thema höheres Wachstum: Schauen Sie sich die Wahlprüfsteine der Unternehmerverbände, der mittelständischen Wirtschaft und der Gewerkschaften an. Dort wird Folgendes angemahnt: Der NIHK fordert in Bereichen wie Genehmigungspraxis, Fördermittelbeantragung oder Einführung flächendeckender E-Government-Prozesse weitere Ent
lastungspotenziale, weil die bürokratischen Hürden die Unternehmen immer noch belasten. Sie sind doch einmal ganz anders angetreten, Herr Bode! Was ist eigentlich daraus geworden?
Die Landesvereinigung Bauwirtschaft spricht sich z. B. für den Vorrang im bewährten dualen System aus. Wie wollen Sie das duale System erhalten und retten? - Es geht immer weiter zurück!
Bei der Verabschiedung des Niedersächsischen Landesvergabegesetzes 2011 hatte die Landesregierung Harmonisierungsbestrebungen auf Bundesebene bei den Wertgrenzen zugesagt. Auch hier ist nichts passiert.
Dann fordert der DGB z. B. den Ausbau des staatlichen Sektors und mehr öffentliche Investitionen in Bereichen wie Bildung, Erziehung und Gesundheit. Die Investitionen haben Sie dagegen weiter zurückgefahren. Wir kennen die niedrigen Investitionsquoten, die bis 2016 weiter sinken werden. Wir bräuchten massive Investitionen im Bereich der Hochschulen, bei den Landesstraßen und bei den Krankenhäusern. Dort wäre das Geld richtig angelegt, meine Damen und Herren.
Ich frage Sie: Wer trägt denn seit zehn Jahren in diesem Land die Regierungsverantwortung?
Was haben Sie alles angerichtet oder unterlassen, dass Ihnen die Verbände ein solches Zeugnis der Arbeits- und Leistungsverweigerung ausstellen?
Wenn Sie die Verschuldung wirklich zurückfahren wollten, dann hätten Sie auch die Steuern nicht senken dürfen. Das ist Ihr Thema. Das haben Sie zu verantworten. Demgegenüber - das ist schon erwähnt worden - gibt es eine Rekorderhöhung der Verschuldung von 40 auf 60 Milliarden Euro. Auch das ist eine eindrucksvolle Wachstumsrate, aber leider keine positive.
Niedersachsen wird schlecht regiert. Das werden wir ändern. Wir packen’s an und werden es besser machen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass der Bund in einem Sondertopf über 700 Millionen Euro aus Mautmitteln ausdrücklich für den Bau der A 7 zur Verfügung gestellt hat, frage ich Sie: Warum werden diese Mittel nicht eingesetzt, warum setzt man auf die teurere ÖPP-Variante?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst zu dem Antrag der Bündnisgrünen sprechen; denn ich finde, wir sollten ihn vorab einmal ausführlich diskutieren. Wir können dann vielleicht im zweiten Durchgang über die weiteren Anträge reden.
Der Antrag der Bündnisgrünen zur Sicherung der Bahninfrastruktur fordert, die Reaktivierung von Bahnstrecken zu prüfen. Das ist sinnvoll; denn vorhandene Infrastruktur sollte unter den veränderten volkswirtschaftlichen und umweltpolitischen Rahmenbedingungen neu geprüft werden. Auch müssen Fehler für die Zukunft vermieden werden,
z. B. durch den schleichenden Abbau von Infrastruktur.
Wir müssen gerade auf Anträge von Kommunen reagieren - Herr Hagenah hat darauf hingewiesen -, die mit eigenem Engagement die Wiederbelebung von Haltepunkten und Bahnstrecken unterstützen.
Nun ist auch uns klar, dass nicht 57 Reaktivierungsprojekte und 24 stillliegende Bahnhaltepunkte neu untersucht werden können. Aber es macht Sinn, da, wo Fahrgastpotenziale vorhanden sind und die Wirtschaftlichkeit erreichbar ist, nach über zehn Jahren eine erneute Prüfung durchzuführen. Dies gilt beispielsweise - ich fasse das jetzt einmal zusammen; hier sind ja schon einzelne Projekte angesprochen worden - für ehemalige Bahnhalte z. B. im Osnabrücker Land oder auch im Oldenburger Bereich. Das gilt insbesondere für intakte Güterstrecken. Dafür haben wir zwei gute Beispiele im Raum Aurich und Nordhorn.
Wir halten es für sinnvoll, den Petitionen aus den Regionen nachzugehen, sie ernst zu nehmen und sich vor Ort ein Bild davon zu machen.
- Langsam! Ich komme noch dazu.
SPD und Grüne waren vor Ort, z. B. in der Grafschaft Bentheim. Die Regierungsfraktionen haben sich das bisher noch nicht vor Ort angeschaut. Ich habe den Eindruck, Sie können das allein nach Aktenlage entscheiden.
- Ja, ja, vor Jahren, ist klar, Frau König.
Der CDU-Antrag spült den Grünen-Antrag weich. Er ist unverbindlich. Und dort, wo Sie dann zaghaft auf eine Reaktivierung eingehen, verbinden Sie dies gleich mit dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit nach der Revision der Regionalisierungsmittel. Sie machen so bei dem Verteilungsstreit auf Bundesebene den Eindruck, abzuwarten und die Ergebnisse zu akzeptieren, statt richtige Schritte der Reaktivierung zur Stärkung der eigenen Argumente einzusetzen. Kosten solcher Reaktivierungen können bis 2014 bei den Verhandlungen eine
wichtige Rolle spielen und die Verhandlungsgrundlage des Landes verbessern.
Wer demgegenüber bei der Zweckentfremdung so ungeniert mit dem Geld umgegangen ist und ansonsten einseitig auf Fahrleistungen gesetzt hat, darf sich heute nicht wundern, dass Niedersachsen bei der Verteilungsquote einen schweren Stand hat. Für Ihre Fehler beim Mitteleinsatz sollen nun die Regionen Niedersachsens die Suppe auslöffeln.
Meine Damen und Herren, wir werden heute dem Antrag der Bündnisgrünen zur Reaktivierung zustimmen, weil er realistisch die Ziele und Chancen für die Zukunft des Verkehrsmittels Bahn in Niedersachsen beschreibt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu den Einlassungen von Herrn Heineking will ich jetzt nichts sagen. Aber Frau König, Ihre HardcoreRede gegen die Schiene heute war wirklich spitze.
Ihrer Fraktion war dieses Thema so wichtig, dass nur Herr Professor Zielke im Raum war; und Herr Hoppenbrock musste den ideellen Gesamtklatscher machen. Ich finde, bei so einem zentralen Thema gehört man hier ins Parlament.
Meine Damen und Herren, ich will etwas zu den drei Anträgen sagen, zu denen wir heute die erste Beratung durchführen. Wie sieht die Zukunft der Regionalisierungsmittel für Niedersachsen aus? - Bei den anstehenden Verhandlungen agiert der zuständige Minister viel zu zaghaft. Das sagen nicht nur wir, sondern auch viele betroffene Verbände und Institutionen des Verkehrsgewerbes.
Wegen Ihrer schlechten Verhandlungsstrategie stehen Sie auf Bundesebene ziemlich isoliert da. Andere Bundesländer haben mehr Strecken saniert, mehr stillgelegte Strecken wieder in Betrieb genommen - übrigens auch CDU-regierte Bundesländer; ihren Anteil bei den Regionalisierungsmitteln werden sie natürlich verteidigen. Das ist nachvollziehbar. Niedersachsen hat dagegen in erster Linie in Fahrleistungen investiert, die es nun im Verteilungskampf bei den Revisionsverhandlungen auf Bundesebene zu verteidigen gilt. Dazu zählt z. B. auch die gegenseitige Unterstützung der Bundesländer, die vergleichbare Strukturen haben. Ich denke dabei auch an Schleswig-Holstein. Im Ländervergleich werden insbesondere Niedersachsen und Schleswig-Holstein bei der Verteilung der Regionalisierungsmittel bezogen auf Fläche und Bevölkerungsanteil benachteiligt.
Ziel muss es bleiben, mehr Menschen zum Umstieg auf Bus und Bahn zu bewegen. Das erreichen wir durch weitere Verbesserung der Verkehrsqualität und stärkere Kundenorientierung. Das erreichen wir auch durch eine stärkere Vernetzung der Mobilitätssysteme, z. B. den weiteren Ausbau des Niedersachsentickets und telematisch gestützter Informationssysteme. Fahrplan- und Istzeitinformationen sind für die zukünftigen Kunden des ÖPNV immer wichtiger. Diese Dienstleistungen gilt es auszubauen, um die Verkehrssysteme noch attraktiver zu machen.
Meine Damen und Herren, Grundvoraussetzung bleibt: Die Regionalisierungsmittel für Niedersachsen in Höhe von 617 Millionen Euro müssen über die geplante Laufzeit bis 2019 abgesichert werden,
damit die zuständigen Regionen in Niedersachsen Planungssicherheit behalten und z. B. langfristige Verkehrsverträge vereinbart werden können.
Bereits heute wird deutlich, dass alle Landesteile Niedersachsens betroffen sind und der Erfolg der Verhandlungen über die zukünftige Mobilitätssicherung der Menschen entscheidet. Wir müssen gegenüber dem Bund für eine Gleichbehandlung mit den anderen Bundesländern eintreten und verhindern, dass die Mittel in Niedersachsen aufgrund von Kürzungen zugunsten anderer Bundesländer umverteilt werden. Wenn das gelingt, kann der leider noch unterdurchschnittliche Anteil am Eisenbahnverkehr in Niedersachsen durch Taktverdichtungen und gezielte Reaktivierungsmaßnahmen gesteigert werden.
Meine Damen und Herren, einige grundsätzliche Anmerkungen zur Verkehrspolitik in Niedersachsen: Mit Blick auf die Ankündigung des Ministerpräsidenten, die A 2 müsse nun schnell achtspurig ausgebaut werden, und die Vorlage des Verkehrsministers vom 27. Juli, in der ein Wunschkonzert des Ausbaus einer straßenfixierten Infrastruktur formuliert ist, müssen wir feststellen: In der Praxis hat diese Landesregierung eine sehr bescheidene Leistungs- und Umsetzungsbilanz.
Meine Damen und Herren, weil es hier angesprochen worden ist: Bei der Y-Trasse werden immer noch das Ob und das Wie untersucht. Vorhandene Bahnstrecken werden nicht entschlossen saniert, um z. B. kurzfristig Hafenhinterlandverkehre aufnehmen zu können. Es gibt nur allgemeine Bekenntnisse zum Schiffshebewerk in Scharnebeck bei gleichzeitiger nunmehr geplanter Rückstufung von Binnenwasserstraßen wie z. B. des Küstenkanals. An der A 20 wird bisher nur geplant. Kein Meter wurde in den letzten zehn Jahren in Niedersachsen gebaut.
- Wenn Sie schon diese Frage stellen - - -
Die A 26 ist immer noch nicht fertig. Auch die durchgehende Befahrbarkeit der A 39 liegt noch in weiter Ferne, obwohl wir bereits in der letzten Legislaturperiode diesen Autobahnausbau hier gemeinsam unterstützt haben.
Ihr Handeln war zaghaft, und in den Verhandlungen mit dem Bund waren Sie wenig erfolgreich, auch was die Frage der Infrastruktur der norddeutschen Häfen als nationale Aufgabe betrifft. Das Geld für große, durchaus zweifelhafte Verkehrsprojekte geht weiterhin in den Süden.
Meine Damen und Herren, ich rate zu mehr Ehrlichkeit im Umgang mit den Wunschlisten.
Es muss eine Konzentration auf umsetzbare Verkehrsprojekte geben. Da gilt: Sanierung und Ausbau vor Neubau. Es geht auch um Lückenschlüsse bei begonnenen Maßnahmen. Es ist an der Zeit, mit dem Bund endlich über eine Erhöhung der Planungsmittel, z. B. für die Projekte, zu verhandeln. Niedersachsen zahlt nach wie vor einen zu hohen Anteil bei den Planungskosten. Das ist nun gerade nicht unsere Aufgabe, meine Damen und Herren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen den Reformstau überwinden. Wir brauchen einen neuen Aufbruch in der Verkehrspolitik. Die niedersächsische Verkehrspolitik ist mit großen Herausforderungen konfrontiert: Kapazitätsengpässe und Staus infolge eines gewachsenen Güterverkehrs, Verkehrslärm, Verfehlung der Klimaschutzziele, Verfall der Infrastruktur durch fehlende Unterhaltung - ich denke insbesondere an die Landesstraßen.
Diese Entwicklungen sind für das Land dramatisch. Denn gut ausgebaute Verkehrswege bilden nicht nur die Voraussetzung für die persönliche Mobilität
der Bürgerinnen und Bürger, sondern sind auch wesentliche Grundzüge unserer wirtschaftlichen Stärke als Industrie-, Dienstleistungs- und Exportland.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, viele Verkehrsprojekte des jetzigen Bundesverkehrswegeplans stehen nach zehn Jahren Schwarz-Gelb noch am Anfang oder sind trotz fertiger Planung und Baureife nicht einmal begonnen, weil Sie schlichtweg überhaupt kein Geld haben.
Bevor wir über die reine Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans reden, bedarf es einer besseren Bürgerbeteiligung und gleichzeitig einer Planungsbeschleunigung.
Bei der neuen Bundesverkehrswegeplanung brauchen wir angesichts begrenzter finanzieller Ressourcen eine eindeutige Prioritätensetzung.
Wir wollen statt isolierter Betrachtung der einzelnen Verkehrsträger und deren Einzelprojekten einen verkehrsträgerübergreifenden und netzbezogenen Ansatz. Alle vier großen Verkehrsträger sind unter Vernetzungsgesichtspunkten bei Ausbauprojekten zu planen und zu realisieren. Das gilt z. B. auch für den Verkehrsbereich Fußgänger und Radfahrer. Wir wollen den Umstieg zu umweltfreundlicheren Verkehrsträgern und einen sinnvollen Anteil aller Verkehrsträger. Die Auswahl der Einzelprojekte muss nach ihrer Funktion und Bedeutung für das Gesamtnetz erfolgen.
Meine Damen und Herren, in den nächsten Jahren wird es praktisch darum gehen, Ihre liegen gelassenen Planungen zu Ende zu führen. Das gilt für die A 39 in nördliche Richtung, für die A 20 in gesamter Länge in Niedersachsen und für die Ertüchtigung der vorhandenen Bahnstrecken sowohl der DB Netz AG als auch der NE-Bahnen in Niedersachsen.
Noch einmal zur A 20, weil gestern und heute hier wieder Legenden gestrickt wurden: Rot-Grün bekennt sich in Schleswig-Holstein im Koalitionsvertrag ausdrücklich zum Neubau der A 20 bis zur A 7.
Das sind 30 km Strecke, die in den nächsten Jahren gebaut werden.
In den letzten sieben Jahren hat die alte Landesregierung in Schleswig-Holstein keinen Meter dieser Autobahn gebaut.
Hören Sie doch auf, uns zu kritisieren.
Sagen Sie das Ihren Leuten. Sie haben da versagt.
Gleichzeitig wird die neue Landesregierung die Planung bis zur Elbe vorantreiben. Auch das ist in Schleswig-Holstein übrigens im Koalitionsvertrag geregelt. Was wollen Sie also eigentlich?
Meine Damen und Herren, wie viel A 20 haben Sie eigentlich von den über 120 km in Niedersachsen in den letzten zehn Jahren gebaut? Sie haben nur sieben Abschnitte in der Planung, aber keinen einzigen Kilometer realisiert. Verschonen Sie RotGrün also mit Zensuren!
Meine Damen und Herren, treiben Sie deshalb die Klärung der alten oder neuen Y-Trasse bei der Bahn voran bzw. sorgen Sie für die Ertüchtigung der vorhandenen Bahnstrecken!
Hier haben Sie die Investitionsmittel für die NEBahnen bekanntlich um 2 Millionen Euro auf 2,7 Millionen Euro reduziert. Das ist ein völlig falsches Signal in Richtung Stopp, meine Damen und Herren. Bei der Y-Trasse haben wir Mittel für eine gemeinsame Finanzierung der Planung in den vergangenen Jahren hier durchgesetzt. Allein: Sie haben nichts daraus gemacht.
Zu den Altlasten gehören auch die baureifen Ortsumgehungen der Bundesstraßen, die seit Jahren auf das Geld und den Baubeginn warten.
An vielen Stellen im Land haben Sie in den letzten zehn Jahren durch eingeleitete Planungen Hoffnungen geweckt. Wie sieht denn Ihr Plan für eine gute Verkehrsanbindung des Westharzes und des Weserberglandes aus? Vertrösten Sie uns nicht mit dem neuen Bundesverkehrswegeplan, sondern sagen Sie uns einmal, wie Sie was finanzieren wollen! Ihre Ziele sind entweder sehr bescheiden geworden oder utopische Fantasien, die niemals in absehbarer Zeit bzw. während der nächsten Laufzeit des Bundesverkehrswegeplans realisiert werden können.
Es bleibt dabei: Sie können es nicht. Außer Ankündigungen nichts Neues! Das letzte von Sigmar Gabriel noch mit initiierte große Verkehrsprojekt war der Lückenschluss der A 31,
der auch mit massiver Unterstützung des Landes Niedersachsen erfolgte. Wir warten immer noch auf Ihre großen Verkehrsprojekte in Niedersachsen, Herr Hoppenbrock - aber nur noch bis zum 20. Januar 2013. Dann haben andere die Verantwortung und werden Ihnen das zeigen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau König, natürlich ist mir bekannt, dass es Planungszeiten gibt. Aber Sie haben in den letzten zehn Jahren viel Zeit verstreichen lassen, anstatt diese Planung energisch und sinnvoll zu beginnen. Sonst wären wir bei den Projekten ein ganzes Stück weiter.
Sie sollten bei den Menschen im Land nicht immer mit Ihren Baufantasien Hoffnungen wecken, die Sie nachher nicht realisieren können -
Sie ohnehin nicht mehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau König, Ihre Ausführungen zum Tempolimit waren angesichts der niedersächsischen Praxis und Erfahrungen, die wir hier haben, wirklich abenteuerlich.
Die Hauptziele im Straßenverkehr in Niedersachsen sind nach wie vor Verkehrssicherheit und ein guter Verkehrsfluss. Ausgehend von diesen Zielen, ist die Entwicklung der Unfallzahlen gerade in Niedersachsen in den letzten beiden Jahren besorgniserregend. Die Zahl der getöteten Fahrer stieg von 479 auf 540, die Zahl der Schwerverletzten von 5 721 auf 6 249. Überhöhte Geschwindigkeit ist laut der Unfallstatistik 2011 die wichtigste offizielle Unfallursache in Niedersachsen. Das ist die Realität, Frau König!
Bei der Vorstellung der Unfallstatistik 2011 für Niedersachsen hat der Innenminister deutlich gemacht, dass die Geschwindigkeit herunter muss. Offenbar haben der Verkehrsminister und der Innenminister unterschiedliche Auffassungen über die richtigen Rezepte.
Wie schaffen wir es nun, dass die Verkehrssicherheit steigt und gleichzeitig der Verkehrsfluss verbessert bzw. gesichert wird? - Mobilität und Verkehrsfluss gibt es in Niedersachsen leider nur in der Theorie. Die Realität sieht anders aus. Es gab im vergangenen Jahr knapp 12 800 Staus mit einer Gesamtlänge von knapp 37 000 km.
Wir haben also kein Erkenntnisdefizit. Vielmehr haben Sie nicht gehandelt, Herr Bode. Anstatt dagegen wirksam anzugehen, zoffen Sie sich mit dem Innenminister. Jeder bedient seine Klientel: der eine die Raser und der andere die, die auf Sicherheit setzt.
Sie haben sich mit der Aufhebung des Tempolimits auf der A 2 viel berechtigte Kritik eingehandelt. Wahlkampf für Raserklientel, sagte der VCD. Das MI assistierte: zumindest bedenklich. - Die Polizei führte umgehend wieder ein Tempolimit ein.
Auf der A 2 starben 2011 17 Menschen, und 88 Menschen wurden verletzt. Trotzdem hat Herr Bode hier entgegen den Empfehlungen von Experten und Polizei die Tempolimitschilder - Enno Hagenah hat darüber gesprochen - entfernen lassen. Er setzt jetzt nur auf elektronische Verkehrsanzeigen - wenn diese überhaupt geschaltet sind. Denn sie sind auch noch eingeschränkt geschaltet. Sie zeigen nur in besonderen Situationen, z. B. bei Regen, eine Geschwindigkeitsbegrenzung an, obwohl sie durchaus vielseitiger zur Verkehrssteuerung eingesetzt werden könnten, auch im
Normalbetrieb, z. B. für Hinweise zur Parkraumsituation und -bewirtschaftung insbesondere für Nutzfahrzeuge.
Geschwindigkeitsmessanlagen der Kommunen an der A 2 versuchten Sie erfolglos zu verhindern. Mehr noch, Sie strichen die Geschwindigkeitsbeschränkungen oder platzierten Warnhinweise vor den fest installierten Blitzern an der Autobahn. Aber Warnhinweise an besonders gefahrvollen Abschnitten der A 2 platzieren Sie nicht.
Ihre Absicht ist offensichtlich und durchschaubar: Sie schielen populistisch auf die Autofahrer, getreu dem Motto „Freie Fahrt für freie Bürger“. Glaubwürdiger wäre es, wenn Sie an Stellen vor Blitzern warnen würden, an denen keine Blitzer stehen. Das hätte dann wenigstens eine disziplinierende Wirkung. Aber die wollen Sie gar nicht.
Alle wissen, dass die A 2 und die A 7 Strecken mit hoher Verkehrsdichte und hohem Unfallpotenzial sind. Die Zahl der Verkehrsteilnehmer wird in den nächsten zehn Jahren weiter rasant ansteigen, insbesondere auch im Güterverkehr. Um die zunehmende Verkehrsdichte mit größtmöglicher Sicherheit zu steuern, muss konsequent gehandelt werden. Dazu gehört aus unserer Sicht eine vorausschauende Verkehrssteuerung unter regelmäßigem, flächendeckendem Einsatz der telematischen Verkehrssteuerung. Auch über Radarwarner im Navigationssystem und sogenannte BlitzerApps muss man nachdenken, wenn die Sicherheit dadurch wirklich erhöht würde.
Aber vor einigen Wochen - ich will Sie daran erinnern, Frau König - haben gerade Sie, die Regierungsfraktionen, gefordert, bei drohenden Staus Umfahrungen dadurch zu vermeiden, dass Verkehrsteilnehmer nicht über die elektronischen Verkehrssysteme informiert werden, damit nicht außerhalb der Autobahn Staus entstehen.
Sie müssen sich also schon entscheiden: für oder gegen den informierten Bürger bzw. - wie Sie es nennen - für oder gegen Vertrauen in die Verkehrsteilnehmer. Sie sollten aber keine populistische Politik machen, die dazu noch widersprüchlich ist.
Im Übrigen zeigt sich die Verstetigung des Verkehrsflusses und der Verkehrsentwicklung an den Beispielen der Niederlande und Skandinaviens, wo
Tempolimits eingeführt wurden, sehr deutlich. Dort sind die Unfallzahlen, selbst wenn sie höher sein mögen, massiv zurückgegangen, seit man flächendeckende Tempolimits eingeführt hat.
Herr Bode, das, was Sie bisher bieten, verbessert nicht die Verkehrssicherheit. Da sprechen die Zahlen für sich. Sie sind Populist und machen lieber Wahlkampf für Raserklientel in feiner Abstimmung mit dem Innenminister, der ebenfalls seine Klientel bedient. Das ist Wettbewerb um Wählerstimmen. Sie stehen nicht für eine wirksame Verkehrspolitik in Niedersachsen.
Das einzig Gute ist: Diese Art Verkehrspolitik hat im Januar ein Ende. Dann werden Sie nicht mehr die Verantwortung dafür tragen, höchstens die Verantwortung für Nichthandeln und Unterlassungen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der öffentliche Dienst braucht ein zeitgemäßes, ja ein zukunftsfähiges niedersächsisches Personalvertretungsrecht. Die beiden letzten Legislaturperioden waren durch Verschlechterungen der Bedingungen gekennzeichnet. Das neue Gesetz muss den unterschiedlichen und vor allen Dingen neuen Herausforderungen des öffentlichen Dienstes gerecht werden und personalvertretungsrechtliche Antworten auf politische, soziale, organisatorische und technische Veränderungen im öffentlichen Dienst geben.
Das gilt gleichermaßen für den Bereich der allgemeinen Verwaltung des Landes und der Kommunen in Niedersachsen wie für den Bereich von Polizei, Schulen und Hochschulen. Angesichts der Vielzahl von Umstrukturierungen und Privatisierungen muss man feststellen, dass es im Personalvertretungsgesetz an effektivem Schutz inzwischen an vielen Stellen fehlt.
Umstrukturierungen, Privatisierungen oder Verlagerungen von Tätigkeiten des öffentlichen Dienstes an privatwirtschaftliche Unternehmen lösen Probleme für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes aus, die der Gestaltung durch die Personalvertretung inzwischen entzogen sind. Immer mehr Lücken tun sich auf, die mitbestimmungsfrei geworden sind. Das betrifft vor allem Gemeinschafts- und Mischbetriebe des öffentlichen Dienstes und private Unternehmen sowie die Frage des Übergangs bzw. des Restmandats z. B. bei organisatorischen Veränderungen.
Meine Damen und Herren, Verwaltungsmodernisierung macht es notwendig, eine prozessbegleitende Mitbestimmung der Personalräte und eine verstärkte Einbeziehung der Beschäftigten auf Augenhöhe einzuführen.
Das Personalvertretungsgesetz soll den Ausgleich zwischen dem öffentlichen Auftrag der Dienststellen und der Mitbestimmung der Personalvertretungen zukünftig wieder gewährleisten. Dabei geht es einerseits um den berechtigten Wunsch einer zeitgemäßen Beteiligung der Personalvertretungen. Andererseits geht es aber auch um die Verantwortung, die die Behördenleitung für eine effektive Erledigung öffentlicher Aufgaben hat.
Gute Dienstleistungen für Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen erreicht man durch gute Arbeit. Gute Arbeit erreicht man durch gute Arbeitsbedingungen. Dazu gehört auch die zeitgemäße Mitbestimmung der Beschäftigten durch ihre Vertretungen in den Dienststellen. Und das nennen wir Teilhabe.
Meine Damen und Herren, Demokratie kostet Geld, und Mitbestimmung kostet Geld. Aber beides sind unverzichtbare Kernelemente unserer Gesellschaft, die nicht wegzudenken sind. Es ist rentierlich investiertes Geld in den Betriebsfrieden und die Motivation der Beschäftigten innerhalb der Dienststellen.
Es kostet auch Zeit; denn Mitbestimmung ist immer ein Prozess. Aber dieser Prozess soll zukünftig gemeinsame Entscheidungen weiter verbessern und die Dienstleistungen für den Bürger optimieren.
Natürlich verhindert die Mitbestimmung nicht die notwendigen Entscheidungen, aber beteiligt die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer qualitativ am
Entscheidungsfindungsprozess. Darauf legen wir besonders Wert. Sie unterläuft nicht die Entscheidungsbefugnisse und Grundsätze von Räten und Kreistagen in Niedersachsen.
Die SPD-Landtagsfraktion setzt sich dafür ein, dass die Mitbestimmungsrechte der Personalräte, die Beteiligung in wirtschaftlichen Angelegenheiten, die Stärkung der Personalvertretungen in den Dienststellen und auch die Stärkung der Jugendvertretungen in einem neuen Personalvertretungsgesetz geregelt werden. Wir wollen, dass es den Ausgleich zwischen dem öffentlichen Auftrag der Dienststellen und der Mitbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sichert. Wir möchten, dass die Personalräte in den Dienststellen vor Ort deutlich verbesserte Rahmenbedingungen für ihre Mitwirkung bekommen. Wir erwarten von einem neuen Personalvertretungsgesetz auch die Möglichkeit, Prozesse in den Dienststellen anzustoßen und sich initiativ für die Interessen der Beschäftigten zu betätigen.
Meine Damen und Herren, unsere Überzeugung ist: Personal ist keine Kostenstelle mit zwei Ohren, und Personalräte sind keine Bremser, sondern kreative Mitgestalter in unseren Behörden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in unserem Entschließungsantrag zunächst die wesentlichen Eckpunkte benannt, die in ein neues Personalvertretungsgesetz aufgenommen werden sollen. Wir wollen eine neue Qualität der Zusammenarbeit. Diese neue Qualität der Zusammenarbeit haben die vielen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, die den Gemeinwohlauftrag mit Leben und Kompetenz füllen, verdient. Dabei bedarf es auch der von der Linken angestoßenen umfassenden Diskussion des Gesetzentwurfes und einer sorgfältigen Prüfung.
Eine sachgemäße und ohne Zeitdruck stattfindende Beratung darüber wird allerdings erst in der nächsten Legislaturperiode abschließend möglich sein. Dazu wird es sinnvoll sein, betroffene Personalräte, die kommunalen Spitzenverbände sowie Gewerkschaften zu beteiligen und intensiv zu hören.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Bewertung der Qualität und der Entwicklungstendenzen des niedersächsischen Arbeitsmarktes kann man der Analyse des Antrages nur zustimmen, und zwar trotz aller regierungsamtlichen Erfolgsmeldungen und Stellungnahmen der die Regierung tragenden Fraktionen.
Da Sie die Realität in letzter Zeit systematisch ausblenden, gebe ich einige Hinweise zur Wirklichkeit: Trotz Wirtschaftswachstums und Fachkräftemangels sinkt die Vollzeitbeschäftigung, steigen aber andererseits Teilzeitarbeit und die Zahl der Minijobs. Zwischen 2000 und 2011 nahm die Vollzeitbeschäftigung in Niedersachsen um 85 000 Stellen ab. Gleichzeitig stieg die Zahl der Teilzeitarbeitsverhältnisse um 150 000 und die der Minijobs um 89 000. Auch der Anteil der befristeten Arbeitsverhältnisse stieg in dieser Zeit von 7,8 % auf 10 %, bei den unter 25-Jährigen sogar auf über 35 %. Die Entwicklung am Arbeitsmarkt ging also insbesondere zulasten der jüngeren Arbeitnehmer.
Auch die Zahl der in Leiharbeit beschäftigten Menschen hat sich seit 2004 auf über 85 000 Betroffene fast verdreifacht.
Meine Damen und Herren, im Jahr 2010 arbeiteten geschätzt ca. 23 % - Frau König, hören Sie doch einmal zu! - aller 3,3 Millionen Beschäftigten in Niedersachsen im Niedriglohnsektor. Ca. 570 000
Beschäftigte verdienten weniger als 8,50 Euro in der Stunde. Zwei Drittel der Betroffenen sind Frauen.
Die Frauenerwerbsquote in Niedersachsen liegt andererseits lediglich bei 65 %. Sie ist damit unterdurchschnittlich und die fünftniedrigste im Bundesvergleich. Was tun Sie eigentlich, um hier die Beschäftigungschancen zu verbessern und endlich den Anschluss an andere Bundesländer zu schaffen?
Meine Damen und Herren, 134 000 der Erwerbstätigen in Niedersachsen beziehen ergänzend zu ihrem Einkommen Arbeitslosengeld II. Das ist eine gigantische Kombijobmaschine,
die die Steuerzahler in Niedersachsen jährlich 1,1 Milliarden Euro kostet. Das ist das wahre Gesicht Ihres Jobwunders in Niedersachsen! Billig kann jeder, aber gute Arbeit sieht anders aus!
Meine Damen und Herren, es besteht also dringender Handlungsbedarf. Es geht nicht nur um Arbeit an sich, sondern es geht um gute Arbeit, Arbeit, die existenzsichernd für die Einzelnen und für die Familien ist, um Wertschätzung gegenüber Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, um Mitbestimmung und Teilhabe, um die Einhaltung von Sozialstandards und um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das gehört für uns zu guter Arbeit. Diese Maßstäbe müssen auch bei der öffentlichen Unterstützung von Unternehmen angelegt werden.
Meine Damen und Herren, wie können wir in diesem weitestgehend deregulierten Arbeitsmarkt mit ausufernder prekärer Beschäftigung Ordnung schaffen? - Der vorliegende Antrag will die Wirtschaftsförderung an soziale Kriterien koppeln. Das ist aber nur ein kleiner Teil der Lösung. Weite Bereiche werden davon noch ausgeklammert. Was ist mit Unternehmen, die sich im gleichen Markt bewegen, aber keine Förderung beantragen? Dort geht es dann weiterhin ohne gesetzlichen Mindestlohn. Dort wird es übrigens auch weder eine Verbesserung der Frauenbeschäftigungsquote noch mehr Dauerarbeitsplätze für junge Arbeitnehmer geben.
Sie springen mit dem Antrag also noch zu kurz; denn es bedarf einer weitergehenden Wiederherstellung eines geordneten Arbeitsmarktes. Eine in erster Linie auf die staatliche Wirtschaftsförderung ausgerichtete Regulierung gibt dabei gleichzeitig den Hinweis: Außerhalb der Förderung könnt ihr weitermachen wie bisher!
Was wäre also wirklich sinnvoll? - Bei öffentlichen Vergaben und Ausschreibungen fordern wir seit Jahren ein zeitgemäßes Vergabe- und Tariftreuegesetz.
Auch da verweigert sich diese Landesregierung. Wir brauchen endlich einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn in Niedersachsen ebenso wie in anderen Bundesländern.
Das Bremer Mindestlohngesetz ist für uns wegweisend. Wir brauchen auch Bundesratsinitiativen für mehr Mitbestimmung und Teilhabe der Betriebsräte bei Leiharbeit und prekärer Beschäftigung.
Nun zur Wirtschaftsförderung selbst. Vor dem Hintergrund knapper Mittel macht es Sinn, die Scoringtabellen der einzelbetrieblichen Förderung zu ergänzen und neue Schwerpunkte zu setzen, wie es heute auch schon bei der Schaffung zusätzlicher und der Sicherung vorhandener Arbeitsplätze geschieht. Das kann sich sicherlich auch auf Ausbildungsquoten und gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit erstrecken. Zumindest kann auch hier die starke Diskriminierung von Frauen im niedersächsischen Arbeitsmarkt und bei der geschlechtsspezifischen Bezahlung endlich wirksam reduziert werden.
Meine Damen und Herren, sicherlich ist es auch sinnvoll, erprobte neue Förderstrukturen anderer Bundesländer zu prüfen. Aber abschließend und engmaschig alle denkbaren Förderkriterien festzuschreiben, ist wenig praktikabel.
Meine Damen und Herren, neue Förderung - alte Fehler. Auch darüber muss man hier sprechen. Die Goslarsche Zeitung titelte in ihrer Onlineausgabe vom 16. Juli: „50 Millionen übrig: Restmittel aus dem großen Fördertopf“. Die dortige Wirtschaftsförderung appelliert an Unternehmen und Kommunen, kurzfristig Förderanträge zu stellen, da die NBank noch über 50 Millionen Euro an Restmitteln
aus dem GRW-Topf verfüge. Die Restsumme gelte als hoch, was Fachleute auf die hohen Hürden für die Antragstellung zurückführten. Bemerkenswert ist folgender Hinweis in dem Artikel - mit Erlaubnis des Präsidenten darf ich zitieren -:
„Der Aufruf, Anträge auf Fördergeld bei der NBank zu stellen, hat im Harz in der Vergangenheit auch schon mal Missstimmung verursacht. Vor drei Jahren bewarben sich viele Unternehmen aus dem Landkreis Goslar nach einem entsprechenden Hinweis aus Hannover. Sie gingen bei der Verteilung indes leer aus.“
Richtig, da war doch mal was, meine Damen und Herren, vor drei Jahren. Herr Bode, anscheinend haben Sie aus den Fehlern und der Rosstäuscherei von Herrn Rösler nichts gelernt:
Vor den Wahlen den Vergabeboom anheizen, pure Anscheinserweckung. Weite Teile der niedersächsischen Wirtschaft haben das Vertrauen und den Glauben in Ihre Art der Wirtschaftsförderung längst verloren; denn nach der Bundestagswahl waren damals die Töpfe leer.
Noch einmal zusammenfassend zum Antrag: Es bedarf direkter gesetzlicher Regelungen über Höchstdauer und Anteile der Leiharbeit, equal pay, Mindestlohn, Vergaberecht, Tariftreue und mehr Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Betrieb. Insofern ist der Antrag der Linken zu kurz gesprungen und so nicht zustimmungsfähig.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht um Will und viele andere. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Firmeninsolvenzen führen häufig zu Marktbereinigungen ohne Rücksicht auf Arbeitsplätze und Versorgungsstrukturen. Ohne aktive und präventive Arbeitsmarkt- und Strukturpolitik ist das endgültige Aus für alle Schlecker-Beschäftigten und die Standorte jetzt eingetreten.
Gerade die positiven Erfahrungen mit Transfergesellschaften insbesondere in den neuen Ländern zeigen, dass der Erhalt überlebensfähiger Strukturen und eines Teils der Arbeitsplätze Beispiele für eine aktive Beschäftigungspolitik sind. Transfergesellschaften bieten auch den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine Perspektive für Qualifizierung, Verhinderung von Arbeitslosigkeit und Zeit für Neuorientierung.
Ein Negativbeispiel für eine solche verpasste und verhinderte aktive Beschäftigungs- und Strukturpolitik ist die Behandlung der Schlecker-Insolvenz durch diese Landesregierung. Nachdem der Insolvenzverwalter für die Schlecker-Insolvenz am 1. Juni 2012 die Abwicklung und Stilllegung aller Schlecker-Standorte mitgeteilt hat, werden auch in Niedersachsen/Bremen weitere 1 100 Arbeitneh
merinnen und Arbeitnehmer arbeitslos werden. Wieder sind überwiegend Frauen davon betroffen.
Angesichts der neuen Sachlage hat die Bundeskanzlerin erklärt, mithilfe der Bundesagentur für Arbeit den unmittelbar von Arbeitslosigkeit betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bei der Vermittlung in neue Beschäftigung behilflich zu sein.
Dabei spielt Geld anscheinend keine Rolle; denn die Mittel der Bundesagentur für Arbeit, die jetzt für Versicherungsleistungen an die Betroffenen und für Umschulungsmaßnahmen eingesetzt werden, stehen in keinem Verhältnis zur benötigten und verwehrten Bürgschaft für die Transfergesellschaft.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
1. Wie beurteilt die Landesregierung die Auffassung des Insolvenzverwalters, dass die von der Politik mehrheitlich verhinderte Bildung einer Transfergesellschaft zu einer großen Anzahl von Kündigungsschutzklagen geführt hat und deshalb kein akzeptables Übernahmeangebot von Investoren zustande gekommen ist?
2. Wie will die Landesregierung sicherstellen, dass die von der Bundeskanzlerin gemachte Zusage der Hilfe für die von Arbeitslosigkeit betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch in Niedersachsen umgesetzt wird, und hat die Landesregierung dafür einen konkreten Plan, der auch die Bildung eines Sonderfonds für die SchleckerBeschäftigten beinhaltet?
3. Wie viele Standorte in Niedersachsen sind von der zweiten Schließungswelle betroffen, und wie will die Landesregierung vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung mit den betroffenen Regionen/Gemeinden Vorsorge dafür treffen, dass auch in Zukunft die Grundversorgung vor Ort sichergestellt wird?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass aus der ersten Entlassungswelle inzwischen 400 Beschäftigte in unterschiedlichen Maßnahmen aufgefangen worden sind, frage ich Sie: Können Sie differenzieren, was
im Bereich Qualifizierung für Erziehung und im Bereich Altenhilfe- und Altenpflegeausbildung inzwischen konkret eingeflossen ist?
Herr Minister, vor dem Hintergrund, dass Sie vorhin noch einmal das Holzmindener Modell angesprochen und wir uns vor Ort erkundigt haben mit dem Ergebnis, dass lediglich fünf unverbindliche Beratungsgespräche mit Betroffenen geführt worden sind, frage ich Sie: Wie wollen Sie das eigentlich bei 2 500 Betroffenen in Niedersachsen insbesondere im Handwerksbereich, den Sie angesprochen haben, erfolgreich umsetzen? - Es geht nicht um 5, sondern um 2 500!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Heineking, ich muss sagen: Begeisterung für innovative Verkehrspolitik klingt eigentlich anders.
- Er hat mit voller Kraft für die Position geworben.
Ich will beim Thema Verkehrssicherheit beginnen. Die einseitige Ausrichtung des CDU/FDP-Antrages auf den straßengebundenen Verkehr wurde bei der Einbringung von uns schon hinreichend beleuchtet. Sie setzen eben auf ein „Weiter so!“ in der Verkehrspolitik, wollen jedoch die telemati
schen Entwicklungsmöglichkeiten eher noch ausbremsen. Auch das ist Bestandteil Ihres Antrages.
Ihr Antrag, der heute hier unverändert verabschiedet werden soll, macht Ihren politischen Autismus, den Sie bei den Beratungen im Fachausschuss an den Tag gelegt haben, noch einmal deutlich. Wir haben das mit Ihnen inhaltlich diskutieren wollen. Sie aber haben nur durchgestimmt. Ihnen ging es gar nicht darum, die inhaltliche Auseinandersetzung auch im Fachausschuss zu führen. Ihr Handeln ist und bleibt in erster Linie Lobbyarbeit für den ADAC. Das muss man hier festhalten.
Dafür sollten Sie sich zu schade sein. Am Ende dieser Legislaturperiode muss man feststellen: Sie sind in Ihren Konzepten einer zukunftsorientierten Verkehrspolitik wirklich bescheiden und anspruchslos geworden. Ihnen reicht schon der Applaus der klassischen Verkehrslobby.
Aber was viel entscheidender ist: Ihre Forderungen bringen uns beim Umsteuern zu einer zukunftsorientierten Verkehrspolitik kein bisschen weiter. Sie beschreiben nur den klassischen Straßenverkehr, und dabei in erster Linie den überregionalen Straßenverkehr auf Autobahnen und Bundesstraßen. Dabei vernachlässigen Sie die Sicherheit beim Ortsverkehr, die notwendige verstärkte sinnvolle Förderung des nicht motorisierten Verkehrs sowie die Erhöhung des ÖPNV-Anteils am gesamten Verkehrsaufkommen. So ließe sich eine wirksame Steigerung auch der Verkehrssicherheit erreichen, Herr Hoppenbrock.
Es muss doch eine gemeinsame Vision sein, die Vision Zero, auf die wir bei der Verkehrssicherheit hinarbeiten. Im Jahr 2011 ist die Zahl der Verkehrstoten erstmals seit 20 Jahren gestiegen. 3 991 Menschen starben, 343 mehr als im Jahr zuvor. Das zeigt, dass politisches Handeln gefordert ist, sowohl in der Präventionsarbeit als auch bei der Umsetzung konkreter Maßnahmen, um die Unfallursachen zu verringern.
Nun zu dem Thema Tempo 30: Die Arbeitsgruppe für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung der SPDBundestagsfraktion fordert die Bundesregierung folgerichtig auf, zu prüfen, ob Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit für mehr Sicherheit im Straßenverkehr sorgen könnte. Wer nicht einmal prü
fen will und das stattdessen sofort reflexartig ablehnt, stellt sich gegen alle fachlichen Stellungnahmen der Verkehrssicherheitsverbände.
Die SPD-Bundestagsfraktion verweist darauf, dass das Unfallrisiko durch den verkürzten Bremsweg deutlich sinken wird und es bei Zusammenstößen zu weniger Verletzungen kommt. Gleichzeitig könnten Verkehrslärm und CO2-Ausstoß reduziert werden.
Meine Damen und Herren, der Projektplan für Straßenverkehrstelematik 2015 ist ein wichtiger Bestandteil einer Verkehrspolitik der nächsten Jahre. Automatisch gesteuerte Verkehrsbeeinflussungsanlagen erhöhen auf den besonders hoch belasteten bzw. unfallträchtigen Streckenabschnitten nachweislich die Verkehrssicherheit. Sie verbessern den Verkehrsfluss und steigern die Leistungsfähigkeit. Die verkehrs- und witterungsabhängige Steuerung des Straßenverkehrs trägt auch zur Verringerung der Umweltbelastung sowie von Zeit- und Energieverlusten bei.
Meine Damen und Herren, positive Wirkungen finden wir in der Streckenbeeinflussung zur Verbesserung des Verkehrsflusses, in der Netzbeeinflussung zur ausgewogeneren Auslastung verdichteter Autobahnnetze, bei der temporären Freigabe der Seitenstreifen zur begrenzten Kapazitätserhöhung und durch sinnvolle Zuflussregelungen, um den Verkehrsfluss auf Hauptfahrbahnen zu sichern. Das alles findet heute im Übrigen schon Anwendung, in Niedersachsen natürlich nicht in dem notwendigen Maße. Hier sind andere Bundesländer häufig viel weiter. Von ihnen könnten wir viel für eine gute fachliche Praxis übernehmen und Niedersachsen an die inzwischen innovativen Standards anderer Bundesländer heranführen.
Ihr Antrag wird dem nicht gerecht. Er entspricht nicht unserem Ansatz einer integrierten Verkehrspolitik, sondern betrachtet nur einzelne Verkehrsträger. Sie haben sich auch in dieser Frage als beratungsresistent erwiesen. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab. Ab Januar 2013 werden wir Ihnen zeigen, wie das richtig geht.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Bley, da haben Sie ja viel aus unserem Antrag zur Fachkräfteoffensive abgeschrieben. Aber sei’s drum.
- Ja, es ist Ihr Problem, dass Sie zu wenig von dem lesen, was die Opposition hier vorlegt.
Außerdem will ich mich ausdrücklich nicht bei der Bundesregierung für die Kürzung der arbeitsmarktpolitischen Programme bedanken.
Zunächst halten wir fest: Der Mittelstand, besonders der handwerkliche Mittelstand, leistet sicherlich einen wichtigen Beitrag für das Bruttoinlandsprodukt Niedersachsens. Das Handwerk hat einen wesentlichen Anteil daran, dass der konjunkturelle Einbruch schnell überwunden werden konnte, und das Handwerk in Niedersachsen ist ein Beschäftigungsmotor.
Die öffentlichen Auftraggeber leisten ihren Beitrag zur Stabilisierung des Handwerks, und dies müssen sie auch weiterhin tun. Die äußerst schwache Investitionsquote des Landes Niedersachsen ist dabei keinesfalls beruhigend, ganz im Gegenteil. Jetzt gilt es, am Arbeits- und Ausbildungsmarkt eine starke Position auszubauen, um in den nächsten Jahren den Wettbewerb um dringend benötigte Fachkräfte zu bestehen.
„Wir setzen auf nachwachsende Rohstoffe: Azubis!“ titelt die Handwerkskammer Hannover am 7. Mai, dem „Bundesaktionstag Ausbildung“ des deutschen Handwerks. Auch Kammerpräsident Heitmüller warnt: Über 600 Ausbildungsplätze sind in unseren Betrieben in diesem Jahr noch unbesetzt.
Das zeigt: Das Handwerk hat weiter Bedarf an Auszubildenden. Aber es hat es bisher noch nicht geschafft, ausreichend Berufsanfänger für eine Ausbildung im Handwerk zu begeistern.
Meine Damen und Herren, seit über zwei Jahren sprechen wir bereits von der notwendigen Fachkräfteoffensive für Niedersachsen. Endlich wachen FDP und CDU auf! Dabei war das Problem nicht erst jetzt absehbar; denn stark zurückgehende Schülerzahlen waren und sind bekannt.
Es ist natürlich auch bekannt, dass die Schere zwischen Angebot und Nachfrage künftig immer mehr auseinanderklaffen wird. In einzelnen Branchen des Handwerks gilt das Prinzip „Lehrstelle gesucht“ längst nicht mehr. Dazu steht die duale Ausbildung in Niedersachsen zunehmend unter dem Druck neuer Ausbildungs- und Bildungswege.
Wenn die Zahl der Abiturienten an Gesamtschulen und Gymnasien weiter steigt, hat das eben zur Folge, dass Ausbildungsplätze in der klassischen Ausbildung weniger nachgefragt werden. Trotzdem können wir derzeit laut Arbeitsmarktbericht der Agentur für Arbeit niedersachsenweit noch nicht von einer wirklichen Entspannung am Ausbildungsmarkt 2012 sprechen. Im April suchten im
mer noch ca. 30 000 Berufsanfänger in Niedersachsen einen Ausbildungsplatz. Dem stehen nur 25 000 freie Stellen gegenüber.
Das heißt, auf einen Bewerber kommen in Niedersachsen rein rechnerisch nur 0,8 Stellen. Bleibt das so, werden viele Berufsanfänger wieder in Warteschleifen einmünden und werden erst später in den Arbeitsmarkt eintreten.
Darüber hinaus steht die duale Ausbildung leider auch in der Kritik. Denn sie versperrt vor allem Jugendlichen mit niedrigen Schulabschlüssen den Zugang zu qualifizierten Berufsabschlüssen. Ich zitiere dpa von vorgestern:
„Mit ihrer Berufsfixiertheit und ihrem Vorrang von praktischem Lernen hinke die bisherige Berufsausbildung der modernen Wissensgesellschaft hoffnungslos hinterher.“
Meine Damen und Herren, ca. 300 000 Jugendliche befinden sich laut Berufsausbildungsbericht der Bundesregierung weiter in Warteschleifen. Was aber genauso problematisch ist, ist die Entwicklung der Abbrecherzahl von 23 % in der Ausbildung selbst. Hier müssen Sie endlich handeln. Denn es sind zum Teil schon langfristige Entwicklungen. Sie regieren nun seit über neun Jahren, reagieren aber immer noch nicht. Getan haben Sie nichts.
Das Handwerk hat hier dringend Unterstützung nötig. Es muss aber auch selbst vorausschauender handeln. Wissenschaftler verweisen darauf, dass schon nach fünf Jahren im erlernten Beruf jeder Zweite in einem anderen Beruf arbeitet. Für das Handwerk heißt das, die Haltearbeit ausgebildeter Facharbeiter zu verstärken. Es geht im Kern um systematische Fort- und Weiterbildung. Das Stichwort hierzu ist auch die offene Hochschule.
Im Zuge der demografischen Entwicklung müssen ältere Arbeitnehmer durch entsprechende Arbeitsbedingungen und Wertschätzung länger im Beruf gehalten werden. Das kostet nur eine andere Einstellung zur Personalentwicklung und Personalplanung in den Unternehmen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ihre Hinweise zur Absicherung einer mittelstandsgerechten Finanzierung erfordern von dieser Landesregierung endlich auch eine überschaubare, vor allem saubere und transparente Förderpolitik.
Bei knappen Fördermitteln ist es umso wichtiger, dass kleine und mittelständische Unternehmen entsprechende Planungssicherheiten bekommen, weil Wirtschaftsförderanträge mit viel Aufwand erarbeitet werden müssen, also Zeit und Geld kosten. Dazu hat Ihnen der Landesrechnungshof ausreichend Verhaltens- und Bearbeitungsempfehlungen beim Cemag-Komplex ins Stammbuch geschrieben. Wenn von fünf geprüften Anträgen der Cemag drei zum Teil aus Mehrfachgründen als rechtlich problematisch bewertet werden, dann spricht das Bände. Daher ist Ihr Handeln an dieser Stelle deutlich zu kritisieren.
Meine Damen und Herren, wer das Vertrauen in eine neutrale und sachgemäße Wirtschaftsförderung durch eigene Förderprinzipien nach Gutsherrenart erschüttert, schadet der niedersächsischen Wirtschaft und verliert das Vertrauen in faire Behandlung. Kehren Sie endlich zu einer nachvollziehbaren und handwerklich sauberen Förderpolitik zurück!
Im Bereich der beruflichen Bildung formulieren Sie leider ausschließlich und sehr platt die Interessen der Wirtschaft als Wunschkonzert. Wer hat Ihnen das bloß aufgeschrieben, Herr Bley? - Das ist ein Angriff auf die berufliche Bildung. Diese Klientelpolitik reduziert die jugendlichen Berufsanfänger auf Objekte der Interessen der Wirtschaft. Quotierungen auf schulische Ausbildung und eine Schwächung der Berufsfachschulen sind mit uns jedenfalls nicht zu machen.
Natürlich gilt es, die duale Ausbildung zu stärken. Das wäre in den vergangenen Jahren auch dringend notwendig gewesen, spätestens nach Abschaffung des Berufsgrundbildungsjahres. Insofern kann ich Sie nur herzlich einladen, unsere Initiativen in der Fachkräfteoffensive für Niedersachsen aufzugreifen: Eine gute Ausbildung auch über den Bedarf hinaus, eine praxisorientierte Aus- und Weiterbildung
und vor allem gute Arbeitsbedingungen sorgen für die Zukunft des Handwerks in Niedersachsen vor.
Aber ich habe Zweifel, dass Sie die nötige Kraft dazu haben.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Bley, ich schätze Sie als Ausschussvorsitzenden. Aber was Sie hier für die Regierungsfraktion eingebracht haben, war nicht so doll.
Zu der Forderung, endlich einmal die Landesregierung oder die Bundesregierung zu loben: Da kämen wir überhaupt nicht auf das Brett. Wir könnten höchstens das Handwerk dafür loben, dass es trotz fehlender Unterstützung durch diese Landesregierung noch so ordentlich gearbeitet hat.
Ich will Ihnen auch ausdrücklich sagen: In Ihrem ersten Redebeitrag schweben Sie über der Problematik; Sie beschreiben und analysieren nur. Aber Handeln, konkretes und systematisches Handeln fehlt bei Ihnen leider. Das ist auch die Schwäche in Ihrem Antrag, der nur Appellationscharakter hat, indem Sie im Wesentlichen an die Bundesregierung Aufgaben übertragen oder von ihr erledigen lassen wollen. Regieren Sie doch einmal hier in Niedersachsen! Machen Sie das doch hier konkret!
- Zu drei Vierteln richtet sich der Antrag an die Bundesregierung; das wissen wir doch auch. Sie verlagern die Probleme woanders hin, obwohl Sie hier selbst handeln könnten. Das ist Ihre Schwäche.
Bei den Fachkräften - Sie haben es ausdrücklich erwähnt - haben Sie sich auf die Blitzumfrage bezogen. Als ob uns die Blitzumfrage heute erst die Erkenntnis liefern würde, dass es einen Fachkräftemangel gibt. Das haben wir schon seit Langem gewusst; darüber haben wir schon lange diskutiert. Aber Sie haben das alles leider verschlafen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche zu dem Gesetz mit dem unaussprechlichen Namen: dem Niedersächsischen Ausführungsgesetz zum Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern und zur Änderung des Gesetzes zur Ausfüllung des Berufsbildungsgesetzes auf dem Gebiet der Berufsausbildung im öffentlichen Dienst.
Ausgelöst durch Änderungen im IHK-Gesetz des Bundes aus dem Jahr 2011 fallen zum Teil landesrechtliche Regelungen weg. Daneben werden redaktionelle Änderungen aufgenommen. Gleichzeitig wird in § 2 des Gesetzes die Ermächtigungsgrundlage erweitert.
Die Beteiligung und die Zustimmung von Verbänden und Kammern ist erfolgt.
Im Gegensatz zu meinem Vorredner von der CDUFraktion komme ich damit auch schon zum Schluss. Da die Gesetzesänderungen in erster
Linie technisch-redaktioneller Art sind und belastende Auswirkungen auf den Landeshaushalt nicht zu erwarten sind, werden wir diesem Gesetz zustimmen.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Landauf, landab beklagen niedersächsische Unternehmen derzeit zunehmenden Fachkräftemangel. Zum einen ist das der stabilen Konjunktur- und Beschäftigungslage geschuldet, zum anderen macht es jedoch auch unabhängig davon deutlich, dass sich daraus regional und sektoral erhebliche Standortprobleme für die niedersächsischen Unternehmen ergeben. 70 % von 1 600 bundesweit durch die Kammern im Jahre 2011 befragten Unternehmen berichten für ihren Bereich von erheblichem Fachkräftemangel. Die Kammern sprechen von der Fachkräftesicherung als Herausforderung der Zukunft.
Eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zeigt, dass die Zahl der Personen im mittleren und erwerbsfähigen Alter bis zum Jahr 2025 um 229 000 Personen und die Zahl der Nachwuchsgeneration sogar um rund 400 000 Personen sinken wird. Wir werden eine Nachwuchslücke bekommen. Je nach Region, Branche und Qualifikation wird sie sehr unterschiedlich ausfallen.
Meine Damen und Herren, darüber hinaus kommt ein erheblicher Wandel auf die niedersächsische Wirtschaft zu, nämlich a) ein sektoraler Strukturwandel hin zu wissensbasierten Wirtschaftszweigen und b) ein steigender Innovationsdruck auf Handwerk und kleine und mittelständische Unternehmen.
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass der aktuelle Fachkräftemangel keinesfalls nur konjunkturell bedingt ist. Es zeichnet sich eine zunehmende strukturelle Unterversorgung des Arbeitsmarktes ab. Daraus ergeben sich zunehmend auch Standortfragen für die Unternehmen und Fragen zur Wettbewerbsfähigkeit im nationalen und internationalen Vergleich. Der Wettbewerb um die besten Köpfe wird dabei auch in Niedersachsen immer mehr über die Arbeits-, Ausbildungs- und Studienbedingungen und eben auch über existenzsichernde Bezahlung einerseits und andererseits über förderliche Rahmenbedingungen z. B. für junge Familien, umfassende Daseinsvorsorge und Vielfalt des kulturellen Angebots geführt.
Meine Damen und Herren, seit 2008 ist Niedersachsen ein Land der Auswanderung. Mehr Menschen gehen weg, als zu uns kommen, um hier zu leben oder zu arbeiten. Der Braindrain - als Stichwort -, der Export und die Abwanderung von Wissen und Potenzial gerade bei Studierenden und Fachkräften, ist akut und nicht länger hinnehmbar.
Engpässe bestehen laut NIHK a) über alle Qualifikationsstufen hinweg - nicht nur Akademiker sind betroffen -, b) bei Fachkräften mit Weiterbildungsabschlüssen wie Fachwirt oder Meister - mehr als jedes zweite Unternehmen, inzwischen 56 %, hatte Stellenbesetzungsprobleme bei diesen Qualifikationsanforderungen -, und c) auch dual ausgebildete Bewerber sind inzwischen schwierig zu finden. Besonders betroffen sind Bereiche wie Metall, Hightech, Chemie und Physik. Auch in der Gesundheitswirtschaft besteht ein erheblicher Fachkräftemangel, z. B. in der Altenpflege. Die IHKOrganisation hat das letzte Jahr bereits unter das Motto gestellt „Gemeinsam für Fachkräfte - bilden, beschäftigen, integrieren“.
Vor diesem Hintergrund müssen wir feststellen: Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Handlungsdefizit. Von Konzepten ist bei dieser Landesregierung weit und breit keine Spur zu sehen.
Da reicht es keinesfalls, Herr Rolfes, die Partner nur einmalig an einen Tisch zu holen, sondern da bedarf es einer ressortübergreifenden Koordinierung; denn das Thema Fachkräftesicherung ist ein Zukunftsthema.
Meine Damen und Herren, wir brauchen endlich einen integrierten Ansatz für eine Fachkräfteoffensive in Niedersachsen.
Dazu gehört erstens die Beendigung der Unterbeschäftigung durch geringfügige und prekäre Beschäftigung in Niedersachsen. Dazu gehört es, vorhandene Arbeitskräftepotenziale endlich wirkungsvoll zu heben; denn viele Menschen in unserem Land wollen mehr arbeiten, als ihnen betrieblich angeboten wird.