Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 85. Sitzung im 28. Tagungsabschnitt des Niedersächsischen Landtages der 16. Wahlperiode.
Wurden die Wolfsburger Stadtwerke rechtswidrig für den Landtagswahlkampf der CDU in Anspruch genommen? Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/2907
Die Beschlussfähigkeit stelle ich zu einem späteren Zeitpunkt fest. Dazu erteile ich jetzt der Kollegin Dr. Heinen-Kljajić das Wort. Bitte schön!
Zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 27, den Dringlichen Anfragen. Anschließend setzen wir die Beratungen in der Reihenfolge der Tagesordnung fort. Die heutige Sitzung soll gegen 19.40 Uhr enden.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach Berichten niedersächsischer Medien werden Vorwürfe gegen den ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden und späteren Vorstandschef der Stadtwerke Wolfsburg, Markus Karp, erhoben, er habe dieses Unternehmen rechtswidrig für Wahlkampfzwecke der CDU eingesetzt. Bedienstete der Stadtwerke sollen auf sein Geheiß für Wahlkämpfe der CDU bei vollen Bezügen von den Stadtwerken freigestellt worden sein. In diesem Zusammenhang aufgelaufene Sachkosten - Diensthandys, Notebooks, Reisekosten etc. - sollen ebenfalls von den Stadtwerken übernommen worden sein. Diesem Vorwurf gehen sowohl die Bundestagsverwaltung als auch ein von den Stadtwerken Wolfsburg beauftragter Wirtschaftsprüfer nach.
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es haben sich entschuldigt: von der Landesregierung die Ministerin für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung, Frau Grotelüschen, ab ca. 12 Uhr, von der Fraktion der CDU Herr Ahlers und Herr Höttcher, von der Fraktion der SPD Herr Borngräber, Herr Klein und Herr Politze, von der Fraktion DIE LINKE Frau WeisserRoelle und das fraktionslose Mitglied des Hauses, Frau Wegner.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt in diesem Fall wegen des Verdachts illegaler Parteienfinanzierung gegen Herrn Karp, den inzwischen entlassenen Pressesprecher der Stadtwerke Wolfsburg, Maik Nahrstedt, und gegen den amtierenden Oberbürgermeister der Stadt Wolfsburg, Rolf Schnellecke. Am 23. September 2010 beschlagnahmte das LKA im Auftrag der Staatsanwaltschaft auch Akten in der Geschäftsstelle des Landesverbandes der CDU in Niedersachsen.
Die Vorwürfe und Ermittlungen wegen illegaler Parteienfinanzierung erstrecken sich auch auf den niedersächsischen Landtagswahlkampf 2002/ 2003, in dem Herr Karp als Wahlkampfmanager für den späteren Ministerpräsidenten Christian Wulff tätig war. Die Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 15. September 2010 stellt dazu fest - ich zitiere -:
Es liegen vier Dringliche Anfragen vor. Die für die Behandlung Dringlicher Anfragen geltenden Geschäftsordnungsbestimmungen setze ich als allgemein bekannt voraus. Ich weise wie üblich besonders darauf hin, dass einleitende Bemerkungen zu den Zusatzfragen nicht zulässig sind.
„Zum engen Wahlkampfstab gehörte seinerzeit zum Schluss auch David McAllister, der heutige Ministerpräsident.“
„Er schilderte NDR 1 Niedersachsen ein Treffen mit dem heutigen und derzeit beurlaubten Stadtwerke-Chef Markus Karp, Nahrstedt und dem damaligen Stadtwerke-Vorstand Rüdiger Thielecke im September 2001: ,Herr Karp hat eindeutig geäußert, dass Herrn Nahrstedt völlig freie Hand gelassen werden sollte hinsichtlich seiner Arbeitsplatzgestaltung. Ganz konkret war mir das noch nicht so klar, dass es dabei eben um Parteiarbeit ging. Es war das erste Mal, dass ich so was in der Form erlebt habe.’“
Laut Medienberichten stand Herr Karp offenbar auch über den Landtagswahlkampf 2002/2003 hinaus mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten Christian Wulff in engem Kontakt. Ich zitiere:
„Karp jedenfalls, der Stadtwerke-Manager, saß bis zum Wechsel Wulffs nach Berlin in dessen niedersächsischer Zukunftsrunde (Future Minds), die den Ministerpräsidenten regelmäßig beriet.“ Zitiert aus NDR 1, 24. September 2010.
Auch nach einer ersten schriftlichen Erklärung des CDU-Generalsekretärs Ulf Thiele vom 21. September 2010 sind nach wie vor zahlreiche Fragen bezüglich der Beziehungen zwischen Mitarbeitern und politisch Verantwortlichen der Landes-CDU, Herrn Karp und Mitarbeitern der Stadtwerke Wolfsburg offen bzw. Widersprüche nicht aufgeklärt.
„Der damalige Parteisprecher Olaf Glaeseker soll im März 2002 in einer E-Mail geschrieben haben: ,Hallo Herr Nahrstedt, Sie haben von mir zwei Entschließungsanträge sowie zwei dazugehörige Entwürfe von Musterpresseerklärungen gemailt bekommen. Es wäre klasse, wenn Sie die Entwürfe, die in der Fraktion entstanden sind, überarbeiten würden und mir dann anschließend mailen …’. Diese Mail war laut Kopie an Nahrstedts Stadtwerke-Adresse gegangen.“
Der frühere Pressesprecher der Wolfsburger Stadtwerke, Maik Nahrstedt, hat sich selbst bezichtigt, während seiner Arbeitszeit Wahlkämpfe der CDU mitorganisiert zu haben. Die HAZ vom 27. September 2010 stellt dazu fest - ich zitiere -: Zitiert aus der Braunschweiger Zeitung vom 24. September 2010. „Zum ,Team Christian Wulff’ zählten mindestens 14 Mitarbeiter, hauptamtliche und ehrenamtliche Hilfskräfte. Nahrstedt gehört zu ihnen…“.
Ministerpräsident McAllister hat verschiedentlich gegenüber Medien eine Einschätzung zu diesen Vorgängen abgegeben, wonach alle Vorwürfe unbegründet seien. Nunmehr ist es geboten, dass der Ministerpräsident zu seinen Kenntnissen und Einschätzungen auch im Niedersächsischen Landtag Stellung bezieht.
„Die CDU in Niedersachsen (habe) zu keiner Zeit von Herrn Nahrstedt und seiner Tätigkeit bei den Stadtwerken Wolfsburg profitiert.“
1. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über die Konditionen, unter denen der Pressesprecher der Stadtwerke Wolfsburg, Maik Nahrstedt, in den Landtagswahlkampf 2002/2003 der CDU eingebunden war?
2. Wie bewertet die Landesregierung die bisher ungeklärten Widersprüche zwischen Aussagen des Herrn Nahrstedt und den von ihm vorgelegten
„Gestützt werden die Vorwürfe Nahrstedts (…) vom früheren Personalchef der Stadtwerke Harald Behrens.“
3. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über die Zusammenarbeit des früheren Ministerpräsidenten Christian Wulff mit Markus Karp und Maik Nahrstedt?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das inzwischen in den Medien verbreitete Schreiben vom 12. September 2010 des Herrn Nahrstedt sowie zweier Prokuristen der Stadtwerke Wolfsburg AG an die Mitglieder des Aufsichtsrates der Stadtwerke Wolfsburg hat dazu geführt, dass die Staatsanwaltschaft Braunschweig Ermittlungen gegen den zurzeit freigestellten Vorstandschef der Stadtwerke Wolfsburg AG, Herr Professor Dr. Markus Karp, den zurzeit beurlaubten Pressesprecher der Stadtwerke Wolfsburg AG, Herrn Maik Nahrstedt, sowie den Oberbürgermeister der Stadt Wolfsburg, Herrn Professor Rolf Schnellecke, aufgenommen hat. Gegenstand dieser Untersuchungen ist der Verdacht der Vorteilsgewährung und Vorteilsannahme sowie der Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue.
Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat einen Anfangsverdacht wegen der genannten Straftaten bejaht. Am 23. September 2010 haben Durchsuchungsmaßnahmen stattgefunden. Sichergestellte Unterlagen müssen nunmehr ausgewertet werden. Weitere Auskünfte aus dem laufenden Ermittlungsverfahren bzw. Ergebnisse der Beweismittelauswertung können derzeit unter Hinweis auf diese laufenden Ermittlungen nicht erteilt werden.
Am 28. September 2010 wurde ein bei der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gesetzlich vorgesehenes Disziplinarverfahren gegen Herrn Professor Schnellecke eingeleitet und gleichzeitig bis zum Abschluss des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Braunschweig ausgesetzt. Darüber hinaus hat der Aufsichtsrat der Stadtwerke Wolfsburg AG eine Überprüfung der Vorwürfe durch ein unabhängiges Wirtschaftsprüfungsunternehmen beschlossen. Außerdem ist der Bundestagspräsident mit dem Vorgang befasst und prüft den Vorwurf einer verdeckten Parteienfinanzie
Die CDU Niedersachsen hat die von Herrn Nahrstedt erhobenen Vorwürfe laut Presseberichten überprüft und zurückgewiesen.
Zu Frage 2: Die Landesregierung vermag keine Widersprüche zu erkennen. Im Übrigen gibt die Landesregierung verständlicherweise keine Stellungnahme zu Vorgängen ab, die Gegenstand eines laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens sind.
(Ralf Briese [GRÜNE]: Ihr zitiert doch ganz gerne mal aus Polizeiakten hier im Landtag! - Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)