Geht es gar darum, dass natürlich die Zuprotokollgabe einer Rede die Möglichkeit darstellt, Plenardebatten zu strukturieren und situativ zu reagieren?
Hat man sich also darüber geärgert, dass an dem einen oder anderen Plenartag von Abgeordneten insgesamt zwölf Mal der Versuch unternommen worden ist, die Plenardebatte zu verkürzen? Auch dann hätten wir eine andere Debatte führen müssen.
Man muss sich bei diesem Vorschlag die Frage gefallen lassen, was denn mit den Mitgliedern der Landesregierung ist, die kein Landtagsmandat haben. Sind sie auch an diese Norm der Landtagsabgeordneten gebunden? Muss es Ausnahmeregeln geben? Was macht man, wenn die Landesregierung für sich entscheidet, ihre Rede nicht zu halten?
Alles in allem gibt es also viele offene Fragen. Wenn es aber am Schluss darum geht, das zu tun, was Kollege Remmel angesprochen hat, nämlich verbindliche Vereinbarungen für den Fall zu finden und zu verabreden, dass Reden zu Protokoll gegeben werden sollen, sehen Sie uns ganz an Ihrer Seite.
Wir sprechen uns also gegen die Änderung der Geschäftsordnung an dieser Stelle aus. Denn wir möchten diese Möglichkeit beibehalten, sind aber sehr dafür, dass wir eine Anlage zur Geschäftsordnung entwickeln, in der wir die Spielregeln für die Zuprotokollgabe von Reden aufstellen und fest verankern.
Die Gefahr der Überschreitung von Redezeiten – ich habe es mitbekommen, Frau Präsidentin – sehen wir. Deshalb lautet meine Bitte: Lassen Sie uns die Geschäftsordnung an dieser Stelle so belassen, wie sie ist. Dem zweiten einvernehmlichen Änderungsantrag stimmen wir natürlich zu. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Gödecke. – Als nächster Redner hat für die FDP-Fraktion der Kollege Witzel das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Witzel.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will offen sagen – auch das gehört zu einer sachgerechten parlamentarischen Debatte und einem differenzierten Urteilsvermögen –, dass ich schon viele Anträge der Grünen gelesen habe, die ich als schlimmer empfunden habe.
Dieser Antrag, der sich grundsätzlich mit der Frage des Selbstverständnisses der parlamentarischen Arbeit auseinandersetzt, betrifft letztlich alle Fraktionen. Zudem kann das angesprochene Thema in denkbar anderen Konstellationen und mit einem
Insofern ist das Ziel sicherlich ehrenwert, in der Parlamentsdebatte eine lebendige Demokratie zu etablieren, und auch zu sagen, dass man es ausdrücklich für notwendig hält, eine Debattenkultur zu entwickeln, dass gerade der streitbare Parlamentsbetrieb, das Ringen um Wort und Widerwort, um Argument und Gegenargument, eine lebendige Diskussionskultur ausmacht. Es sollte sicherlich unser aller Ziel sein, dass dies auch der klare Grundsatz und Vorrang parlamentarischer Arbeit in diesem Haus darstellt.
Es hat Vereinbarungen zur Neuregelung gegeben, die zwischen den Fraktionen abgesprochen worden waren und zu der auch das Benehmen mit dem Präsidium hergestellt worden war. Vizepräsident Edgar Moron ging aber mit dem Thema im Anwendungsfall anders um, als im Vorfeld besprochen – auch wenn das eine konforme Auslegung der Geschäftsordnung darstellte. Das war unerfreulich und für Verärgerung und Irritationen gesorgt.
Ursprünglich gab es die Vereinbarung, dass Reden zu Protokoll gegeben werden, wenn sich Fraktionen in diesem Punkt einig sind und sich Redner nicht einseitig bestimmten Debatten entziehen.
Deshalb ist der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in ihrer Rolle als Oppositionsfraktion natürlich interessengeleitet; so ehrlich sollten die Grünen sein. Als Oppositionsfraktion hat man oftmals ein viel größeres Bedürfnis, eine Vielzahl neuer Debatten zu führen, man stellt quantitativ viel mehr Gegenstände als Landtagsdrucksachen in den Beratungsprozess ein und zur Abstimmung, als Koalitionsfraktionen das üblicherweise tun.
Man hat vielleicht gerade deshalb ein Interesse daran, sehr lange und ausführliche Debatten zu führen, weil man nicht automatisch Regierungsmitgliedern vertraut, schon das Richtige zu machen. Insofern ist dieser Antrag sicherlich auch der aktuellen Rolle geschuldet. Das kann in der Zukunft liegenden Zeiträumen prinzipiell auch andere in diesem Hause betreffen.
Ich kann für die FDP-Landtagsfraktion zusagen, dass wir keiner politischen Debatte im Parlament ausweichen wollen. Jeder, der als Debattenredner gemeldet ist, hat ausdrücklich meine Rückendeckung, sich nicht aufgrund eines Parlamentarischen Abends oder anderer Festivitäten nötigen oder drängen zu lassen, nicht zu reden. Es ist völlig klar, dass das Plenum Vorrang haben muss. Die knapp 30 Tage im Jahr, an denen der Plenarbetrieb stattfindet, gehören den Abgeordneten, und dann sollte sie ihre Standpunkte auch austauschen können. Niemand, der seinen Standpunkt in der vereinbarten Redezeit darlegen will, muss sich ein schlechtes Gewissen machen lassen.
Eine andere Frage ist in der Tat, ob diesem Ziel im Rahmen einer Geschäftsordnungsänderung entsprochen werden muss. Ich biete für meine Fraktion an, dass wir uns um eine gemeinsame vernünftige Verständigung bemühen, wann immer im Einzelfall Probleme auftreten. Ich nehme das Angebot von Frau Gödecke sehr gerne an, sich darüber zu unterhalten, ob auch außerhalb einer Geschäftsordnungsänderung Präzisierungen durch Anlagen so erfolgen können, dass dem Anliegen in der Sache für eine vernünftige zukünftige Praxis ebenso entsprochen werden kann, ohne eine förmlich neue Beschlussfassung herbeizuführen.
Ich verstehe ausdrücklich das Interesse, sich auch einmal im Dialog auszutauschen und dass sich eine Landesregierung nicht ihren Antworten entzieht. Parlamentsbetrieb lebt von Aktion und Reaktion und auch der Überprüfungsmöglichkeit des Standpunkts eines anderen.
Hätten wir diese Debatte heute nicht geführt, hätte ich vieles nicht mitbekommen, was ich bei einer Zuprotokollgabe der Rede sicherlich nicht nachgelesen hätte. Ich hätte die Statistik der prozentualen Auswertung von Frau Gödecke nicht nachgelesen. Auch die Hinweise der Grünen auf die Auslastung des Referentenstabs hätte ich im Nachhinein sicherlich nicht im Plenarprotokoll nachgelesen.
Innerhalb der Koalition sind wir gemeinsam allerdings nicht der Auffassung, dass wir heute zu einer förmlichen, rechtlichen Änderung der Geschäftsordnung kommen müssen. Dann ist das Verfahren auch klar: Wenn es das gemeinsame Ziel, zu einer rechtlichen Änderung zu kommen, nicht gibt, lehnen wir Anträge der Opposition, wie den der Grünen, ab.
Was den zweiten Antrag, einen Antrag aller vier Fraktionen, angeht, kann ich mich meinen Vorrednern nahtlos anschließen. Uns geht es hier um mehr Rechtssicherheit. Wir haben die gute parlamentarische Tradition, bei wichtigen Verordnungen dort, wo das Gesetz dies tatbestandsmäßig enumeriert, zu einer parlamentarischen Befassung zu kommen.
Da es bei Wissenschaftlern und Praktikern rechtlich streitig ist, ob eine Ausschussbefassung allein ausreicht, wollen wir ein unbürokratisches Verfahren finden, das auch eine parlamentarische Schlussbefassung im Anschluss an die Ausschussbehandlung vorsieht.
Das Verfahren, das alle vier Fraktionen vorgeschlagen haben, entspricht dem des Deutschen Bundestags und auch den Verfahren vieler anderer Bundesländer. Insofern bitte ich auch dafür ausdrücklich um Zustimmung. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Als fraktionsloser Abgeordneter hat man natürlich ganz besondere Probleme, die sich auf verschiedenste Art und Weise im Landtag auswirken. Einiges habe ich Ihnen gelegentlich schon vorgetragen.
Das sind Dinge wie zum Beispiel, dass man hier nicht so ausreichend informiert wird, wie es teilweise bei den Fraktionen, etwa über Obleutegespräche und Ähnliches, der Fall ist. Das betrifft auch die finanzielle Ausstattung der fraktionslosen Abgeordneten, die bekanntermaßen deutlich schlechter gestellt sind als Abgeordnete, die einer Fraktion angehören.
Nichtsdestotrotz könnte ich sicherlich – das würde man vielleicht erwarten – eher Sympathie für die bestehende Regelung entwickeln, weil ich als fraktionsloser Abgeordneter auch nicht die Möglichkeit habe, mich vertreten zu lassen. Von daher hat es sicherlich Vorteile, wenn man eine Rede zu Protokoll geben kann. Davon habe ich allerdings in dieser Zeit – ich bin jetzt seit über anderthalb Jahren fraktionsloser Abgeordneter – nur ein einziges Mal, nämlich im Krankheitsfall, Gebrauch gemacht. Ansonsten habe ich von dieser Regelung abgesehen.
Ich stimme diesem Antrag der Grünen ausdrücklich zu. Ich finde aber, es ist in der Tat so, dass die demokratische Diskussionskultur hier einen dringenden Nachholbedarf hat. Wenn ich mir angucke, wie viele Abgeordnete im Moment anwesend sind, ist das wieder einmal ein Zeichen dafür ist, wie die Realität bei den Beratungen vieler Tagesordnungspunkte leider aussieht.
Da ich fraktionsloser Abgeordneter, bekanntermaßen aber auch Mitglied der Partei DIE LINKE bin, bin ich sehr gefordert. Ich habe natürlich genau die gleichen Probleme wie die Abgeordneten, die einer Fraktion angehören. Ich habe viele Anforderungen zu bewältigen, viele Dinge sind zu regeln sind.
Deswegen bin ich ausdrücklich dafür, dass diesem Antrag der Grünen zugestimmt wird. Ich bin eben nicht dafür, dass das hier zu Protokoll gegeben wird, obwohl viele Debatten – das erleben wir jetzt
Die Öffentlichkeit ist hier nämlich nur mit wenigen Menschen gegeben. Im Plenarsaal sitzen im Moment gerade einmal 30 oder 35 von 187 Abgeordneten. Auch das ist Realität. Eigentlich erlebt man es in der Regel so, dass die Abgeordneten, sobald die Beratung über einen bestimmten Tagesordnungspunkt zu Ende ist, fluchtartig den Raum verlassen. Ich glaube, ich sitze hier letztendlich relativ häufig.
Die Situation ist die: Eigentlich müsste man noch einmal über eine völlige Erneuerung der Debattenkultur im Landtag nachdenken.
Meine Anregung wäre, sich noch einmal wirklich ernsthaft Gedanken darüber zu machen, ob es so sinnvoll ist, wie die Plenardebatten hier geführt werden. Das, was wir hier gerade wieder erleben, ist nämlich ein deutliches Zeichen dafür, dass diese Debattenkultur nicht die Krönung der Schöpfung ist und man deswegen noch einmal …
Ich rede jetzt übrigens frei. Ich habe kein Manuskript. Das tun viele Abgeordnete im Übrigen auch nicht. Das ist auch Realität.
Um es zum Abschluss zu bringen – meine Redezeit ist zu Ende –: Ich werde diesem Antrag der Grünen zustimmen. Ich werde auch dem Antrag zustimmen, der von den Fraktionen eingebracht worden ist. Er ist in Ordnung.
Aber ich bitte die Fraktionsgeschäftsführer, insbesondere aber die Abgeordneten der Fraktionen insgesamt, sich noch einmal Gedanken darüber zu machen, ob diese Plenardiskussionen – die Debattenkultur im Landtag – tatsächlich das Ende der Fahnenstange sind. Aus meiner Sicht ist das stark verbesserungsfähig.