Protokoll der Sitzung vom 25.06.2009

Das gilt auch für die Studiengebühren und für Bachelor und Master. Wir sind alle dafür, den Bolognaprozess zu organisieren und umzusetzen. Aber es kann nicht sein, dass sich wegen des Bolognaprozesses die Beratungen in den psychosozialen Beratungsstellen der Studentenwerke um Tausende erhöhen, weil die jungen Menschen bis zum Unerträglichen belastet sind.

(Beifall von der SPD)

Das darf doch nicht sein. Da muss man doch anpacken. Man kann doch nicht zugucken. Darum geht es.

Es gibt sicherlich auch Gemeinsamkeiten hier im Hause; ich bestreite das überhaupt nicht. Aber schauen Sie hin, was die jungen Menschen wollen und wofür sie auf die Straße gehen. Arbeiten Sie mit uns gemeinsam daran, diese Defizite im Sinne der Jugend unseres Landes zu beseitigen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD, GRÜNEN und Ursula Doppmeier [CDU])

Danke schön, Herr Schultheis. – Meine Damen und Herren, es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Deshalb kommen wir zum Schluss der Debatte.

Ich lasse zunächst über den Inhalt des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/9420 abstimmen. Die antragstellende Fraktion hat direkte Abstimmung beantragt. Wir kommen deshalb zur Abstimmung über diesen Antrag. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Wer ist dagegen? – Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. Wer enthält sich? – Niemand. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen zweitens zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/9427. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dieser Überweisungsempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? Wer enthält sich? – Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt

2 Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den „Westdeutschen Rundfunk Köln“ und des Landesmediengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (LMG NRW) –13. Rundfunkänderungsgesetz

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 14/9393

erste Lesung

Zur Einbringung des Gesetzentwurfs erteile ich für die Landesregierung Herrn Minister Krautscheid das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Ihnen jetzt vorliegenden Entwurf für ein 13. Rundfunkänderungsgesetz in Nordrhein-Westfalen werden das Landesmediengesetz und das WDRGesetz novelliert.

Bei beiden Gesetzen sind wir der Auffassung, dass aufgrund des steten Wandels unserer Medienlandschaft Anpassungs- und Fortentwicklungsbedarf besteht. Die Schwerpunkte dieser Novellierung sind: die Neuordnung des Medienkonzentrationsrechts, die Schaffung von neuen Rahmenbedingungen für die Digitalisierung des Hörfunks sowie die Einarbeitung des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrags in unser WDR-Gesetz.

Die neuen elektronischen Medienangebote und vor allen Dingen Änderungen im Nutzungsverhalten, insbesondere bei jungen Menschen, stellen für die klassischen Medien eine große Herausforderung dar. Neben den elektronischen Medien müssen aber auch Anbieter nicht elektronischer Medien in diese digitale Medienwelt aufbrechen können. Es ist wohl kaum mehr möglich, ausschließlich als monomediales Unternehmen künftig zu agieren.

Diese crossmedialen Geschäftsstrategien von Medienunternehmen im lokalen und im regionalen Bereich gebieten eine Neuordnung des Konzentrationsrechts auf der Landesebene. Dabei gilt es, bei einer grundsätzlichen Unterstützung dieser Aktivitäten, zugleich die Entstehung vorherrschender Meinungsmacht in diesen lokalen Märkten zu verhindern. Deshalb möchte ich etwas zu einigen Punkten des Landesmediengesetzes sagen, zunächst zum Thema Medienkonzentration.

Der Entwurf sieht Zulassungsbeschränkungen für Presseunternehmen vor, deren Engagement im Medienbereich eine signifikante Schwelle an Marktmacht erreicht. Beteiligt sich ein solches Unternehmen an einem Rundfunkunternehmen, so muss eine Gefährdung der Meinungsvielfalt durch gesellschaftsrechtliche Beherrschung oder Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Programmgestaltung ausgeschlossen werden.

Meine Damen und Herren, wir haben hier zwischen zwei Polen eine Balance zu finden. Zum einen geht es um die Frage, wie sich ein starker Verleger in seinem Verbreitungsgebiet auch noch am Lokalfunk

beteiligen kann. Hierzu gibt es die Meinung: Die Zeiten des Internets müssen hier stärker einbezogen werden. Es gibt doch Vielfalt im Internet. Warum muss man jetzt auch noch im lokalen Hörfunk Manschetten anlegen?

Ich glaube, so richtig die Miteinbeziehung des Internets ist, geht es um Meinungsmacht im lokalen Bereich. Hier ist nach meiner Einschätzung das Internet noch längst nicht in einer Vielfalt ausgeprägt, dass wir auf Beschränkungen verzichten könnten.

Gleichzeitig wollen wir aber Planungs- und Rechtssicherheit für diejenigen schaffen, die sich in diesem Bereich unternehmerisch engagieren wollen. Wir wissen, dass bei vielen lokalen Fernsehstationen die jetzige Rechtslage – die berühmten 24,9 % stehen zwar nicht im Gesetz, sind aber de facto durch die Landesanstalt für Medien Rechtsvorgabe – dazugeführt hat, dass die Eigentümerseite zersplittert ist und dass keine richtigen Investitionen in diesen Markt getätigt werden. Wir wissen aber, dass sich dies ändern muss, wenn sich Qualität und Vielfalt ändern sollen. Deswegen wollen wir hier mehr Entwicklungen ermöglichen.

Manche sagen, ihr seid zu streng. Auf der anderen Seite gibt es Befürchtungen, dass die Maßgaben, die wir für marktmächtige Verleger vorsehen, wenn sie sich im lokalen Fernsehen engagieren wollen, unter Umständen zu schwach sein können. Wie kennen alle ein Gutachten, das in den letzten Tagen die Runde gemacht hat. Ich finde dieses beachtlich und diskussionswürdig. Wenn man es jedoch genau liest, dann heißt das: Man kann es eigentlich so machen, aber es wäre besser, wenn wir mit Gürtel und Hosenträgern in diese Angelegenheit hineinmarschieren würden.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

Also meine Damen und Herren, ich bitte bei der Diskussion zu beachten, welche Mechanismen wirkmächtig genug sind. Es geht um die Beschränkung von privatwirtschaftlichem Handeln. Es geht nicht darum, im öffentlich-rechtlichen Bereich etwa einen neuen Rundfunkrat zu kreieren oder Ähnliches. Im privaten Bereich sind wir mit gutem Grund für das Beschränken der verlegerischen Freiheit, aber auch hier ist das Übermaßverbot zu beachten. Wenn eine Maßnahme ausreicht, um Meinungsmacht wirksam zu gewährleisten, muss es nicht auch noch ein Zweier- oder Dreierpack sein, den wir hier hereinnehmen.

Es gibt hier sicherlich Hinweise und gute Ideen, die wir im Ausschuss weiter verfolgen sollten.

Zum zweiten Thema: Ein wichtiger Punkt im neuen Gesetz ist der Themenbereich „Digitalisierung des Hörfunks“. Es geht hier um die Schaffung von Voraussetzungen für die Entwicklung des digitalen Hörfunks in Nordrhein-Westfalen. Wir alle wissen, die analoge Radiolandschaft funktioniert. Aber

gleichzeitig wissen wir auch, dass sich die Digitalisierung Bahn bricht und an vielerlei Dingen scheitert. Mir ist wichtig, dass die bisherigen Vorschriften, die noch sehr stark auf die analoge Landschaft zugeschnitten waren, so verändert werden, dass die, die im digitalen Hörfunk loslegen wollen, dieses in Nordrhein-Westfalen tun können. Der Staat ist hier nicht für die Schaffung von Geschäftsmodellen zuständig, aber die Rahmenbedingungen müssen all das ermöglichen, was Unternehmen und auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk im digitalen Bereich machen wollen.

Wir ermöglichen Pilotversuche, mit denen man erste Erfahrungen im digitalen Hörfunk sammeln kann. Wir wollen langfristig eine regionale und lokale flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit digitalem Hörfunk. Dafür schaffen wir auch im Gesetz Anreize, etwa den berühmten First-MoverAdvantage. Denn wer früh dabei ist, muss mittelfristig etwas davon haben. Also, es gibt eine eindeutige, von uns befürwortete Tendenz im Gesetz für die Digitalisierung. Jeder, der in Zukunft in NordrheinWestfalen in diesem Bereich etwas tun will, kann sich auf diese Rahmenregelungen verlassen.

Dritter Punkt! Einen weiteren wichtigen Bereich bilden im neuen Gesetz die Anpassungen des WDR-Gesetzes an die Vorgaben der Europäischen Kommission. Wir erinnern uns an das sogenannte VPRT-Verfahren. Was darf, was soll der öffentlichrechtliche Rundfunk nicht nur im Internet, sondern auch im privatwirtschaftlichen Bereich, und wie wird hier die entsprechende Klarheit sichergestellt.

Die Überschriften im Gesetz hierzu heißen: Transparenz und Klarheit im Auftrag. Der Auftrag des WDR wird konkreter gefasst, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Das Fernsehprogramm und die terrestrisch verbreiteten Hörfunkprogramme werden in einem sogenannten geschlossenen System im Gesetz beauftragt. Die rein im Internet verbreiteten Hörfunkprogramme unterfallen dem offenen System und damit dem Dreistufentest.

Auch hierfür sehen wir eine Reihe von detaillierten Regelungen vor. Wir alle wissen, es gibt schon die eine oder andere Aufregung über die Art und Weise des Tests und den Aufwand, den er mit sich bringt. Ich will nur so viel dazu sagen: Ich glaube, dass die grundsätzliche Entscheidung richtig ist, all das, was im öffentlich-rechtlichen Bereich im Internet passiert – damit in unmittelbarer Konkurrenz zu privaten Angeboten –, genauer zu betrachten. Deswegen der Dreistufentest. Wir sollten erst gewisse Erfahrungen sammeln, bevor wir wieder alles über den Haufen werfen. Wir jedenfalls setzen diese Regelungen jetzt um.

Zum Zweiten – das ist ein besonders wichtiger Punkt – führen wir auch Regelungen in Abstimmung mit der Europäischen Kommission ein, die die Betätigungen des WDR im privatwirtschaftlichen Sektor – zum Beispiel Lizenzgeschäfte, Verkauf von Be

wegtbildern – neu regeln. Wir wollen in diesem Bereich mehr Transparenz, wir wollen mehr Klarheit, vor allen Dingen Klarheit über die Spielregeln. Hier werden Marktpreise analysiert. Hier wird – das muss man zugestehen – auch recht tief in die Preisbildung des WDR am Markt geschaut. Aber das ist richtig; denn wir wollen zwar, dass solche Tätigkeiten möglich sind, sie aber gleichzeitig nicht durch eine Quersubventionierung mit Gebührengeldern zu unfairem Marktverhalten führen. Dieses wird im Gesetz jetzt eindeutig geregelt. Ich glaube auch, dass der WDR für die Klarheit, für die wir in dem Bereich privatwirtschaftlicher Tätigkeit sorgen, dankbar ist.

Vierter Punkt: Medienkompetenz. Wir alle sind uns einig und haben verschiedene Debatten dazu geführt, dass das Thema Medienkompetenz in den nächsten Jahren eher wichtiger werden wird. Deswegen wollen wir zukünftig das Thema Medienkompetenz nicht nur besser vernetzen und koordinieren, sondern wir wollen all die Institutionen, die in diesem Bereich arbeiten, besser untereinander verbinden und eine deutliche Steigerung ihrer Leistungsfähigkeit herbeiführen.

Wir haben auch Änderungen im Bereich der Bürgermedien vorgenommen. Es hat sich gezeigt, dass mittlerweile auch im Internet neue Partizipationsmöglichkeiten existieren. Deswegen soll der ursprünglich angedachte Zweck des Bürgerfernsehens, Partizipation, zu dem Thema „Vermittlung von Medienkompetenz und Medienausbildung“ weiterentwickelt werden. Hierzu werden wir einen landesweiten Lehr- und Lernsender einrichten.

Der fünfte und letzte Punkt, den ich in der ersten Runde ansprechen möchte, ist das Thema Jugendmedienschutz. Wir sind uns einig, dass es in den letzten Monaten hinreichend Beispiele dafür gegeben hat, dass gerade im Bereich Internet erhöhte Aufmerksamkeit zu gewärtigen ist. Wir wollen zukünftig durch eine Neuregelung sicherstellen, dass jugendgefährdende Inhalte nicht mehr bis zu einer gerichtlichen Klärung im Netz stehen bleiben dürfen,

(Beifall von Werner Jostmeier [CDU])

sondern wir wollen den bisherigen Regelfall umdrehen. In Zukunft müssen jugendgefährdende Sachverhalte, die beklagt, beanstandet werden, aus dem Netz genommen werden, bis die rechtliche Klärung vor Gericht erfolgt ist.

(Beifall von Werner Jostmeier [CDU])

Meine Damen und Herren, wir haben außerdem mit diesem neuen Gesetz den 8., den 9., den 10. und den 11. Rundfunkänderungsstaatsvertrag – seit Jahren war keine Veränderung mehr vorgenommen worden – in unser Landesmedienrecht übertragen. Damit sind wir mit unseren Regelungen up to date.

Es gibt sicher eine Vielzahl weiterer Ideen und Anregungen. Wir haben insgesamt 80 Regelungspunkte neu in das Gesetz aufgenommen. Die kann man in dieser ersten Debatte sicher nicht alle diskutieren. Ich freue mich aber auf eine spannende und fruchtbringende Debatte im Hauptausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Krautscheid. – Für die SPD-Fraktion erhält der Abgeordnete Eumann das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Einladung zur Debatte, Herr Minister, nehmen wir gerne an, und ich hoffe sehr, dass es nicht nur bei der Einladung bleibt, sondern dass das, was jetzt im parlamentarischen Raum beraten wird und zur Anhörung ansteht, Ihre Gesetze tatsächlich auch nachhaltig verbessert; denn es gibt Verbesserungsbedarf. Das werden Sie erleben; Sie wissen es auch schon durch die Stellungnahmen, die Sie erreicht haben.

Ich will aber anders einsteigen. Gestern ging das Medienforum NRW zu Ende. Diejenigen von Ihnen, die die Gelegenheit genutzt haben, dabei zu sein, konnten über weite Teile sehr spannende Diskussionen verfolgen. Deswegen darf ich den Macherinnen und Machern des Medienforums, Herrn Dr. Gehrke und seinem Team, im Namen der SPDFraktion sehr herzlich danken.

(Beifall von der SPD)

Ich danke ihnen auch dafür, dass sie gemeinsam mit vielen anderen Akteuren die Verantwortung übernommen haben, dass die Stärke und die Erfolge des Medienlandes Nordrhein-Westfalen unter der Regierung Rüttgers nicht vollends in Vergessenheit geraten.

(Lachen von Minister Andreas Krautscheid)

Ich möchte – Herr Ministerpräsident Rüttgers sitzt ganz hinten – nicht die als Grundsatzrede angekündigte Rede des Ministerpräsidenten thematisieren. Denn Sie haben selbst ausgeführt, keine medienpolitischen Grundsatzreden halten zu wollen. Sie haben dem Anspruch auch tatsächlich Genüge geleistet: kein Wort zum Stellenwert des öffentlichrechtlichen Rundfunks, kein Wort zur sehr schwierigen Situation der kommerziellen Säule unserer dualen Rundfunkordnung, kein Wort zu den Herausforderungen des Film- und Fernsehstandorts Nordrhein-Westfalen, kein Wort zu Rolle und Bedeutung von Produzentinnen und Produzenten in NordrheinWestfalen. Diese Liste ließe sich lange fortsetzen. Das war die fünfte Rede von Ministerpräsident Rüttgers auf einem Medienforum, und sie war unter dem Strich eine, die keinen Impuls für das Medienland Nordrhein-Westfalen aussendet.

So ist es auch, Herr Minister Krautscheid, mit den Novellen, die Sie jetzt vorlegen. Mit der Novelle des Landesmediengesetzes – das ist unsere Überzeugung – gibt das Medienland Nordrhein-Westfalen endgültig seine medienpolitische Vorreiterrolle auf. Es gibt keinen neuen Impuls, der versucht, auf aktuelle Fragen eine Antwort zu finden. Das Gesetz, Herr Minister Krautscheid – das ist der Vorwurf, den wir Ihnen machen –, bleibt in der analogen Welt stecken. Es regelt den Hörfunk, es regelt das Fernsehen, aber es blendet – Sie haben es ja in der Begründung gesagt, warum wir die Gesetze ändern – crossmediale Entwicklungen aus. Sie berücksichtigen die crossmedialen Entwicklungen im lokalen und regionalen Raum überhaupt nicht. Sie nehmen noch nicht einmal Bezug zu Angeboten über das Internetprotokoll. Jeder weiß doch genau, diese Angebote leisten einen Beitrag zur Meinungsvielfalt. Sie sind meinungsrelevant, transportieren meinungsrelevante Inhalte. Aus allen Studien wissen wir, dass ganze Generationen ausschließlich ihre Information genau über diese Distributionswege beziehen, auch im lokalen und regionalen Raum. Darauf geben Sie mit dem Gesetz keine Antwort.