Protokoll der Sitzung vom 10.03.2010

(Holger Ellerbrock [FDP]: Nö!)

Wir erinnern uns alle daran, dass die CDUBundestagsfraktion vor einigen Legislaturperioden ein Gutachten in Auftrag gegeben hat, in dem schon Standorte auch in Nordrhein-Westfalen eingezeichnet waren.

Kolleginnen und Kollegen, diese Politik ist mit uns nicht zu machen. SPD und Grüne stehen zum Atomausstieg. Wir fordern Sie auf, sich diesem anzuschließen.

(Beifall von der SPD)

Eine Verlängerung der Restlaufzeiten für die bestehenden Atomkraftwerke, darunter auch die von mir beschriebenen alten Meiler, ist schlecht für Nordrhein-Westfalen als Energieland Nummer eins. Zum

einen ist es schlecht für die Menschen. Zum anderen ist es schlecht für die Umwelt und insbesondere für die Wirtschaft.

Das wundert einen Sozialdemokraten ganz deutlich, dass sich die CDU beispielsweise gegen den erklärten Willen der VKU ganz klar für Restlaufzeiten ausspricht, was zur Folge hat, dass der Wettbewerb im Bereich der Stadtwerke behindert wird. Sie behindern Investitionsentscheidungen. Und bei den erneuerbaren Energien – da war Herrn Witzels Äußerung von vorhin ganz entlarvend – haben wir bereits Platz 12 erreicht. Wenn wir auf Platz 16 kommen möchten, brauchen wir nur so weiterzumachen wie bisher.

(Beifall von der SPD)

Der Mittelstand leidet darunter, weil Planungssicherheit verloren geht. Letztendlich leiden darunter Ausbildungs- und Arbeitsplätze, also auch die Menschen in Nordrhein-Westfalen.

Wir wissen alle, dass die Risiken der Kernkraft bis heute nicht unter Kontrolle sind. Jedes Jahr gibt es meldepflichtige Störfälle. Herr Ellerbrock und ich haben uns dahin gehend auch schon ausgetauscht.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Richtig!)

Wir haben recherchiert: 4.233 Störfälle bis zum 30.09.2009. Da kann man nicht immer von Sicherheit sprechen.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Aber welche Stufe? Unterste Stufe! Wenn da ein Hammer herun- terfällt, wird das aufgeführt!)

Kernkraft ist, entgegen aller Mythen, nicht klimafreundlich. Die Erschließung, der Abbau und der Transport von Uran sprechen dagegen. Und letztendlich scheitert man bei der Kernkraft auch mit der politischen Entscheidung, sich von der Einfuhr ausländischer Energieressourcen weniger abhängig machen zu wollen.

Kernkraft ist auch nicht zuverlässig, wie uns immer wieder weisgemacht werden soll. Wir wissen alle, wenn man auf das Nachbarland Frankreich schaut, dass dort zu Zeiten niedriger Wasserstände der Flüsse in heißen Sommern die Leistung der Kernkraft erheblich abnimmt.

Nicht zuletzt die Endlagerfrage, über die wir uns hier im Plenum schon unterhalten haben, spaltet die Menschen. Und die Menschen gehen, gerade wenn ich nach Ahaus blicke und das Brennelemente-Zwischenlager sehe, mit sehr viel Fingerspitzengefühl an das Thema heran. Hier sind Fragen nicht geklärt. Denn wir starten ein Flugzeug, Sie wollen dieses Flugzeug beschleunigen, wissen aber nicht, wo die Landebahn ist. So stellt es sich dar, wenn wir auf die Endlagerung schauen.

Kolleginnen und Kollegen, die Landesregierung hat vor Kurzem den neuesten Entwurf zum Landesentwicklungsplan vorgelegt. Die darin enthalte

nen Passagen zur Atomkraft – das erschreckt die sozialdemokratische Fraktion doch deutlich – formulieren Sie derartig schwammig und ungenau, dass man den Eindruck bekommt: Hier werden Möglichkeiten für den Neubau von Atomkraftwerken in Nordrhein-Westfalen geöffnet.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Ja, klar!)

Sie schreiben dort, dass Kernkraftwerke zur Energieversorgung zwar ausgeschlossen sind, Forschungsreaktoren jedoch nicht. Dieses Prinzip kennen gerade diejenigen, die sich im Bereich des Umweltschutzes engagieren, durch den Walfang in Japan. Dort werden jedes Jahr unter dem Deckmäntelchen der Forschung Hunderte von Walen abgeschlachtet, die nicht zu Forschungszwecken weitergegeben, sondern zu Gewinnzwecken für die Teller wohlhabender Japaner zubereitet werden. So wird es wohl demnächst mit den Forschungsreaktoren sein,

(Holger Ellerbrock [FDP]: Kollege, Kollege!)

wenn damit hier in Nordrhein-Westfalen Milliardengewinne produziert werden.

Dazu kommen dann auch noch die aktuellen Äußerungen des Kollegen Fehring aus der CDU-Fraktion, den ich hier im Saale begrüße. Anlässlich des vor wenigen Tagen abgehaltenen Neujahrsempfangs der Jungen Union in Höxter forderte er mehr Toleranz von der Bevölkerung und sagte wörtlich, er sähe keinen Grund, warum es in Deutschland keine neuen Kernkraftwerke geben sollte.

Herr Fehring, darin unterscheiden sich Sozialdemokraten von der CDU. Nennen Sie den Menschen in Ihrem Wahlkreis konkret die vorgesehenen Standorte. Führen Sie sie gerade in solchen Fragen nicht an der Nase herum.

(Beifall von der SPD)

Wer bei der Landtagswahl CDU wählt, weiß ganz genau, dass er sich für Kernkraftwerke ausspricht. Das kann man ganz deutlich sagen. Sonst wäre die Äußerung vom 9. Februar wohl nicht so im Raum stehen geblieben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann nur an Sie appellieren: Bekennen Sie sich zum Atomausstieg: für die Menschen, für den Mittelstand und für die Wirtschaft, und stoppen Sie die finanzielle Unterstützung von Forschungsprojekten auch in Nordrhein-Westfalen.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Sie haben die Chance, den Menschen noch vor der Wahl klipp und klar zu sagen: Wir sind gegen Atomkraftwerke in Nordrhein-Westfalen und werden uns gegen die Verlängerung von Laufzeiten stemmen.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Sind wir nicht!)

Herr Brockes, wir haben Ahnung vom Mittelstand, sonst hätte ich das gar nicht gesagt.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Ich bleibe dabei. Dass Sie den Antrag aus ideologischen Gründen ablehnen werden, ist uns ganz klar. Dennoch werden wir den Antrag nach der Wahl neu einbringen

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Herr Brockes, wer schreit, hat meistens unrecht – und dann mit anderen Mehrheiten bestimmen. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD – Zuruf von Dietmar Bro- ckes [FDP])

Vielen Dank, Herr Kollege Stinka. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Priggen das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Priggen.

Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben am 9. Mai Landtagswahl. Ob Schwarz-Gelb am 9. Mai eine Verlängerung bekommt, ist außerordentlich relevant für die Atompolitik der nächsten fünf Jahre.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir haben nun schriftlich aus dem Bundesumweltministerium, dass die Laufzeitverlängerung zustimmungspflichtig ist. Es wird darauf ankommen, ob es im Bundesrat weiterhin eine Mehrheit für SchwarzGelb gibt. Wenn es diese Bundesratsmehrheit nicht gibt, wird es eine Laufzeitverlängerung so auch nicht geben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Insofern wird am 9. Mai auch darüber abgestimmt.

Herr Kollege Wittke, unabhängig davon habe ich den Sinn in dem Vorschlag aus Nordrhein-Westfalen, für Laufzeitverlängerungen einzutreten, sowieso nie verstanden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie können Gespräche mit allen führen, die Kraftwerke bauen: Alle legen ihre Investitionsentscheidungen auf Eis und warten darauf, was im Oktober herauskommt, wenn die Bundesregierung ihren Energieplan präsentiert. Wenn es eine Laufzeitverlängerung gibt, ist nämlich völlig klar, dass langfristig zusätzliche Strommengen auf dem Markt zur Verfügung stehen und deshalb Investitionen gestrichen werden.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Nein, Herr Kollege Brockes. Die haben keine Angst vor uns, sondern hoffen, dass wir dem Treiben an der Stelle ein Ende bereiten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Die Angst vor Herrn Brockes haben sie zu Recht, aber lassen wir das einmal weg. – Das ist aber nur der eine Punkt.

Ich will noch einige weitere Punkte ernsthaft darstellen; Herr Kollege Wittke, Sie und die Koalition operieren hier aus meiner Sicht unehrlich.

Die Frage, ob wir einen neuen Forschungsreaktor in Nordrhein-Westfalen bekommen, sollten Sie klar und transparent beantworten. Es hilft nicht, wenn Herr Baganz sagt, das plane niemand. Denn Sie schaffen gerade die rechtlichen Voraussetzungen dafür. Schauen wir uns die unterschiedlichen Formulierungen in den beiden Entwürfen des LEP aus dem Kabinett an.