Protokoll der Sitzung vom 24.03.2010

Okay.

Allerdings gibt es auch noch den Tarifvertrag des Bundesverbandes Deutscher Dienstleistungsunternehmen mit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personal-Service-Agenturen.

Da aber gerade erst gerichtlich über die Tarifmächtigkeit der CGZP entschieden wird, die Gültigkeit dieses Tarifvertrages also durchaus problematisch erscheint, wäre eine Allgemeinverbindlicherklärung dieses Tarifvertrages doch sehr gewagt. Das heißt, es gab keinen Tarifvertrag, den das Bundesarbeitsministerium für allgemeinverbindlich hätte erklären können.

Nun gibt es endlich wieder gültige Tarifverträge für diesen Bereich. Insofern ist tatsächlich eine wichtige Voraussetzung für eine Allgemeinverbindlicherklärung erfüllt.

Das Problem für eine Allgemeinverbindlicherklärung liegt aber darin, dass wir in der Branche mindestens zwei Tarifverträge haben. Diese Zahl kann sich auch noch erhöhen, da zwischen dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen, iGZ, und den DGB-Gewerkschaften bereits Tarifverhandlungen laufen. Möglicherweise wird auch noch zwischen dem Bundesverband Deutscher Dienstleistungsunternehmen und den CGB-Einzelgewerkschaften ein neuer Tarifvertrag abgeschlossen werden.

Das Problem bei solch verschiedenen Tarifverträgen innerhalb einer Branche liegt darin, dass es ein erheblicher Eingriff in die Tarifautonomie wäre, wenn der Staat unter Verdrängung eines niedrigeren Tarifvertrages einen anderen Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärte.

Wenn ich mir den Verlauf der Tarifverhandlungen anschaue, verwundert mich eines sehr: Ich gehe davon aus, dass die betroffenen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände wissen, dass eine Allgemeinverbindlicherklärung nach dem ArbeitnehmerEntsendegesetz durch eine einheitliche Tarifstruktur zumindest stark begünstigt, wenn nicht gar erst ermöglicht wird. Wieso ist es diesen Beteiligten nicht gelungen, eine übereinstimmende Einigung zu erzielen?

Vor allem wundert mich, dass die im Januar/Februar bereits verkündeten Ergebnisse näher beieinander lagen als die jetzt abgeschlossenen Tarifverträge. Damals hatte der Tarifvertrag zwi

schen AMP und CGB-Einzelgewerkschaften 7,70 € (West) und 6,60 € (Ost) vorgesehen. Der BZA/DGBTarifvertrag lag bei 7,56 € (West) und 6,62 € (Ost). Die heutigen Tarifverträge liegen für AMP/CGB bei 7,60 € (West) und 6,40 € (Ost) sowie bei BZA/DGB bei 7,60 € (West) und 6,65 € (Ost).

Diese Unterschiede erschweren eine Allgemeinverbindlicherklärung deutlich. Eigentlich müssten alle an diesen Tarifverträgen Beteiligten ein Interesse daran haben, dass eine Allgemeinverbindlicherklärung erfolgt. Nur diese Allgemeinverbindlichkeit bietet die Gewähr, dass ausländische Konkurrenten sich an diese Bedingungen halten müssen. Damit können auch mit Eintritt der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit im Mai 2011 sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber vor ausländischer „Schmutzkonkurrenz“ geschützt werden.

Ich halte im Hinblick auf die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit im Mai 2011 die Aufnahme der Leiharbeitsbranche in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz für den richtigen Schritt. Ich halte ihn im Übrigen auch für einen unverzichtbaren Schritt. Wenn Sie heute erleben, welche Seminare polnische Arbeitgeberverbände heute schon in Berlin veranstalten, um sich auf diesen Markt vorzubereiten, und über welche Löhne dort gesprochen wird, dann weiß man: Wenn wir in Deutschland noch eine Zeitarbeitsbranche haben wollen, ist die Aufnahme in das Entsendegesetz eine unabdingbare Aufgabe der Politik.

(Beifall von der CDU – Rainer Schmeltzer [SPD]: Erklären Sie das Herrn Romberg!)

Aber wir müssen ganz klar sehen: Solange wir konkurrierende Tarifverträge haben, ist das aus meiner Sicht nicht möglich, vonseiten der Politik einen Tarifvertrag herauszugreifen und ihn für allgemeinverbindlich zu erklären.

Deswegen bleibt es Aufgabe der Politik, die sich auch meinem Ministerium stellt, dass wir in den nächsten Wochen schlicht und ergreifend weiter daran arbeiten müssen, um zu einem einheitlichen Tarifvertrag in der Zeitarbeit zu kommen. Ich sehe in den letzten vier bis sechs Wochen trotz aller Probleme und Unterschiedlichkeiten, die wir sowohl auf Arbeitgeber- wie auf Gewerkschaftsseite in diesem Bereich haben, sehr viel mehr Licht im Tunnel einer solchen Tarifeinigung als noch vor Monaten. Und wenn man dann einen einheitlichen Tarifvertrag hat, muss man auch einen Weg finden, wie man diesen Tarifvertrag im Entsendegesetz absichert. – Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU – Rainer Schmeltzer [SPD]: Ihre Politik stützt sich auf Prüfen, Glauben, Hoffen!)

Vielen Dank, Herr Minister. – Meine Damen und Herren, weitere

Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Die antragstellende Fraktion der SPD hat direkte Abstimmung beantragt. Also stimmen wir über den Antrag Drucksache 14/10850 ab. Wer dem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPD-Fraktion und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Wer ist dagegen? – CDU- und FDP-Fraktion. Enthält sich jemand? – Das ist der Abgeordnete Sagel. Damit ist dieser Antrag mit der Mehrheit der Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Enthaltung von Herrn Sagel abgelehnt.

Ich rufe auf:

11 Gute Gesundheitspolitik für die Menschen in NRW

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/10852

Ich eröffne die Beratung, und Frau Gebhard von der SPD-Fraktion erhält das Wort.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Seit fünf Jahren streiten wir in diesem Parlament um eine bessere Gesundheitsversorgung in Nordrhein-Westfalen.

Wir streiten um eine bessere Ausgangslage für unsere Krankenhäuser. Nordrhein-Westfalen hat ein immenses Interesse daran, dass wir, die wir den Weg von krankenhausindividuellen Basisfallwerten hin zu Landesbasisfallwerten gegangen sind, um uns zu einem bundesweiten Basisfallwert aufzumachen, dass wir endlich zu dem Prinzip kommen, dass gleiches Geld für gleiche Leistung gezahlt wird.

Herr Minister, hier in Nordrhein-Westfalen haben Sie sich massiv dafür ausgesprochen, dass wir diesen Weg beschreiten sollen. Ja, Sie haben die damalige Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt bedrängt, dass sie dieses nicht sozusagen Knall auf Fall durchgesetzt hat. Sie in Verhandlungen mit den anderen Bundesländern letztendlich nur einen Korridor, in dem sich dieser Bundesbasisfallwert bewegen sollte, hat durchsetzen können. Heute sind die Krankenhäuser froh, dass wir zumindest diesen Korridor haben; denn Ihr Koalitionsvertrag schließt eine Weiterentwicklung in diesem Fall ausdrücklich aus. Damit ist dieser Koalitionsvertrag an dieser Stelle klar gegen nordrhein-westfälische Interessen gerichtet.

(Beifall von der SPD)

Nordrhein-Westfalen hat offenbar in Berlin keine Lobby. Die nordrhein-westfälische CDU, der CDULandesverband des bevölkerungsreichsten Bundeslandes, ist offenbar dort nicht durchsetzungsfähig.

Und was haben Sie hier in Nordrhein-Westfalen für unsere Krankenhäuser getan? Wenn ich die Entwicklung bei den Investitionsmitteln vergleiche, sind sie im Landeshaushalt 2010 auf dem gleichen Niveau wie vor fünf Jahren. Nichts ist hinzugekommen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Allerdings zulas- ten der Kommunen!)

Völlig klar, Herr Schmeltzer. Der Unterschied dabei ist, dass das Landesgeld sogar um 20 % gekürzt worden ist, und diese Differenz müssen die nordrhein-westfälischen Kommunen auffüllen, die es offenbar haben und denen man es wohl auch noch aufbürden kann. Das aber ist fatal und keine Gesundheitspolitik für eigenverantwortliche Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der SPD)

Ein zweites Feld ist das Stichwort Krankenhausplanung. Mit Beginn der Diskussion um das neue Krankenhausgestaltungsgesetz, das seit über zwei Jahren in Kraft ist, haben Sie immer wieder dafür geworben und erklärt, Bettenmessziffern seien keine Planungsgrundlage mehr.

Fakt ist jedoch, dass bis zu diesem Jahr 2010 Sie immer noch Feststellungsbescheide erteilen lassen für einzelne Krankenhäuser, nach denen sowohl Bettenreduktionen als auch Bettenzunahmen vorgenommen werden müssen, und zwar abteilungsscharf.

Warum müssen Sie solches immer noch tun? Ganz einfach: weil Sie bis heute nicht in der Lage waren, eine neue Krankenhausplanung auf der Basis dieser neuen gesetzlichen Grundlage vorzulegen. Ihr letztes Versprechen – nur noch einmal zur Erinnerung –, das Sie in dieser Angelegenheit abgegeben haben, lautete: Spätestens Ostern – nicht 2010, sondern – 2009 würde das vorliegen. Davon ist leider bis heute nichts eingelöst.

Das wäre ja alles kein Problem, wenn es nicht dringende Notwendigkeiten gäbe. Wir bräuchten dringend eine Anpassung an die aktuelle Bevölkerungsentwicklung, an den medizinisch-technischen Fortschritt. Wir bräuchten dringend eine klare Abgrenzung dazu, was die verschiedenen ambulanten, teil- und vollstationären Angebote betrifft.

Ich weise darauf hin, wir haben Gutachten, beispielsweise des RWI, bekommen, in denen es hieß, insbesondere im Ruhrgebiet müsse die Bettenanzahl abgebaut werden. – Dann gab es eine andere Studie, nämlich des IAT, die besagte: Nein, Moment, es ist nicht eine Frage der Anzahl, sondern der Qualität. Wenn wir uns die Versorgung im Ruhrgebiet anschauen, dann stellen wir fest, dass dort die Anpassung an die demografische Entwicklung zwingend notwendig ist.

Dem, meine ich, kann niemand widersprechen. Dann sind wir ganz schnell dabei, dass wir nicht

mehr über die Anzahl von Betten diskutieren müssen, sondern über die Qualität.

Die rot-grüne Regierung unter der Federführung von Birgit Fischer im Gesundheitsministerium hat es Ihnen doch vorgemacht: Schwerpunktsetzungen tun Not. Wir sind damit gut gefahren, Perinatalzentren einzuführen. Wir sind damit gut gefahren, Stroke-Units einzuführen. Wir sind damit gut gefahren, sowohl Transplantationszentren als auch Herz- und Brustzentren zu entwickeln. Alles das hat zur Sicherung von Qualität einen hohen Beitrag geleistet.

(Beifall von der SPD)

Wenn wir uns anschauen, welchen Qualitätsfortschritt es an nordrhein-westfälischen Krankenhäusern gab, der auf eine Landesinitiative zurückgeht – nicht etwa, was die Krankenhäuser aus eigener Anstrengung heraus gemacht haben, darum geht es hier nicht –, also welchen Beitrag diese Landesregierung geleistet hat, um Qualitätsfortschritt in Nordrhein-Westfalen herbeizuführen, dann kann man nur sagen: Fehlanzeige!

Genauso Fehlanzeige insbesondere für den Bereich psychiatrische Versorgung, über den wir intensiv diskutiert haben. In den letzten fünf Jahren kein Qualitätsfortschritt! Dabei liegen die Probleme auf der Hand. 10 % der Fehltage bei Beschäftigten gehen auf Erkrankung der Psyche zurück. Psychische Erkrankungen sind die häufigste Ursache – sie liegen bei 30 % –, die zur Frühverrentung führen. Alles das schreit nach Antworten sowohl im präventiven Bereich als auch im therapeutischen Bereich.

Wir haben auch über die besondere Dramatik im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie intensiv diskutiert. Ich will nicht alles das wiederholen, was wir dazu ausgeführt haben. Fakt ist, dass wir die notwendigen Schritte nicht erfahren haben, die hätten getan werden müssen. Gerade bei Kindern ist das besonders dramatisch, weil wir wissen: Wenn es dort zu Wartezeiten von drei Monaten und länger kommt, dann ist das in der Entwicklung eines Kindes eine verdammt lange Zeit. Die können wir uns nicht leisten.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Wir können ein nächstes Feld aufmachen: Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen, um Selbsthilfe zu stärken und zu stützen?

(Minister Karl-Josef Laumann: Och!)

Ja, schauen Sie sich das mal an. Da sind Strukturen kaputt gegangen,

(Minister Karl-Josef Laumann: Das ist doch nicht wahr!)

weil niederschwellige Beratung nicht mehr entsprechend gefördert wird.

Wenn wir das alles zusammenbringen, dann muss man feststellen, dass Sie Ihre Hausaufgaben im eigenen Land nicht erledigt haben. Und wenn ich mir anschaue, wie die Interessensvertretung in Berlin aussieht, insbesondere seit Regierungsübernahme durch Schwarz-Gelb, dann kann man nur die Zeugnisnote mangelhaft geben. Schlicht und einfach mangelhaft.