Wenn wir das vernünftig miteinander diskutieren, hat das Auswirkungen auf die Gemeinden im Braunkohlenbereich. Wir müssen es vernünftig diskutieren. Denn weil es der Einzelne nachher nicht tragen kann, müssen wir uns als diejenigen, die langfristige Planungen genehmigen, auch im Verbund mit den Kommunen vernünftig mit der Frage beschäftigen. Das wird eine Aufgabe sein.
Ich möchte einen zweiten Punkt ansprechen, nämlich den Erdrutsch in Nachterstedt und das, was wir jetzt erlebt haben. Gleich gibt es noch eine Sondersitzung des Ausschusses für Bergbausicherheit.
Die Beruhigungsparolen kamen sofort: Nachterstedt kann bei uns nicht passieren. Wir haben einen anderen Aufbau der Erdschichten. Im Rheinland haben wir aber ein tektonisch besonders ausgeprägtes Revier. Was in der Braunkohle in Nachterstedt passiert ist, muss gar nicht im Rheinland passieren. Aber wir können andere Probleme bekommen.
Der Erdrutsch, den wir vor wenigen Tagen in Inden verfolgen konnten, fand an der Stelle einer tektonischen Störung statt. In der Steinkohle gibt es die Pflicht des Bergwerksunternehmens, Tagesrisse zu dokumentieren, bei denen jede Störung kartografiert wird, sodass man auch im Nachhinein beim Oberbergamt sehen kann, was im Laufe der Jahrzehnte der Bergbautätigkeit passiert ist. Diese Pflicht haben wir bei der Braunkohle nicht. Wenn es im landwirt
schaftlichen Bereich zu einer Tagesstörung kommt, verfüllt das Unternehmen das normalerweise. Der Landwirt sagt Bescheid. Es kann drei- bis viermal eine Störung auftreten, und das wird ausgeglichen.
Wenn aber nach Einstellung des Bergbaus genau an diesen Störungsstellen umgekehrt Störungen wieder hochkommen – damit müssen wir rechnen –, macht das auch aufgrund des jetzigen Geschehens aus meiner Sicht deutlich, dass wir dahin kommen müssen, dass entsprechende Tagesrisse auch in der Braunkohle dokumentiert werden, damit nicht immer einzelne Ereignisse passieren und diejenigen, die an den Störungen im Nachbarbereich wohnen, das nicht kennen. Wir müssen auch in der Braunkohle darüber reden, dass das mit dem gleichen Qualitätsstandard wie in der Steinkohle vernünftig festgehalten wird. Sonst sind es wieder die Einzelnen mit ihrem Eigentum, die dafür nachher die Zeche zahlen müssen. Das kann nicht sein.
Wir müssen auch erkennen und weiter prüfen, dass die Abstände zur Tagebaukante nach den Kalamitäten, die passiert sind, so nicht bleiben können. Den Erdrutsch, den wir jetzt hatten, war der größte in den letzten 25 Jahren. Jetzt weiß ich auch, dass die Abbaukante im lebendigen Tagebau anders aussieht als nachher die Endkante.
Trotzdem müssen wir uns damit befassen, ob nicht in Abhängigkeit von der Tagebautiefe nachher Abstände größer gewählt werden müssen. Wir müssen auch davon ausgehen, dass wir mit diesen 150, 200, 250 m bei der Tiefe unserer Tagebaue wahrscheinlich nicht auskommen, sondern über Abstände von durchaus 500 m reden müssen.
Ich möchte noch einen vierten Punkt ansprechen. Wir müssen darüber reden, dass das Unternehmen auch Sicherheitsleistungen für Bergschäden zur Verfügung stellen muss, weil das, was wir in der Steinkohle erleben, dass durchaus, nachdem die Bergwerke abgeschlossen sind – das erleben wir in Wassenberg –, Jahre und Jahrzehnte später noch Schäden auftreten. Damit müssen wir in der Braunkohle in viel stärkerem Maße rechnen.
Wenn durch den Grundwasserwiederanstieg, der ja über dreißig Jahre geht, Schäden wieder auftreten, dann muss sichergestellt sein, dass diese Bergschäden auch reguliert werden können. Insofern kann man das Unternehmen nicht aus der Pflicht lassen, sondern muss vernünftigerweise darüber reden, wie wir sicherstellen können, dass nicht die einzelnen Privaten und die Kommunen betroffen sind.
Bei alledem will ich nicht zweifeln an sorgfältiger Arbeit, die diejenigen, die damit zu tun haben, leisten. Das müssen sie, aber wir müssen es auch. Wir müssen diese langen Achsen, unter denen der Bergbau da gefahren wird, auch berücksichtigen. Wir müssen
die Weichen stellen, damit nicht 2070 – das ist ein Zeitraum, der weit weg ist von dem, was wir jetzt machen – Einzelne betroffen sind, das heißt, wir müssen es sauber regeln.
Deswegen ist diese Antwort auf die Anfrage ein wertvoller Punkt im Hinblick auf die Arbeit in den letzten Jahren. Dann machen wir das in den nächsten fünf Jahren vernünftig weiter. Ich glaube, an den Punkten haben wir genug zu tun. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Da ich weiß, dass dies heute auch Ihre letzte Sitzung ist, der Sie vorsitzen, von mir und auch von meiner Fraktion herzlichen Dank für Ihre strenge, aber immer gerechte Sitzungsführung.
Lieber Kollege Priggen, meine Damen und Herren, die Große Anfrage ist beantwortet. Dafür zu Recht der Regierung herzlichen Dank. Es gibt viele Informationen in diesem Beitrag der Landesregierung, die uns schlauer machen. Kollege Priggen hat es ausgeführt. Wir sind auch in diesen Fragen des Bergbaus und seiner Auswirkungen Lernende. Jeden Tag lernen wir dazu. Wir nehmen Ereignisse wahr, von denen wir vorher angenommen haben, dass sie in dieser Form oder Massivität nicht eintreten konnten, und sie sind doch eingetreten. Insofern müssen wir manche Ereignisse und manche Aussagen mit einer gewissen Skepsis betrachten.
Nichtsdestotrotz glaube ich, dass wir uns, wenn wir in der Betrachtung und Bewertung dieses Ereignisses von Nachterstedt sind, natürlich auf die Aussagen des Geologischen Dienstes unseres Landes verlassen können. Den Hinweisen darauf, dass wir mit einer derartigen Situation hoffentlich nicht konfrontiert werden, glaube ich nach wie vor. Ich kann erkennen, dass dies auch begründbar ist.
Nichtsdestotrotz sollte auch der Appell an die bergbautreibenden Unternehmen sowohl im Steinkohle- wie auch im Braunkohlebergbau gehen, mit Ereignissen möglichst transparent und offen und vor allen Dingen schnell und offen umzugehen. Es macht keinen Sinn, erst Tage später, wenn in der Presse Ereignisse beschrieben werden, diese zu erklären, sondern es wäre viel sinnvoller und hilfreicher, gleich beim Eintritt eines Ereignisses und insbesondere, wenn man es beobachtet, auf die Möglichkeit eines Eintritts solch eines Ereignisses hinzuweisen. Dann wäre uns vielleicht vieles an Diskussionen erspart geblieben.
Nichtsdestotrotz, Kollege Priggen, die Forderung nach Erhöhung der Abstände hätte letztendlich gerade im Braunkohletagebau erhebliche Auswirkungen auch für Ortschaften. Insofern sollten wir uns genau überlegen, wie wir hier formulieren, weil wir natürlich keine unbotmäßige Unruhe in den Ortschaften bringen wollen. Wir sollten uns gleich im Fachausschuss noch einmal intensiv mit diesen Ereignissen auseinandersetzen.
Da diese Sitzung noch ansteht, möchte ich meinen Beitrag nicht verlängern, sondern denjenigen, die heute schon wissentlich aus dem Parlament ausscheiden, einen herzlichen Dank für die parlamentarische Arbeit und für die Zusammenarbeit hier mit auf den Weg geben. Alles Gute für die Zukunft. Ich hoffe, dass ich die meisten von Ihnen gesund und munter wiedersehe.
Vielen Dank, Herr Kollege Hovenjürgen. – Frau Wiegand hat für die SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es ist mir eine besondere Ehre, die letzte Plenarrede dieser Legislaturperiode für die SPD und vor allem die letzte Rede für die SPD als Oppositionspartei für lange Zeit halten zu dürfen.
Eine noch größere Ehre ist es mir aber, die letzte SPD-Rede unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten Moron halten zu dürfen.
Mit Bezug auf die Große Anfrage danke ich auch den Mitarbeitern im zuständigen Ministerium für die geleistete Fleißarbeit.
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Priggen? Ich weiß zwar nicht, was er fragen will, aber er meldet sich.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegin, ganz herzlichen Dank. – Da ich das eben vergessen habe – das tut mir sehr leid –, greife ich zu diesem Kunstgriff: Würden Sie sich darüber freuen, wenn ich auch für meine Fraktion sage: „Lieber Edgar Moron, ganz herzlichen Dank“?
Sie gehören für mich wirklich zur alten Garde der SPD, zu denen, bei denen ich immer wieder gemerkt habe, dass sie mit Leidenschaft in den Themen kämpfen. Ich habe hier ein paar Reden von Ihnen erleben dürfen, wo ich mich wirklich gefreut habe und wovon man lernen konnte. Deswegen ganz herzlichen Dank und alles Gute!
Herr Kollege, ich müsste Ihnen jetzt einen Ordnungsruf erteilen, weil das keine Frage, sondern eine Zwischenbemerkung gewesen ist.
Die Konsequenzen dieser Katastrophe von Nachterstedt beschäftigen erneut die Menschen im rheinischen Revier, seit sich vor knapp zwei Wochen der Erdrutsch im Braunkohlentagebau Inden ereignet hat. Aber ich bin sicher, dass wir dieses Thema im Anschluss an diese Debatte in der Sondersitzung des zuständigen Ausschusses mit der gebotenen Überparteilichkeit, Sorgfalt und Unaufgeregtheit sachlich und konstruktiv angehen werden.
Die Arbeit im Ausschuss für Bergbausicherheit hat sich in den letzten fünf Jahren stets durch die Attribute „sachlich“, „überparteilich“ und „konstruktiv“ ausgezeichnet, wofür ich allen Mitgliedern, dem Ausschussreferenten Herrn Schröder und besonders dem Vorsitzenden Josef Hovenjürgen danken möchte.
Nur ganz kurz: Wir sollten den Vorfall im laufenden Abbaubetrieb im Tagebau Inden nicht auf die leichte Schulter nehmen. Die Meldewege, die Informationspolitik und die Sicherungsmaßnahmen müssen nochmals überprüft werden. Aber wir sollten den Vorfall im laufenden Abbaubetrieb im Tagebau Inden nicht leichtfertig mit der Katastrophe von Nachterstedt auf eine Stufe stellen.
Es macht schon einen Unterschied, ob eine Böschung an einem Restsee Häuser unvorhersehbar mit in die Tiefe reißt oder ob eine Arbeitsböschung auf der obersten Sohle des Abbaufeldes abrutscht. Der Versuchung, hier zu skandalisieren, sollten wir gemeinsam widerstehen.
Eines sage ich Ihnen für die SPD-Fraktion zu: Wir werden die Antwort auf die Große Anfrage nicht zu den Akten legen. Wir werden die Antwort bei der Arbeit in der kommenden Legislatur wieder aufgreifen. Denn es gibt natürlich über die Inhalte der Antwort weiteren Besprechungsbedarf, auch wenn die
Vielen Dank, Frau Kollegin Wiegand. – Herr Ellerbrock, jetzt haben Sie das Wort für die FDP-Fraktion. Bitte schön.
Jetzt sage ich einmal laut, was ich normalerweise tue, wenn ich hierherkomme. Mein Präsident, ich verbeuge mich. Aber ich meine das auch inhaltlich so. Das war schon in Ordnung, wie Sie uns geleitet haben.