Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir kommen damit zur Abstimmung.
Die Fraktionen haben sich einvernehmlich darauf verständigt, den Antrag Drucksache 14/6522 an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales – federführend – und mitberatend an den Innenausschuss und den Rechtsausschuss zu überweisen. Wer mit dieser Überweisungsempfehlung einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist die Überweisungsempfehlung bei wenigen Gegenstimmen ohne Enthaltungen angenommen.
Gemäß § 94 der Geschäftsordnung soll der Petitionsausschuss mindestens jährlich dem Landtag mündlich berichten. Entsprechend der bisher geübten Praxis erteile ich der Vorsitzenden des Petitionsausschusses, der Kollegin Howe, für Ihren Halbjahresbericht das Wort. Schon im Vorfeld darf ich mich bei ihr und den Kolleginnen und Kollegen des Petitionsausschusses für die Leistung dieser wichtigen Arbeit bedanken.
Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich berichte über die Petitionsarbeit im zweiten Halbjahr 2007.
Im Herbst des vergangenen Jahres hat den Petitionsausschuss erstmals eine Massenpetition erreicht. Dabei war gut zu erkennen, dass eine solche Aktion aufgrund der modernen Kommunikationsmöglichkeiten und der bereits vorhandenen weitreichenden Vernetzung ohne größeren Aufwand zu inszenieren ist.
Beginnend im Oktober und dann verstärkt in den Monaten November, Dezember und auch noch im Januar und Februar 2008 gingen beim Petitionsausschuss Tausende weitgehend textgleicher Sammel- und Einzeleingaben aus der Beamtenschaft im Lande ein, die sich gegen die von der Landesregierung beabsichtigte Verschiebung der Besoldungsanpassung für Beamtinnen und Beamte auf den 1. Juli 2008 richteten.
Frau Kollegin, darf ich Sie kurz unterbrechen? – Ich wäre sehr dankbar, wenn etwas mehr Ruhe im Saal herrschte, damit man der Kollegin zuhören und sie auch akustisch verstehen kann. Deswegen bitte ich Sie, die Gespräche am Rande auf das notwendige Minimum zu reduzieren. – Bitte schön, Frau Kollegin.
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Am Ende waren es deutlich über 19.000 Eingaben. Circa 8.000 davon waren Sammeleingaben; den größeren Anteil hatten mit über 11.000 jedoch die Einzelpetitionen.
Es liegt auf der Hand, dass diese Eingabenflut insbesondere die Petitionsverwaltung vor erhebliche Probleme gestellt hat. Immerhin lief ja der ganz normale Petitionsbetrieb daneben weiter.
Wir haben nach einem angemessenen und verfassungsmäßigen Weg gesucht, mit dieser Eingabenflut fertig zu werden. Dabei mussten wir einerseits das Petitionsgrundrecht der Einsender beachten, andererseits musste die Funktionsfähigkeit der Parlamentsarbeit im Petitionsausschuss sichergestellt sein.
In diesem Zusammenhang stellten sich einige grundsätzliche Fragen. Nach herrschender Meinung beinhaltet das Petitionsrecht die Entgegennahme, die Prüfung des Anliegens und die Unterrichtung über das Ergebnis der Prüfung. Dabei sind die Entgegennahme und die Prüfung des Anliegens auch bei Masseneingaben relativ unproblematisch durchzuführen. Entscheidend war im vorliegenden Fall, wie die Petentinnen und Petenten über das Ergebnis der Prüfung des Petitionsausschusses unterrichtet werden.
Wir sind davon überzeugt, dass bei einem nachhaltigen Anstieg der Zahl der Masseneingaben die Funktionsfähigkeit des Parlaments in den Vordergrund treten muss. Bei dieser Abwägung haben wir eine öffentliche Bekanntgabe des Petitionsbeschlusses für angemessen gehalten.
anderem zu berücksichtigen, dass vom Petitionsausschuss nicht erwartet werden kann, dass er eine andere Entscheidung trifft als das Landtagsplenum, das im Dezember 2007 die in Rede stehende Verschiebung der Besoldungsanpassung mit Mehrheit beschlossen hat. Der Landtag muss überdies am Ende auch die Beschlüsse des Petitionsausschusses bestätigen, sodass sicherlich verständlich ist, weshalb die Entscheidung im Petitionsausschuss so und nicht anders ergangen ist.
Dieser erste Fall einer Massenpetition in Nordrhein-Westfalen gibt Anlass, über eine Ergänzung der Geschäftsordnung des Landtags nachzudenken. Ich bin sicher, dass dies angesichts der heutigen Kommunikationsmöglichkeiten nicht der letzte Fall einer Massenpetition in NordrheinWestfalen bleiben wird.
Konnte der Petitionsausschuss den Beamtinnen und Beamten im Lande in Bezug auf den Zeitpunkt der Besoldungserhöhung nicht helfen, so hat er sich beim Problem der Beihilfebearbeitung jedoch eindeutig hinter die Anliegen gestellt.
Schon im gesamten Jahr 2007 fiel durch zahlreiche Eingaben auf, dass die Bearbeitungszeiten der Beihilfeanträge beim Landesamt für Besoldung und Versorgung viel zu lang waren. Zeiträume von acht Wochen und länger waren keine Ausnahme. Betroffen waren zunächst nur die Versorgungsempfänger. Im Laufe des Jahres 2007 wurden aber auch die aktiven Beamten der Landesregierung vom LBV beihilfemäßig betreut. Daneben wurden verwaltungsintensive Änderungen im Beihilferecht eingeführt.
Nun eskalierte das Problem erst richtig. Die Bearbeitungszeiten stiegen weiter an. Seit dem Sommer 2007 haben wir im Petitionsausschuss drei Erörterungstermine mit dem Finanzministerium und dem LBV durchgeführt. Trotz wiederholter Ankündigung, dass sich die Lage bessern werde, ist das Gegenteil eingetreten. Zuletzt war mitgeteilt worden, dass das LBV mit inzwischen eingearbeitetem zusätzlichem Personal und auch aufgrund einiger Sonderaktionen bis Ende März 2008 den Rückstau auf ein überschaubares Maß habe reduzieren können. Ab April 2008 werde dann eine „normale“ Bearbeitungszeit von bis zu vier Wochen einschließlich des Zahlungsweges erreicht sein.
Für den Petitionsausschuss, aber auch den ebenfalls involvierten Unterausschuss Personal des Haushalts- und Finanzausschusses war dieses Ziel unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht nicht akzeptabel. Wir haben eine Bearbeitungszeit
einschließlich Zahlungsweg von ca. zwei Wochen gefordert. Dies ist keineswegs unrealistisch, wie die Beispiele aus dem kommunalen Bereich, etwa aus der Stadt Köln, zeigen.
Wir gehen davon aus, dass das Finanzministerium dieses Anliegen aus dem Landtag wirklich ernst nimmt und uns in Kürze einen ersten Zwischenbericht vorlegt. Der Petitionsausschuss wird ebenso wie der Unterausschuss Personal in dieser Sache am Ball bleiben.
Meine Damen und Herren, damit kein falscher Eindruck aufkommt: Der weitaus größte Teil der Petitionsarbeit hat sich nicht den Problemen des öffentlichen Dienstes gewidmet, sondern Bürgerinnen und Bürger standen mit ihren Sorgen und Nöten im Mittelpunkt. Im zweiten Halbjahr 2007 haben den Petitionsausschuss insgesamt 5.777 Eingaben erreicht. Bereinigt um die Zahl der Massenpetition waren es immer noch 2.105 Eingänge. Das sind 12,5 % mehr als im ersten Halbjahr. Erledigt hat der Ausschuss in diesem Zeitraum 1.613 Petitionen.
Die Schwerpunkte der Petitionsarbeit lagen auf den Gebieten des öffentlichen Dienstrechts, der sozialen Sicherung sowie der Rechtspflege und Betreuung. Weitere Zahlen sind der Statistikseite des schriftlich vorliegenden Berichts zu entnehmen, der im Übrigen auch auf unseren Internetseiten bereitgestellt wird.
Im September 2007 haben wir im Kreis Olpe eine auswärtige Bürgersprechstunde durchgeführt. Im November 2007 war der Kreis Coesfeld unser Partner. Beide Veranstaltungen hatten regen Zuspruch. Die Medien haben in diesem Zusammenhang über die Petitionsarbeit gut und umfassend berichtet.
Im September 2007 fand überdies eine Telefonaktion mit der „Recklinghäuser Zeitung“ statt. Solche Aktionen gehören ebenfalls zu unserer Öffentlichkeitsarbeit und dienen dazu, das Petitionsrecht populär zu machen bzw. zu halten. Ich denke, dass der Petitionsausschuss zusammen mit dem Team der Petitionsverwaltung mit diesen Aktivitäten nachhaltig dazu beiträgt, Parlamentsarbeit wirklich sinnstiftend den Menschen nahezubringen.
An dieser Stelle möchte ich vor allen Dingen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Petitionsreferats danken, die den 21 Abgeordneten des Ausschusses sehr gut zuarbeiten. Ohne diese Zuarbeit wäre uns eine derartig gute Petitionsarbeit nicht möglich. Herzlichen Dank!
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ein erfreuliches Ergebnis haben wir für Familien mit behinderten Kindern erzielen können. Seit Jahren schon bestehen Probleme bei der Verordnung von Krankengymnastik, Ergo- und Sprachtherapie für diese Kinder. Die Krankenkassen waren der Auffassung, die Förderung der behinderten Kinder müsse in und durch die Betreuungseinrichtungen erfolgen. Diese wiederum sind personell überhaupt nicht ausgestattet, um Abhilfe zu schaffen, und sind im Übrigen der Auffassung, dass die Therapie im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung erforderlich sei und somit die Krankenkassen auch die richtigen Kostenträger seien. Die Ärzte lehnten Verordnungen für die Kinder aus Budgetgründen ab. Bei entsprechenden Nachfragen aus der Elternschaft wurde zudem die medizinische Notwendigkeit angezweifelt. Seit Jahren drehten sich Kinder und Eltern im Kreis verschiedener Kostenträger bzw. Interessenvertreter. Dabei fiel auf, dass die Probleme vorwiegend im westfälischen Landesteil bestehen und nicht im Rheinland.
Wir im Petitionsausschuss haben die Angelegenheit jetzt grundsätzlich aufgegriffen und zu einem umfangreichen Erörterungstermin nach Artikel 41 a der Landesverfassung eingeladen. Beteiligt waren die Elterninitiativen, das Gesundheitsministerium, die Kassenärztliche Vereinigung, die Krankenkassen, die Landschaftsverbände sowie einige Therapeuten.
Die Eltern werteten das Gespräch als wichtiges Signal dafür, dass der Petitionsausschuss ihr Anliegen ernst nimmt. Eine Sprecherin der Elterninitiative aus Paderborn beschrieb die Situation der Eltern und ihrer Kinder bis dahin als ein Rennen gegen eine Gummiwand.
Bislang war der Streit um die Abgrenzungsfragen immer zulasten der behinderten Kinder ausgegangen, die zum Teil monatelang ohne jede Therapie waren. Im Petitionsausschuss war man sich fraktionsübergreifend schnell einig, dass hier eine rasche Änderung notwendig ist.
Im Erörterungstermin wurde deutlich, dass alle Beteiligten das gemeinsame Ziel sahen, den betroffenen Kindern möglichst unkompliziert die erforderlichen Leistungen zukommen zu lassen, um die ohnehin schwierige Lebenssituation in den Familien zu verbessern.
Mittlerweile wurde ein positives Zwischenergebnis erzielt. Es kam immerhin zum Abschluss einer Vereinbarung zur Verbesserung der Heilmittelversorgung von behinderten Kindern. Danach ist es
nun möglich, dass die Krankenkassen in begründeten Fällen Kosten für Therapien in den Betreuungseinrichtungen übernehmen.
Wichtig ist nunmehr, dass diese Vereinbarung mit Leben erfüllt wird. Die Landschaftsverbände müssen für eine bedarfsgerechte Personal- und Sachausstattung ihrer Kinderbetreuungseinrichtungen sorgen. Die Kassenärztliche Vereinigung muss die behandelnden Ärzte darüber informieren, dass Verordnungen bei medizinischer Notwendigkeit – unabhängig von Wirtschaftlichkeitserwägungen – auch ausgestellt werden.
Wir sind gespannt, was eine Evaluierung im Herbst dieses Jahres ergeben wird. Der Petitionsausschuss jedenfalls wird auch diese Angelegenheit weiter kritisch begleiten.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, von einem ganz anderen Problemkreis möchte ich jetzt berichten. Ein Bürger wandte sich an den Petitionsausschuss, da er sich von den städtischen und staatlichen Institutionen allein gelassen fühlte. Mit seiner Eingabe schilderte er einen wahren Leidensweg. Vor vielen Jahren hatte die Familie Kontakte zu einem leicht geistig behinderten jungen Mann aus der weiteren Nachbarschaft aufgebaut. Aus nichtigem Anlass ergaben sich Unstimmigkeiten.
Nun begannen sich die Dinge in fataler Weise für die Familie zu entwickeln. Der junge Mann begann, die Familie zunächst mit harmlosen Mitteln zu drangsalieren. Zuerst waren es nur lästige Telefonanrufe und Ähnliches. Bald schon aber steigerte sich dies zu Anrufen mit bedrohlichem Inhalt. Es folgten Schreiben, in denen der gesamten Familie Unheil angedroht wurde. Der Vorgarten wurde mit Papier und sonstigem Müll verunstaltet. Ein trauriger Höhepunkt war das Verschmieren des Briefkastens mit Fäkalien. Zudem verbreitete er in der Nachbarschaft unwahre Behauptungen mit zutiefst beleidigendem Inhalt über den Petenten. Die Nerven der Familie waren bis aufs Äußerste strapaziert.
Die Familie versuchte, sich mit den herkömmlichen Mitteln zur Wehr zu setzen. Sie unterrichtete das Ordnungsamt, die Polizei und die sonstigen Dienststellen der Stadt. Strafanzeigen wurden erstattet und auch ein Rechtsanwalt eingeschaltet. Am Verhalten des Störers änderte sich aber nichts. Über Monate, ja Jahre trieb er sein Unwesen in der beschriebenen Form weiter. Gerichtliche Verfahren endeten in der Regel damit, dass er für nicht schuldfähig erachtet wurde. Für die Familie war dies eine verzweifelte, ausweglose
Die Behördenseite zeigte sich rat- und einfallslos. Entsprechend fielen auch die Berichte an den Petitionsausschuss aus. Diesen konnte man als Fazit entnehmen, dass sich die Familie aus Sicht der Behörden einfach in ihr Schicksal fügen sollte. Das war dem Berichterstatter im Petitionsausschuss allerdings zu dürftig. Er führte mehrere Erörterungstermine mit den städtischen Dienststellen, der Polizei und auch dem Justizministerium durch. Nun kam Bewegung in die Angelegenheit.
In der Folgezeit verurteilte zum ersten Mal ein Strafgericht den Störer zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung und hielt den Täter auch für schuldfähig. Diese Entscheidung wurde dann auch in der zweiten Instanz bestätigt. Zum ersten Mal zeigte sich im Verhalten des Täters eine Änderung. Er ließ in der Folgezeit von der Familie ab, drohte aber verbal andere Taten an. Dabei brachte er auch – möglicherweise angeregt durch aktuelle Ereignisse – einen Übergriff auf eine naheliegende Schule ins Gespräch.
Endlich handelte die Ordnungsbehörde umgehend und wies den Störer in eine geschlossene Einrichtung der Psychiatrie ein. Ob damit und mit der sich anschließenden Strafhaft das Problem dauerhaft gelöst ist, erscheint fraglich.
Der Fall macht in seltener Eindringlichkeit deutlich, dass von kommunalen und staatlichen Stellen manchmal mehr zu fordern ist als routinemäßiger Umgang mit Problemsituationen. Im vorliegenden Fall wäre aus Sicht des Petitionsausschusses durchaus vorstellbar gewesen, den Störer bzw. Täter rechtzeitig in eine intensive soziale Betreuung zu nehmen. Schließlich ist dieser Mann leicht geistig behindert und bedarf selbst der Hilfe.
Hier scheinen die Möglichkeiten nicht ausgeschöpft worden zu sein. Es ist gut möglich, dass das Verhalten des Täters gar nicht eskaliert wäre, hätte er einen einigermaßen geregelten Tagesablauf abzuleisten gehabt. Eine betreuende Person oder Einrichtung hätte möglicherweise diese Stabilität geben können. Leider ist dies nicht geschehen. Der junge Mann war gleichsam sich selbst überlassen. Mithilfe von Sozialleistungen lebte er ein inhaltsloses Leben vor sich hin und hatte am Ende keine anderen Gedanken, als die Familie des Petenten in übelster Weise zu schikanieren. Diese Entwicklung war so nicht zwingend und hätte möglicherweise durch präventive Sozialarbeit umgesteuert werden können.