Protokoll der Sitzung vom 10.11.2016

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin Schulze. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellenden Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben direkte Abstimmung beantragt. Damit kommen wir zur Abstimmung über den Inhalt des Antrags Drucksache 16/13316. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Wer stimmt dagegen? – CDU und FDP. Stimmenthaltungen? – Wie angekündigt, enthält sich die Piratenfraktion. Damit ist der Antrag Drucksache 16/13316 mit dem gerade festgestellten Abstimmungsergebnis angenommen.

Ich rufe auf:

12 Informationsfreiheit schützen – Transparenz

und einfachen Zugang zu staatlichen Informationen sicherstellen

Antrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/11219

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses Drucksache 16/13333

Änderungsantrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/13435

Ich weise darauf hin, dass der Antrag der Piratenfraktion gemäß § 82 Abs. 2 Buchstabe b unserer Geschäftsordnung vom Plenum an den Innenausschuss mit der Maßgabe überwiesen wurde, dass eine Aussprache und Abstimmung erst nach Vorlage einer Beschlussempfehlung erfolgt. Da die Beschlussempfehlung mittlerweile vorliegt, können wir jetzt in die abschließende Debatte einsteigen.

Nach dieser Vorbemerkung eröffne ich die Aussprache. Für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege van den Berg das Wort.

Liebe Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Beratungsabfolge dieses Antrags ist geschildert worden. Wir haben uns im Innenausschuss intensiv mit dem Anliegen der Piratenfraktion befasst. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, Herr Kollege Herrmann, haben wir uns in drei Sitzungen dem Thema angenähert und insbesondere auch ein Gespräch mit der Landesdatenschutzbeauftragten, Frau Block, und dem Vertreter von FragDenStaat, Herrn Semsrott, der uns dort Rede und Antwort stand, geführt. Man kann sagen: Dieser Antrag ist mit besonderer Gründlichkeit abgearbeitet worden.

Die Sorge der Piratenfraktion war, dass das Recht, über das Informationsfreiheitsgesetz, das ein wirkliches Pfund in der demokratischen Kultur unseres Landes darstellt, weil es jedem Bürger und jeder Bürgerin die Möglichkeit eröffnet, an öffentlichen Stellen Informationen zu erlangen, über den Weg des Internetportals FragDenStaat nicht in ausreichender Form gewährleistet wäre.

Wir haben herausgearbeitet, dass dem nicht so ist, sondern dass dieses Informationsportal genutzt werden kann. Gleichzeitig haben wir festgestellt, dass es bei den Fragen, für die es offen war, auch nützlich war.

Deswegen geht an Sie, Herr Herrmann, ein Dankeschön dafür, dass es einmal einen direkten Austausch zwischen der Landesdatenschutzbeauftragten, mittelbar auch dem Innenministerium und den Vertretern von FragDenStaat gegeben hat, um Probleme anzusprechen, die es in der Tat gab.

Die erste, ganz wichtige Frage war folgende: Das Informationsfreiheitsgesetz fußt darauf, dass die Antragsteller in solchen Verfahren natürliche Personen sein sollen. Das muss auch sichergestellt sein. FragDenStaat hat uns das versichert und zugesagt, dass dies auch durch ein E-Mail-Nachfasssystem – so habe ich das verstanden – gewährleistet sein soll, damit dieses Recht der Bürger, das wir verankert haben, auch nicht missbraucht und nachher von anderen Gruppen, Firmen und Institutionen zweckentfremdet wird.

Der zweite Punkt, der mir in der Debatte auch wichtig war, war folgender: Transparenz ist immer gut. Aber man muss auch immer die Abwägung zwischen Transparenz und Datenschutz treffen. In diesem Fall haben wir bei FragDenStaat festgestellt, dass man auch einmal gucken muss: Wie sieht es eigentlich im Hinblick auf die Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung mit dem Datenschutz aus?

Es kann eigentlich nicht sein, dass Dokumente im Internet immer für Anfragen verfügbar gehalten werden und infolgedessen der Oberamtsrat – ich habe das im Ausschuss auch so ausgedrückt – mit voller Amtsbezeichnung und vollem Namen in der Kritik steht und das für Ewigkeiten so festgehalten wird. Vielmehr muss an dieser Stelle auch ein vernünftiger Ausgleich stattfinden. Die Daten von Beschäftigen und die informationelle Selbstbestimmung, die wir zu beachten haben, müssen gewürdigt werden.

Das ist uns zugesagt worden. In dem Gespräch hat man Wege gefunden, wie das künftig gelöst werden soll. Insofern waren es erfolgreiche Gespräche, für die Dank auszusprechen ist.

Ich will aber auch betonen, dass wir es nach wie vor nicht für zwingend notwendig halten, Institutionen in diesem Verfahren zwischenzuschalten. Denn das Informationsfreiheitsgesetz – und damit auch alles, was wir in Bezug auf Open Government diskutieren, Herr Herrmann – zielt darauf ab, dass der Bürger die Möglichkeit hat, direkt auf seine staatlichen Stellen und Institutionen zuzugehen. Gerade das wollen wir ja auch, um Vertrauen zu stärken und die Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft und staatlichen Institutionen zu unterstützen. Daher bedeutet das Dazwischenschalten von Institutionen nicht immer eine Erleichterung im Prozess. Wir sollten die Bürger ermutigen, direkt auf staatliche Stellen zuzugehen.

Meine Damen und Herren, insoweit haben wir das eigentliche Anliegen gut abgearbeitet. Sie haben jetzt einen Änderungsantrag vorgelegt, in dem Sie allgemein dazu auffordern, dass alle sich mehr mit den Dingen beschäftigen. Ich verweise Sie auf die hinlänglich bekannten Prozesse, die wir im Rahmen der Open-Government-Strategie des Landes vereinbart haben. Dabei hat es einen ganz engen Austausch mit den Kommunen gegeben. Uns wurde auch sehr oft positiv rückgemeldet, dass das der richtige Weg ist, die Dinge einzustielen und miteinander zu arbeiten.

An dieser Stelle bedarf es eines ganz weichen Antrags wirklich nicht mehr, Herr Herrmann. Sie sollten trotzdem stolz sein; denn Sie haben mit Ihrem Antrag, glaube ich, etwas Positives bewirkt, auch wenn wir den Änderungsantrag und den Antrag jetzt ablehnen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Glück auf!

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr van den Berg. – Für die CDU-Fraktion spricht Frau Kollegin Korte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag der Piratenfraktion – das hat bereits mein Vorredner detailliert erläutert – dreht sich im Wesentlichen um die Frage, ob Auskunftsersuche nach dem Informationsfreiheitsgesetz unter Einschaltung der Internetplattform FragDenStaat zulässig sind oder nicht. Die Landesregierung hat dazu im 22. Datenschutz- und Informationsfreiheitsbericht die Auffassung vertreten, dass die Einschaltung von FragDenStaat für Auskunftsersuchende nach dem IFG NRW im geltenden Recht keine Grundlage findet.

Sie haben eben dargestellt, Herr van den Berg, dass man sich dann noch einmal intensiver mit dem Thema auseinandergesetzt hat. Dennoch teilen wir diese Auffassung des Berichts ausdrücklich nicht; denn zum einen enthält das IFG keine Vorschriften, mit der die Einschaltung einer solchen Plattform ausgeschlossen wird. Es steht dem nichts entgegen, das zu tun. Zum anderen ist die Ratio legis des IFG NRW nun einmal größtmögliche Transparenz. Deshalb dürfte es auch grundsätzlich unproblematisch sein, dass FragDenStaat Informationsanfragen und Veröffentlichungen veröffentlicht.

Herr van den Berg, Sie haben auf die Datenschutzproblematik in Bezug auf die Mitarbeiter hingewiesen. Das ist absolut richtig. Wir als CDU-Fraktion haben aber noch einen anderen, etwas kritischen Punkt anzumerken; denn die Internetplattform fragdenstaat.de kann auch anonyme oder pseudonyme Anträge zulassen. Diese Antragstellungen sind im Einzelfall sachgerecht, um einen Antragsteller vor negativen Folgen zu schützen. Das sehen wir absolut auch so.

Problematisch werden diese anonymen Antragsstellungen aber immer dann, wenn die Gewährung eines Informationszugangs nach dem IFG einen Gebührentatbestand auslöst. Ein Gebührenbescheid kann nämlich erst wirksam werden, wenn er die Person, für die er bestimmt ist, erreicht. In diesem Fall ist es für die Aufgabenerfüllung der öffentlichen Stelle also zwingend erforderlich, dass der Informationssuchende seinen Namen und seine Adresse preisgibt. Daher kann die CDU-Fraktion nicht die uneingeschränkte Euphorie der Piratenfraktion in Bezug auf Antragstellungen über diese Internetplattform teilen.

Dennoch ist es sicherlich sinnvoll, sich mit dem Thema auseinandergesetzt zu haben. Aber – auch da schließe ich mich dem Kollegen van den Berg an – auch Ihr Änderungsantrag macht die Sache nicht besser. Deshalb werden wir den Antrag und den Änderungsantrag ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Korte. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Bolte.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Euphorie für FragDenStaat teilen wir als Grüne durchaus. Aber ansonsten kann ich mich den Bemerkungen sowohl meiner Vorrednerin als auch meines Vorvorredners in weiten Teilen anschließen. Wie man aus dem Beratungsprozess in diesem Hause mitnehmen kann, sind wir uns fraktionsübergreifend einig, dass das Projekt FragDenStaat ein gutes Projekt ist und weder hier im Haus noch durch die Landesregierung infrage gestellt wird. Es ist eine sinnvolle Ergänzung zu dem Informationsangebot, das es an anderer Stelle im Rahmen der Informationsfreiheit gibt. Das ist völlig klar und wird von niemandem bestritten.

Es gibt insbesondere auf den Seiten der LDI ein breites Informationsangebot – das ist ja auch Gegenstand des Änderungsantrags – über das Recht der Informationsfreiheit. Es gibt auch zivilgesellschaftliche Initiativen wie eben FragDenStaat, die ebenfalls über dieses Recht informieren. FragDenStaat unterstützt das sehr aktiv. Dieses Engagement finden wir sehr gut und begrüßen es. Ich fand das Gespräch, das wir mit dem Vertreter von FragDenStaat und der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit im Ausschuss führen konnten, sehr interessant.

Gerade hat Frau Korte eine richtige rechtliche Einordnung vorgenommen: Die Einlassungen der Landesregierung zum Datenschutz- und Informationsfreiheitsbericht 2015 stehen in keiner Weise gegen das Projekt FragDenStaat. Auch das Informationsfreiheitsgesetz schließt an keiner Stelle aus, dass es Anfragen über FragDenStaat geben kann. Insofern ist die rechtliche Einordnung an dieser Stelle klar.

Es ist ein Erfolg unserer Beratungen, dass der Beschäftigtendatenschutz für Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung an dieser Stelle noch einmal klarer geregelt wird. Das begrüße ich sehr. Das Ganze war bei FragDenStaat aber auch vorher schon ein Thema. Diese Fragestellung ist nicht vom Himmel gefallen ist, sondern – das hat der Vertreter von FragDenStaat im Ausschuss sehr gut dargelegt – das spielt schon seit geraumer Zeit bei diesem Projekt eine Rolle und ist ein wichtiger Faktor, mit dem private Daten geschützt und öffentliche Daten genutzt werden können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sagte es vorhin schon einmal: Es gibt vielfältige Möglichkeiten, sich über das Recht auf Informationsfreiheit zu informieren. Das unterstützen wir von der Landesebene an den Stellen, wo es sinnvoll ist. Das IFG ist für die Bürgerinnen und Bürger im Vergleich eines der am

ehesten lesbaren und am bürgerfreundlichsten ausgestalteten Gesetze aus dem Bestand des Landesrechts. Daraus können Betroffene ihre Rechte sehr gut ableiten. Das finde ich an dieser Stelle auch eine Bemerkung wert.

Nichtsdestotrotz gibt es ein ganzes Portfolio von Gründen, die nicht unbedingt dafür sprechen, dass es diesen Antrag, wie er heute vorliegt, noch braucht. Retrospektiv kann man aber durchaus sagen: Wir hatten dazu einen sehr guten, sehr interessanten und an manchen Stellen mit Sicherheit auch Neues bringenden Beratungsprozess. Das würde ich ohne Weiteres zugestehen. Mit dieser zustimmenden Botschaft an das Projekt FragDenStaat und dieser Begründung können wir den Antrag ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Bolte. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Wedel.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! So lange das bestehende Informationsfreiheitsgesetz geltendes Recht in unserem Land ist, müssen bei einer förmlichen Antragstellung nach § 5 die Bestimmungen der §§ 9 ff. Verwaltungsverfahrensgesetz eingehalten werden, soweit das IFG keine spezielleren Regelungen trifft.

Dies bedeutet, dass auch bei fernmündlichen oder elektronischen Anträgen eine Identifizierung der antragstellenden Person zumindest theoretisch möglich sein muss. Dabei kann auf die Überprüfung der Angaben zur antragstellenden Person im Einzelfall gegebenenfalls verzichtet werden, wenn es beispielsweise um solche Anträge geht, die keinen besonderen Aufwand und keinen Gebührenbescheid nach sich ziehen.

Das Portal FragDenStaat möchte einen niederschwelligen Zugang zu Informationen der Politik und Verwaltung schaffen. Tatsächlich lotst das System interessierte Bürgerinnen und Bürger problemlos durch den Anfrage- und Antragsprozess und schlägt sogar vor, welche staatliche Stelle ein entsprechendes Ersuchen wahrscheinlich bearbeiten wird.

Eine solche Unterstützung von Bürgerinnen und Bürgern begrüßt meine Fraktion durchaus, vereinfacht sie doch den Zugang zu öffentlichen Informationen erheblich. Doch in gleichem Maße werden mit der möglichen Wahl eines Pseudonyms die Voraussetzungen nach dem IFG vielleicht gerade nicht erfüllt. Im Zuge der Weiterentwicklung des IFG zu einem echten Transparenzgesetz bedarf dies der Klärung.

Nachdem wir im letzten halben Jahr der rot-grünen Regierungszeit angekommen sind, sollten sich SPD

und Grüne fragen lassen, weshalb in viereinhalb Jahren dieser Teil des Koalitionsvertrags unerfüllt blieb. Öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen sollen jedenfalls kaschieren, dass hier Stillstand herrscht. Das politische Erbe von Rot-Grün wird sich wohl auf Open.NRW beschränken. Doch lebt gerade diese Plattform davon, dass sie von den Kommunen und vom Bund bestückt wird – noch nicht einmal die Hälfte der Datensätze stellt die Landesverwaltung bereit.

Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hat der Landesregierung in seinem Jahresbericht 2015 ein geradezu vernichtendes Zeugnis ausgestellt. Da heißt es – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –:

„Die OpenData-Initiative, die vor einigen Jahren mit einem Sturmesbrausen begann, droht inzwischen, sich in einem lauen Lüftchen zu verlieren.“

Die Open.NRW-Strategie müsse erst noch beweisen, dass der immense Aufwand ihrer Entwicklung durch eine zeitnahe und gelungene Umsetzung der Ideen in der Praxis gerechtfertigt sei. Er kritisiert indirekt, wann, wenn nicht jetzt, die erforderlichen Veröffentlichungspflichten geschaffen werden sollen.

Auch die Ausschussberatungen zu diesem Antrag haben Handlungsbedarf aufgezeigt; denn es mangelt nicht nur am gesetzgeberischen Willen von RotGrün, sondern, wie die neue LDI klarmachte, oft an Unkenntnis und Mentalität in der öffentlichen Verwaltung. Sie regte an, bei entsprechenden Fortbildungen das Thema „Zugang zu Daten bei öffentlichen Stellen“ insgesamt in den Fokus zu nehmen. Dies sei jedoch globaler zu fassen und nicht auf ein einzelnes Portal zu kaprizieren. – Das hält auch meine Fraktion für einen guten und gangbaren Ansatz.

Bisherige Bedenken hinsichtlich der Veröffentlichung von auf Antrag herausgegebenen Informationen konnten insoweit relativiert werden, dass personenbezogene Daten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschwärzt werden. Dabei sei allerdings auf die Urteile von Oberverwaltungsgericht und Bundesverwaltungsgericht verwiesen, die bei Daten von Job-Centern sehr enge Maßstäbe anlegen.