Bisherige Bedenken hinsichtlich der Veröffentlichung von auf Antrag herausgegebenen Informationen konnten insoweit relativiert werden, dass personenbezogene Daten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschwärzt werden. Dabei sei allerdings auf die Urteile von Oberverwaltungsgericht und Bundesverwaltungsgericht verwiesen, die bei Daten von Job-Centern sehr enge Maßstäbe anlegen.
Kurzum: FragDenStaat ist eines von zahlreichen Instrumenten, mit denen Bürger Informationen beantragen können. Allerdings müssen Entwicklungen wie „Verklag Den Staat“ von einem gewählten Parlament mit einer gewissen Sorge betrachtet und muss die Frage gestellt werden, ob damit nicht über das Ziel hinausgeschossen wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie sich am Beispiel von FragDenStaat zeigt, wäre der eigentlich notwendige Schritt, dass SPD und Grüne endlich das in ihrem Koalitionsvertrag angekündigte Transparenzgesetz vorlegen. Alles andere ist Augenwischerei und trägt nicht zum eigentlichen Zweck von Open
Government bei, nämlich Transparenz zu schaffen und das Vertrauen der Bürger in Politik und Verwaltung zu stärken. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier im Saal und zu Hause! Die Freiheit des Zugangs zu Informationen ist in Nordrhein-Westfalen seit über 14 Jahren gesetzlich garantiert. Das Informationsfreiheitsgesetz NRW gewährt jeder natürlichen Person das Recht auf Informationszugang.
Das Informationsfreiheitsgesetz ist am 15. November 2001 hier im Haus verabschiedet worden. Das ist fast auf den Tag genau 15 Jahre her. Das bedeutete damals einen großen Schritt vorwärts, und zwar nicht nur, weil es einstimmig verabschiedet wurde – sehr bemerkenswert. Denn mit diesem Gesetz wurden die Öffnung und der Kulturwandel hin zur Transparenz in der Verwaltung eingeleitet, auch wenn das ein langer und längst noch nicht abgeschlossener Prozess ist.
Obwohl das Gesetz damals einstimmig verabschiedet wurde und obwohl im aktuellen Koalitionsvertrag ein über das IFG weit hinausgehendes Transparenzgesetz vereinbart wurde, hat die rot-grüne Landesregierung der Informationsfreiheit geschadet, und zwar mit ihrer Stellungnahme – Vorlage 16/3580 – zum 22. Datenschutz- und Informationsfreiheitsbericht der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit. Das war im Dezember letzten Jahres.
Was war passiert? – Die Onlineplattform FragDenStaat.de – der eine oder andere wird sie kennen; sie wurde schon mehrfach erwähnt – bietet Menschen die Möglichkeit, Informationsfreiheitsanträge über ein Formular per E-Mail zu stellen – technisch eigentlich genau so, als würde man über einen E-Mail-Anbieter eine E-Mail verschicken.
Jetzt stellt sich die Landesregierung hin und behauptet in ihrer Stellungnahme, dass eine Bevollmächtigung zur Vertretung dabei nicht nachgewiesen werden könne, im Ergebnis also, dass Anfragen von Bürgern, die diese Plattform nutzen, von Behörden nicht beantwortet werden müssen.
So haben diese Stellungnahme einige Behörden Anfang dieses Jahres interpretiert. Bevollmächtigen Sie etwa den Postboten, in Ihrem Namen Verwaltungsvorgänge zu erledigen, wenn Sie einen Brief verschicken? Ich denke, nein.
Stellen und in den Kommunen. Auch wenn die aufgeworfene Fragestellung noch so absurd klingen mag: In diesem Land wurden Informationsfreiheitsanträge mit Verweis auf Ihre Stellungnahme abgelehnt, Herr Minister Jäger. Beamte lesen diese Stellungnahme und glauben, diese sei richtig.
Wir haben daraufhin – der Kollege van den Berg hat schon darauf hingewiesen – die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Frau Block, und einen Vertreter der Plattform FragDenStaat.de in den Innenausschuss eingeladen und in der Sitzung dort gemeinsam festgestellt, dass eine IFG-Anfrage über die Plattform FragDenStaat.de natürlich eine Anfrage ist, die von den angefragten Behörden auch beantwortet werden muss. In der Sitzung wurde auch die Arbeitsweise von FragDenStaat.de erläutert. Das ist eben nicht eine Firma oder ein Verein, der beauftragt wird, sondern nur eine Eingabemaske, die dem Bürger hilft, seine Anfrage zu stellen.
Vielleicht ist die damalige Stellungnahme ein Missverständnis in Unkenntnis über die Arbeitsweise von FragDenStaat.de. Eine Klarstellung der Landesregierung dazu fehlt jedoch bis heute. Aber vielleicht holt der Minister das ja gleich nach.
Die Freiheit des Zugangs zu Informationen ist ein hohes Gut. Solange wir hier immer noch auf das angekündigte Transparenzgesetz der Landesregierung warten müssen, sollten die Instrumente, die da sind, genutzt werden. Dazu hat die Landesbeauftragte Frau Block im Ausschuss eine Informations- und Sensibilisierungskampagne zum IFG nicht nur für öffentliche Stellen, sondern auch für die Öffentlichkeit selbst angeregt.
Wir haben das gerne aufgegriffen und es gleich in den vorliegenden Änderungsantrag eingebaut, unseren Antrag insofern erweitert. Die Verwaltung und die Öffentlichkeit müssen darauf hingewiesen werden, dass IFG-Anträge nach wie vor per E-Mail gestellt werden können – auch per Telefon und auch formfrei.
Eine Identifizierung des Fragestellers oder eine Postanschrift sind nicht nötig. Solange die Anfrage nicht abgelehnt werden muss oder nur gebührenpflichtig ergehen kann – das heißt, solange kein Bescheid ergehen muss –, braucht es einer Identifizierung nicht. So sollte es sein. Alles andere wäre ein herber Rückschlag für das Informationsfreiheitsrecht in Nordrhein-Westfalen.
In diesem Sinne möchte ich Sie bitten, unserem Antrag zuzustimmen. Ich habe zwar schon vier wohlwollende Ablehnungen gehört. Trotzdem werbe ich für die Zustimmung. Ich denke, es ist richtig und sinnvoll. Die Informationsfreiheit sollte nicht zu Schaden kommen, weil man sich im Ministerium auf nicht vorhandene Formvorschriften beruft. Eine Informationskampagne zu diesem Thema ist immer richtig und wichtig. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Landesregierung legt größtmöglichen Wert auf Transparenz, gerade was Daten staatlicher Stellen angeht. Dabei bewegen wir uns immer in einem natürlichen Spannungsverhältnis zwischen Transparenz auf der einen Seite und Schutz von personenbezogenen Daten auf der anderen Seite. Das wird immer ein Spannungsfeld bleiben.
Wenn Namen von Beschäftigten öffentlicher Stellen in Nordrhein-Westfalen verknüpft werden mit Antworten zu bestimmten Themen und dies für ewig und immer suchfähig hinterlegt wird, haben wir eine Grenze überschritten, was den Schutz personenbezogener Daten angeht. Das ist ein Problem.
Die im Antrag genannte Seite im Internet FragDenStaat.de hat zwischenzeitlich das Verfahren in Teilen geändert. Vorausgegangen war ein Gespräch – dafür danke ich ganz herzlich der Landesdatenschutzbeauftragten Frau Block –, in dem alle beteiligten Stellen, auch die meines Hauses an einen Tisch geholt wurden.
Meine Damen und Herren, die übrigen Bedenken gegen diesen Antrag haben meine Vorredner schon dargestellt. Die brauche ich nicht zu wiederholen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister Jäger. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit schließe ich die Aussprache zu Tagesordnungspunkt 12.
Wir kommen zur Abstimmung, erstens über den Änderungsantrag der Fraktion der Piraten Drucksache 16/13435. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen möchte, bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Piratenfraktion. – Wer stimmt dagegen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU. – Wer enthält sich? – Die FDP und der fraktionslose Abgeordnete Schulz. Mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis ist der Änderungsantrag der Fraktion der Piraten Drucksache 16/13435 abgelehnt.
Wir kommen zweitens zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der Piraten Drucksache 16/11219. Der Innenausschuss empfiehlt in der Drucksache 16/13333, den Antrag der Fraktion der Piraten abzulehnen. Damit kommen wir zur Abstimmung über den Antrag selbst und nicht über die Beschlussempfehlung. – Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte
ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind die Piraten und der fraktionslose Abgeordnete Schwerd. – Wer stimmt dagegen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU. – Stimmenthaltung? – FDP und der fraktionslose Abgeordnete Schulz. Damit ist dann auch der Antrag der Fraktion der Piraten Drucksache 16/11219 mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis abgelehnt.
Ich eröffne die Aussprache, und als erster Redner für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Garbrecht das Wort.
Sehr geehrter Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Gangsterepos „Es war einmal in Amerika“ sowie andere Filme dieser Gattung beleuchten die Zeit der Industrialisierung der USA, als die Mafia mit Schlägertrupps und Schlimmerem gegen Gewerkschaften loszog. Es ging darum, Gewerkschaften zu bekämpfen, zu unterdrücken, zu sabotieren, zu sprengen und sie letztlich kaputt zu machen – Union Busting eben.
Gewalt gegen diejenigen, die ihre gewerkschaftlichen Rechte wahrnehmen, kennen wir aus vielen Teilen der Welt. In den Ländern Asiens, in der Kleiderkammer Europas sozusagen, ist die massive Repression mit staatlicher Duldung oder gar direkter staatlicher Gewalt noch heute an der Tagesordnung. In den Ländern, welche die Kernarbeitsnormen der internationalen Arbeitsorganisationen ratifiziert haben, ist diese Art der Repression weitestgehend verschwunden. Hier braucht man keine Schlägerbanden, man bedient sich feinerer Methoden.
Ja, auch in Deutschland, auch in Nordrhein-Westfalen, gibt es Union Busting. Bei uns bedeutet Union Busting das systematische, professionell geplante Vorgehen gegen gewerkschaftliche Interessenvertretungen. Bespitzelung, Überwachung, Mobbing, haltlose Kündigungen, ungerechtfertigte Gehaltskürzungen, Be- und Verhinderung von Betriebsratswahlen, deren Anfechtung und Manipulation – das Arsenal aus der Giftküche des Union Busting ist vielfältig.
Die ganz milde Form ist der Versuch, kritische Betriebsräte durch Abfindungen herauszukaufen. Das ist übrigens Teil auch meiner eigenen Erfahrung. Das Korrumpieren von Interessenvertretungen durch
Gründung und Unterstützung von gelben Gewerkschaften ist Teil mancher betrieblicher Wirklichkeit. Siemens, Amazon, Aldi und Lidl sowie andere bekannte Namen lassen grüßen.
Um nicht falsch verstanden zu werden: In der überwiegenden Zahl der Betriebe werden Betriebsräte und Gewerkschaften als Partner erfolgreicher und nachhaltiger Unternehmensentwicklung geschätzt. Dieses Modell Deutschland, diese Art rheinischen Kapitalismus – das hat unser Land insbesondere in der Finanzkrise 2009 vor massiven Beschäftigungsverlusten bewahrt.
Wir wissen: In Betrieben mit funktionierender Mitbestimmung als Teil einer wertschätzenden Unternehmenskultur ist die Produktivität höher als in den Betrieben mit einer Hire-and-Fire-Mentalität. Aber wir stellen auch fest: Immer weniger Beschäftigte haben einen Betriebsrat hinter sich. Waren es in den 1990er-Jahren noch gut die Hälfte, so sind es inzwischen weniger als 40 %.
Die Hans-Böckler-Stiftung hat in einer Studie aufgezeigt, dass es oft mittelgroße und inhabergeführte Unternehmen sind, die Betriebsräte be- und letztlich verhindern. Allein 200 Betriebe sind hier aufgefallen, die die Wahlen zum Betriebsrat sabotiert haben. Es hat sich eine kleine, gut vernetzte, sehr aktive und mit aggressivem Marketing versehene Union-BustingSzene etabliert: kleine und große Anwaltskanzleien aus Deutschland wie auch aus den USA, welche gezielt Unterstützung dabei anbieten, die Bildung von Betriebsräten schon im Keim zu sabotieren.
Hier ein kurzer aktueller Einschub: In den USA gibt es derzeit ein Gesetzgebungsverfahren, um solche Aktivitäten zu unterbinden und gesetzlich einzuschränken. Das wäre vielleicht einmal ein Vorbild für uns. Ansonsten sind die USA derzeit nicht mehr wirklich ein Vorbild, aber vielleicht trifft das in dieser Frage ja doch zu.
Die Zahl der Vorkommnisse steigt zwar, scheint aber gegenwärtig noch überschaubar. Wir müssen jedoch mehr Licht in dieses Dunkelfeld bringen. Dazu brauchen wir weitere, auch wissenschaftliche Untersuchungen, in denen wir die Auswirkungen auf die Mitbestimmungsrechte analysieren und Handlungsempfehlungen geben.
Wir wollen mit unserem Antrag erreichen, dass Union Busting zurückgedrängt, erschwert und letztendlich verhindert wird. Der Bundesgesetzgeber wird aufgefordert, gesetzliche Schlupflöcher zu schließen und § 119 Betriebsverfassungsgesetz – Straftaten gegen Betriebsverfassungsorgane und ihre Mitglieder – so zu ändern, dass die Strafen bei Verstößen gegen die betriebliche Mitbestimmung deutlich schärfer werden.
Wir sind in NRW ein Mitbestimmungsland und wollen es bleiben. Wir wollen die Mitbestimmung nicht nur
bewahren, sondern wir wollen sie ausbauen. Wir wollen keine demokratiefreien Zonen in den Betrieben. Wir wollen Betriebsräte stärken, Mitbestimmung sichern und ausbauen und Union Busting keine Chance geben. Darum werben wir um Zustimmung für unseren Antrag. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Garbrecht. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Maaßen.