Also: Alle Ergebnisse, alle Aussagen sprechen für den Einsatz von Lang-Lkw in Nordrhein-Westfalen auf bestimmten Strecken. Lieber Herr Minister, geben Sie endlich Ihren Widerstand auf und
stellen uns in der Sitzung unseres Ausschusses am 9. Februar endlich die identifizierten Strecken vor. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die FDP spricht mit ihrem Antrag in der Tat ein wichtiges Thema an.
Aber für eine ultimative Lobhudelei auf die Lang-Lkw und deren Einsatz auf unseren Straßen, wie Sie sie in Ihrem Antrag und in Ihrem Wortbeitrag betreiben, besteht überhaupt kein Anlass.
Die Gründe, aus denen sich das Land NordrheinWestfalen nicht an dem Feldversuch beteiligt hat, sind doch heute – nach Ihrer Rede und auch nach dem Gutachten über den Feldversuch – nicht aus der Welt. Sie blenden das aus. Sie sprechen von 13 Bundesländern, 60 Unternehmen und 161 Fahrzeugen, die sich am Feldversuch beteiligten. Sie verschweigen aber, dass der Anteil von Bundes-, Land- und Kreisstraßen nur bei wenigen Prozent und der Anteil von Gemeindestraßen im Feldversuch sogar nur im Promillebereich liegen.
Vor diesem Hintergrund müssten wir in NordrheinWestfalen doch die Ohren spitzen, wenn im Ergebnis zum Feldversuch im Gutachten selbst – Kurzfassung, Seite 9 – festgestellt wird:
„Der Anteil von Lang-Lkw am Güterverkehrsaufkommen ist dabei maßgeblich für die Beurteilung der identifizierten Risiken. Geringe Anteile,“
„wie sie die aktuellen Erkenntnisse aus dem Feldversuch erwarten lassen, können dazu führen, dass diese als hinnehmbar oder beherrschbar einzustufen wären.“
Diese bei einem geringen Anteil von Lang-Lkw hinnehmbaren oder beherrschbaren Risiken sind vielschichtig. Ich nenne vier: Es geht um den Brandschutz und um Nothaltebuchten in Tunneln, um Aufhaltestufen an Mittelstreifen, um die Parkstände an Rastanlagen. Das lösen Sie in Ihrem Antrag ganz einfach, indem Sie sagen: Wenn es an Raststätten nicht möglich ist, nehmen wir die Strecke einfach heraus. – Da machen Sie es sich relativ leicht. Es geht viertens um die Ausgestaltung von Banketten und plangleichen Knotenpunkten an Kreisverkehren.
Vor diesem Hintergrund fällt sicher jedem von uns mindestens eine Straße ein, auf der der Einsatz von Lang-Lkw schlechterdings nicht vorstellbar ist. Hinzu kommt: Wer glaubt denn im Ernst, dass der Anteil von Lang-Lkw im Regelbetrieb vergleichsweise so gering bleibt wie im Feldversuch? Daran glaubt doch wohl niemand bei 2,8 Millionen Lkw, die 2016 zugelassen waren. 161 Lang-Lkw haben am Feldversuch teilgenommen. Die Wachstumsraten für den Güterverkehr auf unseren Straßen sind Ihnen allen bekannt.
Deshalb war, ist und bleibt die Auswahl der Straßen, die für ein entsprechendes Positivnetz infrage kommen, eine sehr wichtige und sensible Aufgabe. Es gilt, gewissenhaft zu prüfen, welche Strecken unter
Berücksichtigung des bereits ausgelasteten und erheblich instandsetzungsbedürftigen und hoch verdichteten NRW-Straßennetzes grundsätzlich infrage kommen, ohne dass die Verkehrssicherheit beeinträchtigt, die Stauanfälligkeit weiter erhöht oder die Infrastruktur übermäßig belastet wird.
Auf der anderen Seite – das ist unbestritten richtig, das haben wir übrigens auch gesagt – kann Nordrhein-Westfalen am Ende keine Insel bleiben. Es steht außer Zweifel, dass unsere Unternehmen bezüglich des Einsatzes von Lang-Lkw unter Berücksichtigung aller Umstände keine Wettbewerbsnachteile gegenüber Mitbewerbern aus anderen Bundesländern haben sollen.
und Chancengleichheit für die NRW-Wirtschaft gewährleisten. Angesichts der Ergebnisse des Feldversuchs und der besonderen verkehrlichen Struktur in Nordrhein-Westfalen können wir aber keinen Blankoscheck für Lang-Lkw ausstellen, wie Sie das offensichtlich wollen.
In diesem Sinne freue ich mich sehr auf die Diskussion im Ausschuss. Der Überweisung der Anträge werden wir natürlich zustimmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Schemmer das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorab ein kleiner Hinweis: Meine Rede ist nicht in einem Ministerium für mich aufgeschrieben worden, sondern die geht von mir aus.
Seit über zehn Jahren führen wir eine Diskussion über den Lang-Lkw, den Rot-Grün immer als Gigaliner verunglimpft hat. Unter Minister Wittke gab es 2006/2007 eine Untersuchung mit Lang-Lkw bis 25,25 m Länge und einer Gewichtsbegrenzung, so wie sie heute gilt, von 40 t/44 t im Kombiverkehr. RotGrün hat diese Diskussion immer anders geführt, hat immer 60 t gefordertes Gewicht unterstellt, was wir nie gewollt haben, was auch die Speditionswirtschaft nicht gewollt hat. Unsere Straßen waren, sind und werden nicht für 60-Tonner gebaut sein.
Ich sage es einmal so: Bei der Gigaliner-Diskussion, so wie Sie sie geführt haben, ist Nordrhein-Westfalen offensichtlich als einziges bzw. als zweitletztes Land
übrig geblieben. Sie haben nicht zur Kenntnis genommen, dass unser Autobahnnetz die Fahrzeuge gut aufnimmt. Der Feldversuch 2006/2007 hat gezeigt, dass die Lang-Lkw keine zusätzlichen Schäden verursachen, dass sie wegen der reduzierten Abgase und des geringeren Erdölverbrauchs ökologisch sinnvoll sind. Kurzum: weniger Verkehr, mehr Rechtssicherheit.
Im Jahr 2010 gab es hier den großen Paradigmenwechsel. Minister Voigtsberger wusste gar nicht, was ein Lang-Lkw war. Der zuständige Staatssekretär Becker bekämpfte die Lang-Lkw über die 60-t-Diskussion. Kurzum: Nordrhein-Westfalen hat jede Beteiligung an weiteren Versuchen abgelehnt, die dann in der Zeit von 2012 bis 2016 vom Bund unter Beteiligung fast aller Länder durchgeführt wurden. Christof Rasche hat gerade noch einmal gezeigt, dass die kleine Teilrepublik Nordrhein-Westfalen außen vor war. Die wichtigen Länder wie Bremen waren auf jeden Fall dabei.
Ich meine, dass wir damals die falsche Lösung gefunden haben; denn zwei Lang-Lkw ersetzen nun einmal drei konventionelle Fahrzeuge. Es ist wichtig, dass wir dort weiter vorankommen.
Den Paradigmenwechsel aus dem Jahr 2010 haben wir angesprochen. Der jetzt vorliegende Antrag der FDP ist – auch bezogen auf die Anhörung im Jahr 2014 – gut und zustimmungsfähig. Er hebt die Bedeutung des Bundesfeldversuches hervor, begrüßt die Lösung von Bundesminister Dobrindt zum 1. Januar 2017 und fordert natürlich zu Recht, dass sich Nordrhein-Westfalen anschließt.
Dann möchte ich noch einen Hinweis zu dem Entschließungsantrag geben, der heute neu auf den Tisch gekommen ist. Rot-Grün hat offensichtlich doch noch gemerkt, dass sie seit zehn Jahren auf der falschen Spur sind, aber, wie bei allen wirtschaftlich relevanten Entwicklungen, zu spät. Ideologie statt Vernunft! Die durchgrünte Gesellschaft, Herr Minister, hat auch da eine Rolle gespielt. Wir stehen beim Wirtschaftswachstum ebenso wie beim Entschließungsantrag hintan. Wir sind das 14. von 16 Ländern, das hierzu etwas unternehmen will.
Seit dem 1. Januar fährt der Lang-Lkw im Regelverkehr, allerdings um uns herum. Wir müssen sicherstellen, dass wir auf Dauer zu einer besseren Lösung für Nordrhein-Westfalen kommen. – Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Schemmer, Sie bekommen vielleicht keine Rede aus dem Ministerium, aber wie überzeugt Sie von Ihrem Redestoff sind, das haben wir wieder gemerkt, als Sie jedes Wort abgelesen haben. Irgendeiner schreibt ja die Reden – vielleicht ein Fraktionsreferent. Sie lesen das eins zu eins ab. Das war wieder ganz großes Kino.
Lieber Kollege Christof Rasche, man kann ja unterschiedlicher Auffassung über das Thema sein, aber bei dem, was Sie hier gerade abgeliefert haben, ist es gut, dass die FDP keine Verantwortung im Land hat und hoffentlich auch nicht bekommen wird; bei Ihren Koalitionsaussagen ist die Gefahr ja relativ gering. Die Gigaliner-Geschichte hier zu 100 % über den grünen Klee zu loben und überhaupt keine Gefahren zu sehen, das ist eine wirklich bemerkenswerte Leistung.
Das kann man sonst nur in Kirchen erleben, aber selbst die sind heutzutage selbstkritischer. Da ist nur die FDP …
Ich habe ganz genau zugehört, lieber Dietmar Bockes, bei jedem Wort. Ich fand es wirklich erschreckend, weil es absolut unverantwortlich war.
Warum sagen denn auch heute noch über 70 % der Verkehrsteilnehmer in jeder Umfrage – egal ob infratest oder Forsa fragt –, dass sie den Einsatz von Groß-Lkw oder Gigalinern ablehnen? – Weil sie sich Sorgen machen: über die Verkehrssicherheit, wegen der Überholvorgänge, Einfädelungen, Blockaden von Ein- und Zufahrten, wegen der Parkplatzsituation auf Raststätten usw.
Wenn Sie sich dann in einer Art Ex-cathedra-Umsetzung für die großen Speditionen – die wahrscheinlich den Redetext von Herrn Rasche zugeschickt bekommen – hier hinstellen...
Jetzt rede ich. Sie können mir gerne eine Zwischenfrage stellen, aber jetzt bin ich dran. –... und sagen: „Es gibt überhaupt keinen Grund, den Einsatz von Gigalinern überhaupt infrage zu stellen“,