Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 16/14420
Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/14444
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner für die SPD-Fraktion Herrn Kollegen Meesters das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Die Volksinitiative hat Erstaunliches geschafft. Durch eine Unterschriftenaktion hat sie nicht nur die benötigten rund 66.000 Unterschriften gesammelt – nein, es waren fast doppelt so viele. Da kann ich nur sagen: Respekt! Dies bezeugt auch
den hohen Mobilisierungsgrad der Jäger in Nordrhein-Westfalen. Deshalb befassen wir uns heute im Landtag wieder mit diesem Thema.
SPD und Grünen als regierungstragende Fraktionen haben einen Entschließungsantrag erarbeitet, den wir in der letzten Ausschusssitzung schon zu Kenntnis gegeben haben. Darin heben wir eindeutig hervor, dass der Landtag ausdrücklich begrüßt, dass das Instrument der Volksinitiative in Anspruch genommen wird, und so eine breite Beteiligung an der Diskussion auch zu kontroversen Themen hier im Lande ermöglicht wird. Dies wird daher ein gutes Beispiel für die Beteiligungsmöglichkeit gesellschaftlicher Gruppen auch in der Zukunft sein.
Das Jagdgesetz in seiner jetzigen Form ist, wie Sie alle wissen, das Ergebnis eines langen Prozesses. Es hat eine breite Beteiligung und ein sehr transparentes Verfahren mit allen betroffenen Verbänden beim Zustandekommen dieses Gesetzes gegeben. Ich erinnere gerne noch einmal an die vielen Arbeitskreise, Regionalkonferenzen und auch an die vielen Abendveranstaltungen in Kreisjägerschaften und Hegeringen, die wir durchgeführt haben.
Ich möchte auch an Folgendes erinnern: Vieles, sehr vieles wurde in diesem Diskussionsprozess angepasst und verändert. Als Beispiele will ich die Punkte „Jagdsteuer“ oder „Befriedung durch juristische Personen“ hervorheben. Da haben wir Lösungen gefunden haben; wir haben das dann wieder gestrichen. Auch das Monitoring bei der Baujagd ist ein solches Thema; ebenso wird die geänderte Ausbildung des Hundes wird mit einem Monitoring begleitet. Last but not least ist auch die Vereinbarung zum Sickerwild Arnsberger Wald ein Thema, bei dem wir zusammen mit den Betroffenen Lösungen gefunden haben, die wir bei Bedarf auch in Zukunft nachjustieren können.
Halten wir also fest: Es gab einen intensiven Austausch. Viele der kritisierten Punkte sind in der Diskussion vorgebracht und gelöst worden. Schade finde ich in diesem Zusammenhang, dass dieser gesamte gemeinsame Prozess so von der Landesjägerschaft in Abrede gestellt wird. Das haben wir gerade in der letzten Sitzung des Umweltausschusses erlebt. Das ist mehr als bedauerlich und sollte kein Maßstab für die Zukunft sein; denn eine Diskussion kann nur funktionieren, wenn man bereit ist, sich auszutauschen, dem anderen zuzuhören und das eine oder andere an Argumenten dann auch mal anzunehmen.
Deswegen möchte ich an dieser Stelle nach der ganzen Diskussion auch noch einmal deutlich sagen: Dieses Jagdgesetz ist ein ideologiefreies Gesetz. Seine Praxistauglichkeit ist nach der bisherigen Erkenntnis- und Faktenlage nicht infrage zu stellen. Außerdem ist es – das ist vor dem Hintergrund der Ein
lassungen, die wir vom Vertrauensmann der Volksinitiative im Ausschuss gehört haben, auch wichtig – demokratisch korrekt zustande gekommen.
Mir war bei den Ausführungen des Vertreters des Landesjagdverbandes im Januar – ich sage es ganz offen – nicht mehr immer klar, ob da der Vertrauensmann oder der Bundestagskandidat der CDU spricht.
So jedenfalls – das muss man deutlich sagen – schadet man der Sache. Ich gehe immer noch davon aus, dass es eine gemeinsame Sache ist. Deswegen halte ich eine sachliche Beurteilung des Status quo nach vorliegenden Daten und Fakten für außerordentlich wichtig.
Diese liegen uns nun mit zwei Erfahrungsberichten vor. Wir haben sie auch in unserem Entschließungsantrag aufgegriffen. Mit dem „Erfahrungsbericht Ökologisches Jagdgesetz“ sowie dem „Erfahrungsbericht zur 1. Jagdstrecke“ zeigt sich, dass das jetzt geltende Jagdgesetz, soweit in diesem ersten Zeitraum erkennbar, sich in vielen Bereichen bewährt hat.
Gleichwohl stellen wir aber auch fest, dass der Bewertungszeitraum für eine fundierte Gesamtbewertung noch zu kurz ist, zumal einzelne Neuregelungen sich noch in der Umsetzungsphase befinden. Diese müssen dann letztendlich noch rückgekoppelt werden.
Deshalb betonen wir – auch vor dem Hintergrund der Volksinitiative – mit unserem Antrag die Bedeutung und Wichtigkeit der Bewertung und Evaluierung der Wirkung über einen längeren Zeitraum. Heute sehen wir auf Basis der derzeit vorliegenden Erkenntnisse und aufgrund der laufenden Monitoring-Phasen aber keine fachlichen Grundlagen für Änderungen des Jagdgesetzes.
Wir erwarten nach deren Abschluss und Auswertung einen Bericht an den Landtag. Deshalb sind die 120.000 Unterschriften noch nicht für die Katz. Wir werden uns selbstverständlich ideologiefrei, sachorientiert und faktengestützt wieder mit dem Thema auseinandersetzen, wenn diese Berichte vorliegen.
Wenn sich dann bestätigt, dass alles gut ist, wissen wir, dass das Ökologische Jagdgesetz praxissicher ist und dass es funktioniert.
Wenn wir feststellen müssen, dass es in einigen Bereichen nicht funktioniert, sollten wir gemeinsam mit der Jägerschaft entsprechende Lösungen finden, damit die Sache dann rundgemacht wird und praxistauglich ist.
Die SPD-Landtagsfraktion ist jedenfalls dazu bereit. Das machen wir auch mit diesem Entschließungsantrag deutlich. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Meesters. – Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Deppe das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn nach sieben Jahren rot-grüner Politik die Unzufriedenheit im Land so groß ist, dass kurz vor dem Ende einer Wahlperiode eine so große Volksinitiative hier in den Landtag kommt, dann muss diese Regierung etwas grundsätzlich falsch gemacht haben. Und das wird heute hier diskutiert.
(Beifall von der CDU und der FDP – Norbert Meesters [SPD]: Volksinitiativen sind keine Wahlumfragen!)
Wir hatten während der Regierungszeit von Frau Kraft zwei Volksinitiativen. Die zweite beraten wir heute hier. Mit 120.000 bestätigten Unterschriften handelt es sich dabei um die größte Volksinitiative und das größte Misstrauensvotum, das Sie von der Bevölkerung in dieser Wahlperiode bekommen haben.
Dass es so weit gekommen ist und die Unzufriedenheit im Land und auf dem Land mit der Landesregierung so groß ist, hat eine ganz einfache Ursache. Das hätten Sie schon vorher wissen können. Sie wussten es ja auch. Sie machen Gesetze nicht etwa, weil sich die Verhältnisse in der Natur geändert hätten, weil bestimmte Wildarten – zum Beispiel das Wildschwein, der Waschbär, der Marderhund oder demnächst der Wolf – überhandgenommen hätten oder weil neue naturwissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen würden, sondern Sie machen sie ausschließlich aus politisch-ideologischen Gesichtspunkten. Deshalb ist es auch mit Recht so, dass die Bürger sich dagegen zu Wehr gesetzt haben.
Sie begründen Ihre Veränderungen im Jagdrecht mit dem angeblich veränderten gesellschaftlichen Bewusstsein. Beim Landesnaturschutzgesetz haben Sie es übrigens genauso gemacht. Nur: Was gesellschaftlich relevant ist, definieren Sie auch noch selber. Wenn es Menschen sind, die in Ihrem Sinne demonstrieren, dann ist das gesellschaftlich relevant. Wenn nicht, dann ist das offenbar unbedeutend. So sind Sie ja schon mit den 15.000 Demonstranten vor ziemlich genau zwei Jahren, am 18. März 2015, hier vor dem Landtag umgegangen.
Auch heute gehen Sie mit dieser Volksinitiative wieder so um. Herr Meesters, Sie können zwar in Ihrer Rede mehrfach das Wort „Respekt“ nennen – aber Sie haben in keinem einzigen Punkt hier zur Sache Stellung genommen. Zu keinem einzigen Punkt haben Sie etwas gesagt. Hätten Sie sich doch einmal an den Punkten, die die Volksinitiative dargestellt und kritisiert hat, abgearbeitet und gesagt, warum sie richtig oder falsch sind!
Die Auswirkungen des Gesetzes kann man doch mit den Händen greifen. Die Wildschweinpopulation steigt im ganzen Land an. Gleichzeitig erschweren Sie die Jagd auf die Wildschweine. Das kann doch nicht zueinanderpassen.
Sie sagen: Wir brauchen ein paar Jahre, um das zu evaluieren, und dann wird es irgendwann einen Bericht geben. – Sie brauchen also einige Jahre, um Fakten festzustellen. Aber Herr Remmel braucht nur wenige Monate, um festzustellen, dass die gesellschaftliche Akzeptanz der Jagd durch sein Jagdgesetz gestiegen sei. Wie können Sie das messen und beurteilen? Das kann nur funktionieren, wenn Sie höchstens mit den paar Verbänden sprechen, mit denen Sie immer sprechen.
Na ja; wir haben ja kräftig diskutiert. – Am 28. Februar 2017 haben Sie ja in den Medien erklärt, die Jagd habe unter den neuen Regeln deutlich an Akzeptanz gewonnen.
Die „Süddeutsche Zeitung“ meldete gestern, dass 80 % der Bevölkerung in Deutschland hinter der Jagd und den Jägern stehen, und zwar seit einigen Jahren stabil. Das hat mit Ihrem Jagdgesetz überhaupt nichts zu tun.
Dann kommen Sie von der SPD, Herr Meesters, und schreiben in Ihr Wahlprogramm, dass Sie eine Imagekampagne für Jägerinnen, Jäger und Jagd auf den Weg bringen wollen.
Also, Vorsicht! Im ländlichen Raum gehen schon die Alarmglocken an; denn spätestens seit der unsäglichen Imagekampagne zur Landwirtschaft Ihrer Frau Ministerin Hendricks, die neue Bauernregeln erfunden hat, wissen die Menschen, was sie von Ihren Imagekampagnen zu halten haben. Vorsicht! Ich kann nur sagen: Es ist am besten, wenn Sie gar nicht in die Lage kommen, sie umzusetzen.