Protokoll der Sitzung vom 23.01.2013

(Zurufe von den PIRATEN: Hey!)

Der Bundesminister der Verteidigung hat nun kürzlich über den Namen der vierten Fregatte der Klasse F125 entschieden. Sie wird den Namen des Bundeslandes Rheinland-Pfalz tragen.

(Minister Guntram Schneider: Unerhört!)

Nach der Fregatte „Baden-Württemberg“, die zugleich das Typschiff dieser neuen Klasse ist, sowie der „Nordrhein-Westfalen“ und der „SachsenAnhalt“ wird damit auch das vierte Schiff den Namen eines Bundeslandes tragen. „Es ist schön, dass die Flagge“ eines Bundeslandes, „des Bundeslandes Rheinland-Pfalz, auch weiterhin nicht nur in Mainz, sondern in der ganzen Welt weht.“ – So zitiere ich den Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Axel Schimpf.

(Zuruf von der CDU: Bravo!)

Bereits seit vielen Jahren gibt es gute und enge Beziehungen zwischen dem Bundesland RheinlandPfalz und der Besatzung des Schiffes. Das Bundesland Rheinland-Pfalz hatte sich für die Übernahme und Fortführung einer Patenschaft eingesetzt, nachdem Ende November die Außerdienststellung der gleichnamigen Fregatte der Klasse F 122 entschieden worden war. Der damalige SPD

Ministerpräsident Kurt Beck äußerte seine Freude über die Entscheidung wie folgt – ich zitiere –:

„Über die Tatsache, dass erneut eine Fregatte der Deutschen Marine den Namen RheinlandPfalz erhält und in die Welt trägt, freue ich mich sehr. Das Land Rheinland-Pfalz pflegt eine enge und lebendige Patenschaft mit der Besatzung der Fregatte. Ihr Beitrag für Frieden und Sicherheit wird von der Landesregierung und den Menschen in Rheinland-Pfalz in höchstem Maße anerkannt.“

Wir in Nordrhein-Westfalen sollten uns ein Beispiel daran nehmen, meine Damen und Herren. Diesen Satz würde ich auch gerne von der Ministerpräsidentin unseres Bundeslandes hören.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wie die „Rheinische Post“ am 10.11.2012 berichtete, war bei der Kiellegung der Fregatte „NordrheinWestfalen“

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

trotz Einladung kein Regierungsvertreter anwesend. Immerhin scheint die Landesregierung erfreut darüber, dass die Fregatte unseren Landesnamen tragen soll. Daher habe man gerne zugesagt, als dem Land die Patenschaft angetragen worden sei. Und: Die Landesregierung wolle sich zumindest nicht die Schiffstaufe entgehen lassen. Wenn das denn alles so ist, wie es der Regierungssprecher von Frau Kraft, Herr Breustedt, angekündigt hat, dann steht der Zustimmung zu unserem Antrag nichts mehr im Wege.

Meine Damen und Herren, es ist eine lange und gute Tradition, dass Schiffe und Boote der Deutschen Marine Patenschaften zu einem Bundesland oder zu einer Stadt pflegen. Diese Patenschaften gab es schon zu Mitte des 19. Jahrhunderts. Sie verdeutlichen bis heute die engen und freundschaftlichen Beziehungen zwischen Menschen, Gemeinden und Regionen, der Politik und den Streitkräften in Deutschland.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Meiner Meinung nach hat es auch nichts mit Parteipolitik zu tun, wenn wir heute alle gemeinsam diese Patenschaft formell beschließen und festigen. Es ist ein symbolischer, aber wichtiger Akt, mit dem wir als Landesparlament ebenso wie die Landesregierung und die Landtagspräsidentin unsere Unterstützung und Verbundenheit mit unserer Marine in Ausbildung und Einsatz zeigen und bekräftigen können.

Ich werbe daher um die Zustimmung aller im Parlament vertretenen Fraktionen und würde mich freuen, wenn wir nach der Überweisung in den Hauptausschuss ein starkes Bild der Geschlossenheit und Einigkeit für ein starkes Schiff und seine Mannschaft abgeben würden. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Golland. – Nun spricht für die SPD-Fraktion Kollege Marquardt.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Außen- und Sicherheitspolitik gehören aus gutem Grund nicht zu den Ressorts einer Landesregierung –

(Beifall von den GRÜNEN und den PIRATEN)

ebenso wenig wie Rheinländer und Westfalen bisher als Seefahrernation auf den Weltmeeren nennenswerte Bedeutung erlangen konnten. Auch das Anlegen des Piratenschiffes in diesem Landtag hat

bisher nach meiner Auffassung noch keine maritimen Akzente setzen können.

(Lukas Lamla [PIRATEN]: Ahoi!)

Wenn wir heute über die Übernahme einer Patenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen für eine Fregatte der Bundesmarine sprechen, hat das natürlich dennoch seine Berechtigung. Um den Nichtmarinekundigen zu erklären, was eine Fregatte überhaupt ist, halte ich fest: Das ist ein Schiff, das etwa 150 m lang und 18 m breit ist. Es soll eine Besatzung von ca. 100 Personen aufnehmen. Die Fregatte ist das qualitativ und quantitativ anspruchsvollste Schiff der Bundeswehr.

Die Marine führt in den kommenden Jahren vier dieser Schiffe ein. Es handelt sich um den Fregattentyp 125. Sie sollen weltweit im Rahmen von Konfliktverhütung und Krisenbewältigung zum Einsatz kommen. Zwei dieser Schiffe, die „Baden-Württemberg“ und die „Nordrhein-Westfalen“, werden aktuell gebaut. Zwei weitere Schiffe sind derzeit noch in Planung.

Sofern Fregatten den Namen eines der Länder der Bundesrepublik Deutschland tragen, übernimmt dann das jeweilige Land die Patenschaft für dieses Schiff. Das hat eine lange Tradition.

Schon 1970 hatte Nordrhein-Westfalen auf Anregung des damaligen Bundesverteidigungsministers Helmut Schmidt die Patenschaft über den Zerstörer Mölders bis zu seiner Außerdienststellung im Jahre 2003 übernommen. Darüber hinaus bestehen aktuell zahlreiche Patenschaften nordrhein-westfälischer Kommunen, zum Beispiel Datteln, Herten und Siegburg, zu kleineren Schiffseinheiten.

Die SPD-Fraktion begrüßt grundsätzlich die Namensgebung der neuen Fregatte und sieht darin aber auch die Verpflichtung, sich um das Schiff und vor allen Dingen um die Besatzung, um die jungen Soldatinnen und Soldaten, im Rahmen einer Patenschaft zu kümmern.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Ich spreche heute als Angehöriger dieses Landtages als jemand zu Ihnen, der 36 Jahre lang der Bundeswehr in verschiedensten Führungs- und Stabsverwendungen angehört hat – vom jungen Zeitsoldaten im Jahre 1976 bis zum Kasernenkommandanten im Jahre 2012.

Aus meinem Auslandseinsatz weiß ich aus eigener Erfahrung, wie wichtig es gerade für junge Menschen ist, in der Öffentlichkeit wahrgenommen und durch die Gesellschaft auch anerkannt zu werden. Das vom damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler diagnostizierte freundliche Desinteresse der überwiegenden Mehrheit unserer Gesellschaft an der Bundeswehr hat sich durch die Aussetzung der Wehrpflicht sicherlich nicht verbessert – im Gegenteil. Die Gefahr, dass sich die Gesellschaft nicht mehr mit ihren demokratisch legitimierten Streitkräf

ten identifiziert, ist sicherlich gewachsen. Das Ideal der inneren Führung und das Leitbild des Staatsbürgers in Uniform verwischen leider immer mehr.

Wie kann eine Patenschaft zukünftig mit Leben erfüllt werden? Bis zur Außerdienststellung der Mölders gab es zahlreiche Veranstaltungen und Besuche der häufig wechselnden Schiffsbesatzungen in Nordrhein-Westfalen, zum Beispiel im Braunkohlentagebau und bei Industriebetrieben. Es wurden Musicals und Karnevalsveranstaltungen, ebenso aber auch der Kölner Dom oder der Landtag von Nordrhein-Westfalen besucht.

Insgesamt begrüßt die SPD die Übernahme einer Patenschaft für die Fregatte „Nordrhein-Westfalen“. Auch die Landesregierung hat signalisiert, dass sie sich ihrer zukünftigen Verpflichtung und Verantwortung gegenüber dem neuen Patenschiff und seiner Besatzung durchaus bewusst ist. Sie wird diese Patenschaft ebenso intensiv pflegen, betreuen und begleiten, wie es während der Patenschaft für die Mölders schon der Fall gewesen ist.

Unterstützung und Verbindungen kann bei der Vielzahl der absehbaren Veranstaltungen und Programme ein Freundeskreis „Fregatte NRW e. V.“ bieten, der sich aktuell bereits in der Gründungsphase befindet. Ein solcher Freundeskreis sollte durch den Landtag NRW unterstützt und gefördert werden.

Da es gilt, noch zahlreiche Details zu klären, wie die Rahmenbedingungen der Arbeit des Freundeskreises, schlagen wir vor, den Antrag an den Hauptausschuss zu überweisen. Ich verlasse nun die Brücke. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. Ahoi!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Marquardt. – Nun spricht für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Engstfeld.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Golland, ich erzähle Ihnen mal eine Geschichte:

(Michele Marsching [PIRATEN]: Storytime!)

Es gibt den sogenannten „Seefahrerblog“, der von Peter Gross aus Bochum betrieben wird.

(Zuruf von den PIRATEN: Das ist im Inter- net!)

Er sagt über sich in seinem Blog, er sei ein ehemaliger Marineangehöriger und der Marine nach wie vor verbunden. Er hat den Blog aufgemacht, um sich von den üblichen Marineblogs zu unterscheiden:

„Nicht das Militärische und Wehrtechnische soll im Vordergrund stehen, sondern die Menschen.

Die an Bord der Schiffe sind, und ihre Angehörigen zuhause.“

In dem Blog gab es drei Wochen nach der Kiellegung der „Nordrhein-Westfalen“ einen Beitrag, in dem Unverständnis geäußert wurde, warum niemand aus Nordrhein-Westfalen anwesend war. Daraufhin erschien der von Ihnen erwähnte Artikel in der „Rheinischen Post“, in dem Sie fragen – ich zitiere noch einmal mit Genehmigung des Präsidenten –: „Missachtet die rot-grüne Landesregierung die Arbeit unserer Soldaten?“

Ungefähr zwei Wochen nach Veröffentlichung des Artikels in der „Rheinischen Post“ erscheint ein Eintrag von „Marinero“ in dem Blog, in dem es heißt – ich zitiere –:

„Liebe Seefahrer, nicht jeder kann alles wissen, deshalb möchte ich hier einige Eindrücke klarstellen. Es gibt seit über 5 Jahren einen Initiativkreis „Fregatte Nordrhein-Westfalen“, der als loser Zusammenschluss es sich zur Aufgabe gemacht hatte, dass eine F125 den Namen Nordrhein-Westfalen tragen soll. Dazu wurden BMVg, Marine und die Landesregierung kontaktiert und überzeugt und alle Bundes- und Landespolitiker eingebunden. Die Aufgabe wurde erfolgreich gelöst...“

Zwei Tage später heißt es:

„… der Initiativkreis hatte – wie der Name ausdrückt – zunächst nur die selbstgewählte Aufgabenstellung, dass eine F125 auf den Namen NRW getauft wird. Mehr gab es nicht zu tun. Dazu bestand in engem Kontakt mit der Staatskanzlei unter MP Rüttgers und vielen NRWPolitikern, damals u. a. der Bundesfinanzminister Steinbrück, Kontakt zum Inspekteur, damals Admiral Nolting, und dem BMVg. Das Ziel der Namensvergabe wurde erreicht. (…)