Protokoll der Sitzung vom 19.09.2019

Wir hätten auch über die Kleine Anfrage von Herrn Rüße und Frau Paul sprechen können, die dann vielleicht schon beantwortet gewesen wäre.

Wenn Sie Ihre Versprechen gehalten hätten, hätten wir all das tun können. Das haben Sie aber nicht getan.

Ich sage Ihnen auch, warum Sie es nicht getan haben: Weil es mächtig Ärger mit den Trägern, mit den Vereinen und mit den Spielern gibt, wenn es nicht so kommt, wie soeben dargestellt wurde. Die werden Ihnen nämlich etwas husten, wenn das kommt. Sie werden keinen Fußballer und keinen Verein finden, der sich sehr darüber freut. 2009, als die Unterstützung für die Kunstrasenplätze kam, hat sich jeder darüber gefreut, dass er endlich von der Asche herunterkommt und sich nicht mehr die Knochen aufschlägt. Glauben Sie wirklich, dass die Spieler und die Vereine nicht durchschauen, was Sie soeben getan haben?

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Völliger Quatsch!)

Sie räumen ein Thema ab, weil nächstes Jahr Kommunalwahl ist – einen anderen Grund hat das nicht –, in der Hoffnung, dass der ganze Spaß nicht ans Licht kommt.

Es ist wirklich schade, dass wir im Ausschuss nicht darüber haben sprechen können. Wir hätten einmal die ganzen Möglichkeiten aufzählen können, die sich anbieten, um den Vereinen, den Verbänden und den Trägern konkret Hilfestellung zu leisten.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Nettekoven?

Natürlich.

Bitte schön, Herr Nettekoven.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Kollege, vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Das eine schließt das andere nicht aus. Ich weiß sehr wohl, was wir im Sportausschuss besprochen haben.

Was Herr Rüße soeben angesprochen hat, finde ich ganz charmant – nämlich, im Sportausschuss eine Anhörung zum Thema „Kunstrasenplätze“ durchzuführen, um uns in dieser Hinsicht zu informieren.

Das Zeichen aus Nordrhein-Westfalen, das wir setzen, indem wir sagen, dass wir unsere Kommunen

und unsere Vereine nicht alleine lassen, unterschreiben Sie. Und dass das Thema in der nächsten Sportausschusssitzung weiter behandelt wird, sieht nicht nur die CDU so, sondern das sehen auch Sie so.

Das Thema ist ja nicht vom Tisch. Wir wollten ein politisches Zeichen setzen, und wir wollen zeigen, dass Nordrhein-Westfalen als größtes Bundesland dementsprechend auch dabei ist.

(Andreas Keith [AfD]: Die Frage lautet?)

Die Frage lautet: Haben Sie etwas dagegen?

Ich bin ja auch oft und begeistert bei Veranstaltungen des Sportlandes Nummer eins Nordrhein-Westfalen. Viele der Kollegen sind ebenfalls dort. Selbstverständlich bin ich nicht dagegen, dass wir unseren Kommunen, unseren Vereinen und den Trägern unter die Arme greifen. Auch darüber hätten wir reden können.

Was mich wirklich ärgert, ist die Tatsache, dass wir vereinbart haben, Informationen und Fragen zu sammeln, das an die Staatskanzlei zu geben und ein gemeinsames Verfahren zu machen. Auf einer gemeinsamen Initiative hätten wir wieder nicht mit draufgestanden. Das wäre aber gar nicht schlimm gewesen. Wir hätten ein Verfahren entwickeln können, um konkret und ganz deutlich den Vereinen zu helfen. Das hätte mich wirklich gefreut.

Das haben Sie mit diesem Antrag heute – auch wenn wir darüber weiter im Ausschuss sprechen – hintergangen. Das enttäuscht mich ein bisschen, weil das nicht die Art ist, in der wir bisher im Sportausschuss miteinander umgegangen sind.

Noch einmal ganz kurz zurück zur Sportausschusssitzung und dazu, warum das jetzt alles so schnell gehen musste: Am 19.01.2019 kam das entsprechende Verfahren von der ECHA aus Brüssel in die Medien. Am 29.01.2010 hatten wir unsere erste Sportausschusssitzung danach in der Sporthochschule in Köln. Danach folgten noch zwei weitere – zwei! –, bis dann in der vierten Ausschusssitzung danach, ein halbes Jahr später, Herr Bischoff spontan diesen Punkt als TOP 1 auf die Tagesordnung hat setzen lassen.

Ich frage mich: Wo war da die Dringlichkeit? Wo haben wir denn so schnell ein Zeichen setzen müssen? Den Schuh ziehe ich mir auch an. Ich habe es ebenfalls verpennt. Wir sollten aber auch einmal zugeben, dass wir da geschlafen haben und dass man das viel früher hätte angehen müssen.

Dass man dann aber jetzt diesen Schnellschuss machen will, bevor die Stellungnahmen der Verbände und Institutionen in Brüssel alle ausgewertet worden sind, kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen.

Daher lehnen wir den Antrag leider ab. – Danke schön.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Keith. – Jetzt spricht Frau Ministerin Scharrenbach in Vertretung des Ministerpräsidenten, der ja auch Sportminister ist. Bitte schön.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Abgeordneter Bischoff, die Landesregierung ist immer hellwach – ich darf Sie beruhigen –, auch bei der Frage von Sport, Kunstrasen und Fußball. Insofern kann ich Ihnen heute versichern – das hat die Staatssekretärin Milz auch immer wieder im zuständigen Sportausschuss getan –, dass die Landesregierung die Kommunen und natürlich auch die Vereine und Verbände, wenn es um das Thema „Kunstrasen/Mikroplastik“ geht, sehr eng begleitet, damit wir das Sportland Nummer eins, das NordrheinWestfalen ist, auch in Zukunft bleiben.

Sie wissen aber auch, dass es in Zeiten des Klimawandels, der Diskussionen über Umweltpolitik und der Abwägungsprozesse, die landauf, landab stattfinden, erforderlich ist, negative Auswirkungen auf die Umwelt kritisch zu hinterfragen und Optimierungsmöglichkeiten zu prüfen.

Insofern begrüßt die Landesregierung den Antrag der Regierungsfraktionen und spricht sich ausdrücklich für den geforderten Interessenausgleich von Umweltschutz und Sport aus. Das wird Sie, glaube ich, an dieser Stelle nicht verwundern.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Rüße, ich gebe Ihnen recht, wenn Sie formulieren: Immer dann, wenn man neue Techniken einsetzt, sollte man sich vorher auch über die Folgen von Technik und deren mögliche Auswirkungen vergewissern. – Ich darf an dieser Stelle gerne auf Wärmedämmverbundsysteme und die sehr aufwendige Entsorgung sämtlicher Systeme verweisen. Gleichzeitig tragen Sie als Grüne das aber als Lösung vieler Probleme im Bereich der energetischen Gebäudesanierung vor. Insofern: Ein bisschen mehr Cradle-to-Cradle-Gedanke tut uns, glaube ich, insgesamt gut.

In der öffentlichen Konsultation zum Beschränkungsvorschlag der Europäischen Chemikalienagentur hat das Land Nordrhein-Westfalen im Rahmen der Sportministerkonferenz die Forderung des Deutschen Olympischen Sportbundes, des Deutschen Fußball-Bundes und der kommunalen Spitzenverbände nach einer Übergangsfrist von sechs Jahren und damit nach einem Bestandsschutz für die betroffenen Kunstrasenplätze unterstützt.

Ich glaube, das kann hier auch jeder nachvollziehen. Eine mögliche Entscheidung, von jetzt auf gleich bestehende Plätze umzurüsten, ist letztendlich nicht wirklich praxisgerecht. Deswegen haben wir natürlich gesagt: Wir treten für das Schaffen einer Übergangsfrist ein.

Denn es herrscht bei allen Beteiligten große Übereinstimmung, dass der Umweltschutz wichtig ist, dass jedoch die erhebliche Bedeutung von Kunstrasenplätzen für den Freizeit- und Breitensport in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen Berücksichtigung finden muss.

Eine kurzfristige Einschränkung der Nutzbarkeit wäre aufgrund der Folgen nicht tolerierbar. Aus diesem Grunde wurde bereits im Frühjahr dieses Jahres bei der Europäischen Chemikalienagentur interveniert, die daraufhin mitgeteilt hat – das ist gerade zitiert worden –, dass ein Nutzungsverbot für bestehende Kunstrasenplätze keinesfalls beabsichtigt sei.

Die Kommunen, Vereine und Verbände müssen die Möglichkeit haben, sich bezüglich der Umstellungsmöglichkeiten auf alternative Füllstoffe wie Kork oder Quarzsand beraten und informieren zu lassen. Aber auch der Industrie, insbesondere den Herstellern von Kunstrasenplätzen, sollte man diese Zeit einräumen, um zu nachhaltigen Alternativen zu kommen und die erforderlichen Alternativen dann – das ist gerade angesprochen worden – in der erforderlichen Menge produzieren zu können.

Ungeachtet der im kommenden Jahr anstehenden Entscheidung der Europäischen Kommission hat sich die Landesregierung bereits jetzt dazu entschlossen, für eine sukzessive und nachhaltige Verringerung von Mikroplastik und für den Umweltschutz einzutreten. Wir haben daher für die Förderung zur Errichtung und Modernisierung von Kunstrasenplätzen einen Förderausschluss für Kunststoffgranulat beschlossen. Das betrifft unter anderem die Städtebauförderung sowie Maßnahmen im Bereich der Dorferneuerung oder auch der Förderung für den ländlichen Raum aus dem Ministerium für Umwelt. Dadurch verringern wir bei zukünftigen Kunstrasenplätzen die Emissionen von Mikroplastik in die Umwelt.

Uns liegt es als Landesregierung im Besonderen am Herzen, dass wir zukünftige Fehlinvestitionen und Nutzungseinschränkungen verhindern. Das bedeutet, dass wir natürlich beispielsweise auch als Ministerium, welches für Städtebau zuständig ist, sehr aktiv dafür werben, dass bei allen Umnutzungen, die jetzt stattfinden, als Ersatz von entsprechenden Granulaten auch auf umweltfreundliche Verfüllungen zurückgegriffen wird.

Herr Abgeordneter Rüße, Sie haben nachgefragt: Wird es ein Sonderprogramm zur Umrüstung geben? Aus unserer Sicht ist das nicht erforderlich, weil letzt

endlich für Kork und Quarzsande keine höheren Kosten zum Tragen kommen als für herkömmlichen Verbau.

Ich darf Sie abschließend noch darauf hinweisen, dass auch Fördermittel im Rahmen der in Kraft getretenen Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Strukturentwicklung des ländlichen Raums aus dem Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz zur Verfügung stehen.

Insofern, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete: Die Landesregierung wird den weiteren Prozess bis zum endgültigen Vorschlag der Europäischen Chemikalienagentur respektive der Europäischen Kommission eng begleiten, um jederzeit reagieren zu können, um unter Berücksichtigung des Umwelt- und Klimaschutzes das Bestmögliche für den Sport in Nordrhein-Westfalen zu erreichen, um damit die Kommunen und Vereine im Sportland Nummer eins zu unterstützen und dafür Sorge zu tragen, dass Nordrhein-Westfalen auch in der Zukunft Sportland Nummer 1 bleibt.

Sie merken, Herr Abgeordneter Bischoff, die Landesregierung ist hellwach. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin Scharrenbach. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Damit kommen wir zur Abstimmung, erstens über den Antrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/7378. Die antragstellenden Fraktionen haben direkte Abstimmung beantragt. Wer stimmt dem Inhalt des Antrags zu? – CDU, FDP, SPD stimmen zu. Wer stimmt dagegen? – Die AfD-Fraktion stimmt gegen diesen Antrag. Wer enthält sich? – Es enthalten sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sowie die beiden fraktionslosen Abgeordneten Langguth und Herr … – Ich komme gerade nicht drauf.

(Zuruf: Pretzell!)

Herr Pretzell. Ich habe Sie lange nicht gesehen, daran liegt es.

(Heiterkeit und Beifall)

Das ist keine Kritik, um Gottes willen. Sie sind ein frei gewählter Abgeordneter, Sie können tun, was Sie wollen. Das habe ich nicht kritisch gemeint. Ich hatte es nur echt gerade nicht präsent gehabt. Das liegt am fortschreitenden Alter, es ist wie mit der Zeit. – Der Antrag Drucksache 17/7378 ist also angenommen.

Wir stimmen zweitens ab über den Entschließungsantrag der Fraktion der AfD Drucksache 17/7453. Wer stimmt diesem Entschließungsantrag zu? – Die AfD-Fraktion stimmt zu. Wer stimmt dagegen? –

CDU, FDP, SPD, Grüne sowie die beiden fraktionslosen Abgeordneten Herr Pretzell und Herr Langguth stimmen dagegen. Enthaltungen? – Gibt es nicht. Damit ist dieser Entschließungsantrag Drucksache 17/7453 mit breiter Mehrheit im Hohen Hause abgelehnt.

Damit, meine Damen und Herren, sind wir am Ende der heutigen Sitzung.