Liebe Kolleginnen und Kollegen, die reinen Kennzahlen zeigen zum einen die Relevanz der Branche, sie zeigen aber auch den Handlungsbedarf. 50 Millionen Euro, die als Fördervolumen in diesem Jahr zur Verfügung stehen, sind nicht die Weltspitze, sondern sie ordnen sich etwa im vorderen Mittelfeld ein. Frankreich hat 12 Millionen Euro, Großbritannien 44,5 Millionen Euro. Aber allein der kanadische Bundesstaat Québec hat 110 Millionen Euro. Es ist also noch Luft nach oben, wenn man da noch besser werden möchte.
Zugleich sehen wir aber auch die Relevanz, dass Deutschland der wichtigste europäische Absatzmarkt für digitale Spiele ist. Das zeigt sich in den Umsatzzahlen. Es zeigt aber auf der anderen Seite, dass
die deutschen Unternehmen, die Hersteller, die Publisher zu wenig von dieser Marktstellung profitieren können. Denn da sind die Kennzahlen weit hinter denen anderer Unternehmen, weit hinter denen anderer Staaten und deren Märkten.
Jetzt sprechen wir heute über die Bundesförderung. Wir haben immer gesagt, Länderförderung ist eine wichtige Säule. Wir haben sie zu unserer Regierungszeit hier für Nordrhein-Westfalen auch erhöht. Das macht die Koalition jetzt weiter. Das ist, wie gesagt, sehr gut so. Aber komplementär dazu braucht man eben eine Bundesförderung, und zwar in einem erheblichen Umfang.
Wir waren sehr froh, als wir im vergangenen Jahr erfahren haben, dass es jetzt endlich mal eine Bundesförderung geben wird, um dann festzustellen, dass diese Förderung bei Herrn Scheuer liegt. Und wenn der erste Satz irgendetwas mit „Scheuer“ beinhaltet, dann ist der zweite Satz meistens, dass er es vergeigt hat. So auch in diesem Fall. Herr Scheuer hat sich für diese Förderung, für diese 50 Millionen Euro viel abfeiern lassen, nur um sie jetzt nicht erneut bereitzustellen. Das ist schon ein absolutes Stück aus dem Tollhaus.
Dass wir das hier gemeinsam kritisieren, finde ich gut. Das ist inhaltlich richtig. Dass wir das über Parteilinien hinweg schaffen, finde ich auch sehr gut. Ich freue mich, wenn die überparteiliche Zustimmung dann auch noch über das hinausgeht, was wir jetzt mit drei Fraktionen zusammengebracht haben. – Vielen Dank.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Es ist keine zwei Monate her, da fand die sogenannte Debatt(l)e Royale auf der diesjährigen Gamescom in Köln statt.
Dort haben die Generalsekretärinnen und -sekretäre und die Bundesgeschäftsführung nicht nur von SPD, Grünen, Linken, sondern auch von FDP und CDU allesamt klargemacht, dass sie sich dafür einsetzen wollen, dass die geplanten 50 Millionen Euro an Bundesmitteln für die Games-Förderung wieder in den Bundeshaushalt 2020 aufgenommen werden. Das ist also genau das, was der vorliegende Antrag jetzt noch einmal fordert.
Meine Damen und Herren, der Antrag ist inhaltlich wichtig, jedoch wirft er unseres Erachtens eine zent
rale Frage auf: Vertrauen Sie etwa nicht den Aussagen von Paul Ziemiak und Linda Teuteberg, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP? Sogar die Grünen sind im Nachhinein noch auf diesen Antrag gesprungen.
Oder glauben Sie, dass Sie sich gegen Bundesverkehrsminister Scheuer nicht durchsetzen können, der mit seinem Verkehrsministerium für die Förderung verantwortlich ist, Herr Braun?
Andreas Scheuer war dieses Jahr übrigens auch bei der Gamescom. Die Kolleginnen und Kollegen wissen das, weil wir uns auch alle da getroffen haben. Herr Scheuer, der verantwortliche Bundesminister, war zu Gast und ließ – das werden Sie auch erinnern – keinen Zweifel daran, dass er sich keineswegs darauf festlegen lassen wollte, die 50 Millionen Euro Games-Förderung wieder in den Haushaltsentwurf seines Ministeriums aufzunehmen.
Meine Damen und Herren, die Zukunftsaussichten der Games-Branche in Deutschland und des Games-Standorts Nordrhein-Westfalen hängen also von einem Unionsminister ab,
der E-Scooter für eine Mobilitätswende hält, der die Autolobby trotz Dieselskandals umgarnt, der insgesamt einen dreistelligen Millionenbetrag für die PkwMaut in den Wind geschossen hat und ganz offensichtlich andere Prioritäten als die Games-Branche hat. Das muss man hier konstatieren und konsterniert feststellen.
Insofern, meine Damen und Herren, finden wir es sehr verständlich, dass Sie diesem Chaos-Minister nicht trauen.
Die SPD hat die Games-Förderung mit in den Koalitionsvertrag der Großen Koalition verhandelt, um in dieser Zukunftsbranche international wettbewerbsfähig zu sein. Wir von der SPD sind weiterhin der festen Überzeugung, dass die 50 Millionen Euro Fördergelder eine sinnvolle und nachhaltige Investition sind, damit wir attraktive Bedingungen für Start-ups und etablierte Games-Unternehmen bieten können, damit wachsende Games-Unternehmen nicht ins Ausland abwandern und damit wir zahlreiche neue Arbeitsplätze schaffen können.
Insofern können wir selbstverständlich diesem Antrag nur zustimmen. Meine Damen und Herren von den Antragstellern, danke für Ihr gesundes Misstrauen! – Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Tatsächlich ist, aus welchen Gründen auch immer, der Förderbetrag von 50 Millionen Euro für die Gaming-Industrie aus dem Bundeshaushalt verschwunden. Tatsächlich spricht das nicht unbedingt für die Qualität der Großen Koalition in Berlin.
Da die Vertreter der Bundesregierung und der Regierungsparteien aber schon auf der Gamescom bereits versichert haben, dass es dabei nicht bleiben wird, ist dieser Antrag, zumal er zum Teil von denselben Parteien kommt, allerdings überflüssig. Wir haben es gehört. Vielleicht ist das ja so ein Jamaika-Testballon, ich weiß es nicht.
Aber wo wir schon mal hier sind, sprechen wir über die Gaming-Industrie und über das verbundene Potenzial für Deutschland. Wir hatten dazu vor einigen Monaten eine sehr spannende Anhörung im Ausschuss. Die Fachleute haben uns einiges ins Stammbuch geschrieben. In Sachen Fördermittel hat sich eigentlich niemand über das Volumen der Förderung beschwert. Es hieß nur, es sei zu bürokratisch, zu langsam, zu unstetig, zu intransparent und zu unsicher. Natürlich hilft es da nicht, wenn die Förderung auf einmal aus dem Haushalt verschwindet.
Gaming, meine Damen und Herren, wird von vielen immer noch als ein nerdiger Spleen, als ein Nischenphänomen wahrgenommen, etwas für junge Männer mit zu viel Freizeit. Tatsächlich aber ist die verbundene Industrie längst milliardenschwer und hat die Branchen Film und Musik weit hinter sich gelassen. Der durchschnittliche Gamer ist inzwischen 36 Jahre alt, und jeder zweite Gamer ist eine Gamerin.
Während man in Deutschland wieder mal Bedenken trägt und langatmig begründet, warum Schach und Schießen jetzt eine Sportart sind, E-Sport aber nicht, zieht die Welt wieder einmal an uns vorbei. Der Marktanteil einheimischer Titel schrumpfte zwischen 2017 und 2018 von schwachen 5 % auf noch schwächere 4,3 %. In den letzten beiden Jahren ist die Zahl der Beschäftigten in der Branche in Deutschland um fast ein Fünftel geschrumpft. Die Jobs entstehen also wieder einmal woanders.
„Aktuell sind die Rahmenbedingungen für die Spieleentwicklung in Deutschland international kaum konkurrenzfähig.“
Meine Damen und Herren, für diese grundlegenden Probleme ist die Eröffnung oder der Erhalt von Fördertöpfchen allerdings überwiegend weiße Salbe.
Man signalisiert: Wir tun was. Was sind im milliardenschweren Bundeshaushalt schon 50 Millionen Euro? Dass Sie so der chronischen Schwäche der einheimischen Industrie beikommen können, glauben Sie vermutlich aber nicht einmal selbst.
Wer aber glaubt, mit ein paar Euro Fördergeldern eine prosperierende Industrie entwickeln und erhalten zu können, dem sei als mahnendes Beispiel der deutsche Film vorgehalten. Was haben all die vielen deutschen Förderanstalten nur für mediokre und erfolglose Massenware in den letzten Jahren hervorgebracht? In die Hände derselben ständig versagenden Kulturförderbürokraten möchte man jetzt auch die Games-Förderung legen.
Nein, meine Damen und Herren, wer es mit dieser Industrie ernst meint, der muss hier anders vorgehen, wie man es nämlich bei der Wirtschaftsförderung im Allgemeinen tut. Das kann und darf nur der Baustein einer Gaming-Strategie sein. Ein paar Punkte davon haben wir in der Anhörung gehört. Das können Sie nachlesen bei den Branchenvertretern.
Wir brauchen endlich ein zeitgemäßes Jugendschutzrecht in Deutschland. Wir brauchen in diesem Bereich eine Entbürokratisierung, wir brauchen eine starke digitale Infrastruktur, wir brauchen gut ausgebildete junge Menschen mit Unternehmergeist. Das meiste davon gilt im ganzen Digitalbereich.
Wer hier mehr als nur Symbolpolitik machen will, der sollte anfangen, diese dicken Bretter zu bohren und nicht hier und da mal ein Fördertöpfchen aufmachen. Die Besonderheit im Games-Sektor ist nur, dass wir damit beginnen müssen, die Branche als das anzuerkennen, was sie ist, als ein Massenphänomen, als ein Wachstumsmarkt, als eine Chance und – ja, wir hatten die Diskussion hier schon einmal – auch als einen Sport.
Wir jedenfalls werden den Antrag gerne unterstützen – nicht, weil wir glauben, dass damit viel gewonnen ist. Aber immerhin ist er ein Schritt in die richtige Richtung, besser als nichts.
Vielen Dank, Herr Tritschler. – Jetzt spricht in Vertretung des Ministerpräsidenten Armin Laschet Herr Minister Professor Dr. Pinkwart.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In keinem anderen Bundesland wird die Computer- und Videospielbranche so intensiv unterstützt wie hier in Nordrhein-Westfalen. Die Landesregierung hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Maßnahmen angepackt, um das Land zum Games-Land Nummer eins zu entwickeln.
So ist es nicht nur gelungen, die Gamescom in Köln zu halten, wir haben zunehmend Veranstaltungen wie den Deutschen Entwicklerpreis, den GamescomKongress und die def.com gestärkt, und wir haben mit dem Games-Gipfel ein Format entwickelt, bei dem sich der Ministerpräsident einmal im Jahr mit der Games-Branche aus Nordrhein-Westfalen intensiv austauscht.
Für Herrn Bolte-Richter, der gesagt hat, wir würden so nett an Ihre Maßnahmen anknüpfen, wollte ich hier noch einmal in Erinnerung rufen: Dass die Gamescom überhaupt in Nordrhein-Westfalen stattfindet, haben wir den damaligen Landesministern Armin Laschet und Andreas Krautscheid zu verdanken, die sie damals aus Leipzig nach Köln geholt haben.
Es war damals hoch umstritten, was heute vielfach gefeiert wird. Vor allem haben wir aber auch die Games-Förderung in Nordrhein-Westfalen kräftig erhöht im Vergleich zu den Jahren davor, nämlich von einer auf 3 Millionen Euro pro Jahr. Wir haben neben der Prototypenförderung eine Produktionsförderung eingeführt, und wir haben eine Leitlinie bei der Europäischen Kommission notifiziert, die es uns ermöglicht, die Branche gezielt zu unterstützen.
Wir sehen, dass der Bedarf riesengroß ist. Schon jetzt steht fest: Die Mittel werden in diesem Jahr bis auf den letzten Cent ausgeschöpft sein. Natürlich freuen wir uns sehr, dass unsere neue Förderung von der Branche so gut angenommen wird.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass eine Länderförderung keine Bundesförderung ersetzen kann. Deshalb muss die Bundesregierung jetzt nachziehen und endlich eine zuverlässige und nachhaltig finanzierte Bundesförderung für Computer- und Videospiele auf den Weg bringen.
Kaum einer bestreitet, dass in der Branche ein enormes Potenzial steckt. Es kann jedoch nicht sein, dass sich der Bund hier hinter den Ländern wie NordrheinWestfalen versteckt und am Ende nicht verlässlich liefert. Es sind ja Mittel für 2019 im Haushalt. Die Richtlinie liegt noch nicht vor. Man kann jetzt natürlich wie Herr Vogt einen Bundesminister kritisieren, aber Ihre Partei gehört zur Bundesregierung. Ich finde, da muss man fair sein und sagen, dass man in der Bundesregierung insgesamt dafür sorgen muss, dass vereinbarte Dinge umgesetzt werden.
Die Landesregierung hat im Rahmen der Gamescom immer wieder darauf hingewiesen, dass es einer zuverlässigen Förderung des Bundes bedarf, die nicht alle zwölf Monate infrage gestellt wird. Wir müssen den Unternehmen in der Games-Branche Planungssicherheit bieten, denn am Ende wollen wir, dass Spiele in Deutschland entwickelt werden und mehr Arbeitsplätze in der Games-Branche entstehen.
Die Landesregierung hat bereits gegenüber dem Bund erklärt, dass wir als Land selbstverständlich bereit sind, Förderinstrumente an eine übergeordnete Bundesförderung anzupassen, um die Bundes- und Landesförderung optimal miteinander zu verzahnen. Es muss nur endlich etwas passieren.