Protokoll der Sitzung vom 27.08.2020

(Zuruf: Ich kann dir gerne eine Fortbildung dazu anbieten! – Daniel Sieveke [CDU]: Wo ist die Frage? – Weitere Zurufe von der CDU)

Ich frage den Kollegen, was er zu dieser Aussage des Bundes Deutscher Kriminalbeamter sagt und ob er ihm auch Rechtsbruch bei diesen Aussagen vorwirft. – Ich sage es noch einmal:

„Diese Amtshilfe“

(Daniel Sieveke [CDU]: Die Frage!)

„hätte zum jetzigen Zeitpunkt versagt werden müssen, weil dem Land erhebliche Nachteile bei der Gewährleistung der Sicherheit für die Bevölkerung entstehen‘,“

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Die Frage! Warum lassen Sie das durchgehen, Frau Präsiden- tin?)

„stellt der Landesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter in NRW, Sebastian Fiedler, fest.“

Was sagen Sie zu dieser Feststellung aus dem September 2018, Herr Kollege?

Frau Kollegin, der Versuch einer Versachlichung ist Ihnen nicht gelungen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ich bleibe weiterhin dabei, dass ich mich den gerichtlichen Entscheidungen, die ich akzeptiere, hier inhaltlich anschließe.

Wenn wir jetzt schon Kronzeugen austauschen, dann nehmen wir einmal den damals meines Wissens auch von Ihnen gestützten Justizminister Kutschaty, der auch, sogar im Nachgang noch im Jahr 2018, in einer Presseerklärung gesagt hat, er halte die Räumung aus bauordnungsrechtlichen Gründen für vertretbar.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Aber ich denke, wir wollen hier nicht Zitate austauschen, sondern uns endlich mit der Antwort auf die Anfrage beschäftigen, die immerhin auf 164 Seiten ihre 85 Einzelfragen umfassend beantwortet.

Die Antwort lautet in aller Kürze, dass sich die Landesregierung rechtkonform verhalten hat. Sie ist ihrem grundgesetzlichen Auftrag zum Schutz von Leib und Leben und körperlicher Unversehrtheit nachgekommen und hat den Rechtsstaat durchgesetzt – was Sie hier ja offensichtlich deutlich infrage stellen.

Dass sich die Landesregierung rechtskonform verhalten hat, wurde mehrfach gerichtlich bestätigt. Konkrete Grundlage der bauordnungsrechtlichen Verfügungen und der Räumung ist § 61 Abs. 2 Satz 2 der Bauordnung NRW in der seinerzeit gültigen Fassung.

Das Verwaltungsgericht Köln hat dazu in seiner Entscheidung – vielleicht schreiben Sie sich das auf; dann können Sie sie einmal nachlesen – vom 13. September 2018 festgestellt, dass formelle und materielle Baurechtswidrigkeit, also der im Rechtssinne drängendste Fall, hier gegeben waren. Die rechtmäßige Folge ist eine Räumungsverfügung.

Entsprechende Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Aachen und dem OVG Münster bestätigen ebenso die Rechtmäßigkeit der Räumung bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren.

Jetzt kommen wir auch noch zum höchsten Verwaltungsgericht in Nordrhein-Westfalen. Auch der 7. Senat des OVG in Münster hat bereits festgestellt, das öffentliche Interesse an der Räumung der Baumhäuser überwiege unabhängig von baurechtlichen Erwägungen allein schon deshalb, weil sie zum Schutz von Unternehmensmitarbeitern sowie Polizistinnen und Polizisten vor Gefahren für Leib und Leben geboten war.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von den GRÜNEN)

Das können Sie alles nachlesen. – Selbst wenn man die Baumhausanlagen als Versammlung einstufen wollte, fehlte es an der Friedlichkeit, womit sich die Besetzer nicht einmal auf Art. 8 des Grundgesetzes berufen konnten.

Dass das Ministerium im Übrigen zur Beantwortung Ihrer Fragen regelmäßig – wie gesagt: beschäftigen Sie sich einfach einmal mit der Anfrage, die Sie gestellt haben, und nicht mit Ihren politischen Fiktionen, die Sie versuchen, rund um dieses Thema aufzubauen – nur auf bereits erteilte Antworten, auf Ausschussprotokolle und auf Fragestunden zu verweisen brauchte, sagt sowohl etwas über die Transparenz der Arbeit unserer Landesregierung als auch über das Niveau Ihrer Fragen aus.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Es bleibt festzuhalten: Alle durchgeführten Räumungen der illegalen Baumhaussiedlungen sind rechtlich nicht zu beanstanden. – Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Frieling.

Bevor ich Herrn Kollegen Göddertz für die SPDFraktion das Wort erteile, möchte ich gerne uns alle, aber anlassbezogen Frau Kollegin Düker, noch einmal auf § 34 unserer Geschäftsordnung,

(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

der sich mit den Zwischenfragen beschäftigt, aufmerksam machen. § 34 Abs. 2 Satz 2 lautet:

„Die Frage ist möglichst kurz zu formulieren.“

Bei so langen Zitaten ist das schwerlich möglich. Dafür haben wir dann andere Instrumente. Ich bitte, dies künftig zu beherzigen.

(Monika Düker [GRÜNE]: Entschuldigung!)

Herr Kollege Göddertz.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Bilanz des Einsatzes zur Räumung des Hambacher Forstes ist für die Landesregierung – ich sage es einmal nett – kein Ruhmesblatt.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Kaum vier Wochen nach der Räumung war der alte Status quo wieder nahezu völlig erreicht. Die Baumhäuser und die Barrikaden wurden neu errichtet. Der Hambacher Forst ist besetzt, auch heute noch.

In ihrer Antwort auf die Große Anfrage schreibt die Landesregierung, dass sie zu keinem Zeitpunkt eine Zusage an RWE gegeben hätte, den Hambacher Forst zwecks Rodung zu räumen. Frage: Warum wurden dann im August Gutachten bei der Kanzlei Baumeister in Auftrag gegeben? War das nur ein theoretisches Planspiel für das Kabinett?

Ich zitiere Herrn Minister Reul aus der WDRSendung „Westpol“ am 23.09.2019:

„Die Räumung hat ja mit der Baumrodung gar nichts zu tun. Da werfen die Leute ja auch alles durcheinander.“

Das hat mit der Rodung nichts zu tun? Womit denn sonst?

Frau Ministerin Scharrenbach hat die Räumung so begründet: „Gefahr für Leib und Leben“ der Baumhausbewohner. – Auf eine Nachfrage von mir, ob sich die Gefahrenlage von 2018 bis 2019 geändert hat, konnte oder wollte sie nicht antworten.

Halten wir uns noch einmal vor Augen: Über mehrere Wochen, nämlich vom 13.09. bis zum 08.10., haben Polizeihundertschaften über 350.000 Einsatzstunden geleistet. Insgesamt waren 31.000 Menschen in Schichten im Hambacher Forst. Die Arbeitszeiten lagen oft bei über 14 Stunden täglich. Dabei waren die Beamten auch gewaltsamen Übergriffen ausgesetzt. Es waren nicht nur friedliche Demonstranten vor Ort, sondern auch Angehörige einer militanten Szene, und diese schreckten vor Angriffen auf die Beamten nicht zurück.

Wenige Tage nach der Räumung hat ein Gericht die Rodung untersagt. Was haben sich wohl die Polizistinnen und Polizisten in diesem Moment gedacht?

Herr Minister Reul, Sie haben Ihre Schutzbefohlenen hier ins Feuer geschickt – für nichts und wieder nichts. Die Begründungen für die Räumungen wären heute genauso gegeben wie damals, ob mit oder ohne Rodung. Die Baumhäuser sind längst wieder da, aber die Landesregierung lässt die Besetzer gewähren. Damals sollte angeblich Gefahr für Leib und Leben der Baumhausbewohner abgewendet werden. Ist diese Gefahr heute nicht mehr gegeben?

Ich halte fest: Die Landesregierung hat Gründe gesucht, um den Hambacher Forst zu räumen. Dazu hat sie Gutachten beauftragt. Diese Gutachten wurden der Öffentlichkeit erst ein Jahr nach der Räumung zugänglich gemacht. Als Begründung wurde das Baurecht meines Erachtens missbraucht, um politische Interessen durchzusetzen. Eine erneute Räumung mit der Begründung aus 2018 wird nicht in Betracht gezogen, auch wenn sich die Gefahrensituation nicht verändert hat.

Die Landesregierung hat dem Steuerzahler mit diesem, in der Geschichte des Landes Nordrhein-Westfalen einmaligen Vorgang erheblichen Schaden zugefügt.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Beziffern will sie diesen Schaden jedoch nicht, auch nicht auf mehrfache Nachfrage. Man hat versucht, die wahren Hintergründe für diesen Einsatz vor der Bevölkerung, vor dem Parlament und vor den Polizistinnen und Polizisten geheim zu halten.

Und was hat das alles gebracht? Nichts! Die Baumhäuser stehen wieder – mindestens genau so viele wie vorher. Trotz aller Täuschungen hat die Landesregierung nichts, aber auch wirklich nichts erreicht.

Fazit: Ihre Antwort auf die Große Anfrage ist eine Chronik des Versagens der Landesregierung. – Vielen lieben Dank und Glück auf!

(Vereinzelt Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])