Protokoll der Sitzung vom 13.11.2008

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Medien sind voll mit den Themen „Reiche Eltern für alle“, „Viele Schulen im Land haben keine Leiter“ usw.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Ministerin, wir müssen feststellen, dass es bei Ihrer Bildungspolitik – so muss ich den Unterrichtsausfall, der allein im strukturellen Bereich bei 800.000 Stunden liegt, werten –, gar kein Wert mehr auf die Inhalte gelegt werden soll, die nämlich bei diesem großen Unterrichtsausfall überhaupt nicht mehr vermittelt werden können.

(Beifall der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, interessant ist immer – wir haben es gerade erlebt –, wie solche Debatten laufen. Es ist alles gut. Es ist alles schön. Wir machen schon alles. Mir ist wieder mein Spruch eingefallen, nämlich vielleicht noch nicht genug. Herr Hering ist nicht mehr da. Wenn dein Huhn stirbt, bringt dir Kurt Beck ein neues. Hier dachte ich an eine weitere Zugverbindung.

Frau Ahnen, das könnte man aber auch auf Ihren Bereich übertragen. Ganz gleich, wo und wann sagen Sie, alles ist wunderbar, alles ist Friede, Freude, Eierkuchen. Alles ist eitel Sonnenschein. Die CDU hat nicht recht. Die VWE erzählt etwas, was nicht stimmt. Bei der GEW weiß man nicht, ob diese so richtig liegt. Viele sagen etwas.

Frau Ahnen, dann fragt man Sie, wie kommt das eigentlich, dass die Zahlen, die wir haben, anders als diejenigen sind, die Sie haben.

Dann sagen Sie: Ich kann ja meine Zahlen gar nicht so erheben, wie ich das wollte, weil ich dafür das System vor Ort gar nicht habe. Wenn wir dann sagen, wir wollen die Lehrerinnen und Lehrer und die Schulleiter vor Ort fragen, dann bekommen wir – über das Land verteilt – die Antwort: Wir sagen einmal lieber nichts; denn ansonsten bekommen wir direkt einen Anruf aus dem Ministerium. – Das ist keine Transparenz in der Schulpolitik.

(Beifall der CDU)

Frau Ministerin, zur Transparenz kann ich Ihnen noch eines sagen. Das ist jetzt einmal etwas Zusätzliches zu dem, was wir schon in unserer Pressekonferenz in dieser Woche verkündet haben. Sie haben immer wieder vorgetragen, in der Grundschule gebe es keine Probleme. Wenn ich mir aber Zahlen von einer ausgewählten Schule anschaue, die ich gerade bekommen habe, die ich Ihnen nachher gerne gebe, dann stellen wir fest, dass durch Zusammenlegung von Klassen und durch den temporären Unterrichtsausfall alleine in dieser Woche 7,2 % regulär zu erteilender Unterricht nicht stattfindet.

Frau Ahnen, das ist in unserem Beritt, in unserem Land, in dem wir nur eine Ressource haben, nämlich die Bildung, in dem wir nur unsere Köpfe haben, ein Armutszeugnis und zeigt keinerlei Nachhaltigkeit in der Bildungspolitik.

(Beifall der CDU)

Ich möchte Ihnen ein Beispiel aus Neuwied nennen, das zeigt, wie weit wir schon sind. In Neuwied hat eine Elterninitiative den ausfallenden Unterricht mit dem geschlossenen Besuch ganzer Schulklassen in der Volkshochschule kompensiert. Die Eltern konnten das dann bezahlen, weil die Volkshochschule dafür natürlich etwas an Gebühr genommen hat. Frau Ahnen, ich frage Sie aber im Ernst, unabhängig von der Situation, dass wir in Rheinland-Pfalz bei jedem vierten Kind Nachhilfe haben, die auch bezahlt werden muss: Ist das wirklich eine nachhaltige Bildungspolitik, wenn Eltern Ersatzunterricht geben lassen müssen, dies bezahlen müssen, ist das noch ein sozialgerechtes System? – Ich sage: Nein. –

(Beifall der CDU)

Dann kommt Frau Ahnen auf die Idee und sagt: Das hat doch alles seine Gründe. Die Lehrer liegen doch nicht auf der Straße und laufen dort nicht herum. Woher sollen wir sie denn nehmen? Wir können doch diesen Unterrichtsausfall gar nicht so schnell abbauen. –

Dann schimpft sie zunächst einmal – das war ganz beeindruckend – auf die Hessen. Die Hessen würden in Rheinland-Pfalz Plakatierungen und Werbung vornehmen und Lehrerstellen bzw. Referendarstellen anbieten, wenn man nach Hessen kommt (und dort auch noch besser bezahlt wird).

Dann höre ich von Ihnen, Frau Ahnen, als einzige Antwort: Wenn diese bösen Hessen hier keine entsprechende Plakatierung machen würden, hätten wir hier mehr Lehrer. – Nein, Frau Ahnen, das ist falsch. Wenn bei uns der Lehrerberuf attraktiver wäre und Sie dafür Sorge tragen würden, dass diejenigen, die jetzt Abitur machen, auch eine Perspektive sehen, wenn sie auf Lehramt studieren und hinterher das Referendariat machen, dann hätten Sie dieses Problem gelöst. Nur, Sie lösen es nicht. Sie reden es weg. Sie legen es nebenhin, und das akzeptieren wir nicht.

(Beifall der CDU)

Dann geht es weiter. Referendariatsplätze: Frau Ahnen, ich habe das schon in der Pressekonferenz in dieser Woche mitgeteilt. Im Land Rheinland-Pfalz haben wir über 700 Bewerber, die als Referendare abgelehnt wurden.

(Glocke des Präsidenten)

So schnell geht die Zeit herum? Dann werde ich das Weitere im zweiten Teil sagen und mich vor allem auch zu der Frage äußern – das wird noch eine spannende Diskussion werden –, was mit den PES-Kräften ist, also mit denjenigen, die eigentlich gar nicht die Qualifikation haben, Unterricht zu halten und die ebenfalls noch dafür genommen werden, den Unterrichtsausfall schönzureden. Das kann auch nicht Realität sein.

Die zweite Rederunde kommt bestimmt.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Herr Kollege Lang.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! In Rheinland-Pfalz gibt es mehr als 1.600 allgemeinbildende Schulen. In diesem Schuljahr beträgt die Unterrichtsversorgung durchschnittlich 98,3 %,

(Bracht, CDU: Die Statistik von der Regierung! – Dr. Mittrücker, CDU: Das glauben die auch noch!)

und zwar für den Pflichtunterricht, für den Bereich der Förderung und für den Bereich der Differenzierung.

(Beifall bei der SPD)

Was fehlt also an der höchsten Stufe der Vollkommenheit? An der höchsten Stufe der Vollkommenheit fehlen 1,7 %. Wer sich vor diesem Hintergrund in hysterischer Form, in Mimik und Gestik, in übertriebener Rhetorik in Positur setzt, macht sich lächerlich.

(Beifall der SPD)

In diesem Schuljahr sind 865 Lehrkräfte in den Ruhestand getreten. 865 Stellen sind neu besetzt worden. Darüber hinaus sind 220 Lehrerstellen in diesem Schuljahr völlig neu entstanden und besetzt worden. Im letzten Jahr waren es 240 neue zusätzliche Stellen. Das macht zusammen 460 Stellen. Das war das Kernstück des Bildungshaushalts 2007/2008. Diesen haben wir im Dezember 2006 beraten und beschlossen.

Sie von der CDU-Fraktion haben mit Nein gestimmt. Sie haben keinen Alternativantrag gestellt.

(Baldauf, CDU: Das ist nicht wahr! – Zurufe des Abg. Keller, CDU)

Es wäre Ihr gutes Recht gewesen, einen Alternativantrag zu stellen und zu sagen: Das ist die Finanzierung, so viel wollen wir mehr haben. – Sie haben es nicht getan.

(Beifall der SPD)

Ich wiederhole: Wer sich dann hier in hysterischer Form mit übertriebener Mimik, Gestik und Rhetorik in Positur setzt, der macht sich lächerlich.

(Beifall der SPD)

Was die beiden kommenden Haushaltsjahre angeht, so finden Sie im Entwurf des Doppelhaushalts jeweils 190 zusätzliche Stellen. Mit anderen Worten, die Realschule plus wird gute Startbedingungen vorfinden.

An dieser Stelle ist auch ein Blick zurück angebracht. Seit 1991, seitdem Sozialdemokraten die Regierungsverantwortung tragen, sind insgesamt sage und schreibe rund 5.000 zusätzliche Lehrerstellen geschaffen und besetzt worden. Das war ein Kraftakt.

(Beifall der SPD)

Zur Beschreibung der Wirklichkeit gehört auch, dass es deutliche Aufstockungen bei den Mitteln für Aushilfs- und Vertretungskräfte gab und auch in Zukunft geben wird. Im Vergleich zu 2008 – schauen Sie in den Haushaltsentwurf – ist es ein Plus von 7,3 Millionen Euro, 2010 im Vergleich zu 2008 ein Plus von 8,3 Millionen Euro.

Rheinland-Pfalz hat gewaltige Anstrengungen unternommen, um die Plätze im Vorbereitungsdienst für Lehrämter aufzustocken. Zwischen März 2002 und März 2008 ist die Zahl der Anwärter um 35 % gestiegen.

(Herr Dr. Gölter zeigt sich auf der Zuschauertribüne)

Ich grüße Sie, Herr Dr. Gölter.

(Heiterkeit)

Blickt man auf die Gymnasien, so fand eine Steigerung um 65 % statt. Bezieht man die Seminarplätze für Seiteneinsteiger mit ein, so waren es 90 % mehr.

Meine Damen und Herren, diese Aufstockung ist ein Kraftakt.Ich möchte an dieser Stelle insbesondere den

Ausbildungsschulen danken, die sich mächtig für den Lehrernachwuchs ins Zeug legen.

(Beifall der SPD)

Bei dieser Aufstockung wird es nicht bleiben. Unsere Absicht ist, zusätzliche Seminarplätze für Lehramtsanwärter an Gymnasien einzurichten, da der Bedarf nochmals gestiegen ist.