in einem Jahr mehr als 800.000 Menschen hier Schutz und Lebensperspektive suchen. Als Finanzministerin stehe ich in besonderer Verantwortung für die finanzielle Bewältigung dieser Herausforderung. Aber gerade weil ich um die Größe dieser Aufgabe weiß, gestatten Sie mir eine persönliche Bemerkung: Es ist auch ein großer Vertrauensbeweis und eine hohe Wertschätzung, die man uns entgegenbringt, wenn 70 Jahre nach Kriegsende so viele Menschen Deutschland als sicheren Hafen unter persönlichen Gefahren ansteuern.
Ich möchte in einem Land leben, das Hilfe leistet. Wer Hilfe braucht, soll bei uns Hilfe bekommen. Hierin ist sich die Landesregierung einig. Ich denke, dieses Haus ist sich darin einig und – wie das Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger vor Ort beweist – auch die Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer.
Wir handeln dementsprechend auch in der Bereitstellung der notwendigen Haushaltsmittel. Wir haben auf die Herausforderungen der vergangenen Monate schnell und konsequent reagiert, zunächst im gerade verabschiedeten Nachtragshaushalt 2015 und nun auch mit dem Regierungsentwurf zum Haushalt 2016.
Ja, es ist eine große Herausforderung, die wir meistern wollen. Keiner von uns ist blauäugig, schon gar nicht, wenn es neben der großen Hilfsbereitschaft um Sorgen, Befürchtungen und manchmal auch Ängste geht. Diese Ängste lassen sich nur überwinden, indem wir auf die Menschen, die Hilfe suchend zu uns kommen, zugehen, sie integrieren und als künftige Nachbarn und Freunde kennenlernen.
Es entspricht auch unserem Sicherheitsgefühl, dass wir mehr über die Menschen erfahren, die zu uns kommen, gerade weil wir eine offene und damit verletzliche Gesellschaft sind und auch eine solche bleiben wollen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, insgesamt müssen wir schneller werden. Wir wollen diejenigen, die bleiben können, schnell integrieren. Wir müssen denjenigen, die nicht bleiben können, die zugegebenermaßen schlechte Nachricht schneller überbringen. Deshalb ist die Beschleunigung der Asylverfahren unerlässlich. Die Entscheidungen des Bundesamts sind das Nadelöhr. Hier muss die Bundesregierung Wort halten.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Erstaufnahmeeinrichtungen und in den Kommunen, die Tausenden von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern arbeiten bis an ihre Belastungsgrenze. Das ist in allen Ländern so. Deshalb muss die Bundesregierung eine schlüssige Antwort geben, wie sie auf die Einreiseentwicklung reagiert.
Parallel dazu müssen wir, wie es die Ministerpräsidentin bereits angekündigt hat, auch unsere Anstrengungen zur Integration auf allen Ebenen forcieren. Wir arbeiten an diesem Thema mit großer Kontinuität ressortübergreifend, und wir reagieren schnell auf neue Bedarfe.
Wir haben eine abgestimmte Strategie, weil Integration für uns der Schlüssel zu einem guten Zusammenleben ist. Dabei sollten wir auch die Chancen für unser Land sehen, die sich durch die Neuankömmlinge ergeben. Sie bringen einen reichen Erfahrungsschatz mit, sie werden uns kulturell bereichern.
Sie kommen in einer Situation, in der wir zunehmend Probleme bekommen, Arbeitsplätze zu besetzen. Die demografische Situation Deutschlands ist nicht gerade komfortabel. Ab 2020 werden die geburtenstarken Jahrgänge vermehrt in den Ruhestand eintreten. Die Jahrgänge, die sie am Arbeitsmarkt ersetzen werden, sind im Schnitt 35 % kleiner als die Jahrgänge, die in den Ruhestand gehen.
Wir haben allen Grund, Menschen, die nicht in ihrer Heimat bleiben können, die guten Willens sind und einen Neuanfang wagen wollen, die Chance zu eröffnen, sich hier ein neues Leben aufzubauen.
Wir sollten ihnen daher realistische Perspektiven bieten, und wir sollten dies möglichst schnell tun. Zentral dafür ist zunächst die Vermittlung der deutschen Sprache, die Integration in unsere Schulen, die berufliche Ausbildung, die Hochschulen, in den Arbeitsmarkt und unsere Vereine. Vieles davon passiert schon in Initiativen vor Ort.
Das Land hat in diesem Schuljahr die Zahl der DeutschIntensivkurse um 84 auf insgesamt 235 aufgestockt. Erwachsene Flüchtlinge erhalten erste Deutschkurse bereits in den Erstaufnahmeeinrichtungen.
Dort werden in Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit die Flüchtlinge auch gezielt beim Zugang zum Arbeitsmarkt unterstützt. Mit einem 5-Punkte-Programm der Landesregierung und der rheinland-pfälzischen Hochschulen soll es den Flüchtlingen ermöglicht werden, möglichst schnell und unkompliziert ihr Studium fortzusetzen oder ein Studium aufzunehmen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, für die Versorgung und Unterbringung von Asylsuchenden haben wir im Regierungsentwurf für diesen Haushalt insgesamt 165 Millionen Euro Landesmittel vorgesehen. Dabei war und ist klar, dass dieser Betrag alleine nicht ausreichen wird. Klar war bei der Haushaltsaufstellung, dass der Bund aufgrund der zwischen den staatlichen Ebenen stark verschobenen Ausgabenbelastung zusätzliche Mittel bereitstellen musste. Unbekannt war, in welcher konkreten Höhe und über
Wir haben an dieser Stelle flexibel geplant und im Regierungsentwurf einen Leertitel für Einnahmen und Ausgaben vorgesehen, die die landesseitig veranschlagten Mittel nochmals deutlich verstärken werden. Mit welchen konkreten Beträgen wir rechnen können, ist erst seit dem 24. September klar.
Die in der vergangenen Woche vereinbarten Bundeszahlungen verstärken die landesseitig bereitgestellten Gelder zunächst um 158 Millionen Euro. Der Bund stellt für die Zeit von der Erstregistrierung bis zur Erstentscheidung über den Asylantrag monatlich 670 Euro je Flüchtling bereit. Für abgelehnte Asylbewerber will er einen weiteren Monat die Pauschale zahlen.
Für die Abschlagszahlung 2016 geht er von durchschnittlich 5,5 Monaten und 800.000 Asylbegehrenden aus. Damit stehen Ländern und Kommunen zunächst 2,9 Milliarden Euro bundesweit und 141,5 Millionen Euro in Rheinland-Pfalz zur Verfügung. Die Abschlagszahlungen sollen 2017 anhand der tatsächlichen Flüchtlingszahl und tatsächlichen Dauer bis zur Erstentscheidung abgerechnet werden.
Für die kostenaufwendige Unterbringung und Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge stellt der Bund jährlich 350 Millionen Euro zur Verfügung. Das Land erhält davon 16,8 Millionen Euro. Zudem werden die Pauschalzahlungen für die in 2015 bislang deutlich unterschätzten Finanzierungsnotwendigkeiten um eine weitere Milliarde angehoben und voraussichtlich noch dieses Jahr ausgezahlt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die vom Bund zugesagten Mittel sind kein Geschenk und auch kein Almosen an die angeblich immer nur klagenden Länder und Kommunen. Der Bund kommt an dieser Stelle seiner Verantwortung angemessen nach.
Aufgaben- und Ausgabenzuwächse, wie sie mit der Verachtfachung der Flüchtlingszahlen innerhalb von zwei Jahren einhergehen, berühren die Regeln der innerstaatlichen Finanzverteilung. Die Hauptlast der Unterbringung und Versorgung trifft Länder und Kommunen. Hierfür stehen den Ländern nach dem Grundgesetz höhere Anteile an der Umsatzsteuer zu. Der Bund kommt dabei auch seiner Verantwortung nach, Länder und Kommunen mit den Folgen internationaler und europäischer Außenpolitik nicht alleine zu lassen, und er steht zu seiner Verantwortung für die Dauer der Erstentscheidung über Asylanträge.
Wir werden die vom Bund nun bereitgestellten Mittel aufgabenangemessen und fair den Landesaufgaben und den kommunalen Aufgaben zuordnen und entsprechend verteilen. Niemand, wirklich niemand, bestreitet die sehr große Belastung der Kommunen. Aber niemand, wirklich niemand, kann bestreiten, dass auch das Land vor große finanzielle Herausforderungen gestellt ist, und niemand hat bisher bestritten, dass ein zügiger Aufbau der Erstaufnahmekapazitäten des Landes mit dem Ziel eines längeren Verbleibs der Asylsuchenden in den Erstaufnahmeeinrichtungen der beste Weg ist, die Last der Kommunen abzu
Anfang dieses Jahres verfügte das Land über 1.900 Plätze, bis Ende des Jahres sollen es mindestens 15.000 Plätze sein. Das ist eine Verachtfachung mit den entsprechenden finanziellen Konsequenzen. Deshalb suchen wir eine faire Verteilung der Bundesmittel mit den Kommunen.
Hierzu haben wir erste Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden geführt. Wir wollen die Bundesvereinbarung 1 : 1 auf die Kommunen übertragen. Für Flüchtlinge, die sich in den Kommunen befinden und für die sich der Bund an den Kosten beteiligt, soll die Pauschale auf 670 Euro angehoben werden. Das Land sagt den Kommunen schon jetzt zu, die erhöhte Pauschale bei längerer Verfahrensdauer als vom Bund angenommen bereits bei den Abrechnungen zu zahlen.
Auch über die Einmalzahlung des Bundes für 2015 in Höhe von 48 Millionen Euro sind wir mit den Kommunen im Gespräch. Die Kosten für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge werden ohnehin vom Land übernommen.
Daneben hat der Bund die Überlassung der frei werdenden Mittel aus dem Betreuungsgeld für die nächsten drei Jahre zugesagt. Das sind bundesweit knapp 2 Milliarden Euro und 95 Millionen Euro für Rheinland-Pfalz. Davon werden 2016 rund 16 Millionen Euro und in den beiden Folgejahren jeweils rund 40 Millionen Euro fließen. Auch in diesem Fall haben wir den Kommunen ein faires Angebot unterbreitet.
Klar ist – darin sind wir uns einig –, dass das Geld von Land und Kommunen zweckgebunden für die Kinderbetreuung eingesetzt wird. Die Kommunen sollen einen pauschalen Anteil flexibel für ihre Bedarfe verwenden können. Das Land setzt die verbleibenden Mittel für Investitionen und andere Mehrbedarfe beim Ausbau der Kindertagesstätten ein.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch zu einem aus meiner Sicht ebenfalls sehr bedeutenden Punkt kommen. Die hohe Nachfrage nach preiswertem Wohnraum in Ballungsgebieten, verstärkt durch die steigende Zahl der Flüchtlinge und die diesbezügliche öffentliche Diskussion, unterstreicht, dass es an der Zeit ist, neue Impulse für den Wohnungsbau, insbesondere für die soziale Wohnraumförderung, zu setzen.
Jetzt hat auch der Bund Verbesserungen bei der Förderung des sozialen Wohnraums von 500 Millionen Euro bis 2019 zugesagt. Hiervon entfallen auf Rheinland-Pfalz 18,7 Millionen Euro. Wir werden diese Mittel zusätzlich zur Schaffung von preiswertem Wohnraum in Gebieten mit angespannter Wohnungslage einsetzen. Die Anzahl der zu fördernden Wohnungen im Haushalt 2016 soll 4.200 Wohnungen erreichen.
Dies kann nur funktionieren, wenn alle Akteure am Wohnungsmarkt an einem Strang ziehen. Wir werden ein Landesbündnis für bezahlbaren Wohnraum in Rheinland-Pfalz ins Leben rufen. Ich werde hierzu kurzfristig den kommunalen Bereich, die wohnungswirtschaftlichen Verbände und Einrichtungen sowie die Architektenkammer und viele andere an den Tisch bitten, sodass wir mit hochgekrempelten Ärmeln an diese herausfordernde Aufgabe herangehen können. Schon in diesem Jahr haben wir im Übrigen die Kommunen bei der Bereitstellung von geeigneten Immobilien für Flüchtlingsunterkünfte unterstützt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, niemand kann heute mit Bestimmtheit sagen, wie viele Flüchtlinge sich 2016 auf den Weg zu uns begeben werden. Unsicher ist auch, wie die auf europäischer Ebene und auf Bundesebene eingeleiteten und derzeit auch aktuell diskutierten Maßnahmen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise greifen werden. Wir werden auf geraume Zeit auch im Landeshaushalt teilweise auf Sicht fahren müssen. Die Herausforderung der aktuellen Flüchtlingsentwicklung zeigt, wie schnell Situationen auftreten, in denen der Staat handeln muss, in denen die Bürger zu Recht erwarten, dass die Herausforderung beherzt angegangen wird, die notwendigen Ausgaben getätigt und finanziert werden. Hierzu braucht der Staat den notwendigen Handlungsspielraum. Ohne die bisherige erfolgreiche Konsolidierung wäre dieser Handlungsspielraum nicht in dem notwendigen Maße vorhanden.
Es zeigt sich, wie richtig und wichtig die bisherigen Konsolidierungsanstrengungen waren. Das Beispiel der heutigen Flüchtlingssituation macht aber auch deutlich, dass Sparen an sich kein Selbstzweck ist. Die Bürger haben uns gewählt und können von der Landesregierung erwarten, dass sie den Aufgaben in gebotenem Maße und wirtschaftlich nachkommt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem Entwurf für den Haushalt 2016 legen wir Ihnen auch die Finanzplanung 2015 bis 2020 vor. Wie Sie wissen, verpflichtet uns die Schuldenbremse, unsere Haushalte in den Ländern so aufzustellen, dass in 2020 der ausgeglichene Haushalt verwirklicht wird. Der Landtag hat dies, wie bereits erwähnt, in unsere Landesverfassung aufgenommen.
Die Finanzplanung zeigt, dass wir uns auf einem guten Weg zum ausgeglichenen Haushalt befinden. Zwei Drittel der Konsolidierungsaufgaben von 2011 sind erledigt.