Insgesamt wird man sich im Nachgang zur Verkündung des Bundesverfassungsgerichtsurteils zum ZDF-Staatsvertrag einige Staatsverträge kritisch anschauen müssen. Ich bin nach den Einlassungen bei der mündlichen Verhandlung allerdings zuversichtlich, dass wir mit unseren SWR-Staatsvertrag bereits heute sehr gut aufstellt sind.
4. Zur Transparenz: Wichtig ist mir auch, die umfangreichen Transparenzvorgaben zu erwähnen, die nunmehr im Staatsvertrag Eingang gefunden haben. Die Sitzungen des Rundfunkrates sind grundsätzlich öffentlich, und die Beschlüsse samt Beratungsgrundlagen sind ebenfalls öffentlich zugängig zu machen. Zu dieser Transparenz gehört auch, dass wir staatsvertraglich verankert haben, dass der SWR künftig in seinem Geschäftsbericht den Umfang der Auftrags- und Koproduktionen mit abhängigen und unabhängigen Produktionsunternehmen darzustellen hat.
Die Einführung des Redaktionsstatuts stellt eine weitere wichtige Neuerung dar. Die Beschäftigten in den Redaktionen erhalten hierdurch mehr Mitwirkungsmöglichkeiten, was die journalistische Unabhängigkeit des SWR stärkt, insbesondere in diesem Statut die Festsetzung des Verfahrens bei Konflikten mit den Vorgesetzten, sofern diese Programmfragen oder Fragen im Hinblick auf das sonstige Angebot betreffen.
Ein weiteres wichtiges Anliegen ist uns die Stärkung der Repräsentanz von Frauen in den Gremien. Dementsprechend sind verbindliche Vorgaben für einen höheren Frauenanteil im Rundfunkrat und im Verwaltungsrat vorgeschrieben.
Im Hinblick auf die Zukunftsfähigkeit des SWR erfolgt die Flexibilisierung der Organisationsstruktur durch den Verzicht auf starre staatsvertragliche Vorgaben. Stattdessen legen die Gremien der Anstalt selbstständig ihre Organisationsstrukturen je nach Detailierungsgrad in der Hauptsatzung oder in einer Organisationsverfügung fest.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach dem breiten politischen und gesellschaftlichen Diskurs hat sich der Abbau der starren staatsvertraglichen Strukturvorgaben für den SWR als notwendig erwiesen. Unser Ziel der erfolgreichen Positionierung des SWR als modernes Medienunternehmen setzt eben auch voraus, dass dieser flexibel auf die Herausforderungen der Digitalisierung und der Konvergenz reagieren kann. Vor diesem Hintergrund müssen die wesentlichen Entscheidungen der Selbstverwaltung des SWR obliegen.
Es ist ein zeitgemäßer Staatsvertrag, der Transparenzvorgaben macht, die Gleichstellung von Frauen und Männern vorsieht und den Interessen der Beschäftigten sowie der gebotenen Staatsferne der Gremien Rechnung trägt. Insofern freue ich mich auf die Beratungen in den Ausschüssen. Ich würde mich sehr darüber freuen, wenn das Parlament nach der Beratung diesem Staatsvertrag im Dezember seine Billigung geben würde.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Staatsvertrag, über dessen Novellierung wir heute im Parlament zu diskutieren beginnen, datiert aus dem Jahr 1997. Er war die Voraussetzung für die Fusion der beiden Rundfunkanstalten Süddeutscher Rundfunk und Südwestfunk im Jahr 1998.
Allein die Zeitspanne, also 16 bzw. 15 Jahre, die seitdem vergangen ist, macht deutlich, dass es einer grundlegenden Überarbeitung dieses Gesetzeswerks bedurft hat. In diesen 16 Jahren hat, wie wir alle wissen, ein tief greifender technologischer Wandel insbesondere im Bereich der Medien stattgefunden. Es hat auch rasante Änderungen im Mediennutzungsverhalten gegeben. Im Zeitraum seit 1997 respektive seit 1998 hat es allein zwölf Rundfunkänderungsstaatsverträge gegeben. Die Zahl der Rundfunkänderungsstaatsverträge macht deutlich, dass es dringend geboten war, zu einer – ja, man kann sagen – Synchronisierung zwischen SWR
Die Regelungsmechanik der beiden Bereiche stimmte nicht mehr in allen Punkten reibungslos miteinander überein. Das betrifft den ganzen Bereich der Telemedien, die Frage der kommerziellen Aktivitäten einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt und die Frage der Beteiligungskontrolle von Rundfunkunternehmen. Das alles – Frau Ministerpräsidentin, ich meine, da sind wir alle einer Meinung, und da stimmen wir Ihnen auch zu – hat nichts mit richtig oder falsch zu tun, sondern hat etwas mit notwendig und überfällig zu tun.
Hinzu kommen die notwendigen Anpassungen beim SWR-Programmauftrag. Da geht es dann mehr ins Inhaltliche. Wir regeln mit dem neuen Staatsvertragsentwurf – das ist jedenfalls so vorgesehen – das Jugendradio „DASDING“, das es vorher schon gegeben hat. Es wird jetzt auf eine einwandfreie gesetzliche Grundlage gestellt. Wir regeln das Digitalangebot von „SWRinfo“, das es vordem als „SWR Contra“ gegeben hat. Das stellt sich jetzt auf die neuen Erfordernisse der Digitalisierung ein.
Das alles ist jetzt nicht mehr landesspezifisch in Gesetzeswerken in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz geregelt, also in den Landesmediengesetzen, sondern das ist jetzt insgesamt geregelt für diese Zwei-LänderAnstalt.
Zu nennen sind – Sie haben das auch angesprochen, wobei ich das nicht alles wiederholen möchte, aber ich möchte noch einige Punkte anführen – bestimmte Regelungen, die im Sinne einer größeren Flexibilität und der Verbesserung der Möglichkeit, auf schnell wechselnde Anforderungen zu reagieren, von der Regelung auf der Staatsvertragsebene in das Selbstverwaltungsrecht der Anstalt mit Zustimmung der Gremien in das Satzungsrecht der Anstalt selbst überführt werden. Das betrifft im Wesentlichen den Zuschnitt der Direktionsbereiche und die Produktionsvorgaben für die Standorte Stuttgart, Baden-Baden und Mainz.
Es hat – gestatten Sie mir diese kurze Anmerkung – in Baden-Baden massive Beschwerden gegeben. In Baden-Baden ist angemahnt worden, man solle doch die Standorte Baden-Baden, Mainz und Stuttgart gleich behandeln. Aus meiner Sicht kann ich nur sagen, das ist ein spannendes Ansinnen. Dem können wir direkt zustimmen. Dann hätten wir in Mainz als Standort noch erheblichen Nachholbedarf.
Insofern sollte man im Hinblick auf die Standortarithmetik aus baden-württembergischer Sicht eine eher realistisches Folie auf die ganze Sache legen; denn bei aller guten Nachbarschaft ist der Standort Mainz für diese Zwei-Länder-Anstalt wohl unbestritten, da ich mir nicht vorstellen kann, das irgendjemand auf die Idee kommt, den zweiten Standort dieser Zwei-Länder-Anstalt nach Baden-Baden zu verlegen.
Es gibt aber einige kritische Punkte, die anzumerken sind, über die wir im Zuge der weiteren parlamentari
schen Beratungen reden müssen. Darauf würde ich gerne in meinem zweiten Zeitabschnitt zu sprechen kommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Weiland hat es bereits gesagt, der uns vorliegende novellierte Staatsvertrag löst nach 15 Jahren den ersten Staatsvertrag ab, der damals durch die Fusion gegeben war. Für die Abgeordneten meiner Fraktion kann ich sagen, dass wir in der Vorbereitungsphase im Ausschuss für Medien und Netzpolitik die ganze Zeit durch die Staatskanzlei sehr gut informiert worden sind. Deshalb gilt mein Dank vor allen Dingen Frau Staatssekretärin Kraege für die gute Unterrichtung.
Auch in unseren Augen legt der vorliegende Staatsvertrag die Grundlagen für einen modernen und multimedialen Sender. Er ist nun durch den neuen Rechtsrahmen gut für die Zukunft gerüstet, um sich den Herausforderungen zu stellen, die auch Herr Dr. Weiland genannt hat. Wir wissen, dass sich die mediale Welt rapide verändert. Darauf muss man auch flexibel reagieren.
Wir haben dem Sender durch den Rechtsrahmen flexiblere Strukturen und mehr Transparenz nach innen und außen gegeben. Dadurch wird er neu gestärkt. Dadurch werden aber auch mehr Vorgänge in die Selbstverwaltung des Senders gegeben. So entfallen zum Beispiel auch die Produktionsvorgaben für bestimmte Standorte. Dies hat allerdings zur Folge, dass zahlreiche Regelungen über eine Hauptsatzung und eine Organisationsverfügung geregelt werden müssen. Das sind große Aufgaben, die in nächster Zeit an den Sender, aber auch die Gremien gestellt werden.
Eine klare Forderung unserer Fraktion ist, dass die regionale Identität auch weiterhin in dem Programm des Senders eine herausragende Rolle übernehmen muss. Das betrifft die Hörfunkprogramme und auch das Fernsehprogramm. Im gemeinsamen Fernsehprogramm für beide Länder ist ein Anteil von mindestens 30 % als gesonderter in der Regel zeitgleich zu sendender Landesanteil enthalten. Wir begrüßen das ausdrücklich; denn ich denke, gerade der kleine Partner RheinlandPfalz findet sich bei diesen 30 % und der zeitgleichen Sendung dann erkennbar wieder.
Der SWR bleibt ein starker regionaler Sender. Dies wird auch dadurch beibehalten, dass ein klares Bekenntnis zu den Standorten in den beiden Landeshauptstädten Mainz und Stuttgart sowie auch zum Standort BadenBaden stattfand. Ich meine, gerade auch die Verortung der lokalen Studios schlägt weiterhin eine Brücke in die Region des Landes und zu ihren Menschen.
Die Gremienbesetzung war ein viel diskutierter Punkt. Ich war bei der Anhörung dabei. Das war vor allen Dingen in Baden-Württemberg ein Diskussionspunkt. Hier wurden die Bestimmungen zur Entsendung der Gremienmitglieder heiß diskutiert.
Gerade vor dem Hintergrund des beim Bundesverfassungsgericht laufenden Verfahrens, das sich mit der Fragestellung auseinandersetzt, wie viel staatliche Vertreter in den Aufsichtsgremien sitzen dürfen, sind wir mit dem vorliegenden Gesetz absolut auf dem richtigen Weg, um in den Aufsichtsgremien das Gebot der Staatsferne umzusetzen.
Natürlich könnte es sein, dass wir, je nachdem, wie das Urteil zu Beginn des Jahres ausfällt, nachjustieren müssen; denn nach dem Grundgesetz soll der Staat keinen bestimmenden Einfluss auf das Programm haben, weshalb das Programm von gesellschaftlich relevanten Gruppen bestimmt werden soll.
In allen Aufsichtsgremien und besonders im Rundfunkrat, dem die Überwachung der pluralen Programmgestaltung des Senders obliegt, haben wir diese Forderung aufgegriffen. Um der Modernität der Gesellschaft – diese wandelt sich ständig – gerecht zu werden, haben Muslime in Baden-Württemberg und Sinti und Roma in Rheinland-Pfalz neben den Vertretern von Kirchen, Verbänden, Institutionen und gesellschaftlichen Gruppen einen Sitz bekommen.
Um der Staatsferne gerecht zu werden – das ist die Forderung –, dürfen nur noch vier Mitglieder des Rundfunkrats unmittelbar aus den Reihen der Parteien kommen. Auch die mittelbare Entsendung durch andere Gremien entfällt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der vorliegende Entwurf des neuen SWR-Staatsvertrags gibt die Grundlage, den SWR demokratischer und moderner zu gestalten. Ich glaube, dass die beiden neuen Landesregierungen einen sehr guten Staatsvertrag vorgelegt haben.
Wir bekommen die Diskussion in Karlsruhe vor dem Bundesverfassungsgericht mit, was die Staatsferne angeht. Es gehört schon etwas dazu, wenn sich zwei
Landesregierungen im Vorgriff auf ein zu erwartendes Urteil selbst ein Stück weit zurücknehmen und mit diesem Entwurf mehr Staatsferne von sich aus vorschlagen. Die beiden Landesregierungen geben ihre Sitze im Rundfunkrat ab, sodass, auch wenn es vielleicht manchen schmerzt, Mitglieder der Parlamente und politische Beamte nicht mehr von anderen gesellschaftlichen Gruppen benannt werden dürfen.
Ein wichtiger Punkt ist auch, dass die Zuständigkeiten der Gremien zwischen Rundfunkrat und Verwaltungsrat trennschärfer formuliert worden sind, sodass die Zuständigkeiten, die Verantwortlichkeiten und Entscheidungsstrukturen klarer werden. Das ist auch ein wichtiges Gebot von mehr Transparenz im Sender.
Uns ist die bessere Repräsentanz von gesellschaftlichen Gruppen zur Abbildung der gesellschaftlichen Realität im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein wichtiges Anliegen. Zuvorderst sind das angestrebte Ziel der gleichberechtigten Repräsentanz der Geschlechter in den Gremien des SWR und gleichzeitig auch die zeitgemäße Vertretung gesellschaftlicher Gruppen, wie der Musliminnen und Muslime, zu nennen. Ich finde es vor dem Hintergrund aktueller bundes- und europaweiter Diskussionen beispielhaft, dass Rheinland-Pfalz den frei gewordenen Sitz der Landesregierung an den Landesverband der Sinti und Roma übergibt.