Protocol of the Session on January 22, 2004

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Ich habe mich ein bisschen über den Kollegen Feddersen gewundert, der hier über das lacht, was wir einbringen, und seine Insel Pellworm als Insel für Fahrradfahrer verkauft. Ich habe gemerkt, dass der Kollege Maurus sehr still war; denn er weiß sehr genau, welche Bedeutung der Fahrradverkehr auf der Insel Sylt hat.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben uns vor Jahrzehnten geärgert, dass die Leute, die zum Strand gefahren sind, von Dikjen-Deel bis Hörnum runtergeparkt haben und auf dem nördlichen Teil der Insel auch noch. Heute gibt es auf der Insel eine wirkliche Fahrradkultur: Jeder Dritte, der mit dem Auto rüberkommt, nimmt seine eigenen Fahrräder mit. Es gibt jede Menge Fahrradverleihe auf der Insel; die sind da zu einem richtigen Wirtschaftszweig geworden.

Ich bitte auf dieser Seite des Hauses um etwas mehr Sachlichkeit.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Zurufe von der CDU)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Benker.

Nach den Einlassungen von CDU und FDP hatte ich den Eindruck, dass Sie sich an der Diskussion und an dem Politikfeld Radverkehr nicht beteiligen wollen. Sonst hätten Sie sich hier nicht so präsentiert.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es ist immer noch nicht rübergekommen, dass es hier nicht nur um Tourismus geht, sondern um den allgemeinen Fahrradverkehr. Herr Harms hat das völlig richtig analysiert.

Bei Ihnen war immer nur von Landes- und Bundesstraßen die Rede, die ich zwar von der Ausstattung her zitiert habe. Wir haben aber eine gleiche Anzahl von Kreisstraßen und wir haben noch erheblich mehr Gemeindestraßen. Unser Antrag soll auch dazu dienen, die Nahtstelle zwischen Kommunen, Kreisen und Land zu schließen.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Denn es bleibt in der Radverkehrsplanung viel zu viel dem Zufall überlassen. Zum Beispiel wird der Ausbau von Entwässerungskanälen nicht mit dem Bau von Radwegen verbunden. Warum eigentlich nicht? Die Landesbehörde erfährt gar nicht, dass die Kommune da „rumwurschtelt“.

(Zurufe von der CDU)

- Ja, ja, das gibt es eben leider.

Das Gleiche gilt für den Ausbau von landwirtschaftlichen Wegen, die unter Umständen mit geringfügigem Aufwand eine Nutzung als Radweg ermöglichen. Diese Verbindung herzustellen, dazu dient unser Antrag.

Ein Letztes, weil das immer ein bisschen lächerlich gemacht wird! Es gibt keine Kosten-NutzenRechnung für Radwege. Das ist das Problem. Bei Straßenbauten wird immer geguckt, sobald die Auslastung erreicht ist, muss vierspurig, sechsspurig und so weiter ausgebaut werden. Das gibt es bei Radwegen nicht, weil Straßen, die gefährlich sind, von Radfahrern eben nicht benutzt werden können und auch nicht benutzt werden.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da kann ich dann sagen: Da fahren keine Radfahrer. Deshalb muss man darüber ein bisschen grundsätzlicher nachdenken.

Dieser Antrag ist nicht als eine Forderung an die Kommunen zu verstehen, sondern er soll auch als Mittel der Motivation dienen, damit die Verbesserung des Radverkehrs immer mehr auch als gemeinsame Aufgabe verstanden wird.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte abschließen mit der Anregung von Herrn Harms, weil ich vorhin Abstimmung in der Sache beantragt habe. Ich schlage vor - weil wir zumindest noch einen Verbündeten haben -, den Antrag an den Ausschuss zu überweisen. Weil wir unter Punkt 12 allerdings einen Bericht fordern, schlage ich vor, bei der Abstimmung differenziert vorzugehen und Punkt 12 in der Sache abzustimmen und die Punkte 1 bis 11 zur Beratung an den Wirtschaftsausschuss zu überweisen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Mir liegen weitere Wortmeldungen zu Kurzbeiträgen vor. Ich erteile zunächst Herrn Minister Professor Dr. Rohwer das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Über einzelne Punkte des Antrages werden wir sicherlich noch im Detail sprechen können. Nicht alles hat die gleiche Priorität, aber über vieles können wir miteinander reden. Ich möchte zunächst an das anknüpfen, was Herr Höppner gesagt hat. Ich glaube nicht, dass dieses Thema geeignet ist, der Lächerlichkeit preiszugeben. Denn man kann dieser Landesregierung - glaube ich - weiß Gott nicht den Vorwurf machen, dass sie nur das eine in der Verkehrspolitik macht, ohne das andere zu lassen.

Was wir versuchen und auch ich persönlich versuche, ist, eine integrierte Verkehrspolitik zu betreiben. Diese scheitert nicht an Schleswig-Holstein, sondern manchmal, wie Sie wissen, lieber Herr Kubicki, an der FDP in Niedersachsen. Ich erinnere hier an die A 20.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir versuchen jedenfalls, nicht einen Verkehrsträger gegen den anderen auszuspielen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sie müssen nicht Ihre falschen Erklärungen wiederholen!)

Das finde ich ganz wichtig.

Die Förderung des Radverkehrs ist gerade für Schleswig-Holstein sehr wichtig. Eine Botschaft, die wir durchaus offensiv und selbstbewusst aussenden können, ist die, dass wir uns in diesem Bereich nicht zu verstecken brauchen.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen sicherlich noch einiges tun, aber wir können mit einem gewissen Stolz sagen, dass Schleswig-Holstein bei der Ausstattung der Bundes- und Landesstraßen mit Radwegen bundesweit schon jetzt den ersten Platz einnimmt. Wir haben an unseren Landesstraßen mehr Radwegkilometer als BadenWürttemberg und Hessen zusammen. Diese Größenordnung zeigt, wie gut wir sind. Die Radfahrer können sich bei uns auf einem 15.500 km langen Radwegenetz bewegen. Davon entfallen übrigens 11.100 km auf nicht klassifizierte Strecken.

Ich will hier auf die bekannteren Radwege, die inzwischen auch touristische Bedeutung haben, nicht eingehen. Ich möchte an dieser Stelle aber darauf hinweisen, dass es mich wundert, dass Sie hier den Eindruck vermitteln, es sei alles nicht so wichtig, während Sie, sobald es um einen Radweg in Ihrer Kommune geht, mir mit sehr vielen Argumenten klarzumachen versuchen, dass gerade dieser Radweg von besonderer Bedeutung ist.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich wäre dankbar, wenn wir in dieser Hinsicht konsistent blieben.

Herr Arp, Sie haben Recht, wenn Sie sagen, dass etwa 100 Anträge vorliegen. Es lagen immer viele Anträge vor. Das wissen Sie aus früheren Jahren. Es liegt in der Natur der Sache, dass nicht allen Anträgen sofort entsprochen werden kann. Das ist immer so gewesen. Es ist auch nicht so - das sage ich hier ganz deutlich -, dass jene 100 Radwege alle von gleich hoher Priorität sind. Auch das wissen Sie. Wir schauen uns die Vorhaben genau an und bringen sie in eine Reihenfolge. Ich finde es schon beachtlich, dass wir trotz knapper Finanzmittel auch im Jahre 2004 mit dem Bau von insgesamt zehn Radwegen in Schleswig-Holstein beginnen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube, unter der CDU war das Verhältnis noch viel schlechter. Dazu brauchen Sie nun wirklich nichts zu sagen. Wir können vielmehr mit Recht sagen: Wir sind gut und wir tun in vielen Einzelfällen sogar das, was Sie fordern. Hier sollte also nicht der eine Verkehrsträger gegen den anderen ausgespielt werden. Vielmehr sollte eingeräumt werden, dass es viele gute Ansätze bei der Förderung des Radverkehrs gibt.

Herr Harms, Sie haben zu Recht angesprochen, dass die notwendige Voraussetzung für eine sinnvolle Fahrradwegestrategie für Schleswig-Holstein ein Radwegezielnetz ist, also ein Zielnetz, das eine Verknüpfung von landesweit und kommunal zu verantwortenden Radwegen beinhaltet. Genau dieses ist im letzten Jahr erarbeitet und auch öffentlich vorgestellt worden. Es ist den Kommunen zugegangen. Es ist den Kommunen unter dem Aspekt zugeleitet worden - es sollte uns nicht entgegengehalten werden können, dass die Vorhaben ohnehin an Geldmangel scheitern -, dass Schwerpunkte gebildet werden und gesagt wird, welche Verknüpfungen vorrangig sind. Es handelt sich um ein sehr aufwendiges Projekt. Wie gesagt, das Konzept wurde den Kommunen zugeleitet. Es ist aber leider so, dass wir aus den Kommunen

(Minister Dr. Bernd Rohwer)

nur sehr schleppend Rückmeldungen bekommen. Woran liegt das? Natürlich haben auch die Kommunen Probleme. Auch sie müssen ihre Prioritäten setzen.

(Zuruf des Abgeordneten Werner Kalinka [CDU])

- Das können Sie mir glauben, Herr Kalinka. Ich kann Ihnen nicht genau sagen, von welchen Kommunen Rückmeldungen gekommen sind und von welchen noch nicht. Sie können mich morgen anrufen; dann werde ich Ihnen das mündlich sagen. Ich sage es Ihnen auch gern hier am Rande der Debatte.

(Werner Kalinka [CDU]: Herzlich gern!)

Die Rückmeldungen liegen jedenfalls trotz Terminsetzung bisher überwiegend noch nicht vor. Dies ist, wohlgemerkt, kein Vorwurf, sondern eine Feststellung, die deutlich macht, dass es ein schwieriger Prozess ist, wenn das Land ein Zielnetz erarbeitet, welches man aber nur gemeinsam mit den Kommunen definieren kann.

Ohne Frage werden wir über einige Punkte des Antrages noch reden. Ich bin sehr dafür, einige Punkte sehr offensiv zu unterstützen. Die Fahrradmitnahme im öffentlichen Personennahverkehr ist ein höchst wichtiges Thema.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Diese Maßnahme kostet aber leider viel Geld, weil wir in den Verkehrsverträgen separat entsprechende Vereinbarungen treffen müssen. Es handelt sich hier um Leistungen, die die Unternehmen zunächst nicht erbringen wollen. Die Mittel sind schließlich knapp. Ich bin sehr dafür, die Priorität darauf zu legen, das Radwegenetz zunächst noch besser zu machen. Das ist meines Erachtens das Allerwichtigste. Wir stoßen dabei aber an finanzielle Grenzen und müssen uns folglich intelligente Lösungen ausdenken. Das tun wir, indem wir zum Beispiel das Programm „ZAL“ und andere Finanzierungswege mit nutzen.

Bei einigen anderen Punkten gibt es noch Diskussionsbedarf in den Ausschüssen. Wir müssen in diesen Fällen noch über die Details reden. Insgesamt können wir aber, wie ich glaube, sagen, dass wir auch unter touristischen Aspekten für Fahrradfahrer in Schleswig-Holstein eine Menge bieten können. Wir dürfen auch das Thema von sicheren Radwegen für Schülerinnen und Schüler nicht vernachlässigen. Das ist überaus wichtig. Auch in diesem Bereich haben wir in den letzten Jahren Fortschritte gemacht, übrigens auch in den Kreisen, aus denen einige Bedenkenträger hier anwesend sind. Ich sehe, dass Herr Kalinka den

Kopf schüttelt. Auch in den soeben angesprochenen Kreisen wurden einige Radwege geschaffen, was nicht leicht war. Ich bitte dies anzuerkennen. Es handelt sich hier um eine gemeinsame Leistung von Land und Kommunen. Insofern sollten wir uns gegenseitig nicht so viele Vorwürfe machen.