Ich sage es ganz deutlich: Es gibt nach wie vor Landkreise und Kommunen, die von einer vorausschauenden Pflegeinfrastrukturplanung noch nicht viel halten und stattdessen denken: Augen zu und durch. In dieser Situation die Pflegeberatung zu kürzen oder ihr neue Aufgaben zu geben, wie es Frau Kolb formuliert hat, sie zu einer Superkontrollinstanz zu machen, ist der falsche Weg.
Jeder Baustein in einem Pflegesystem hat seine Aufgabe. Da darf man nichts überfrachten. Aber alle müssen gut zusammenspielen.
Wichtig ist eine Pflegeberatungsstelle vor Ort als niedrigschwellige Kontaktstelle, wenn es um Beschwerdemanagement geht. Ich bin sicher, dass die Pflegeberatung in Flensburg eine ganze Reihe von Erkenntnissen hat, die sie an den MDK und an die Heimaufsicht weitergegeben hat. Die sind, wie die Ministerin gesagt hat, auch tätig geworden. Aber wenn ein Träger den Verpflichtungen nicht nachkommt, dann ist die Pflegeberatungsstelle nicht die richtige Adresse. Dann müssen unter Umständen strafrechtliche Konsequenzen gezogen werden. Aber Sie können nicht die Beratungsstelle dafür verantwortlich machen. Sie dürfen die Beratungsstelle aber auch nicht abschaffen. Denn sonst würden Sie von den Missständen überhaupt nichts erfahren.
Ich verstehe an dieser Stelle Ihre Argumentation wirklich nicht. Die Pflegeberatungsstellen sind diejenigen, die vor Ort am ehesten sehen, wenn es an am
bulanten Angeboten hapert, wenn es mit den Fahrdiensten zu ambulanten Angeboten hin und zurück Probleme gibt, weil sie nicht gut finanziert sind, wenn es Nachfragen nach Wohngemeinschaften für demenzerkrankte Menschen gibt, die wir in diesem Land leider nur unzureichend befriedigen können. Das sind alles wichtige Frühwarnfunktionen, die die Pflegeberatungsstellen haben. Ich kann an dieser Stelle nur an die Opposition appellieren. Anstatt hier einen Schattenkampf zu führen, sollten Sie die Pflegeberatungsstellen bei Ihnen vor Ort einfordern. Sie sollten deren Arbeit kennen lernen. Wir können uns im Ausschuss gern vertieft darüber auseinander setzen, wenn Sie Misstrauen gegenüber den Zahlen haben. Es wird sicherlich nochmals erläutert werden, wie der Erfolg der Pflegeberatung gerechnet ist. Aber tun Sie etwas vor Ort, anstatt sich im Namen der alten Menschen pharisäerhaft hinzustellen. Das ist der Aufgabe nicht angemessen. Ich hoffe, wir kommen zu einer produktiveren Beratung im Ausschuss.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ungewissheit über die Zukunft ist im Falle einer Pflegebedürftigkeit oft die schlimmste Belastung für Betroffene und Angehörige. Sowohl die Pflegebedürftigen selbst als auch deren Angehörige stehen plötzlich vor einem Berg bedrohlich wirkender Fragen: Wer hilft uns jetzt? Wie können wir das schaffen? Wie können wir was finanzieren? Dabei kann es sich im Gestrüpp der Pflegeversicherung um vielfältige Problemstellungen handeln: Welche Leistungen der Pflegekassen stehen einem zu? Wie stellt man die Pflegebedürftigkeit fest? Pflege zu Hause - was ist möglich? Betreuung Pflegebedürftiger in der Urlaubszeit - wie geht das überhaupt? Pflege in Heimen - wie stellt man erneut einen Antrag auf Pflegebedürftigkeit?
Bei der Beantwortung dieser ganz konkreten Fragen helfen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der trägerunabhängigen Pflegeberatungsstellen in SchleswigHolstein. Hier können die Betroffenen und Angehörigen frei von Ängsten die richtige Entscheidung treffen und sich individuell über konkrete Hilfsmöglichkeiten beraten lassen. Sie müssen nicht zu verschiedenen Stellen gehen.
Der Aufbau eines flächendeckenden Netzes von derartigen unabhängigen Beratungsstellen wurde schon seit Jahren gefordert. Die pflegebedürftig gewordenen älteren Menschen, aber auch ihre Angehörigen sind auf die Beratung durch kompetente neutrale Stellen angewiesen. Das Angebot an Pflegeleistungen der unterschiedlichsten Art und die mit der Finanzierung zusammenhängenden Fragen sind in den letzten Jahren immer unübersichtlicher geworden. Das erkennt man zum Teil auch an den Wortbeiträgen hier. Deshalb haben wir es alle begrüßt, dass es seit 2001 die Beratungsstellen hier in Schleswig-Holstein als Modellversuch gibt und dass sie vom Land im Haushalt mit jährlich circa 750.000 € unterstützt werden.
Damit dieser Modellversuch funktionieren kann, ist als eine der ganz wichtigen Voraussetzungen die Trägerunabhängigkeit der Pflegeberatungsstellen zu nennen. Es muss unbedingt gewährleistet sein, dass die Beratung von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen ohne Beeinflussung durch andere Interessen durchgeführt werden kann. Ein anderer wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang ist, dass nur solche Beraterinnen und Berater tätig sind, die über ausreichende Fachkenntnisse und auch Erfahrungen im Pflegebereich verfügen. Nur so kann das notwendige Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zu den Pflegeberatungsstellen hergestellt werden.
Dieser Modellversuch wird wissenschaftlich begleitet und dem Sozialministerium werden halbjährlich Berichte über die Ergebnisse der Arbeit übermittelt. Auf diese Weise wird gleichzeitig die Qualität der Beratungsstellen überprüft und gesichert. Die Ergebnisse dieses Modellversuches in Schleswig-Holstein können sich meines Wissens sehen lassen. So haben mir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der trägerunabhängigen Beratungsstelle der Stadt Flensburg erzählt, dass ihr Angebot ungemein gut angenommen wird und regen Zulauf hat. Flensburg hat dazu noch die Besonderheit, dass es die einzige Pflegeberatungsstelle im Norden des Landes hat. Die Kreise Schleswig-Flensburg und Nordfriesland - wir haben es schon gehört - besitzen keine unabhängige Beratungsstelle. Bisher zahlt das Land für den Modellversuch auch in Flensburg, der wahrscheinlich bis Ende 2005, Mitte 2006 fortgesetzt werden kann, jährlich 82.000 €. Dies ist aus unserer Sicht eine vergleichsweise geringe Summe, wenn man bedenkt, dass bei der Arbeit der Beratungsstellen Heimvermeidungen und ambulante Pflege im Zentrum stehen.
Sowohl die Stadt als auch das Land sparen deshalb große Beiträge bei der Sozialhilfe, weil man vielen
Diese gute Beratung der Pflegeberatungsstellen ist also auch finanziell ein Vorteil für die Gesellschaft. Das sollten wir im Auge haben, wenn wir über die zum Teil katastrophalen Zustände in einigen Altenheimen beziehungsweise Pflegeheimen diskutieren, wie wir es heute tun.
In der Debatte des Pflegeforums des „sh:z“-Verlages war die Frage, ab wann ältere Menschen in ein Pflegeheim sollen und ob nicht die Angehörigen verstärkt in die Betreuung integriert werden müssen, ein großes Thema. Gerade bei dieser schwierigen Problematik können die Pflegeberatungsstellen wertvolle Hilfe und Informationen für die Pflegebedürftigen und deren Angehörige geben. Sie sind daher auch in der Zukunft unverzichtbar.
Der SSW fordert die Landesregierung daher auf, die Zuschüsse für die Pflegeberatungsstellen in Schleswig-Holstein auf dem gleichen Niveau fortzuführen. Wenn man die Landeszuschüsse kürzt, ist das Angebot der Pflegeberatungsstellen vor Ort - wir wissen ja, dass davon leider nicht alle Orte in SchleswigHolstein erfasst sind - nicht mehr im gleichen Umfang aufrechtzuerhalten. Am Ende kostet das die öffentliche Hand dann sogar mehr Geld, als man kurzfristig spart. Das Gleiche gilt natürlich auch für die Kreise und kreisfreien Städte, die sich ja ebenfalls, sofern einbezogen, an der Finanzierung des Modellversuchs der Pflegeberatungsstellen beteiligen. Es ist kein vernünftiger Weg, wenn sich die Kommunen und Kreise angesichts der schlechten Haushaltslage aus dieser Finanzierung zurückziehen.
Die Einsparungen, die sich bei den einzelnen Kommunen aufgrund ersparter Sozialhilfeaufwendungen ergeben, müssen zur Finanzierung mit herangezogen werden und sie wurden bisher auch mit herangezogen. Flensburg hatte dieses erkannt und bereits bei Einführung der Pflegeversicherung auch realisiert. Darauf möchte ich hier auch gern einmal hinweisen.
Wir sollten als Landtag alles dafür tun, damit die Pflegeberatungsstellen in Schleswig-Holstein in vollem Umfang aufrechterhalten werden, dass möglichst auch neue dazukommen und dass die Finanzierung dieses Modellversuches auch nach 2005 gesichert wird, sei es über eine weitere Projektförderung oder ein anderes Finanzierungsmodell. Das wäre mein
Wir werden im Herbst dem Gutachten sicherlich entnehmen, wie es tatsächlich gelaufen ist. Dann werden wir uns im Sozialausschuss auf jeden Fall noch einmal damit beschäftigen, ebenso wie wir es heute mit diesem Antrag tun.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie, Frau Kollegin Birk, schon bitten, sich in Ihrer Wortwahl zu mäßigen.
Wenn Sie uns vorwerfen, die Situation der älteren Leute vor Ort sei uns egal, weise ich das nicht nur zurück, sondern ich finde das auch brüskierend.
Ich finde es wirklich brüskierend, in diesem Ton hier mit uns zu sprechen. Das zeigt eigentlich nur, dass Sie hier jetzt Stimmung machen wollen, weil Ihnen dies woanders nicht gelingt. Ich habe nicht gesagt, in Flensburg sei die Beratungsstelle für das verantwortlich, was geschehen sei. Mitnichten! Ich habe nur gesagt: Sie hat das, was geschehen ist, nicht verhindern können. - Das ist ein großer Unterschied.
Ich will es Ihnen noch einmal ganz deutlich sagen: Wir sind nicht gegen Pflegeberatung. Sie findet übrigens auch statt.
- Lassen Sie mich das doch einfach einmal ausführen, Frau Kollegin. Wir sollten alle zuhören. Wir sind nicht gegen Pflegeberatung; wir führen sie sogar durch.
- Wir führen sie in den Kommunen und auch bei uns im Kreis durch. Ich habe Zutrauen zu unserer kommunalen Ebene und auch zum Kreis. An einer Pflegeberatung, die letztlich unter der Verantwortung des Landrates stattfindet und die transparent in den Ausschüssen vorgetragen werden muss, habe ich persönlich nichts zu beanstanden. Sie können ja anderer
Meinung sein. Stellen Sie uns dann aber bitte nicht in ein falsches Licht. Wir haben Pflegeberatung durch die sozialen Dienste. Wir haben Pflegeberatung durch die Alten- und Pflegeheime. Wir haben eine zusätzliche Pflegekraft zur Kontrolle, aber auch zur Beratung eingestellt. Wir streiten nicht über die Frage, ob Pflegeberatung stattfindet. Es geht nur um die Frage, wo sie angesiedelt wird und wie wir diese Beratung durchführen können. Diesen entscheidenden Punkt bitte ich Sie sehr ernsthaft aufzunehmen.
- Frau Kollegin Heinold, Sie sollten sich gelegentlich überlegen, ob Sie mit der Qualität Ihrer Zwischenrufe nicht Ihre eigene Intelligenz beleidigen.
Sie wollen doch erkennbar nur Stimmung machen. Hören Sie doch einfach einmal zu, worüber wir diskutieren. Sie wollen einfach Stimmung machen. Die Pflegeberatung ist nicht im Streit. Ich habe Ihnen vorgetragen, wo diese bei uns stattfindet.
Ein weiterer Punkt ist, dass Sie sagen, wir seien nicht aufnahmebereit. Bei uns im Kreis Plön stehen Träger, Investoren, Alten- und Pflegeheime gewissermaßen Schlange. Es gibt dort einen Boom von Nachfrage, von Angeboten von Arbeitsplätzen und auch von Einrichtungen. Es besteht vollkommene Offenheit und Transparenz. Alle bieten Tage der offenen Tür an, alle kommen zu uns, alle laden ein, alle stellen sich dem Standard. Kommen Sie doch einmal in unseren Kreis Plön, wo es unglaublich viele neue Einrichtungen gibt. Wir haben auch ein sehr gutes Alten- und Pflegeheim in kreiseigener Trägerschaft.
Es gibt also keinen Streit um die Frage, ob es Pflegeberatung geben soll. Die Frage ist nur, wo sie angesiedelt werden kann. Ich bitte Sie, dies ernsthaft aufzunehmen und über diesen Unterschied sachlich zu diskutieren. Wenn die Landesregierung jetzt sagt, sie wolle über das erwähnte Stadium hinaus Mittel bereitstellen, sie sei bereit, ein neues Angebot zu machen, sie sei bereit, dass Beratung auch auf kommunaler Seite stattfinden könne, dann nehmen wir dieses Angebot an und prüfen es bei uns entsprechend. Wir werden uns dann möglicherweise ganz schnell einig.