Die SPD-Landtagsfraktion begrüßt den vorgelegten Gesetzentwurf. Wir werden auf der Grundlage des Verfassungsgerichtsurteils das bundesrechtliche Importverbot für den American Staffordshire-Terrier, den Staffordshire-Bullterrier, den Bullterrier und den Pitbull-Terrier durch ein landesgesetzliches Zuchtverbot ergänzen und mit der Verabschiedung des Gesetzes darauf hinwirken, dass die Menschen in Schleswig-Holstein nicht nur vor gefährlichen Hunden, sondern auch vor gefährlichen Hundehaltern wirksam geschützt werden.
Die im Gesetzentwurf dazu vorgeschlagenen Einzelregelungen halten wir insgesamt für erforderlich und angemessen. Erforderlich und angemessen, Herr Kollege Kubicki, ist der Leinenzwang für alle Hunde außerhalb von Wohnung und Garten in Bereichen mit Publikumsverkehr. Erforderlich und angemessen ist die Erlaubnis-, Kennzeichnungs- und Versicherungspflicht nicht für alle, aber für gefährliche Hunde. Herr Peter Lehnert bräuchte seinen blauen Schlips eigentlich nicht zu tragen.
Erforderlich und angemessen ist die Zuverlässigkeits-, Eignungs- und Sachkundeprüfung für Halter gefährlicher Hunde.
Und gleichermaßen erforderlich und angemessen ist die Androhung empfindlicher Geldbußen für Hundehalter, die gegen Vorschriften des Gesetzes verstoßen.
Betroffene, geschädigte und bedrohte Familien, Kinder und Erwachsene sind zu Recht daran interessiert, dass sie vor Angriffen gefährlicher Tiere wirksam geschützt werden. Dies geschieht mit dem In-KraftTreten des Gesetzes. Auch ich freue mich auf die Ausschussberatungen, im Rahmen derer wir insbesondere die von Herrn Garg aufgeworfenen Fragen zu klären versuchen.
Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Kollegen Matthiessen das Wort.
Herr Präsident! Ich möchte zwei kurze Bemerkungen vor allen Dingen in Richtung FDP machen, weil diese als Kritik an dem Landesgesetzentwurf äußerte, er enthalte unbestimmte Rechtsbegriffe, die schwer justiziabel seien. Ich sehe darin geradezu einen Erfolg und einen Fortschritt. Wie wollen Sie sonst den Sachverhalt unterhalb der Schwelle des Beißens ausdrücken?
Wir sind uns doch darin einig: Das Beißen ist etwas Objektivierbares. Der Arzt kommt und stellt die Verletzung fest. Wir wollen aber unterhalb der Schwelle des Beißens mit diesem Novum im Gefahrhundegesetz eine Sanktionsmöglichkeit einführen, die bereits dann greift, wenn der Hund Angst auslöst. Und in diesem Zusammenhang kommen wir an einer Unbestimmtheit nicht vorbei, weil wir es immer mit subjektiven Empfindungen von Menschen zu tun haben.
Herr Garg hat es selber gesagt: Er „verkörpert“ offensichtlich einen Löwen. Er hat nie Angst vor Hunden. Aber andere Menschen, insbesondere Kinder, sind sehr ängstlich. Mein Nachbarkind hat extreme Angst vor Hunden.
Meine zweite Bemerkung betrifft das Bezeichnen von Rassen. Hier stellt sich die Frage - selbst wenn wir zu einem Landeszucht- und Importverbot kommen -, was eigentlich mit Mischlingen ist. Ist ein bestimmter Hund ein Viertel-American-Staffordshire-Terrier oder
ein Achtel-American-Staffordshire-Terrier? - Auch diesen Fragen haben wir uns in der Ausschussberatung zu stellen.
Mit unbestimmten Rechtsbegriffen wie „Ängstlichkeit“ und „Angst auslösen“ wollen wir eine niedrige Schwelle der Sanktionsmöglichkeiten gewährleisten. Wenn jemand sagt, er fühle sich durch einen Hund bedroht oder dieser Hund löse bei ihm Angst aus, dann ist diese Aussage von den Behörden höher zu bewerten als die Aussage des Hundehalters, der Hund wolle nur spielen oder er tue doch nichts.
- Ich sage Ihnen nur, Herr Kubicki: Richtig ist, dass wir uns in einen schwierig zu fassenden Bereich begeben. Aber die Natur dessen, was wir regeln wollen und auch regeln müssen, gibt nichts anderes her. Denn wir haben es mit subjektiven Empfindungen von Menschen zu tun.
Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich jetzt dem Fraktionsvorsitzenden der FDP, Wolfgang Kubicki, das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Normalerweise hätte ich mich zu dem Beitrag des Kollegen Matthiessen nicht zu Wort gemeldet. Aber ich muss feststellen: Kollege Matthiessen, wir befinden uns in einem Bereich, in dem für den Einzelnen auch Sanktionsfolgen an das Gesetz gebunden werden. Hierbei gilt das Prinzip der Normenklarheit. Wenn wir von „Angst auslösen“ sprechen, haben wir das Problem, dass wir von einem Sachverhalt, der normalerweise vom Hund aus beurteilt wird, nämlich im Hinblick auf Aggressivität oder Beißen, plötzlich auf ein subjektives Empfinden des Rezipienten umschwenken. Das heißt: Ich verlange vom Hundehalter vorab die Verinnerlichung eines potenziellen Verhaltens eines ihm unbekannten Dritten, um daran Sanktionsfolgen zu knüpfen. Das kann es wohl nicht sein.
Ich will ein Beispiel aus meiner eigenen beruflichen Praxis geben, um zu verdeutlichen, was bei Nachbarrechtsstreitigkeiten auf uns zukommen wird.
Ich befasse mich derzeit mit einem Fall, bei dem sich ein Nachbar mit einem Nachbarn streitet und urplötzlich sagt: Der Hund löst bei mir dauernd Angst aus. Nun kommt demnächst die Ordnungsbehörde; meint,
an die alte Gefahrhundeverordnung anknüpfen zu müssen, und bringt Dinge wie Umzäunung, Leinen- und Maulkorbzwang oder was auch immer ins Gespräch, und zwar bei einem Hund, der von der Rasse her überhaupt nicht aggressiv ist, sondern nur ein bisschen größer, wie meiner beispielsweise. Dies ist ein Labrador. Er ist groß und kinderlieb, aber trotzdem kommen immer wieder Leute und sagen: Vor ihm habe ich Angst.
Sie lösen, wenn Sie das nicht klarer fassen, eine Vielzahl von Konflikten im zwischenmenschlichen Bereich aus, die mit dem Tier gar nichts zu tun haben und die wir vermeiden können, wenn wir es exakter fassen. Für nichts anderes plädieren wir. Wir haben in den Ausschussberatungen noch Zeit, um uns genau in diesen Punkten zu verständigen.
Ich habe es selber erlebt, dass urplötzlich jemand auf mich zukommt und sagt: Ihr Hund bringt meine Kinder um. Die Kinder hatten den Hund aufgefordert, mit ihnen zu spielen, aber die Eltern hatten das nicht mitbekommen, und anschließend hat sich bei ihnen in der allgemeinen Hysteriephase, in der wir uns befanden, der Eindruck verfestigt: Hier läuft ein Hund hinter Kindern her. Dies stimmte zwar, er wollte aber mit ihnen spielen, was die Kinder anschließend auch eingestanden haben. Das hat aber zu einem Riesenkrawall geführt mit der Folge, dass mein Hund aufgrund des subjektiven Empfindens der Eltern, wofür ich durchaus Verständnis gehabt habe, fast ins Jenseits befördert worden wäre.
Ich sage noch einmal: Wenn wir solche Konflikte künftig vermeiden wollen - in der Vergangenheit gab es in Schleswig-Holstein Gott sei Dank wenig, was Regelungsbedarf auslöst -, sollten wir uns im Gesetzgebungsverfahren die Mühe machen, alles, was Sanktionsfolgen auslösen kann, eindeutig zu formulieren. Nicht mehr und nicht weniger.
Nein, Restzeit haben Sie nicht. Aber Sie können trotzdem das Wort ergreifen, wenn Sie möchten. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.
Ich gehe davon aus, dass beantragt wird, den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Vorbeugung und Abwehr der von Hunden ausgehenden Gefahren in der Drucksache 15/3471 zur weiteren Beratung in den Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wenn das der Wille des Hauses ist, bitte ich, mir dies durch
Handzeichen zu bestätigen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Dies ist vom Hause einstimmig so beschlossen, und der Tagesordnungspunkt 10 ist zunächst erledigt.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Somit eröffne ich die Grundsatzberatung.
Da es sich um einen Gesetzentwurf der Landesregierung handelt, erteile ich zunächst dem zuständigen Innenminister das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Neufassung des Landesplanungsgesetzes setzen wir zwei Schwerpunkte. Erstens setzt die Landesregierung nationales Rahmenrecht, nämlich die Vorgaben des Bundesraumordnungsgesetzes, und europäisches Recht, nämlich die Richtlinie über die Prüfung der Umweltauswirkungen bei Plänen und Programmen, die so genannte Plan-UP-Richtlinie, um. Zweitens werden wir die regionale Planung stärken und dabei den Kommunen mehr Mitwirkungsrechte geben.
Die erweiterten Mitwirkungsmöglichkeiten der Kommunen an der Planung sind Früchte aus der intensiv geführten Diskussion um die Funktionalreform, die nun Eingang in das Landesplanungsgesetz finden. Die drei Säulen erweiterter kommunaler Mitwirkung sind: erstens die gemeinsame Erarbeitung des Regionalplanentwurfs in gemeinsamen Projektgruppen von Land und Kommunen des Planungsraums, und zwar zusätzlich zum formalen Beteiligungsverfahren, zweitens die Übernahme von Konzepten, die im Planungsraum von einer Planungsgemeinschaft, zum Beispiel von der Arbeitsgemeinschaft der Hamburger Landkreise, bearbeitet werden, und drittens die Kommunalisierung der Regionalplanaufstellung auf Antrag einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, die sich im Planungsraum zusammenfindet. In diesem Fall darf und wird sich das Land auf eine reine Rechtskontrolle beschränken, da die Körperschaft den Anforderungen an eine demokratische Legitimation, die aus verfassungsrechtlichen Gründen erforderlich ist, genügt.
im Landesplanungsgesetz zu verankern, um den vielfältigen kommunalen Akteuren und den unterschiedlichen Gegebenheiten in unserem Land eine größtmögliche Bandbreite und Handlungsoptionen zu eröffnen. Damit erreichen wir schon im klassischen hoheitlichen Bereich eine neue Qualität der Zusammenarbeit zwischen Land und Kommunen, die wir noch weiter ausbauen wollen. Wir nutzen hierzu die bundesrechtlichen Möglichkeiten und reichern das Landesplanungsgesetz mit Instrumenten zur freiwilligen Zusammenarbeit aller an der Gestaltung der Planungsräume Beteiligten an.
Stadtumlandplanung, Städtenetze, regionale Entwicklungskonzepte und raumordnerische Verträge sind die Plattformen künftiger räumlicher Entwicklungen. Die Kommunen, das Land, aber auch Private können als regionale Akteure Perspektiven für ihren Planungsraum auf den Weg bringen. Sie kommen in eine Gestaltungsrolle und mobilisieren Entwicklungspotenziale in der jeweiligen Region.
Regionale Entwicklungskonzepte, meine Damen und Herren, werden gerade auch in Europa immer bedeutsamer, da die Gewährung europäischer Fördermittel zunehmend von solchen Konzepten abhängig gemacht wird. In diesem Kontext muss auch die anfangs von mir genannte Plan-UP-Richtlinie gesehen werden, in der die verfahrensrechtlichen Anforderungen für die neu vorgeschriebene Umweltprüfung bei Plänen und Programmen, also auch den Raumordnungsplänen, europaweit vorgegeben werden.
Schleswig-Holstein setzt als eines der ersten Länder die raumordnungsspezifischen Aspekte der Plan-UPRichtlinie um. Wir kommen dadurch der zwingenden Umsetzungspflicht für den landesplanungsrechtlichen Gestaltungsbereich nach, nutzen aber auch die darin liegenden Chancen, Schleswig-Holstein im europäischen Raum voranzubringen.
Zusammenfassend ist aus meiner Sicht festzustellen: Mit dem neuen Landesplanungsgesetz schaffen wir eine gute Grundlage für den Ausbau der bisher in Schleswig-Holstein bereits praktizierten Planungskultur. Lassen Sie uns alle gemeinsam die Möglichkeiten zum Wohle unseres Landes nutzen.
„Dieser Gesetzentwurf ist ein wirklich entscheidender Schritt im Rahmen des Funktionalreformprozesses. Wir meinen, dass er auch ein wichtiger Beitrag zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung und zum Abbau der zentralistischen Staatsverwaltung ist. Dadurch wird die kommunale Planungshoheit entscheidend gestärkt. Diese Planungshoheit ist leider durch eine Vielzahl von Fachplanungsvorgaben des Landes und eine oftmals vom Land übergestülpten Regionalplanung immer stärker eingeschränkt worden.