Wolfgang Kubicki

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute wird ein Gesetz verabschiedet, mit dem wir uns in den vergangenen sechs Monaten intensiv beschäftigt haben - was man nicht von allen Vorlagen, die wir bekommen, sagen. Die Landesregierung scheiterte mit dem Versuch, diesen Gesetzentwurf noch vor der Sommerpause quasi ohne Aussprache und weitere Beratungen durch das Parlament zu schicken.
Insbesondere meiner Fraktion ist es zu verdanken, dass die Bedenken des Zentralverbandes der Deutschen Seehafenbetriebe, des Landesdatenschützers und beispielsweise auch der Seemannsmission im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens nicht nur gehört, sondern teilweise auch in das Gesetz mit eingearbeitet worden sind.
So hat beispielsweise der Zentralverband der Deutschen Seehafenbetriebe kritisiert, dass die Landesregierung im Ursprungsentwurf zum Hafenanlagensicherheitsgesetz über die zwingenden Vorschriften des ISPS-Codes noch hinausgegangen ist. Sie hatte beispielsweise Mindeststandards zur Gefahrenabwehr für Kreuzfahrtterminals vorgeschrieben, für die es keine rechtliche Grundlage gab und die auch im Musterentwurf nicht vorgesehen waren, Herr Kollege Malerius. Diese Regelung, die sich ursprünglich in § 7 Abs. 2 des Gesetzentwurfs fand, wurde auf Intervention der FDP-Fraktion ersatzlos gestrichen, und das war gut so. Es nützt nichts, Mindeststandards zu formulieren, die im Einzelfall möglicherweise Hafenbetriebe finanziell belasten und zur Gefahrenabwehr nicht immer nötig sind.
Nun gab es darüber hinaus weitere Bedenken gegen den Gesetzentwurf, der uns seinerzeit vom Innenministerium vorgelegt wurde. Diese sind bei SPD und Grünen anscheinend nicht angekommen. Rot-Grün will weiterhin eine Gebühr für die Genehmigung der Gefahrenpläne von Hafenanlagen und die Genehmigung für die Änderung entsprechender Pläne erheben. Das ist zwar rechtlich zulässig, aber ein Wettbewerbsnachteil für schleswig-holsteinische Seehäfen. Darüber hinaus muss man nicht alles machen, was rechtlich zulässig ist. Wir haben mit der Union gemeinsam vorgeschlagen, diesen Gebührentatbestand zu streichen.
Wir haben uns damit den Forderungen der Seehafenbetriebe angeschlossen. Diese haben aus unserer Sicht zu Recht moniert, dass entsprechende Gebühren in direkten Wettbewerbshäfen nicht erhoben werden. Darüber hinaus sei den Häfen bis heute nicht bekannt, wie die in der Gebührenordnung aufgelisteten Beträge zustande gekommen sind. Nicht einmal die Transparenz zur Begründung der Gebührenhöhe ist also geklärt. Das Beste ist deshalb aus unserer Sicht, diese undurchsichtige Regelung ganz zu streichen.
Der zweite noch ausstehende Konflikt mit Rot-Grün dreht sich um die Frage der zuständigen Hafenanlagensicherheitsbehörde. Nach Vorstellung von SPD und Grünen soll die zuständige Behörde zur Genehmigung zur Hafenanlagensicherheit immer noch die
Wasserschutzpolizei sein. Dagegen hat sich explizit der Landesdatenschützer gewandt. Er schlägt eine Regelung wie in Niedersachsen vor, wo die Verkehrsbehörde für die Genehmigung von Gefahrenplänen für die Hafenanlagensicherheit zuständig ist. Der Datenschützer hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die im Gesetzentwurf vorgesehene Zuverlässigkeitsüberprüfung mit einer Sicherheitsüberprüfung nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz vergleichbar ist. Er ist der Auffassung - der wir uns anschließen -, dass hier die Zuständigkeit der Wasserschutzpolizei wie von Rot-Grün gewollt problematisch ist. Das Trennungsgebot zwischen geheimdienstlicher und polizeilicher Tätigkeit sei berührt - so der Landesdatenschützer.
Insbesondere den Grünen ist das wieder einmal egal, Frau Kollegin Fröhlich. Wir haben uns im Entwurf von FDP und CDU dafür ausgesprochen, dem Vorschlag des Landesdatenschützers zu folgen, und als zuständige Behörde das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr benannt. Das ist eine saubere Lösung. Wir hoffen, dass hierfür im Plenum noch eine Mehrheit gefunden werden kann.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als die FDP-Landtagsfraktion ihren Antrag eingebracht hat, ging ich davon aus, dass wir noch einmal bekräftigen wollten und müssten, wie wichtig Infrastrukturmaßnahmen für Schleswig-Holstein seien, nachdem auch der Wirtschaftsminister des Landes Schleswig-Holstein erklärt hat, dass die weitere Entwicklung unseres Landes wesentlich davon abhängen werde, dass möglichst schnell die Infrastrukturmaßnahmen auf den Weg gebracht würden. Wir sind - so nehme ich an - wie Sie auch von der gemeinsamen Initiative von Sozialdemokraten und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN überrascht worden,
wobei ich hinsichtlich der Position der Sozialdemokraten, Kollege Bernd Schröder, überhaupt keine Überraschung erlebt habe, sondern sogar dankbar bin, dass erneut bekräftigt worden ist, wie wichtig diese
Maßnahmen für Schleswig-Holstein seien. Dies hat uns völlig überrascht!
Möglicherweise war das die Reaktion auf meine Erklärung, der Minister sei ein Weichei.
Was uns völlig überrascht hat, war die Tatsache, dass die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
den Antrag Drucksache 15/3961 (neu) unterzeichnet hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich muss meine vorbereitete Rede komplett ändern, weil ich Sie an der Überraschung teilhaben lassen will.
Wir haben vor einiger Zeit festgestellt, dass das Wahlprogramm der Grünen ohnehin aus einer Reihe von Fiktionen besteht.
Ich habe auch lernen müssen, dass die Zusagen der Grünen, sie würden das den Wählerinnen und Wählern in Schleswig-Holstein sofort deutlich machen, sie würden ihren Internetauftritt verändern und einen Beipackzettel - „Lesen des Programms kann tödlich sein“ - hinzufügen, auch nicht eingehalten worden sind. Denn der Internetauftritt ist immer noch nicht geändert worden; keine Reaktionen sind erfolgt.
Ich will Sie teilhaben lassen an diesem wunderbaren grünen Programm, das da lautet: „Agenda für Schleswig-Holstein - Stadt. Land. Grün.“ - Dort steht auf Seite 50 zu lesen - und das ist ja das, worüber sich die Wählerinnen und Wähler in Schleswig-Holstein Gedanken machen sollen und was die Grünen für unser Land wollen:
„BÜNDNIS 90/DIE ‚LÜGEN’ sehen keine verkehrlichen Notwendigkeiten für eine Weiterführung der A 20 durch Schleswig-Holstein mit einer westlichen Elbquerung.“
Dort steht zu lesen:
„Ein paralleler Ausbau der Elbe und Weser macht keinen Sinn und ist auf Dauer auch nicht finanzierbar. Eine weitere Vertiefung der Unterelbe lehnen wir deshalb ab.“
Dort steht des Weiteren zu lesen:
„Eine feste Querung des Fehmarnbelt halten wir aus umwelt-, verkehrs- und arbeits
marktpolitischen Gründen sowie den enormen Kosten weiterhin für falsch.“
Und es steht auch noch zu lesen:
„BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen keine weitere Verlängerung der Startbahn von Lübeck-Blankensee.“
Das zumindest haben Sie bisher erreicht. Aber zu den anderen Programmdaten lesen wir heute das genaue Gegenteil in der gemeinsamen Beschlussvorlage von Sozialdemokraten und Grünen.
Frau Ministerin Lütkes - jedenfalls bis jetzt amtierende Spitzenkandidatin der Grünen - hat öffentlich am 29. Dezember im „Hamburger Abendblatt“ und am 6. Januar gemeinsam mit Umweltminister Müller erklärt - ich kann das auch zitieren, wenn es Ihnen gefällt, Herr Müller -, dass man lieber in Bildung als in Beton investieren solle. Und auf die Anregung der Sozialdemokraten, die A 20 sei für Sie nicht verhandelbar, hatten Sie gesagt: Liebe Freunde der Sozialdemokraten, darüber reden wir nach der Landtagswahl neu. Das wird selbstverständlich Gegenstand von Verhandlungen sein und je nachdem, wie stark wir werden, werden wir uns mehr oder weniger durchsetzen.
Was gilt denn nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die Menschen in Schleswig-Holstein: das, was heute beschlossen werden soll - schnellstmöglicher Weiterbau der A 20 mit westlicher Elbquerung, Fehmarnbelt und Elbvertiefung -, oder das, was im Wahlprogramm der Grünen steht? Wo ist Ministerin Lütkes als Spitzenkandidatin, die uns erklärt, was denn gilt? Gilt ihr Wort an die Wählerinnen und Wähler oder das, was heute beschlossen werden soll? Oder wird das nur für die nächsten drei Wochen beschlossen, weil anschließend Diskontinuität des Landtages eintritt und nach drei Wochen alles zu Ende ist?
Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, trägt wie nichts anderes zur Politikverdrossenheit bei: dass man als Partei etwas beschließt, dass man als Partei etwas nach draußen trägt und dass man hier im Saale möglicherweise klammheimlich - möglicherweise um Debatten zu entgehen - das Gegenteil macht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, BÜNDNIS 90/DIE ‚LÜGEN’ ist das, was wir in den nächsten drei Wochen allen erzählen werden. Sie lügen entweder hier
oder Sie lügen draußen im Land. Beides zusammen geht nicht und deshalb sage ich noch einmal: Liebe Menschen in Schleswig-Holstein, habt kein Vertrauen zu solchen Leuten, die euch mit fiktiven Personen und mit unredlichen Aussagen hinters Licht führen wollen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist immer wieder reizvoll, dem Kollegen Hentschel zuzuhören und zu fragen, was für ein Verständnis sich hinter seinen Worten eigentlich verbirgt. Ich fange einmal mit der Erklärung an, die Opposition sei nicht in der Lage gewesen, in so wichtigen Fragen wie DNA-Spurensicherung und -analyse einen gemeinsamen Antrag vorzulegen
Herr Kollege Hentschel, erstens regiert die Opposition nicht, wir haben noch keine Koalitionsverhandlungen geführt.
- Das müsst ihr mit den Grünen ja auch nicht mehr machen, die haben die Koalitionsverhandlungen ja
schon vorweggenommen, wie wir gerade gehört haben.
Zweitens zeigt das nur, dass wir unsere eigene Meinung nicht nur haben, sondern sie auch sagen und im Zweifel dabei bleiben - im Gegensatz zu Ihnen. Das macht einen großen Unterschied aus.
Wir meinen das, was wir sagen, ernst - die Union im Übrigen auch - und damit setzen wir uns auseinander. Sie meinen das, was Sie sagen, nicht nur nicht ernst, sondern Sie verdummen auch noch die Menschen.
Ich frage die stellvertretende Ministerpräsidentin, Spitzenkandidatin der Grünen - Herr Rohwer, wir waren doch gemeinsam bei einer IHK-Veranstaltung; ich zitiere da gleich noch ein paar Aussagen -, was die Menschen in diesem Land davon halten sollen, dass Sie ein Wahlprogramm auflegen, das Sie verteilen, mit dem Sie um Stimmen zu Ihren Gunsten bei der Landtagswahl werben, das in zentralen Fragen genau das Gegenteil von dem aussagt, was Sie hier jetzt verabschieden - das genaue Gegenteil!
Was ist das anderes als die Vergackeierung von Menschen draußen, die Sie wählen sollen!
Herr Kollege Hentschel, wenn ich es richtig verstanden habe, war im Übrigen die Herzlichkeit zwischen Ihnen und dem Innenminister dieses Landes auch nicht sehr ausgeprägt, was die DNA-Analyse und -Speicherfähigkeit angeht.
Frau Ministerin Lütkes, Spitzenkandidatin der Grünen, sagt im „Hamburger Abendblatt“ am 29. Dezember 2004 - das muss Jahre her sein - auf die Frage: „Die Grünen lehnen den Weiterbau der Autobahn 20 samt Elbquerung ab. Wie wollen Sie das Vorhaben verhindern?“, wörtlich:
„Wir werden nach der Wahl mit der SPD über die A 20 neu verhandeln.“
- Das hat sich jetzt ja erledigt, wie wir gerade gehört haben. -
„Der Bau der Trasse von Lübeck bis Segeberg lässt sich wohl nicht mehr aufhalten. Dort sollte dann aber Schluss sein.“
Im „Hamburger Abendblatt“ heißt es weiter:
„Sperrfeuer schießen die Grünen auch bei der festen Fehmarnbelt-Querung. Lütkes: ‚Da haben wir sehr gute Karten. Es ist vor allem der Wirtschaftsminister,’“
- dieser schlimme Finger -
„‚der hinter diesem Projekt steht. Viele andere sind aus guten Gründen skeptisch, weil die Fähren zwischen Fehmarn und Rødby ordentlich fahren und ein Tunnel oder eine Brücke sich nicht rechnen. Für die Natur schon gar nicht.’“
Am 6. Januar 2005 lesen wir in den „Kieler Nachrichten“:
„Gelassen reagierte er“
- der Müller, der Umweltminister -
„auf die Mahnung des SPD-Landesvorsitzenden, Claus Möller, wonach die A 20 für den großen Koalitionspartner nicht verhandelbar sei: „Rot-Grün hat viele Gemeinsamkeiten. ‚Wir müssen aber auch klar sagen, wo Unterschiede sind,’“
- klar sagen, wo Unterschiede sind; das lesen wir jetzt ja gerade -
„sagte der Minister. Ausdrücklich kritisierte er die Pläne für eine feste Fehmarnbelt-Querung und einen Ausbau des Kieler Flughafens.“
Zur gemeinsamen Veranstaltung am 5. Januar 2005 melden die „Lübecker Nachrichten“ am 6. Januar 2005:
„Erheblichen Dissens gab es vor allem bei den geplanten Großprojekten des Landes. Während Lütkes den Weiterbau der A 20 und eine feste Fehmarnbelt-Querung ablehnte, waren sich Rohwer, Carstensen, Kubicki und Spoorendonk einig, dass gerade diese Projekte intensiv vorangetrieben werden müssen. Rohwer fordert die Grünen auf, ihren Widerstand gegen die Beltquerung und die A 20 aufzugeben.“
- Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. - Liebe Freunde, wir haben nichts gegen eine Veränderung von Positionen. Was hier aber betrieben wird, ist keine Veränderung von Positionen, sondern ist das
Betrügen und Belügen der Menschen in SchleswigHolstein.
Frau Präsidentin, zur Geschäftsordnung. Die FDPFraktion übernimmt den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD, weil ich in den nächsten drei Wochen in meinem Landtagswahlkampf sagen will: Die Grünen haben sich richtig auf uns zubewegt.
Frau Präsidentin, bei aller Wertschätzung des Kollegen Astrup gibt es nur den Antrag in der Drucksache 15/3913, zu dem Anträge gestellt worden sind. Wenn wir den Antrag in der Drucksache 15/3913 zurückzögen, gäbe es überhaupt nichts mehr.
Denn es steht auf den Anträgen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Infrastruktur ausbauen“: „Zu Drucksache 15/3913“. Das kann nur ein Änderungsantrag zum Ursprungsantrag sein. Nicht mehr und nicht weniger.
Da der Antragsteller den Änderungsantrag übernommen hat, brauchen wir darüber nicht mehr abzustimmen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Obwohl nicht alle Änderungswünsche der FDPFraktion von der Mehrheit von Rot-Grün übernommen worden sind und obwohl ich mich im Ausschuss deshalb noch der Stimme enthalten habe, werde ich heute meiner Fraktion die Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung der Verfassung empfehlen.
Ich habe allerdings großes Verständnis und große Sympathie für die Haltung der Union, und zwar aus den Gründen, die wir bereits in der ersten Lesung benannt haben und die der Kollege Schlie noch einmal angesprochen hat. Ich würde es nicht auf die leichte Schulter nehmen, liebe Freunde von den Sozialdemokraten: Wer zwar die Vertretung von Eltern, von Kindertagesstätten mit der Erklärung „Darüber müssen wir ausreichend beraten.“ nicht auf die Reihe bekommt, aber in der gleichen Zeit eine Verfassung in diesen Punkten ändern will, zeigt damit nicht gera
de, dass er die Wertigkeit der unterschiedlichen Regelungsbereiche ordentlich erkannt hat. Insofern habe ich - wie gesagt - großes Verständnis für die Haltung der Union.
Am Ende bleibt, dass die SPD - und das ist der entscheidende Beweggrund für die FDP - mit den Grünen zusammen mit ihrer Mehrheit einen Gesetzentwurf vorlegt, der exakt der Gesetzesinitiative von FDP, Grünen und SSW aus dem Mai 2003 entspricht.
Damals, Frau Kollegin Heinold, im Mai 2003 haben die Sozialdemokraten genau diesen Gesetzentwurf abgelehnt. Für uns ist das der sichtbare Beweis dafür, dass es der SPD in erster Linie nicht darauf ankommt, ob ein Antrag oder Gesetzentwurf Sinn macht, sondern wer im Briefkopf als Antragsteller aufgeführt ist. Das ist in der Tat ein sehr interessantes parlamentarisches Verhalten. Nun denn, sei es drum.
Durch eine Änderung der Landesverfassung im Sinne der Antragsteller wird künftig der Schutz und Förderungsanspruch nationaler Minderheiten auf die Sinti und Roma deutscher Nationalität erweitert. Wir werden den besonderen Schutz sozialer Minderheiten wie beispielsweise Menschen mit Behinderung und insbesondere Pflegebedürftige in die Landesverfassung aufnehmen und geben dem Schutz und der Förderung von Kindern und Jugendlichen Landesverfassungsrang.
Wir möchten aus unserer Sicht lobend erwähnen, dass auch der besondere Schutz der Tiere nunmehr Eingang in den Gesetzentwurf von Rot-Grün gefunden hat. Insbesondere unser tierschutzpolitischer Sprecher, Herr Dr. Garg, hat hier anscheinend wertvolle Überzeugungsarbeit bei SPD und Grünen geleistet. Damit wurde zumindest ein Teil unseres Änderungsantrages aufgenommen.
Der andere Teil des FDP-Änderungsantrages im Ausschuss befasste sich mit der Einführung des so genannten ruhenden Mandates für Kabinettsmitglieder. Für Mitglieder der Landesregierung, die zugleich auch Abgeordnete sind, sollte das Abgeordnetenmandat für den Zeitraum ihrer Tätigkeit im Kabinett ruhen. Für diesen Zeitraum sollte die nächste Bewerberin/der nächste Bewerber von der Landesliste ins Parlament nachrücken. Kurzum: Wir wollten die Einführung der Trennung von Amt und Mandat. Dies ist übrigens bei den Grünen und der FDP seit unendlichen Jahren Programmbestandteil und von dem glaube ich, dass wir beide es ernst meinen.
Diese Trennung macht Sinn. Sie macht aus grundsätzlichen Erwägungen Sinn, weil sich Mitglieder der Landesregierung dann nicht als Abgeordnete im Landtag durch ihr Abstimmungsverhalten quasi selbst kontrollieren können.
Ich gebe aber zu, dass diese Trennung auch eine kleine Trennung von finanziellen Bezügen von Ministerpräsidentinnen, Ministerpräsidenten beziehungsweise Ministerinnen und Ministern bedeutet. Diese erhalten ja heute neben ihrem Ministergehalt noch 25 % ihrer Abgeordnetenbezüge.
Da in den letzten Monaten immer in den Medien von Nebentätigkeiten geredet wurde, muss doch auch einmal die Frage danach erlaubt sein, was eigentlich mit Kabinettsmitgliedern ist, die im Nebenjob Abgeordnete sind.
Wir sind ja bereits im Dezember 2003 mit einer Initiative gescheitert, das Abgeordnetengesetz dahin gehend zu ändern, die Abgeordnetendiäten für Landesminister und die Ministerpräsidentin zu streichen. Damals stimmten Grüne, SPD und SSW gegen unseren Gesetzentwurf.
Man kann die Sache aber auch andersherum angehen. Wenn Kabinettsmitglieder nicht gleichzeitig Abgeordnete sein können, dann entfallen eben auch die Abgeordnetenbezüge. Also: Auch dies hätte Vorteile.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wir haben vernommen, dass wir uns unabhängig von der Haltung der Union in der neuen Legislaturperiode noch einmal mit dieser Frage befassen müssen. Es gibt auch in anderen Landesparlamenten entsprechende Regelungen. Diese Trennung von Amt und Mandat macht wirklich über den heutigen Tag hinaus Sinn.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden dem Gesetzentwurf zustimmen, obwohl er nach unserer Auffassung weitreichender sein könnte. Aber wir sind sicher, dass damit die Debatte über die Änderung der Verfassung noch nicht zu Ende ist.
Herr Präsident, ich bitte darum, dass der Abgeordnete Behm, der bei der Besuchergruppe weilt, seine Abstimmung nachholen kann. Er wird jetzt geholt.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die von der Flutkatastrophe in Südostasien betroffenen Menschen bedürfen unserer Hilfe und Unterstützung. Die Größenordnung des Seebebens übersteigt jede menschliche Vorstellungskraft. Die Fernsehbilder, die wir alle gesehen haben, lassen allenfalls erahnen, was
sich am Tag der Flutwelle ereignet hat. Nach den jüngsten Schätzungen sind in den von der Flutkatastrophe verwüsteten Ländern mehr als 230.000 Todesopfer zu beklagen. Immer noch werden unter den Schutt- und Geröllmassen weitere Tote geborgen. Darüber hinaus werden weiterhin 581 Deutsche vermisst, die an den Stränden Südostasiens ihren Weihnachtsurlaub verbracht haben. 60 tote Bundesbürger wurden mittlerweile zweifelsfrei identifiziert, darunter auch Bürgerinnen und Bürger aus SchleswigHolstein.
Angesichts dieser Katastrophe ist es geradezu überwältigend, wie schnell und spontan gerade auch die Hilfsbereitschaft nicht nur von Organisationen und Einrichtungen, sondern von den vielen Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes erfolgt ist. Ich bin froh und ich bin stolz, das will ich sagen, dass sich Mitglieder des Landtages nicht an der unsäglichen Debatte beteiligt haben, wie denn die Hilfe der Bundesregierung finanziert werden soll und ob es gute und schlechte Spender gibt.
Armutsregionen wie Ahce sind binnen kurzem aus dem Nichts auf die persönliche Weltkarte vieler Deutscher gerückt. Der Indische Ozean ist, gemessen an der Bereitschaft zu Millionenspenden, den Bundesbürgern so nah geworden wie die unmittelbare Nachbarschaft. Die Welt ist wie im Schock nach dem Seebeben in Südostasien noch weiter zusammengerückt. Auch dies ist eine Seite der Globalisierung. Globalisierung bedeutet eben auch, dass bürgerschaftliches Engagement nicht nur in unserer unmittelbaren Nachbarschaft, sondern eben überall und weltweit gebraucht wird.
Uns allen wird hier drastisch und klar vor Augen geführt, dass globale Bedrohungen nicht an einem fernen Punkt der Erde stattfinden, die uns nichts angehen, sondern immer auch Rückwirkungen auf unser Leben haben. Deshalb dürfen wir bei diesem Ereignis auch nicht vergessen, dass es noch andere Regionen auf unserem Globus gibt, die ebenfalls unserer Hilfe bedürfen.
Obwohl sich diese Regionen derzeit eher am Rande unseres Interesses und außerhalb des Brennpunktes medialen Interesses befinden, haben sich deren Probleme noch lange nicht erledigt, im Gegenteil, sie nehmen von Tag zu Tag zu. Dieses Ereignis zeigt uns deutlich, dass wir der Gefahr begegnen müssen, nur noch punktuell auf Krisen zu reagieren. Wer spricht angesichts dieser Naturkatastrophe heute noch von Gegenden wie dem Kongo oder der Provinz Darfur
im Sudan, wo jedes Jahr mindestens genauso viel Menschen am Hungertod sterben wie bei der Flutkatastrophe in Südostasien? Was können wir beitragen, um Staaten wie Angola, Guinea, Ghana, Mali, Mozambique, Sambia, um nur einige zu nennen, nachhaltig zu unterstützen, damit sie sich weiter stabilisieren? Wie kann im Rahmen von Entwicklungszusammenarbeit und Wiederaufbau auch diesen benachteiligten Regionen geholfen werden? Wir wollen deshalb den Vorschlag des Bundeskanzlers, Patenschaften mit auszuwählenden Flutopferregionen in Südostasien anzustreben, aufgreifen, aber auch erweitern.
Hierzu kann nicht nur ein kleines Bundesland wie Schleswig-Holstein beitragen. Deshalb ist es aus unserer Sicht wichtig, nachhaltige Hilfe durch partnerschaftliche Kontakte nicht nur auf Landesebene, sondern auch auf kommunaler Ebene zu leisten. Nach Auskunft der schon bestehenden Servicestelle „Kommunen in der einen Welt“ haben wir vor der Asienflut von den rund 6.500 Patenschaften deutscher Kommunen weltweit nur 635 mit Entwicklungsländern gehabt. Jetzt besteht die Riesenchance, eine uralte Idee der Entwicklungszusammenarbeit neu zu beleben und Partnerschaften weiter auszubauen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die schnelle und professionelle Hilfe der Bürgerinnen und Bürger und der gesamten Staatengemeinschaft hat gezeigt, dass wir bei solchen Ereignissen zusammenrücken müssen und zusammenrücken. Jetzt müssen wir noch beweisen, dass wir durch mittel- und langfristige Planungen in der Lage sind, die Probleme auch gemeinsam und partnerschaftlich zu bewältigen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Art und Weise, wie mit diesem wichtigen Thema insbesondere in den letzten Tagen, nach dem Verbrechen an dem prominenten Münchner Geschäftsmann Rudolph Moshammer, umgegangen wurde, war und ist aus Sicht meiner Fraktion unangemessen und verfehlt, wie übrigens auch diese Aktuelle Stunde, Herr Kollege Schlie.
Die DNA-Analyse als wichtiges Instrument zur Aufdeckung von Straftaten wurde und wird quasi als biblisches Heilmittel der Verbrechensbekämpfung dargestellt. Diejenigen, die vor juristischen Schnellschüssen warnten und auf das verfassungsmäßig garantierte Abwehr- und Freiheitsrecht des allgemeinen Persönlichkeitsrechts hinwiesen, wurden fast schon als Blockierer in die Ecke der Täter, also von Schwerverbrechern, gestellt.
Wir sollten uns davor hüten, mit dem Finger auf diejenigen zu zeigen, die darauf hinweisen, dass es so etwas wie Grundrechte und einen Rechtsstaat gibt, dessen Aufgabe es im Übrigen nicht nur ist, die Bevölkerung vor Straftätern zu schützen, sondern auch die Bürgerinnen und Bürger vor unbegründeten Eingriffen durch Strafverfolgungsorgane.
Um was geht es bei der DNA-Analyse? - In jeder Zelle tragen wir unsere komplette Erbinformation, doch in circa 5 % der DNA steckt der gesamte Bauplan unseres Körpers. 95 % sind sozusagen „geneti
scher Mörtel“, der nicht codierende Bereich, auf den es die Strafverfolgungsbehörden abgesehen haben. Aus diesem Mörtel sind nicht die Erbinformationen abrufbar, die im codierenden Bereich vorhanden sind, also in den 5 %. Dennoch reicht der nicht codierende Bereich, um die Identität einer Person mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festzustellen, da die Längen der nicht codierenden Stränge von Mensch zu Mensch verschieden sind.
Mit dem genetischen Fingerabdruck haben die Strafverfolgungsbehörden seit Mitte der 80er-Jahre ein ausgesprochen wirksames Mittel zur eindeutigen Identifizierung einer Person in der Hand. Nur bei eineiigen Zwillingen scheitert das Verfahren wegen der identischen Erbanlagen.
Der genetische Fingerabdruck erlaubt eine Aussage über die Identität von Spurenverursachern und Tatverdächtigen. Man kann also mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit sagen, eine bestimmte Person hat eine am Tatort gefundene Spur verursacht.
Für den genetischen Fingerabdruck reichen Minispuren am Tatort aus, solange sie noch Erbmaterial enthalten, beispielsweise die Blutspur an einem Glassplitter, die Wurzel eines ausgefallenen Haares oder Speichel- und Zellreste an einer Zigarettenkippe.
Die DNA-Analyse ist bisher auf eine ausreichende rechtliche Grundlage gestellt. Sie hat sich aus polizeilicher Sicht in den letzten zwei Jahrzehnten sehr bewährt. Daran gibt es keinen Zweifel. So war es möglich, die beiden Mörder der Geschwister Sonja und Tom aus Eschweiler mithilfe der DNA-Analyse zu überführen. In Viersen wurde ein 15 Jahre zurückliegendes Vergewaltigungsdelikt mithilfe der DNAAnalyse aufgeklärt. Nicht zuletzt der Mord am Geschäftsmann Moshammer konnte schnell aufgeklärt werden, weil der Täter bereits in der DNA-Datei erfasst war.
Was zeigen uns diese Fälle? - Sie zeigen uns erstens, dass die DNA-Analyse ein wirksames Mittel bei der Verbrechensaufklärung ist, zweitens, dass die DNAAnalyse ihre Berechtigung hat, drittens, dass die Erfolge bei den genannten Delikten aufgrund der bereits heute geltenden Bestimmungen möglich waren und hierzu keine Erweiterung der Eingriffsbefugnisse notwendig ist, und sie zeigen uns viertens, dass trotz der bereits vorhandenen Speicherung einer DNAAnalyse eine Straftat nicht verhindert werden konnte.
Bei Ersttaten ist dies grundsätzlich nicht möglich. Jemand, der bis zum Zeitpunkt seiner Tat unbescholten gelebt hat, befindet sich in keiner Datei. Es wird
also auch bei der Sicherung und Auswertung einer entsprechenden Spur keinen Treffer ergeben. Die Speicherung in einer DNA-Datei führt nicht grundsätzlich zu dem präventiven Effekt, dass ein Täter von weiteren Verbrechen abgehalten würde.
So war es im Fall Moshammer. Die DNA-Analyse des Täters Herisch A. war bereits wegen eines Sexualdeliktes in der Gendatei eingestellt. Das hielt ihn nicht von dem Tötungsdelikt ab.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, der verfassungsrechtlichen Beurteilung der Frage, ob wir die DNA-Analyse auf Bagatelldelikte ausweiten dürfen, weichen deren Befürworter schlicht und ergreifend aus. Herr Kollege Schlie, es gibt hierzu ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2000. Das sollten Sie vielleicht noch einmal lesen, wenn Sie es kennen. Denn wir sind ja dazu aufgerufen, die Verfassung zu schützen und sie nicht ständig weiter einzuschränken.
Ein Urteil, das als Ausgangstat mindestens - mindestens! - eine Straftat im Bereich der mittleren Kriminalität vorsieht und die DNA-Analyse für Taten darunter von Verfassungs wegen ausdrücklich verbietet. Wir jedenfalls fühlen uns an diese Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts gebunden. Ich wäre froh, wenn auch die Vertreter der Polizei gelegentlich einmal sorgsam darauf achteten, dass sie etwas schützen sollen, was von Verfassungs wegen geboten ist,
und nicht immer die Effizienzfrage stellen. Herr Kollege Schlie, was würde uns denn bei der Frage der Effizienz, einer schnellen Aufklärung von Straftaten daran hindern, von allen Bürgerinnen und Bürgern Genmaterial in einer Datei zu speichern? Dann hätten wir sofort nach jeder Tat immer die Identifizierung einer entsprechenden Person. Das ist ein Gemeinwesen, das wir als FDP und ich als Person nicht wollen und wofür wir nicht unsere Hand reichen werden.
Wenn es bei Ihnen nur um die Frage geht: „Wie klären wir schnell auf?“, gibt es keine logische Begründung dafür, warum sie nicht von allen Menschen unseres Landes eine entsprechende Genprobe nehmen und speichern. Dann hätten Sie nach jeder Tat eine schnelle Aufklärung. Das allein ist nicht das Kriterium; das wissen Sie genau. Deshalb halten wir uns mit völliger Hingabe an die Vorgaben des Bundesverfas
sungsgerichts und wir werden sie mit Zähnen und Klauen auch Ihnen gegenüber verteidigen, Herr Kollege Schlie.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es begeisternd, mit welcher Nonchalance Abgeordnete des Schleswig-Holsteinischen Landtags über die Fakten hinweggehen
und in relativ kurzer Zeit über nicht erhebliche Werte zulasten der Steuerzahler dieses Landes verfügen.
Ich bin gern bereit und fordere dazu auf, mit dem Wirtschaftsminister dieses Landes - Frau Kähler kann sich mit hinsetzen, Frau Heinold vielleicht auch - öffentlich vor Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Anwälten, die sich mit Unternehmensanteilsverkäufen beschäftigen, über die Frage zu diskutieren, ob die Zahlen, die wir vorgelegt haben, falsch sind oder nicht. Ich fordere Sie dazu auf, das zu tun, wenn Sie Mut haben. Dann können Sie erklären, warum wir unseriös sind oder auch nicht.
Aber ich bin sicher, diesen Mut werden Sie nicht haben, weil Sie die Öffentlichkeit scheuen. Sie können diese pauschalen Erklärungen, das sei unseriös, nicht belegen.
Anke Spoorendonk, wir hatten im Jahre 1994 ein Bewertungsgutachten für den damaligen Wert der Provinzial. Dieses Bewertungsgutachten, in Auftrag gegeben von der Landesregierung, geprüft vom Rechnungshof, schloss ab mit einem Unternehmenswert von 1.140 Millionen DM. Das war der Wert des Unternehmens, wenn man es als Aktiengesellschaft an den Markt gebracht hätte. Das ist völlig unstreitig. Davon ist fast die Hälfte abgezogen worden, weil es keine Aktiengesellschaft war, sondern eine öffentlich-rechtliche Einrichtung und deshalb nicht frei handelbar. Wir kamen dann auf einen Ertragswert nach Abzügen von 560 Millionen DM. Erlöst haben wir 245 Millionen DM, aus welchem Grund auch immer. Das heißt, bereits damals wurde von dem Wert des Unternehmens, eines öffentlichen Unternehmens, ein weiterer Abschlag zugunsten des
Sparkassen- und Giroverbandes in Höhe von 277 Millionen DM gemacht. Ich sage auch warum: Weil Fortentwicklung erklärt worden ist, weil man das Kapital nicht insgesamt herausziehen wollte und so weiter; tausend Sachen mehr.
Wenn man von dem Unternehmenswert von 1994 ausgeht, dann hat das Land damals einen Wert der Provinzial - jetzt muss man unterscheiden zwischen cash und bar und dem Wert; das sind zwei verschiedene Kategorien, Frau Heinold - von 857 Millionen DM nicht erzielt in der weiteren Fortentwicklung der Provinzial. Wir haben damals darauf bestanden, dass dann wenigstens eine Übererlösklausel in den Vertrag aufgenommen werden muss - übrigens sehr schlecht -, dass für den Fall einer Umwandlung in eine Aktiengesellschaft und damit Hebens des Vermögenswertes auch in der Bilanz, Herr Minister, das Land Schleswig-Holstein angemessen beteiligt werden muss; nicht in der Höhe möglicherweise, aber jedenfalls angemessen.
Wenn wir von dem Verfahren ausgehen, das Professor Lutter jetzt vorgeschlagen hat, der Gutachter der Landesregierung, weil wir Wertbestimmungen im Laufe der Zeit immer schwieriger fassen können, nämlich dass das, was damals weniger erlöst worden ist, aufgezinst werden muss, um den Wert heute zu bestimmen - 1995 bis heute -, dann kommen wir - die Rechnung ist ganz einfach - auf einen Wert von 749,5 Millionen €.
Jetzt kann man sich fragen: Wollen wir es zulassen, dass durch eine weitere Umwandlung die Rechtsposition des Landes, an diesem Wert zu partizipieren, faktisch auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wird? Der Sparkassen- und Giroverband wäre doch mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn er irgendwann einmal cash machte. Der dürfte das doch gar nicht. Man müsste die Leute wegjagen, wenn sie cash machen und mit dazu beitragen, dass Vermögenswerte, die sie bilanzieren können, zu ihren eigenen Lasten in die Kasse des Landes Schleswig-Holstein fließen.
- Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. - Noch einmal: Faktisch schreiben wir jetzt fest, dass das, was 1994/1995 verschenkt worden ist, endgültig verschenkt wird und wir jede Einflussmöglichkeit verlieren, noch einen angemessenen Anteil daran zu erzielen. Das werfen wir diesen Leuten vor.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Matthiessen, ich bleibe bei meiner Aussage, dass durch das Vermeiden nutzloser Reden und der dabei entstehenden Erregung der CO2-Ausstoß deutlich verringert werden könnte.
- Ja, ich fange jetzt damit an, weil ich solche Debatten, die hier mit einer solchen Emphase geführt werden, immer ganz begeisternd finde.
Ein Tierarzt, der mir erklärt, man könne ganz bedenkenlos einen Hahn und eine Sau kreuzen, um die Nahrungsmittelprobleme zu lösen, hat seine Kompetenz unter Beweis gestellt.
Sie haben gefragt: Wie kommt es eigentlich, dass Laurenz Meyer, Generalsekretär der CDU, auf der Lohnliste von RWE steht? Es gibt 60 Politiker, die auf der Lohnliste von RWE stehen. Es sind 60 Politiker. Ich will jetzt nicht sagen, ob dazu auch Leute aus Ihrer Partei gehören, aber viele von den Sozialdemokraten. Fragen Sie doch einmal, wem RWE gehört und wer RWE leitet. Das sind doch hochrangige Sozialdemokraten, wenn ich mich richtig erinnere. Das ist doch in öffentlicher Hand - oder nicht? - Nein, das sind private Konzerne, die nichts anderes im Sinn haben, als Riesengewinne zu machen, die Menschen zu drangsalieren und Kernkraftwerke zu bauen!
Herr Matthiessen, Sie müssen einmal intensiver darüber nachdenken, was Sie uns und den Menschen dieses Landes eigentlich sagen wollen.
Die großen Energieversorgungsunternehmen sind überwiegend öffentlich kontrolliert. Sie haben einen Versorgungsauftrag. Ich bin ganz begeistert, wenn der Wirtschaftsminister gleich hierher kommen und uns sagen wird, wie der Zielkonflikt aufgelöst werden soll, der zwischen der Lieferung preiswerter Energie, die notwendig ist, um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu erhalten, und den anderen Zielen, die wir haben und die ich auch teilen kann, entsteht. Der Wirtschaftsminister wird uns heute erzählen, dass der Energiepreis für die Ansiedlung und den Bestand von Unternehmen in Schleswig-Holstein überhaupt keine
Bedeutung hat. Sie führen nie Debatten darüber, ob die Energiepreise der Unternehmen nicht sinken könnten. Denn wenn die Energiepreise hochgingen, würden diese das Land verlassen. Das machen Sie nie. Sie sagen ihnen zu: Wir erzeugen eine teure Energie aus Überzeugung, aber wir subventionieren sie für die Industriekunden nach unten. Warum? - Weil sie gingen, täten wir das nicht!
Ich kann in aller Ruhe und relaxed sagen: Weitermachen wie bisher. Denn die Zeche zahlen nicht die Großen. Die Zeche zahlt der kleine Mann, zahlen diejenigen, die von der Sozialhilfe leben müssen und die möglicherweise, weil die Strompreise steigen, erhebliche Probleme bekommen, ihren Lebensstandard zu halten.
- Liebe Kollegin Anke Spoorendonk, es mag das dänische Prinzip sein, dass man nur in schwarz-weiß sehen kann. Das vermindert die Grautöne dazwischen. Aber es muss doch noch erlaubt sein, sich in der Frage, wie wir Zielkonflikte lösen, vernünftig zu unterhalten, sich zu unterhalten, ohne dass man sich wechselseitig das Etikett anheftet: Der eine will das Schlimme und die anderen sind die Guten. Sonst können wir uns solche Debatten wirklich sparen.
Noch einmal: Die gegenwärtigen Erzeugungskosten beispielsweise der Windkraft liegen in SchleswigHolstein oder anderswo deutlich über den Kosten, die wir zahlen müssten, würden wir Strom aus Wasserkraft aus Norwegen importieren. Die Frage im Rahmen des Wettbewerbs europa- und weltweit wird doch in den nächsten Jahren lauten: Wie können wir Versorgungssicherheit zu bezahlbaren Preisen gewährleisten?
Denn können wir das nicht, dann wird die nächste Regierung auf Bundesebene - ganz gleich wie sie aussieht - nicht „nur“ 4,5 Millionen Arbeitslose, sondern die doppelte Anzahl verantworten müssen. Das werden wir sozial nicht aushalten.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Fall Bogner, der mittlerweile zu einem Fall Lütkes geworden ist, habe ich in den vergangenen Tagen interessante Erklärungen der Sozialdemokraten vernommen. Der Fraktionsvorsitzende, Kollege Lothar Hay, verwechselt Zurückhaltung mit Rückzug. Die Sozialdemokraten fordern - wie ich meine, zu Recht -, die Unschuldsvermutung zu beachten und von Vorverurteilungen abzusehen. Im Rahmen partieller Prinzipienlosigkeit der Genossen gilt dies allerdings nur für die Ihren, während sie in Schleswig-Holstein und anderswo genau diese Prinzipien bei politischen Konkurrenten nicht gelten lassen.
Frau Ministerin Lütkes hat einen Anspruch darauf, dass der Ausbruch des Strafgefangenen Bogner und die diesen Ausbruch begünstigenden Fehlentscheidungen und Versäumnisse im Vollzug nicht zu Wahlkampfzwecken missbraucht werden. Aber Ministerin Lütkes hat keinen Anspruch darauf, dass wir auf Aufklärung verzichten und Konsequenzen nicht anmahnen, nur weil gerade Wahlkampf ist.
Ministerin Anne Lütkes muss sich an ihren eigenen Maßstäben messen lassen. Am 7. April 2000 erklärte die frisch gewählte grüne Justizministerin Anne Lütkes in einer Pressemitteilung:
„Die weitere Entwicklung des Strafvollzugs in Schleswig-Holstein ist ein zentraler Punkt meines Arbeitsprogramms und steht auf unserer rechtspolitischen Prioritätenliste ganz oben. Entwicklung des Strafvollzuges bedeutet dabei zweierlei: Zum einen geht es darum, die Sicherheit der Justizvollzugsanstalten zu gewährleisten. Zum anderen gilt es einen menschenwürdigen und humanen Vollzug zu sichern, um so den Resozialisierungsauftrag des Strafvollzugsgesetzes zu verwirklichen.“
Die Justizministerin ist gescheitert. Sie hat ihrem eigenen Anspruch nicht genügt, die Sicherheit des Strafvollzugs in Schleswig-Holstein zu gewährleisten. Sie diskreditiert durch ihr Verhalten die Möglichkeit, den Resozialisierungsauftrag des Strafvollzugsgesetzes zu verwirklichen.
Durch schwere Fehler, die auch die Justizministerin selbst einräumt, ist ein Mensch ums Leben gekom
men. Es war möglich, dass der Serienausbrecher Bogner aus der Justizvollzugsanstalt Lübeck fliehen und auf seiner Flucht eine arglose Person, den Landschaftsgärtner Danielsen, ermorden konnte, um dessen Identität anzunehmen. Dies war möglich, obwohl bekannt war, dass es sich bei Bogner um einen siebenfachen Ausbrecher handelte, der bereits einmal aus einer Gefängnisschlosserei ausgebrochen war, der bereits beim vorigen Ausbruch die Identität einer anderen Person angenommen hat, die seit dieser Zeit vermisst wird, der seinerzeit bereits wegen Mordes an dieser Person angeklagt worden war und nur deshalb freigesprochen wurde, weil die Leiche bisher nicht gefunden wurde.
Bereits heute steht fest: Wären im Zuständigkeitsbereich der Justizministerin nicht so viele haarsträubende Fehler geschehen, hätte das Justizministerium und hier die zuständige Abteilung 2 die fachlich gebotene Aufsicht über die Vollzugsleitung in der JVA Lübeck wahrgenommen, dann könnte Herr Danielsen heute noch leben.
Herr Kollege Puls, ich zitiere die Ministerin: „Wenn wir gewusst hätten, dass er in einer Schlosserei arbeitet, hätten wir das unterbunden.“
Es war dem Ministerium bekannt, welches Kaliber mit Bogner in Lübeck untergebracht war. Es war dem Ministerium bekannt, welche persönlichen Probleme der Vollzugsleiter hatte, den man mit der Aufgabe einer Vollzugsplanung für Bogner allein ließ. Es war bekannt, welche Sicherheitsmängel es in der Schlosserei gab und welche Personalmängel im allgemeinen Vollzugsdienst vorherrschten, weil Vollzugsbedienstete zu Verwaltungsaufgaben abgezogen wurden, die durch die Weigerung des Finanzministeriums, zusätzliche Verwaltungsstellen zu bewilligen, nach Auskunft des Justizministeriums hätten zweckentfremdet werden müssen.
Ich will jetzt keine internen Geschichten erzählen. Ich weigere mich, so etwas zu tun. Aber ich bin, wenn diese Form der Debatte anhält, gern bereit, all das, was wir aus internen Protokollen wissen, auch der Öffentlichkeit zu präsentieren, um mir nicht den Vorwurf gefallen zu lassen, wir wüssten nicht, wovon wir reden. - Trotzdem hat das Ministerium sich nicht veranlasst gesehen, seiner Fachaufsicht zu genügen und wenigstens nachzufragen, wie ein siebenmal erfolgreicher Ausbrecher in der JVA Lübeck untergebracht ist.
Die Ministerin räumt selbst ein, dass Bogner nie hätte in der Schlosserei arbeiten dürfen. Sie hat uns erklärt - ich sagte es bereits -, das Ministerium hätte dies unterbunden. Das Ministerium hätte dies wissen
können und ich sage ausdrücklich: Das Ministerium hätte dies wissen müssen.
Hierin liegt der zentrale Vorwurf, den ich auch als Person gegenüber einer Ministerin erhebe, die ich ansonsten in ihrer Fachlichkeit schätze, und den in Wahrheit auch die Kollegin Fröhlich in der ihr eigenen charmanten Art im Innen- und Rechtsausschuss mit der Bemerkung festgestellt hat - ich zitiere -, die Vielzahl der Fehler und Versäumnisse, die unglücklichen Umstände erzwängen geradezu eine neue Supervision. Ich habe dazwischengerufen: Das heißt zu Deutsch: Fachaufsicht. Wir stimmen ihr zu: Dies erzwingt eine neue Fachaufsicht.
Die Ministerin hat in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken versucht, ihr beziehungsweise ihrem Haus seien durch das Strafvollzugsgesetz die Hände gebunden gewesen, es sei weder Praxis noch von Gesetzes wegen geboten, sich seitens des Ministeriums in die einzelne Vollzugsplanung einzumischen. Dies ist, gemessen am Empfängerhorizont, eine schlichte und unverschämte Lüge; denn niemand will, dass das Ministerium in jedem Einzelfall Vollzugsentscheidungen trifft, obwohl es dies im Einzelfall auch könnte. Aber es ist nicht hinnehmbar, den Eindruck zu erwecken, es sei unüblich oder von Gesetzes wegen verboten, sich seitens des Ministeriums danach zu erkundigen, wie ein erfolgreicher Serienausbrecher in der JVA untergebracht ist.
Mittlerweile ist das Ministerium auch zu dieser Erkenntnis gelangt, die sich jedermann aufdrängt.
Nach dem Tod von Herrn Danielsen hat das Ministerium durchaus gehandelt. Folgende Maßnahmen werden ergriffen:
Erstens. Nunmehr werden die Erhebungsbögen für die Vollzugsplanerstellung und den Vollzugsplan und seine Fortschreibung über die gesetzlichen Vorgaben des Strafvollzugsgesetzes hinaus verändert, um sicherzustellen, dass Sicherheitsbelange ausreichend geprüft und dokumentiert werden. Das Ministerium wird Überprüfungen vornehmen.
Zweitens. Bei besonders gefährlichen Gefangenen und Sicherungsverwahrten wie Bogner sind dem Ministerium die beabsichtigten Vollzugsplanentscheidungen und Fortschreibungen vorzulegen.
Hierzu stelle ich Folgendes fest: Man hat im Ministerium gelernt. Das Ministerium räumt ein, dass in der
Vergangenheit Sicherheitsbelange nicht ausreichend geprüft wurden und dass eine Überprüfung der Vollzugsplanung durch das Ministerium in besonderen Fällen notwendig ist. Es räumt ein, dass das SichHeraushalten des Ministerium aus der Vollzugsplanung besonders gefährlicher Straftäter ein Fehler war. Ansonsten machten die nun vom Ministerium angekündigten Maßnahmen auch keinen Sinn.
Der Preis für diese „Fortbildung“ des Ministerium war allerdings zu hoch. Diesen Preis bezahlte der Landschaftsgärtner Danielsen mit dem Leben.
Die Ministerin hat gesagt, sie übernehme die politische Verantwortung für die Versäumnisse in der JVA Lübeck. Sie übernimmt damit die politische Verantwortung für den Ausbruch Bogners und damit auch für den Tod Danielsens.
Die Ministerin hat den Begriff der politischen Verantwortung aber völlig entstellt: Die politische Verantwortung übernehme sie dadurch, dass sie gerade wegen der Fehler im Justizvollzug in Lübeck Ministerin bleiben müsse, um die Vorfälle um den Ausbruch aus der JVA Lübeck und den Mord am Landschaftsgärtner Danielsen aufzuarbeiten und die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Sie will also das besser machen, was in der Vergangenheit schief gelaufen ist.
Aber warum hat die Ministerin dann die Anstaltsspitze suspendiert und ausgetauscht, die doch auch das besser machen wollte, was schief gelaufen war?
Darauf, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat sie sich nicht verlassen beziehungsweise verlassen wollen. Sie hat die Anstaltsleitung nicht ihre Verantwortung wahrnehmen lassen, sondern ihr die Verantwortung entzogen.
Genau dies verlangen wir heute von der Ministerpräsidentin dieses Landes im Verhältnis zu ihrer Justizministerin.
Mit dem bisherigen Verhalten von Frau Lütkes übernimmt man keine politische Verantwortung, so macht man sich davon. Die Ministerin lässt in der JVA Lübeck kleinere Köpfe rollen, um einige größere Köpfe im Ministerium und ihren eigenen Kopf zu retten.
Gerade wegen meiner persönlichen und unserer politischen Nähe zur Position von Ministerin Lütkes in Justizfragen fällt es mir wirklich nicht leicht, die Forderung nach ihrer Entlassung zu erheben. Aber sie ist notwendig, wenn der Begriff der politischen Kultur, wenn der Begriff der politischen Verantwortung überhaupt noch einen Sinn haben soll.
Dabei mache ich es mir nicht so leicht wie Sozialdemokraten und Grüne anderswo, die zum Beispiel in Hamburg den Rücktritt des Justizsenators fordern, weil in einem der örtlichen Gefängnisse ein Wachturm zeitweise unbesetzt blieb. Ich mache es mir auch nicht so leicht wie die Grünen in Sachsen-Anhalt, die im letzten Jahr den Rücktritt des dortigen Justizministers forderten, weil dieser angeblich in ein Stellenbesetzungsverfahren eingegriffen haben soll. Ich mache es mir nicht so leicht wie die Sozialdemokraten in Baden-Württemberg, die den Rücktritt der dortigen Justizministerin Werwig-Hertnick forderten, die der FDP angehört, weil diese angeblich ihre Ministerkollegen über ein Ermittlungsverfahren unterrichtete, was in Schleswig-Holstein, wie ich gelesen habe, im Falle Uwe Mantik eigentlich Dienstpflicht ist.
Aber ich frage: Was kann einer Justizministerin oder einem Justizminister eigentlich Schlimmeres passieren, als dass nach einem vermeidbaren Ausbruch eines Schwerverbrechers aus einem Gefängnis, beruhend auf massiven Fehlern im eigenen Organisationsbereich, ein unschuldiger Mensch umgebracht wird?
Ministerinnen und Minister, die ihre politische Verantwortung ernst nehmen, wären längst zurückgetreten, hätten ihr Scheitern erklärt und einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger den Weg freigemacht, um die Versäumnisse aufzuarbeiten. Warum glaubt eigentlich Ministerin Lütkes als Betroffene, die Sache besser aufarbeiten zu können als ein neuer Minister, der unbefangen und ohne Rechtfertigungsdruck an die Aufklärung gehen könnte?
Der Rücktritt von Ministerin Lütkes wäre folgerichtig, aber das ist eine Frage des Charakters, das ist eine Frage der Persönlichkeit, das ist eine Frage des Mutes und das ist eine Frage der Größe.
So erklärte beispielsweise der frühere Bundesinnenminister Rudolf Seiters - der Kollege Wadephul sagte es bereits - seinen Rücktritt, nachdem bei einer Festnahmeaktion ein vermuteter terroristischer Straftäter unter nicht aufgeklärten beziehungsweise nicht aufklärbaren Umständen erschossen worden war, obwohl er dafür keine persönliche Verantwortung trug.
So hat der parteilose Justizminister von Brandenburg, Hans Otto Bräutigam, im Jahre 1998 nach dem Ausbruch des Schwerverbrechers Sergej Serow aus der JVA Potsdam unaufgefordert Ministerpräsident Stolpe seinen Rücktritt angeboten. Das tat er, obwohl ihn keine persönliche Schuld traf.
Das ist Größe. Ich stelle fest, dass die Justizministerin des Landes Schleswig-Holstein diese Größe nicht
besitzt. Das ist einem Mitglied einer schleswigholsteinischen Landesregierung nach meiner Auffassung nicht würdig. Deshalb ist Frau Lütkes zu entlassen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man muss bestimmten Dingen sofort entgegentreten, weil sie sich sonst verselbstständigen, insbesondere bei den Grünen. Den Grünen dürfte genauso wenig wie den anderen Fraktionen dieses Hauses entgangen sein, wie häufig sich bereits der Personalrat der Justizvollzugsbediensteten über die Situation in den Haftanstalten beklagt hat, über die personelle Ausstattung. Ich will das hier nicht zitieren. Ich habe ein Protokoll davon hier. Ich könnte das zitieren und der deutschen Öffentlichkeit einen Beleg dafür bieten, wie die Worte hier mit dem, was vor Ort faktisch passiert, auseinander fallen.
Nach wie vor ist die Situation so, dass die angebliche 5-prozentige Steigerung im Justizvollzugsdienst bei den Vollzugsbeschäftigten deshalb nicht angekommen ist - Herr Kollege Hentschel, dem können sie jetzt gern entgegentreten -, weil bis zu 27 Mitarbeiter aus dem Justizvollzugsdienst an das Ministerium abgeordnet waren oder noch sind, weil beispielsweise Mitarbeiter, die dem Justizvollzugsdienst zugeteilt sind, allgemeine Verwaltungsaufgaben erledigen müssen, insbesondere im IT-Bereich, und weil wir Situationen haben, in denen ganze Justizvollzugsanstalten an Wochenenden nur einen einzigen Bediensteten oder eine einzige Bedienstete haben und sich die Vollzugsbeschäftigten darüber beklagen und beschweren, dass für den Fall, dass etwas passiert, die Vorgesetzten sich weigern, auch die Polizei zu Hilfe zu rufen. - Ich bin gern bereit, das alles auszubreiten.
Frau Ministerin, eine Erklärung lasse ich nicht zu. Dass sich daran nun auch die Freunde vom Südschleswigschen Wählerverband beteiligen, wobei ich feststelle, dass ihre moralischen Kategorien auf die von ihr beklagte Stufe des Roland Koch abgesunken sind, finde ich sehr bemerkenswert.
Die spannende Frage ist die Behauptung, es sei bundesweit nicht üblich, dass sich die Justizministerien danach erkundigten, wie mehrfache Serienausbrecher in ihrem Hoheitsbereich untergebracht worden sind. Meine Abfrage bei den Justizministern, die meiner Partei angehören, und darüber hinaus hat ergeben, dass es als eine Selbstverständlichkeit betrachtet wird, sich zwar nicht in eine Vollzugsplanung einzumischen, sich aber als Ministerium bei erfolgreichen Mehrfachausbrechern zu erkundigen, wie in der jeweiligen JVA der bekannte Mehrfachausbrecher untergebracht worden ist.
Dass Ihre Abteilung - das habe ich vorhin schon einmal gesagt - genau an dem Punkt versagt hat, nicht einmal zum Telefonhörer gegriffen und gefragt hat: „Lieber Herr Brandewiede, wie bringt ihr den eigentlich unter, der siebenmal erfolgreich ausgebrochen ist?“, ist das, was ich Ihnen vorwerfe. Hätten Sie das getan - das haben Sie selbst gesagt; mit „Sie“ meine ich das Ministerium und dafür tragen Sie die persönliche Verantwortung -, hätten Dr. Maelicke oder Herr Bublies dort angerufen, wäre der Junge - so haben Sie selbst gesagt - nicht in der Schlosserei gewesen, wäre er nicht ausgebrochen, hätten wir keinen Toten. Deshalb tragen Sie dafür die Verantwortung.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt zwei Themenkomplexe zu behandeln. Erstens handelt es sich um die zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, zweitens um die erste Lesung zum Landesrundfunkgesetz. Ich komme zunächst zu dem ersten Komplex, zu dem der Kollege Kayenburg schon fast alles gesagt hat, was auch ich besser nicht hätte formulieren können.
Gleichwohl will ich erklären, dass die FDP-Fraktion dem heute hier vorliegenden Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag nicht zustimmen wird. Dabei sind die 88 c Erhöhung der Rundfunkgebühren pro Monat oder die weltweit einmalige Einführung einer Gebührenpflicht für Internet-Computer oder Mobiltelefone nicht die wesentlichsten Gründe, obwohl ich sie schon einmal beschrieben habe.
Der größte Mangel bleibt die auch nach unserer Auffassung verfassungswidrige Legitimation der Beschaffung von Daten beim kommerziellen Adresshandel durch die Rundfunkanstalten beziehungsweise die Gebühreneinzugszentrale, die in § 8 Abs. 4 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages vorgesehen ist.
Ich wiederhole, was ich schon in der ersten Lesung gesagt habe: Der hier vorliegende Rundfunkänderungsstaatsvertrag bewirkt, dass die für das Gebühreneinzugsverfahren zuständigen Stellen zwischen hoheitlichen und privatrechtlichen Befugnissen pendeln und sich auf diese Weise ihren rechtsstaatlich
gebotenen öffentlich-rechtlichen Gesetzesbindungen entziehen können.
Die angestrebte Regelung führt im Ergebnis zu einem verfassungsrechtlich unzulässigen Formenmissbrauch der Landesrundfunkanstalten beziehungsweise der GEZ. Das hat der Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für den Datenschutz, Dr. Weichert, auch bei den Beratungen im Ausschuss auf ausdrückliche Nachfrage noch einmal bestätigt.
Nun ist das mit Staatsverträgen so eine Sache. Entweder man beschließt sie, oder man lässt es sein. Im zweiten Fall müssen sie erneut ausgehandelt werden. Ändern kann sie ein Parlament bedauerlicherweise nicht mehr.
Aber wir sind als Abgeordnete der Verfassung verpflichtet. Wenn wir der Auffassung sind, dass ein Gesetzentwurf oder eine Initiative nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht, dürfen wir nicht zustimmen.
Die Grünen haben im Ausschuss - Kollege Kayenburg hat es ausgesprochen - klar zum Ausdruck gebracht, dass sie unsere datenschutzrechtlichen Bedenken gegen diesen Staatsvertrag teilen. Aber wie es immer ist: Reden ist das eine, Handeln ist das andere. Es ist schon beeindruckend, dass die Kollegin Fröhlich im Ausschuss erst ihre erheblichen datenschutzrechtlichen und verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den Staatsvertrag vorträgt und auch ausdrücklich zu Protokoll gibt, um den Gesetzentwurf dann mit zu beschließen, und zwar aus Koalitionsraison. Für uns ist diese Form von Politik eigentlich unglaublich.
Nun wollen die Grünen ihre Hände damit in Unschuld waschen, dass sie noch einen Entschließungsantrag hinterherschieben, der eine kritische Würdigung der Bedenken der Datenschützer verlangt. Für mich ist das eine besondere Form der Lächerlichkeit. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, entweder stimmen Sie heute mit uns gegen diesen Staatsvertrag und zeigen endlich Ihr rechtsstaatliches Profil oder sie sollten in dieser Frage für immer schweigen.
Ein rechtsstaatliches Profil kann man sich nämlich nicht einfach umhängen, sondern man erwirbt es durch Handeln.
Aber wir haben heute ja noch einen Gesetzentwurf zu diskutieren. Uns liegt in erster Lesung nun schon wieder ein Gesetzentwurf zur Änderung des Landesrundfunkgesetzes vor. Worin besteht eigentlich der plötzliche Regelungsbedarf, nachdem wir von Beginn bis Herbst dieses Jahres intensiv mit diversen
Anhörungen über das Landesrundfunkgesetz beraten haben und die letzten Änderungen erst Ende Oktober in Kraft getreten sind?
Erst am 13. Dezember 2004 war im sh:z zu lesen, dass nach RTL nun auch SAT.1 Medien-Müller verlässt und sich einen neuen Partner für die technische Abwicklung seines Regionalprogramms sucht. Der Versuch, dem Genossen Müller auch künftig sein Einkommen zu sichern, wird sicherlich nicht der alleinige Grund für diesen Gesetzentwurf gewesen sein.
- Herzlichen Glückwunsch! Ich würde das erst einmal sehr genau lesen, Herr Kollege Hay, bevor ich mich in dieser Frage äußerte. - Dennoch gibt es eine Parallele zu früheren Vorstellungen des Kollegen Müller. Denn der Entwurf befasst sich mit neuen Zulassungsvoraussetzungen für Veranstalter der Regionalfensterprogramme.
Nach den Vorstellungen von Rot-Grün soll ein Hauptprogrammveranstalter wie beispielsweise SAT.1 künftig gezwungen werden, für die Gestaltung des Regionalfensterprogramms Veranstalter zu wählen, an denen er mit höchstens 25 % beteiligt ist. Darüber hinaus sollen die Veranstalter der Regionalfensterprogramme künftig faktisch von der Landesanstalt ausgewählt werden. Die Anstalt schreibt das Fensterprogramm nämlich aus. Dann sollen nach Eingang der Anträge verschiedene Anbieter mit dem Hauptprogrammveranstalter Einvernehmen über den geeignetsten Fensterprogrammanbieter erzielen. Gibt es kein Einvernehmen, entscheidet die Landesanstalt allein. Die Finanzierung der Fensterprogramme ist aber durch den Hauptprogrammveranstalter sicherzustellen, ganz gleich, ob er den regionalen Anbieter wollte oder nicht.
Künftig soll also die öffentliche Hand auswählen, wer extra für SAT.1 das Regionalprogramm macht. Bezahlen dürfen das dann beispielsweise SAT.1 oder RTL.
Ich kündige Ihnen in dieser Frage schon heute den Widerstand meiner Fraktion gegen den Gesetzentwurf an. Denn, Herr Kollege Hay, Sie können reden wie Sie wollen: Es ist nichts anderes als eine Lex Müller, der wir in dieser Form nicht zustimmen werden.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir hatten gestern in unserer Fraktion eine sehr lange Diskussion über die Frage des Kopftuchverbots. Da standen der Kollege Klug und ich zunächst nahezu einsam auf weiter Flur. Denn die erste automatische Reaktion aller Beteiligten war: Unsere Fraktion will das Kopftuchverbot, weil wir den damit verbundenen Gedanken nicht mittragen wollten, uns mit der Intoleranz anderer abzufinden. Nach längerem Nachdenken, Frau Kollegin Eisenberg, ist es uns gelungen, auf Folgendes hinzuweisen.
Im Prinzip führen wir eine verkehrte GesslerhutDebatte. Es gibt Leute, die haben gewollt, dass man sich vor einem Hut verneigt. Jetzt gibt es Leute, die glauben, dass das Kopftuch das Problem sei. Dabei ist das Kopftuch nicht das Problem. Ich stehe ausdrücklich zur Bekenntnisfreiheit und bin tolerant gegenüber jedem, der seine eigene Überzeugung ausleben will. Aber ich bin manifest intolerant gegenüber den Personen, die Menschengruppen oder andere Menschen als minderwertig betrachten, welche sich von ihnen abgrenzen wollen, und zwar unabhängig davon, welches Symbol dabei benutzt wird. Das Problem ist nicht das Kopftuch, sondern im Zweifel der Mensch darunter.
Wir werden das Problem nicht dadurch bewältigen, dass wir sagen, dass wir Kopftücher verbieten, während die gleichen Personen, die wir für intolerant halten, den Unterricht ohne Kopftuch gestalten dürfen.
Wir haben, Frau Kollegin Eisenberg, in der Vergangenheit ein Problem verdrängt. Ich wiederhole, was ich früher von hier aus schon einmal gesagt habe. Kollege Lothar Hay wird wissen, was ich meine. Wir haben zugelassen, Frau Kollegin Fröhlich - damit befinde ich mich in absolutem Gegensatz zu Ihnen -, dass sich Parallelkulturen entwickelt haben, die mit unserer Werteordnung im Sinne der Verfassung und mit der Achtung der Menschenwürde gegenüber jedermann nichts gemein haben.
Ich habe einmal darauf hingewiesen, dass mich Vormundschaftsrichter angesprochen und gesagt haben: Wir haben das Problem, dass junge Menschen von 14 oder 15 Jahren zu uns kommen und sagen, dass ihre
Eltern sie zwangsweise in die Türkei bringen wollten. Und dann sagen sie: Wir müssen den Eltern das Sorgerecht wegnehmen. Aber der politische Mainstream ist momentan nicht entsprechend, weil wir damit Lebensgefühl und Kultur beeinträchtigen würden. Ich habe darauf geantwortet: Das interessiert mich einen Dreck. Denn derjenige, der sich auf dem Boden unseres Landes befindet, befindet sich im Geltungsraum unserer Verfassung und hat sich dementsprechend zu verhalten.
Wir dürfen nicht akzeptieren, dass die Schulpflicht nicht durchgesetzt wird. Wir dürfen nicht zulassen, dass Eltern sagen: Meine Kinder machen nicht mit, wenn es um Klassenfahrten, Sport- oder Schwimmunterricht geht. Hier geht es nicht um eine Frage der religiösen Wertschätzung oder deren Über- oder Unterordnung. Ich will auch keine Debatte darüber führen, ob das Christentum dem Islam überlegen ist. Das ist eine völlig falsche Diskussion. Diese Diskussion gibt es gar nicht.
Wir führen eine Diskussion unter Demokraten und mit toleranten Menschen, die ein bestimmtes Menschenbild haben, das in unserer Verfassung verankert ist. Es gibt ein anderes Menschenbild bei denjenigen aus unseren Reihen von rechts und auch bei Islamisten, die die Religion für sich missbrauchen, die unser Menschenbild nicht haben. Ich sage noch einmal: Da beginnt meine Intoleranz - aber nur da. Aber dieses Problem werden wir mit dem Kopftuchverbot, egal, in welcher Form, überhaupt nicht bewältigen.
Ich sage noch einmal: Lassen Sie uns dafür Sorge tragen, dass wir mit den Menschen nach unseren Gesetzen angemessen umgehen, die ihrerseits Intoleranz predigen und praktizieren. Dann müssen wir solche virtuellen Scheindebatten, wie sie gegenwärtig stattfinden, nicht führen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sowohl der Kollegin Franzen als auch dem Kollegen Wadephul für die einleitenden Worte dankbar, denn es ist langsam schon nicht mehr erstaunlich, sondern geradezu unerträglich, wie die Landesregierung mit diesem Parlament umgeht. Wir hetzen momentan Verfassungsänderungen, Gesetzentwürfe und insbesondere Staatsverträge in einer solchen zeitlichen Kürze durch dieses Haus, dass von einem geordneten Verfahren nicht mehr die Rede sein kann.
Hatten wir zumindest für den Achten Rundfunkänderungsstaatvertrag noch zwei Landtagstagungen Zeit, so soll dieser Staatsvertrag mit Änderungen zur Prüfungsordnung für die Große Juristische Staatsprüfung in einer Tagung mit zwei Lesungen durchgepaukt werden.
Die Durchführung von Anhörungen wird nicht mehr möglich sein - und das bei einer Thematik, die immerhin den juristischen Nachwuchs in diesem Land unmittelbar betrifft, aber auch die Anwaltskanzleien vor dem Hintergrund, dass in diesem Staatsvertrag die Rechtsanwaltspflichtstation auf neun Monate verlängert wird.
Frau Ministerin, ich stelle wiederholt die Frage - das habe ich schon einmal gemacht -, ob Sie überhaupt wissen, wie viele Anwaltskanzleien es in SchleswigHolstein gibt, die die Zertifizierung des DAV als Ausbildungs- und Anwaltskanzlei bereits haben. Meine Töchter, die dankenswerter Weise - jedenfalls die eine - das juristische Staatsexamen gemacht ha