Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte schon eingangs meines Wortbeitrages vorhin gesagt, wir seien mit Freude und Erleichterung erfüllt, seitdem die dpa-Pressemitteilung heute Morgen herausgekommen sei. Wir raten unseren Leuten in Berlin, dem Kompromiss die Zustimmung zu geben. Der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach. Es ist immerhin auch etwas Positives, etwas Verbessertes in der neuen Zuwanderungsregelung drin, die kommen soll. Ich habe das vorhin im Einzelnen skizziert.
Herr Lehnert, Sie kriegen nicht wegdiskutiert, dass Ihre Fraktion sowohl hier als auch auf Bundesebene eher keine Zuwanderung will. Gerade durch die Sicherheitsaspekte, die Sie in die Debatte eingebracht haben, belegen Sie, dass Sie keine Zuwanderung,
Wir wollen den Menschen mit unserem Antrag helfen - das ist der dritte Punkt, den ich mit Bezug auf Herrn Kubicki ansprechen will -, die hier schon lange leben und schon integriert sind, für die keine Integrationsmaßnahmen mehr erforderlich sind. Sie leben mit ihren Familien hier. Die Kinder haben Abitur gemacht. Sie sprechen zum Teil besser Deutsch als wir hier im Landesparlament.
- Das ist tatsächlich so. Ich kenne ganz viele ausländische Mitmenschen in Schleswig-Holstein, die voll integriert sind, aber die mit Kettenduldungen leben müssen. Frau Hinrichsen hat darauf hingewiesen.
Es ist allerdings nicht zu leugnen: In unserem Antrag ist ein Bezug auf das Zuwanderungsgesetz drin. Das ist nun einmal so. Mein Vorschlag ist folgender. Den bringe ich für die rot-grünen Antragsteller als Änderungsantrag ein. Gestrichen werden sollen die Worte „bei den weiteren Beratungen über das geplante Zuwanderungsgesetz und dessen Folgeregelungen“ und dafür soll eingesetzt werden „auf Bundesebene“. Der Antrag lautet dann:
„Die Landesregierung wird aufgefordert, sich auf Bundesebene für eine Bleiberechtsregelung einzusetzen, die es ermöglicht, langjährig geduldeten Menschen ausländischer Herkunft in Schleswig-Holstein ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht zu gewähren.“
Das bleibt trotz des Zuwanderungskompromisses unser Anliegen. Ich glaube, da kann vielleicht auch Herr Kubicki inhaltlich zustimmen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin noch einmal nach vorn gekommen, weil ich Ihr Anliegen verstehen kann, Herr Kubicki. Ich finde es richtig, regierende Fraktionen darauf festzulegen, was sie hier sagen, und auch darauf, dass sie dazu stehen.
Ich habe gerade von Herrn Lehnert gehört, was meine Bundesspitze dazu sagt. Ich kann ihr meine Position noch einmal darlegen. Da habe ich kein schlechtes Gewissen.
Aber, Herr Kubicki, ich bin auf Landesebene gewählt, um auf Landesebene das zu tun, was ich kann, um das umzusetzen, was nach meiner Meinung und nach meinem Parteiprogramm meine Parteifreunde und die Wählerinnen und Wähler von mir gewollt haben, dass ich das hier vertrete. Ich habe ein gutes Gefühl dabei. Wenn ich das auf Bundesebene nicht so weiter tragen kann, wie ich das möchte, dann kann ich doch immerhin so viel tun, dass ich meinen Minister frage: Können Sie mit diesem Gesetz auf Landesebene etwas anfangen, so dass das, was wir auf den Weg gebracht haben, wenn vielleicht auch nicht um 100 %, so aber doch um kleine Schritte verbessert werden kann, Schritte, die wahrnehmbar sind?
Ich bin sofort an Ihrer Seite: Lassen Sie uns, wenn das Zuwanderungsgesetz durch ist - ich kenne es überhaupt noch nicht -, genau überprüfen, ob wir etwas mehr tun können als vorher. Wenn das der Fall sein sollte, haben wir einen Grund zu sagen: Okay, besser als gar nichts. Feiern möchte ich dieses Gesetz nicht. Dazu kann mich meine Bundesspitze nicht verdonnern.
Wir können immerhin sagen, wir sind unserem Anliegen, das wir mit der Härtefallkommission, mit dem Flüchtlingsbeauftragten und anderen Sachen versucht haben, auf den Weg zu bringen, gerecht geworden. Dann ist es richtig, Menschen Hoffnung zu machen. Das möchte ich. Ich möchte nicht einfach aufgeben. Menschen setzen Hoffnung in uns und sagen: Die werden schon etwas bewirken, die sitzen schon nicht für gar nichts hier. Ich jedenfalls möchte hier nicht für gar nichts sitzen. Deswegen ist es immerhin den Versuch wert.
Zunächst nutze ich die Gelegenheit, auf der Tribüne des Landes die Vorsitzende des Landeselternbeirates für Grund- und Hauptschulen, Heike Franzen, hier im Landtag zu begrüßen. - Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dem Antrag begegne ich mit großer Sympathie. Der betroffene Personenkreis lebt mit Kettenduldungen und ohne nachhaltige Perspektive auf rechtmäßigen Aufenthalt von Verlängerung zu Verlängerung. Schon längst besteht Einigkeit darüber, dass es sich hier um eine Fehlentwicklung im geltenden Ausländerrecht handelt.
Die Forderung nach einem Bleiberecht für langjährig geduldete Ausländer wird im Innenministerium stetig von der Unterstützerszene vorgetragen und ist ein gesamtgesellschaftliches Anliegen vor allem der Kirchen. Allerdings sind die Erfolgsaussichten für einen Konsens über eine umfassende Altfallregelung derzeit eher gering, um das einmal vorsichtig zu formulieren.
Ein entsprechender Vorstoß in den Verhandlungen zum Zuwanderungsgesetz hatte keinen Erfolg. Dabei müsste allen mit der Materie Befassten klar sein, dass das In-Kraft-Treten des Zuwanderungsgesetzes die Gelegenheit für die generelle Beendigung festgelaufener Verwaltungs- und Gerichtsverfahren böte.
Das wird im Übrigen auch in hohen und höchsten Gerichtskreisen so gesehen. Es macht keinen Sinn, noch jahrelang altes und neues Recht parallel anwenden zu müssen.
Ein neues Zuwanderungsgesetz böte die Gelegenheit zur Abhilfe. Nun haben wir heute gehört, es solle ein Kompromiss gefunden worden sein. Der Text ist nicht bekannt; auch ich kenne ihn nicht. Ich vermute, meine Damen und Herren, dass das Gesetz keine Altfallregelung enthalten wird. Beim Erlass der notwendigen Verwaltungsvorschriften zur Ausführung des Zuwanderungsgesetzes wird allerdings die Problematik dann erneut zu diskutieren sein.
Ursache für die große Skepsis bei vielen meiner Kollegen ist vor allem, meine Damen und Herren, dass sich gewiss nicht alle der circa 230.000 geduldeten Menschen in Deutschland ohne Probleme - ich formuliere das sehr vorsichtig - in die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse integriert haben und dass viele ihr Verfahren immer wieder mit neuen Anträgen und Tricks herausgezögert haben.
Einer Regelung nach dem Motto „Bleiberecht für alle“ könnte auch ich nicht zustimmen. Natürlich darf nicht der Eindruck aufkommen, man müsse nur lange
genug Sand ins Verfahrensgetriebe streuen, dann winke am Ende ein Bleiberecht. Bei früheren Altfallregelungen haben die Länder aber durchaus handhabbare Kriterien entwickeln, die den Missbrauch verhindern.
Nach der aktuellen Rechtslage - ohne Zuwanderungsgesetz - wäre eine generelle Bleiberechtsregelung nur aufgrund einer Entscheidung der Innenministerkonferenz möglich. Die Beschlüsse unterliegen - Sie wissen das, meine Damen und Herren - dem Einstimmigkeitsprinzip. Wie schwierig es ist, in diesem Kreis ein Votum für eine Bleiberechtsentscheidung zu erreichen, haben wir in der Vergangenheit bereits bei der Altfallregelung aus 1999 oder der „Erwerbstätigenregelung“ für Personen aus Ex-Jugoslawien im Jahr 2001 erlebt; Letzteres habe ich persönlich sehr hautnah miterleben dürfen. Für ein generelles Bleiberecht sehe ich zurzeit nicht einmal im Ansatz eine Mehrheit.
Anders, meine Damen und Herren, beurteile ich die Chancen einer Lösung für die seit Jahren hier lebenden Flüchtlinge aus Afghanistan und die Minderheitenangehörigen aus dem Kosovo.
Nach Afghanistan werden in absehbarer Zeit zwangsweise Rückführungen erfolgen. Hier sollten wir von vornherein die Personen ausnehmen, die sich schon lange in die hiesigen Verhältnisse integriert haben. Minderheitenangehörige aus dem Kosovo werden wegen der jüngsten ethnisch motivierten Auseinandersetzungen nicht in absehbarer Zeit zurückgeführt werden können - schon gar nicht in einer größeren Zahl. Ich habe dazu vor wenigen Tagen ein hoch interessantes Gespräch mit dem Vorstand der Gesellschaft für bedrohte Völker hier in Deutschland geführt. Wir waren uns in der Bewertung und in den Handlungsmaximen völlig einig.
Für die Flüchtlinge aus Afghanistan werde ich mich für ein Bleiberecht in Deutschland in der nächsten IMK hier in Kiel im Juli einsetzen.
Obwohl noch einiges an Überzeugungsarbeit zu leisten sein wird, halte ich das für politisch machbar. Ich hoffe, dass es uns auch gelingen wird.
Meine Damen und Herren, der Hauptgegner - ich weiß das aufgrund vieler Verhandlungen - ist nicht der Bundesinnenminister - dieser ist gar nicht stimmberechtigt auf der Innenministerkonferenz -, sondern
Für die Minderheitenangehörigen aus dem Kosovo wird Rheinland-Pfalz einen entsprechenden Antrag - ähnlich meinem für die Flüchtlinge aus Afghanistan - stellen. Ich werde diesen Antrag unterstützen und ich hoffe sehr, dass wir auf dieser Innenministerkonferenz ein Stückchen in die richtige Richtung weiterkommen können.
Meine Damen und Herren, diese Fragen bedeuten, dicke Bretter zu bohren. Seit ich dieses Amt innehabe, bin ich am Ball. Wir haben 2001 vor allem einen guten Erfolg hinsichtlich der Menschen BosnienHerzegowina erzielen können. Ich hoffe, dass ich schon auf der nächsten IMK einen weiteren Erfolg verzeichnen kann. Ansonsten gilt: Man darf nicht aufgeben. Man muss immer wieder Überzeugungsarbeit leisten und mache das mit großer Intensität und Überzeugung. Dass ich mich Ihrer Unterstützung sicher weiß, ist auch eine gute Sache.
Wir beraten den Tagesordnungspunkt 20, „Bleiberecht für Flüchtlinge mit langjähriger Duldung“, Antrag Drucksache 15/3490. Ich gehe davon aus, dass Abstimmung in der Sache beantragt worden ist. - Ich möchte darauf hinweisen, dass der Antragsteller eine Änderung vorgenommen hat. Deswegen lese ich den Antrag in seiner Gänze vor, wie er in der geänderten Fassung lauten soll: