Es gibt zurzeit auch keine potenziellen Investoren. Die Menschen in Deutschland wollen keine neuen Kernkraftwerke. Bundes- und Landesregierung haben schon Schwierigkeiten, Ortsumgehungen bauen zu lassen, wenn auf der geplanten Trasse mehr als zwei Froscharten leben. Unter diesen Bedingungen sollten wir alle darauf verzichten, potemkinsche Dörfer aufzubauen.
Wer über zukunftsgerichtete Energiepolitik reden möchte, kann deshalb hypothetisch geäußerte Absichten über neue Kernkraftwerke in Deutschland getrost vergessen. Um es ganz deutlich zu sagen: Das ändert nichts an der Tatsache, dass es unsinnig ist, die Option auf neue Technologien auch im Kernkraftbereich einfach fallen zu lassen und aufzugeben.
Ich nenne die Stichworte Hochtemperaturreaktor oder auch Kernfusion. Es wäre fatal, wollte Deutschland sich aus dieser Forschung einfach verabschieden.
Das entbindet uns schon gar nicht davon, das Problem der Lagerung radioaktiven Mülls anzugehen. Wir haben darüber in der letzten Tagung gesprochen. Ich wiederhole, was ich damals sagte: Mit der Diskussion um ein Endlager weicht die Politik dem Problem aus, denn es wird niemals ein Endlager für hunderttausende oder gar Millionen von Jahren gefunden werden. Es wird immer nur Zwischenlager geben. Alles andere ist Augenwischerei. Es ist Augenwischerei, wie die Landesregierung ihre rot-grüne Energiepolitik betreibt!
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerpräsidentin! Der Mafiaurvater Al Capone soll gesagt haben: Ich komme aus einem schönen Land - gemeint ist Italien -, wo man mit einem Lächeln viel erreichen kann. Man kann aber mit einem Lächeln und einer Pistole in der Hand sehr viel mehr erreichen.
- Auf die Energiepolitik übertragen bedeutet dies, lieber Günter Neugebauer, dass eine neue Energiepolitik sich vor allem aus der Gefährlichkeit von Atomstromerzeugung und aus dem zu erwartenden Treibhauseffekt abgeleitet hat. Sie leitet sich also insgesamt aus einem ökologischen Begründungszusammenhang heraus ab. Darüber konnten noch viele lächeln.
Dass Vorräte an Energieträgern im Prinzip begrenzt sind, gerät heute aber von einer abstrakten Annahme immer stärker zu einer konkreten Erfahrung. Öl wird knapp. Das ist die Pistole, die uns die Wirklichkeit auf die Brust setzt. Die Energieversorgung der Welt basiert mehr als zur Hälfte auf Erdöl und Erdgas. Öl liefert 35 % der Weltenergie. Der anhaltend hohe Ölpreis hat auch zum Erfolg der Weltkonferenz Renewables 2004 vor zwei Wochen in
Bonn beigetragen. Allen Konferenzteilnehmern war klar, dass sich etwas ändern muss. Zudem hatte der Terroranschlag in Saudi-Arabien verdeutlicht, wie verletzlich das derzeitige Energiesystem ist. Das ist eine neue Qualität der Erkenntnis: Dies wird keine vorübergehende Situation sein.
Auch wenn es unterschiedliche Aussagen über den Zeitpunkt des tatsächlichen Erreichens des Fördermaximums für Erdöl gibt, so mehren sich doch die Indizien, dass die kostengünstig zu fördernden Vorräte in absehbarer Zeit zur Neige gehen. Shell musste seine Prognosen zuletzt deutlich nach unten korrigieren, ich meine um 20 %. Fast alle großen Mineralölkonzerne beginnen mittlerweile, sich um Alternativen zum Öl zu kümmern.
Aufgrund einer stetig steigenden Nachfrage nach Energie und der nicht nachlassenden Terrorgefahr, die mit der Ölförderung verbunden ist, muss vor allem kräftig investiert werden. Und das wird den Ölpreis weiter kräftig hochtreiben. Da Deutschland ganz überwiegend von Importen abhängt, wirkt sich die weltweite Energieversorgungssituation unmittelbar auch bei uns aus, im Gegensatz zum Beispiel zu einem Land wie Norwegen, das Strom zu 100 % aus Wasserkraft gewinnt und Erdgas- und Ölvorräte hat. Die heiße Diskussion um den Benzin- und den Dieselpreis haben dies deutlich gemacht, mit betroffen ist auch das Heizöl und wegen der Preiskoppelung auch das Erdgas. Die Bürgerinnen und Bürger merken die Auswirkungen ganz persönlich bei sich zu Hause. Im Stern konnte man die Titelgeschichte mit der Grafik „Atomkraft - Nein danke“ lesen und das „Nein“ war durchgestrichen, so dass man lesen musste: „Atomkraft - danke“.
Nun konnte man auch in der Presse lesen, dass Klauder, Austermann, Kayenburg und andere sich im Lichte der Europawahl und den Erkenntnissen, die sie daraus gewonnen haben, damit auseinandersetzen wollten, weil sie gemerkt haben, dass viele Wähler der Grünen gar nicht von der SPD kamen - die sind nur zu Hause geblieben -, sondern aus der Mitte der Gesellschaft. Die verstärkte Auseinandersetzung soll sich auf die Gebiete Umwelt und - aufgemerkt! - Energie konzentrieren. Die Schlagzeile lautete: Die CDU entdeckt ihr grünes Herz. Darauf freue ich mich sehr, meine Damen und Herren. Die CDU kann in dieser Auseinandersetzung nur verlieren, weil ihre politischen Ansätze untauglich sind und zudem unausgegoren. So konnte man nämlich auch lesen, dass die Angebote, die man jetzt an bestimmte Wählerschichten machen will, offenbar erst noch erarbeitet
werden müssen - und das acht Monate vor der Wahl. Was ist das auch für eine absurde Vorstellung von Politik, wie im Kaufhaus: Die Kunden bleiben weg und dann ändern wir doch einmal ein bisschen das Sortiment. - So hört sich das für mich an. Wie soll zum Beispiel der energiepolitische Sprecher der CDU-Fraktion hier im Haus, bekannt als „Atomfetischist“ und „Windhasser“, bei der Unterbreitung neuer Angebote an potentielle Grünen-Wähler vorgehen? - Vielleicht soll er sich einen grünen Schlips umbinden.
Was soll er denn sagen? Der Versuch der CDU/CSU, aus der Ölpreisdiskussion eine Renaissance für die Atomkraft zu entwickeln, ist eher ein hilfloses Ablenkungsmanöver. Sie wollen kaschieren, dass die Entwicklung von der CDU verschlafen wurde und das sie in Fragen der erneuerbaren Energien ein völlig zerstrittenes Bild darstellt.
Auch Atomkraft ist auf endliche Primärenergieträger angewiesen. Das Uran reicht noch etwa 40 Jahre und muss auch importiert werden. Frau AschmoneitLücke, und obwohl Atomenergie in der Forschung bereits heute weltweit und auch bei uns mehr als 80 % der Mittel verschlungen hat, werden nur magere 7 % der Energie durch diese Energiequelle abgedeckt. Windenergie dagegen wird in Zukunft ein Drittel des Weltstroms abdecken, und zwar dauerhaft und sicher.
Sich durch die Nutzung der Atomenergie vor Terrorgefahr zu schützen, ist gerade zu lächerlich, Herr Kerssenbrock. Zudem: Die Stromkonzerne haben schon abgewinkt, keiner will in Deutschland neue AKW bauen. Dafür gibt es keine Akzeptanz und damit auch keine hinreichende Planungssicherheit.
Der Energiebericht der Landesregierung, für den ich mich im Namen meiner Fraktion bedanke, macht deutlich, dass die Koalition gut aufgestellt ist und eine für Schleswig-Holstein sehr nützliche Politik betreibt. Die Grundlagen dafür stehen über einen sehr langen Zeitraum fest: die drei Säulen Energieeinsparung, Effizienz, erneuerbare Energien, die so genann
ten „drei E“. Die Ergebnisse können sich sehen lassen. Wir haben einen sehr hohen Anteil erneuerbarer Energien, der noch bedeutend wachsen wird. Wir haben einen Kraft-Wärme-Koppelungs-Anteil, der weit über dem Bundesdurchschnitt liegt und auch noch gesteigert werden soll. Diese Daten stehen natürlich auch für Arbeitsplätze und wirtschaftlichen Erfolg.
Der Bericht macht deutlich, dass diese Erfolge hier im Land auch durch konsequente Politik erarbeitet wurden, wenn auch klar ist, dass die politischen Rahmenbedingungen auf EU- und Bundesebene gesetzt werden. Aber es ist deutlich, dass wir in allen Daten vor anderen Bundesländern stehen. Diese Politik, diese Landespolitik, muss fortgesetzt werden.
Im Gebäudebereich liegen noch sehr große Potenziale, in der Reduzierung von Ölverbrauch und Kohlendioxidemmissionen sowie in der Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen im Bauhandwerk.
Wir wollen die Rate der jährlichen Altbausanierung deutlich erhöhen. Bei erneuerbaren Energien sind die Weichen jetzt auch auf Biomasse gestellt. Es werden in Schleswig-Holstein bereits heute von den 110.000 ha Raps 25.000 ha als nachwachsende Rohstoffe angebaut.
Ich denke auch, die Tatsache, dass die Ministerpräsidentin den Bericht hier im hohen Haus vorgestellt hat, unterstreicht die Wichtigkeit dieses politischen Handlungsfeldes aus der Sicht der Koalition.
Wir werden gelassen beobachten, wie die CDU ihr grünes Herz entdecken will. Der Bericht dokumentiert eine Erfolgsstorie der Energiepolitik hier in Schleswig-Holstein. Wir wollen und werden damit weitermachen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit dem letzten Energiebericht der Landesregierung von 1999 kann man feststellen, dass sich im Energiebereich etwas grundlegend geändert hat. Wir
haben den Atomausstieg in Deutschland beschlossen. Und die Landesregierung macht im Bericht nicht ganz ohne Stolz darauf aufmerksam, dass sie zwei Jahre nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl als eine der Ersten auch den Ausstieg aus der Atomenergie gefordert und betrieben hat.
- Das haben Sie vorher gewusst und ich sage Ihnen gleich auch, warum. Daher halte ich es nämlich auch für legitim, wenn ich nicht ganz ohne Stolz behaupten kann, dass der SSW sich bereits Ende der 50er Jahre gegen die Nutzung der Atomenergie gewandt hat.
Nun aber zum Bericht! Die Landesregierung hat mit ihrem Energiebericht ein umfassendes Werk und eine beachtenswerte Bilanz über den Status des Energiesektors in Europa, Deutschland und SchleswigHolstein vorgelegt. Dafür möchte ich mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ministeriums bedanken. Sie haben mit diesem Bericht ein umfangreiches Nachschlagewerk für alle erarbeitet.
Der Bericht macht deutlich, wie sehr die schleswigholsteinische Energiepolitik von EU- und BundesRahmengesetzgebungen mitbestimmt oder auch beeinflusst wird. Sie erstrecken sich von der EURichtlinien zu den erneuerbaren Energien, zum Emissionshandel, der Liberalisierung des Strommarktes bis hin zu den Rahmenbedingungen des Bundes, wie zum Beispiel dem Kraft-Wärme-Koppelungs-Gesetz oder den atomrechtlichen Vorschriften.