Protocol of the Session on August 27, 2004

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Schon jetzt senkt jeder LKW, der seine zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht überschreitet, den Nutzen der Umgehungen. Zusätzlich werden viele ungeduldige PKW-Fahrer - es soll solche geben, auch bei der Landesregierung - dazu verleitet, sich und andere durch riskantes Überholen zu gefährden. Eine Erweiterung der Straßen ist auch nicht vorgesehen, denn sonst wären ja wenigstens die Brücken schon auf vier Spuren ausgelegt, sodass man die Umgehungsstraßen später ausbauen könnte. Stattdessen fabuliert der Wirtschaftsminister davon, dass wir SchleswigHolstein als Wirtschaftsstandort dringend besser vermarkten müssten, insbesondere natürlich die Opposition. „Schnacken statt machen“ ist das Motto der rotgrünen Koalition.

Straßenfeste zur Einweihung von Ortsumgehungen in allen Ehren - ich werde sicherlich auch irgendwann einmal daran teilnehmen -, aber als Ersatz für Ergebnisse können Sie doch nicht dienen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, vielleicht liegt das alles ja nur daran - und vielleicht sagt der Wirtschaftsminister deshalb immer so schöne Dinge voraus -, dass er letztlich gegen die Grünen doch nicht ankommt. Wir bedauern das sehr.

Wenn wir das Programm der Grünen - die haben ihres ja bereits vorgestellt -

(Zurufe)

genauer lesen, können wir feststellen: Nach den Vorschlägen von Herrn Hentschel soll der Fahrradverkehr zukünftig 30 % des Verkehrs in SchleswigHolstein aufnehmen. Wir sehen einer hervorragenden

(Christel Aschmoneit-Lücke)

Zukunft entgegen. So sehen die Ergebnisse dieser Regierung aus. Wir werden das selbstverständlich ändern.

(Beifall bei FDP und CDU - Zurufe)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich jetzt dem Fraktionsvorsitzenden, Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel.

Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Es ist immer schön, wenn Leute über Dinge lachen, von denen sie nichts verstehen.

(Zurufe)

Im Münsterland, in den Niederlanden ist das mit den 30 % der Verkehrswege für Fahrräder bereits umgesetzt. Das ist also nicht absurd und das sind keine Entwicklungsregionen in Afrika, das sind hoch industrialisierte Gebiete mitten in Europa.

(Zurufe von CDU und FDP)

Man sollte sich einmal wirklich inhaltlich darüber unterhalten, was man dabei spart, welche Verkehrsinvestitionen man spart, ob das nicht für die Qualität des Lebens wesentlich besser ist, ob sich die Familien da nicht wohler fühlen und so weiter.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Lassen Sie uns darüber einmal unterhalten; nur mit Lachen kommen wir nicht weiter.

(Zurufe)

Ich habe mich schon ein bisschen gewundert, dass wir den Bundesverkehrswegeplan hier zum x-ten Mal diskutieren. Aber das Anfordern von überflüssigen Berichten ist das gute demokratische Recht einer Opposition, die aufgrund ihrer ständigen inneren Streitigkeiten anders keine Politik mehr machen kann. Das muss man ertragen.

(Zurufe von CDU und FDP)

Zur Bewertung der einzelnen Projekte in SchleswigHolstein - das möchte ich nicht zum fünften Mal wiederholen - verweise ich auf meine Presseerklärung, in der ich das noch einmal abdrucken werde.

(Martin Kayenburg [CDU]: So einen Unsinn lesen wir doch gar nicht!)

Es ist wichtig, auf die Kürzungen bei den Verkehrsinvestitionen einzugehen. Die Kürzungen bei den Verkehrsinvestitionen haben einen einzigen Grund und dieser Grund heißt: Koch-Steinbrück. Das KochSteinbrück-Papier hat die Verkehrsinvestitionen als Subventionen bewertet und gesagt: Verkehrsinvestitionen müssen gekürzt werden, weil es Subventionen sind, man muss da ordentlich einschneiden. Dagegen hat das Koch-Steinbrück-Papier die Entfernungspauschale nicht als Subvention bewertet.

Meine Fraktion ist der Auffassung, dass es umgekehrt ist:

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW])

Die Kilometerpauschale ist eine Subvention, die abgebaut gehört, die Verkehrsinvestitionen sind notwendige Investitionen in die Infrastruktur eines Landes und keine Subvention und gehören deswegen nicht gekürzt.

(Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

Wenn wir dieser Auffassung sind, kann ich die CDU nur dringend auffordern, ihre Stellungnahme zu diesen beiden Positionen zu korrigieren.

Die Forderung der Grünen und meiner Bundestagsfraktion ist

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Steinbrück ist noch bei den Sozialdemokraten! Sie regieren zusammen in Nordrhein-Westfalen!)

- ich weiß das, das ist mir durchaus klar, aber er ist kein Grüner -, die Kilometerpauschale zusammenzustreichen und damit die notwendigen Verkehrsinvestitionen zu finanzieren. Die Einsparungen bei den Verkehrsinvestitionen schaffen ja nicht nur Probleme für die Umstellung und den Ausbau der Bahn, sondern sie bringen auch erhebliche Probleme für die Konjunktur, sie sind eine Konjunkturbremse. Diejenigen, die das verzapft haben, sollten sich dringend überlegen, was sie da eigentlich angestellt haben.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dem Spitzenkandidaten der CDU empfehle ich dringend, sich einmal um die Finanzierung der konkreten Projekte in Schleswig-Holstein zu kümmern und nicht ständig neue Projekte aus dem Hut zu zaubern.

(Beifall des Abgeordneten Bernd Schröder [SPD])

(Karl-Martin Hentschel)

Dass man jetzt neuerdings wieder den Flughafen in Kaltenkirchen bauen will, ist schon interessant. Dass wir jetzt auch noch einen neuen Frachtflughafen in Jagel bekommen, ist noch interessanter. Ich schlage vor: Wir machen so weiter, denken uns neue Projekte aus, anstatt das zu finanzieren, was wir haben, auf Bundesratsebene die Finanzen zusammenzustreichen und sich dann im Lande darüber zu beschweren.

Jetzt komme ich zum Höhepunkt der Show, die die CDU veranstaltet: Die CDU beklagt, dass nicht genügend Geld für die Vorplanung von Verkehrsprojekten ausgegeben wird. Schauen wir uns einmal die Haushaltsanträge der CDU zum letzten Haushalt an: Was hat die CDU da beantragt? - Für die Position „Werkverträge im Rahmen der Entwurfsbearbeitung“ - das ist die zentrale Position im Landeshaushalt, wo neue Projekte geplant werden - hat der Verkehrsminister 6,8 Millionen € 2004 und 6,8 Millionen € 2005 angesetzt. Was hat die CDU beantragt? - Die CDU hat beantragt, diese beiden Titel um 25 % zu kürzen, und hier tritt sie auf und beschwert sich, dass noch nicht genügend ausgegeben wird. Das ist absurd!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Insgesamt hat die CDU vorgeschlagen, die Verkehrsinvestitionen in Straßenbau und Schienen im Landeshaushalt um über 4 Millionen zu kürzen. Das ist die Realität. Das ist genau das Gegenteil dessen, was Sie hier im Landtag verbreiten und was Herr Eichelberg gesagt hat. Das zeigt deutlich: Das, was hier regelmäßig, alle zwei Monate, an Verkehrsprojekten diskutiert wird, ist eine Showveranstaltung. Jedes Mal muss der Minister einen neuen Bericht ausstellen, in dem immer dasselbe drinsteht. Was soll sich in zwei Monaten auch ändern?

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Das ist eine unnötige Geldausgabe. Das, was Sie hier alle zwei Monate veranstalten, ist nichts anderes als eine Showveranstaltung, mit der Sie von Ihren eigenen Problemen ablenken.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Wolfgang Kubicki [FDP]: Sie wollen sich darstellen! Wir helfen Ihnen dabei! Und jetzt beschweren Sie sich!)

Für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich jetzt dem Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bericht der Landesregierung zum Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in Schleswig-Holstein zeigt in groben Zügen auf, welche Auswirkungen das Mautdesaster auf unsere Verkehrsprojekte hat. Gleichwohl ist dem Bericht auch zu entnehmen, dass Schleswig-Holsteins wichtigste Verkehrsprojekte trotz vieler Umschichtungen aufgrund der Haushaltslage im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans gesichert sind. Das wurde auch schon gesagt. Das ist wenigstens etwas.

Bereits im letzten Jahr hat sich abgezeichnet, dass das aufgeblasene deutsche Mautsystem nicht zum angekündigten Termin anlaufen wird. Seit Beginn diesen Jahres haben wir die Gewissheit. Der SSW hat in der Dringlichkeitsdebatte im Februar zu dem Thema bereits auf die Folgen hingewiesen. Ein Verlust von rund 100 Millionen € im Schienenbereich und etwa 50 Millionen € für den Straßenbau in SchleswigHolstein. Dies sind Schäden, die sich negativ auf die gerade etwas anziehende Konjunktur auswirken werden und die die Länder jetzt ausbaden müssen. Daher ist der Landesregierung eigentlich auch kein Vorwurf zu machen, wenn wir dem Bericht entnehmen können, dass viele unserer wichtigen Projekte bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben werden müssen. Der Schwarze Peter liegt hier eindeutig beim Bund.

Auf einige der wichtigsten Schienenprojekte, die von diesem Desaster betroffen sind, möchte ich hier kurz eingehen. Da ist zum einen die Elektrifizierung der Eisenbahnstrecke zwischen Hamburg und Lübeck. Wir alle wissen, wie wichtig dieses Projekt insbesondere für Lübeck, aber auch für die wirtschaftliche Entwicklung in Holstein ist. Daher ist es bedauerlich, dass jetzt geplant werden muss, sich vorerst nur auf wesentliche Teilbereiche zu konzentrieren - und das auch noch zu einem späteren Zeitpunkt.

Zum anderen bleibt der Schienenverkehr im Norden des Landes vom Mautausfall nicht verschont. Wer einmal mit dem Zug von Hamburg nach Flensburg oder Westerland gefahren ist, weiß, wovon ich rede. Auf beiden Strecken muss der Nord-Ostsee-Kanal überquert werden und das ist das Problem. Die Brücken in Rendsburg und Hochdonn über den Kanal sind mittlerweile zu einem Nadelöhr geworden, denn sie sind den Anforderungen bereits seit Jahren nicht mehr gewachsen. Man spricht hierbei bereits von „Bummelbahn-Betrieb“. Wir haben von der DB jetzt zwar einige Zusagen, aber dennoch dauert das Ganze zu lange. Auch wir befürchten, dass es länger als angekündigt dauert. Diese Abkopplung des nördlichen Landesteils hat natürlich auch negative wirt

(Lars Harms)

schaftliche Auswirkungen auf die strukturschwachen Regionen im Landesteil Schleswig. Daher muss hier unbedingt etwas geschehen.