Es geht um Ersatzinvestitionen in Höhe von 40.000 bis 50.000 MW zu einem Gesamtkostenvolumen von 50 Milliarden €. Das kriegen Sie nicht so einfach gebacken, auch als Energieversorger nicht, der sich möglicherweise bei den Netzen in einer Oligopolsituation befindet.
Ich sage nicht, dass das alles reicht, um jede Preiserhöhung zu rechtfertigen. Es geht uns um die Auswahl des richtigen ordnungspolitischen Mittels. Deshalb ist eine Vorabgenehmigungspflicht mit riesigem Bürokratieaufwand per se vor jeder Preiserhöhung mit Sicherheit das falsche dirigistische Mittel. Hier ist Raum für vernünftige Ordnungspolitik.
Wer jahrelang selbst die Preisschraube dreht, darf sich nicht wundern, wenn es irgendwann einmal Wirkungen gibt. Ich kann nur sagen: Biedermann und Brandstifter lassen grüßen. Sie versuchen, Biedermann und Brandstifter in einem zu sein.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Graf Kerssenbrock, ich bin Ihnen sehr dankbar dafür, dass Sie die Notwendigkeit funktionsfähiger Netze noch einmal deutlich herausgestellt haben. Ansonsten gibt es wie immer in der Energiepolitik zwischen uns zwar sehr viele Gemeinsamkeiten, aber doch auch einige Unterschiede.
Meine Damen und Herren, in Deutschland wird Strom wahrscheinlich bald teurer. Kein Wunder, schließlich sind die Weltmarktpreise für Energie und fossile Brennstoffe in den letzten Monaten erheblich angestiegen. Es ist nur wenige Wochen her, dass die Furcht vor einer neuen Ölkrise durch die Welt geisterte. Wenn der Ölpreis steigt, steigen grundsätzlich auch die Preise für andere Energieträger und etwas später die Strompreise. So funktioniert das in einer sozialen Marktwirtschaft.
In Deutschland steigen die Strompreise seit Jahren, und zwar noch aus ganz anderen Gründen: Hier ist der größte Preistreiber der Staat. Davon will RotGrün selbstverständlich nichts wissen, richtig ist es trotzdem.
Warum finden eigentlich die Grünen höhere Strompreise plötzlich so schlimm? Sonst kann ihnen Strom doch gar nicht teuer genug sein! Denn je höher
doch gar nicht teuer genug sein! Denn je höher der Strompreis, desto sparsamer gehen die Menschen damit um und desto wettbewerbsfähiger werden erneuerbare Energien. Das ist doch genau das, was die Grünen immer wollen.
Wir können festhalten: Je höher der Strompreis, desto besser gefällt das den Grünen, der Partei der wirklich Besserverdienenden.
Wenn die Grünen jetzt über steigende Strompreise klagen, dann ist das doch nur hochgradige Heuchelei.
Aber die SPD ist genauso verlogen. Denn allein hätten die Grünen die Ökosteuer ja niemals durchsetzen können. Genauso wie die Grünen wollte und will die SPD Energie verteuern, damit die Menschen sparsamer damit umgehen und damit es sich früher lohnt, auf erneuerbare Energiequellen umzusteigen - koste es, was es wolle, der Strom kommt ja aus der Steckdose.
Wenn SPD und Grüne jetzt über Strompreiserhöhungen jammern, dann vergießen sie nur Krokodilstränen und heucheln soziales Mitgefühl. In Wirklichkeit sehen sie ihre sehnlichsten ökologischen Wünsche rechtzeitig zu Weihnachten in Erfüllung gehen.
Auch im vorliegenden Antrag wird die Marktmacht der Stromkonzerne beklagt. Unterschlagen haben die Antragsteller allerdings, dass es vor allem die rotgrüne Bundesregierung war, die diese Marktmacht verfestigt hat - zum Beispiel, indem sie die Fusion von e.on und Ruhrgas gegen den Willen des Kartellamtes ermöglichte.
Zu folgern, der Wettbewerb auf dem Strommarkt würde kundenfreundlicher, wenn der Staat die Strompreise festlegt, ist wirklichkeitsfremder Unsinn.
Deshalb lehnen wir die im Antrag geforderte Vorabgenehmigung der Stromtarife ab. Auch dass die Netznutzungsentgelte in gewissen Kreisen als überhöht gelten - Frau Kollegin Müllerwiebus hat das hier wiederholt -, heißt noch lange nicht, dass sie überhöht sind. Die Antragsteller meinen augenscheinlich, dass die deutschen Netznutzungsgebühren höher sind als im europäischen Durchschnitt. Dabei unterschlagen sie allerdings trefflich, dass den Netzbetreibern in keinem anderen Land so hohe staatliche Zusatzkosten aufgebürdet werden wie hier von Rot-Grün.
Auch nicht berücksichtigt haben die Antragsteller, dass die Netzbetreiber mit den Netzgebühren nicht nur den Betrieb bezahlen können müssen, sondern auch die Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen in die Netze. Auch diese Kosten treibt Rot-Grün in die Höhe, weil die Netze auf die starken Schwankungen bei der Bereitstellung von erneuerbaren Energien ausgelegt werden müssen.
Deshalb ist die Forderung Unsinn, die deutschen Durchleitungsgebühren müssten sinken, weil sie anderswo in Europa auch niedriger sind. Anderswo in Europa werden den Netzbetreibern vom Staat auch nicht so viele Kosten aufgebürdet.
Nur mit ihrer dritten Forderung haben die Antragsteller eines der sprichwörtlichen Körner gefunden, von denen sich blinde Hühner ernähren: Selbstverständlich müssen die Netzgebühren auf nachprüfbaren Angaben der Netzbetreiber beruhen.
Wir gehen sogar noch einen Schritt weiter: Die Regulierungsbehörde soll Chancengleichheit bei der Netznutzung für alle potenziellen Stromlieferanten sichern. Dafür reicht es unseres Erachtens nicht aus, dass die Berechnung der Netzgebühren lückenlos nachgeprüft werden kann. Das ist selbstverständlich. Wir meinen, Chancengleichheit beim Netzzugang kann nur gesichert werden, wenn die Regulierungsbehörde vorab in die Durchleitungspreise einwilligen muss. Ich sage das so deutlich, weil ich hier früher eine andere Meinung vertreten habe. Ich habe darauf gehofft, dass uns die Verbändevereinbarung einen ordentlichen Weg zeigen würde. Die Verbändevereinbarungen sind gescheitert. Das muss man deutlich sagen.
Lieber Herr Kollege Matthiessen, wir haben - das Sie wissen Sie ganz genau - bei der Liberalisierung des Strommarktes im Ausschuss zusammengesessen. Gescheitert ist das, bei dem wir beide uns schon fast einig waren, damals an der SPD. Das wissen Sie ganz genau. Erzählen Sie hier heute nichts anderes. Sie sollten sich daran erinnern.
Rechtsgrundlage ist doch das EnWG, das Herr Rexrodt zu verantworten hat; zum damaligen Zeitpunkt haben die Sozialdemokraten keinen Einfluss darauf gehabt.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Endlich - muss man sagen - wird in Deutschland der Energiemarkt reguliert. Damit wird endlich eine alte energiepolitische Forderung der Grünen umgesetzt - in einer Zeit, in der die Presse überquillt von Meldungen über beabsichtigte Preiserhöhungen im Sektor Strom und Gas, Preiserhöhungen um 10 % und mehr. Es entsteht dabei der Eindruck, als wolle die Energiewirtschaft ihre Monopolstellung vor der neuen Gesetzgebung noch einmal so richtig ausnutzen, um vollendete Tatsachen zu schaffen.
In dem Gesetzentwurf zum Energiewirtschaftsgesetz drückt sich der neue Geist schon ganz zu Anfang aus. Dort heißt es: Zweck des Gesetzes ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas.
Verbraucherfreundlich, das ist ebenso neu wie notwendig. Wenn ich von Monopolmissbrauch rede, ist das nicht Rhetorik, sondern Tatsachenbeschreibung. Die von der Kohl-Regierung beziehungsweise dem damaligen FDP-Wirtschaftsminister Rexrodt verantwortete Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes kam nur auf Druck der EU zustande und wurde so umgesetzt, dass das Gegenteil von mehr Markt, mehr Transparenz und mehr Verbraucherfreundlichkeit herauskam.
Hauptinstrument war und ist noch immer der Missbrauch des natürlichen Monopols, nämlich der Höchstspannungs- und Verteilnetze. Das Zauberwort heißt „verhandelter Netzzugang“. Dabei wird der Zwerg zum Riesen geschickt mit der Bitte: Mach mir doch etwas Platz! Und der Riese denkt selbstverständlich weiterhin: Selber essen macht fett.
Die Liberalisierung des Strommarktes hat nicht zu freiem Wettbewerb geführt. Das Gegenteil ist der Fall. Wir beobachten eine beispiellose Konzentration: PreussenElektra und Bayernwerke sind zu e.on fusioniert. HEW, BEWAG und andere sind zu Vattenfall Europe fusioniert. Stadtwerke und Unternehmen aller Art der Ver- und Entsorgungswirtschaft werden systematisch von den alten, großen Energieversorgern aufgekauft.
Die Gewinne steigen, statt zu fallen. Dies entspricht nicht dem, was man in wettbewerblich organisierten Märkten erwarten müsste. Die Gewinne in der Ener
giewirtschaft steigen zweistellig, RWE letztes Wirtschaftsjahr über 30 % Gewinnsteigerung. Die Kriegskassen sind von diesen Gewinnen und den Atomrückstellungen knackvoll. Die Preise sanken nur kurzzeitig auf der Erzeugerseite und steigen wieder bis zu den bereits erwähnten Gelüsten, die Preise jetzt noch einmal so richtig satt zu erhöhen.
Vor dem Bundeskartellamt sind Dutzende Verfahren anhängig. Das Ganze klebt der Volkswirtschaft wie Teer an den Schuhsohlen.
Das Interessante ist dabei auch, dass dieses Ergebnis von der Partei zu verantworten ist, die nach eigner Einschätzung so viel von Marktwirtschaft versteht, wie wir eben auch hören konnten. Die FDP und ihr damaliger Wirtschaftsminister sind die Erfinder des verhandelten Netzzuganges - ein weltweit einmaliges und - wie es aussieht - auch letztmaliges Modell.
Hintergrund der Energiepolitik ist auch eine Verflechtung von Politik, Verwaltung und Wirtschaft wie in keinem anderen Sektor der Volkswirtschaft. Die Energiewirtschaft ist Auffangbecken für Bürgermeister, Landräte, Minister, Ministerpräsidenten, Staatssekretäre, EU-Kommissare vor allen Dingen aus dem Kreis der großen Volksparteien. Gelegentliche FDPKarrieren bestätigen mitunter die Regel.
Durch ständige Wiederholung von Unwahrheiten - das haben wir heute bei den Rednern der Opposition wieder wunderbar erleben können - soll die Wirklichkeit zugekleistert werden. Das überhöhte Preisniveau in Deutschland hat aus der Sicht der miteinander verflochtenen Interessenträger selbstverständlich nur mit Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz, Ökosteuer und Erneuerbare-Energien-Gesetz, aber doch nichts mit überhöhten Netznutzungsentgelten zu tun.