Liebe Frau Heinold, die FDP-Bundestagsfraktion hat im vergangenen Jahr zur Eigenheimzulage den entsprechenden Gesetzentwurf eingebracht, auf dessen Basis dann die Streichung vollzogen wurde. Wir sind so lange nicht bereit, weiter an die Eigenheimzulage heranzugehen, solange Sie und Ihre Bundesregierung nicht bereit sind, das Steuerrecht wirklich zu vereinfachen, niedrige Steuersätze auf den Weg zu bringen. Dann können wir uns darüber unterhalten, ob wir weitere steuerliche Subventionstatbestände streichen. Wir geben nicht die Hand für eine weitere verdeckte Steuererhöhung, die die Menschen zusätzlich belastet und Arbeitsplätze in diesem Land kostet, von denen wir ohnehin viel zu wenig haben.
Ihre unehrliche Argumentation, Sie wollten mehr Städtebauförderung und mehr Förderung von Familien, ist genauso glaubhaft wie das Bekenntnis des Finanzministers angesichts der Haushaltsdaten, eine wachstumsfördernde Finanzpolitik fortzusetzen. Sie fördern einzig und allein Schulden, Arbeitslose und die schlechtesten wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, die diese Republik je gekannt hat.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In den meisten Bundesländern gibt es inzwischen eine sehr ernsthafte Debatte um das Pro und
Kontra der Eigenheimzulage. So titelte „Die Welt“ in der letzten Woche: „Eigenheimzulage: Widerstand der Union scheint zu bröckeln“. Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller signalisierte Kompromissbereitschaft, seine Regierung sei bereit - so sagte er -, an der bundesweiten Konsolidierung der öffentlichen Hand mitzuwirken.
Auch der Hamburger Finanzsenator Wolfgang Peiner ist für Veränderungen offen. Die allermeisten Länder - so sagte er - gingen ohne ideologische Vorbehalte an diese Frage heran, so zum „Handelsblatt“, und bei allen Ländern wachse die Bereitschaft, über die Eigenheimzulage nachzudenken.
Die Eigenheimzulage wurde schon 2003 - dies wurde erwähnt - mit den Stimmen von CDU und FDP eingeschränkt. 2,5 Milliarden € haben wir herausgenommen - zusammen mit Ihnen. So schlimm kann es also gar nicht sein, dort etwas zu verändern, sonst hätten Sie es nicht mitgemacht. Mit 5,6 Milliarden € ist sie aber immer noch eine der größten Steuersubventionen. Allein für Schleswig-Holstein würde die Abschaffung - natürlich mittelfristig, Herr Garg; das wissen wir doch alle - Mehreinnahmen von 60 Millionen € bringen. Diese Zahl hat der Finanzminister in einem Interview genannt.
Ziehen wir hiervon gut 10 Millionen € für die Kommunen ab, die sich mit Sicherheit auch über diese Einnahme freuen, so bleiben 50 Millionen €. Ich möchte Sie bitten, sich auch einmal den Gegenwert dieses Geldes anzuschauen. Das wären etwa 1.000 Lehrer und Lehrerinnen jedes Jahr mehr oder es wäre die Möglichkeit, endlich in eine qualifizierte verpflichtende Vorschulbildung in den Kindertagesstätten einzusteigen.
Die CDU blockiert aus rein parteitaktischer Motivation eine Stärkung des Bildungssystems und das, obgleich inzwischen mehrere Studien belegen, dass Deutschland dringend mehr in seine Bildung investieren muss. Diese Verweigerungshaltung seitens der CDU hier in Schleswig-Holstein ist nicht akzeptabel. Nehmen Sie sich endlich ein Beispiel an den anderen CDU-Bundesländern, die sich für diese Diskussion öffnen!
Ich freue mich, Herr Garg, dass Sie etwas sehr deutlich gemacht haben. Sie haben eingeschränkt, indem Sie gesagt haben, solange wir das Steuersystem nicht insgesamt veränderten, machten Sie nicht mit. Das heißt aber auch - darüber freue ich mich -, es ist ein
deutliches Signal, hier zu einer Veränderung zu kommen, wenn es uns hilft, dieses Steuersystem zu entrümpeln und einen Subventionsabbau insgesamt zu machen.
Der Subventionsabbau in Deutschland ist dringend notwendig. Übernehmen Sie mit Verantwortung dafür, dass wir mehr in unsere Bildung für unsere Kinder und für die Zukunft investieren können! Bildung statt Mitnahmeeffekte, das müsste doch ein parteiübergreifender Konsens sein.
Wer mit offenen Augen durch das Land geht, erkennt schnell, dass sich die klassische Eigenheimförderung überholt hat und dass sie inzwischen zum Teil sogar kontraproduktiv ist. Die jetzige Förderung von Wohneigentum führt strukturpolitisch ins Aus: Städte veröden, Altbauten stehen leer, Zersiedelung und Flächenfraß sind die Folgen. Ökologisch und ökonomisch ist dieser Einsatz von Steuergeldern nicht mehr zu rechtfertigen.
Die Eigenheimzulage ist aber auch sozial ungerecht. Wer Geld hat, um zu bauen, bekommt einen Zuschuss vom Staat. Wer aus finanziellen Gründen kein Eigentum erwerben kann, schaut in die Röhre. Der Mieterbund hat vor zwei Jahren berechnet, dass rund drei Viertel der durch die Eigenheimzulage Begünstigten zu den 40 % der reichsten Haushalte in Deutschland gehören. Auch dieses Argument müssen wir mit bedenken.
Wir müssen uns auf die Kernaufgaben des Staates konzentrieren, so eine viel bemühte Aussage der CDU. Ich frage Sie, meine Damen und Herren, ob die Eigenheimförderung in ihrer klassischen Form heute noch zu den Kernaufgaben des Staates gehört. Für meine Fraktion beantworte ich das ganz klar mit einem Nein.
Wenn Sie schon immer theoretisch über die Kernaufgaben des Staates diskutieren, müssen Sie sich dem auch einmal konkret stellen. Für uns ist es die Kernaufgabe des Staates, bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Es ist die Kernaufgabe, auf Wohnungsmangel zu reagieren und durch Förderprogramme Anreize für die Sanierung von Altbauten und für Energiesparmaßnahmen zu schaffen. Ich setze darauf, dass sich im Bundesrat die Vernunft und nicht das parteipolitische Kalkül durchsetzt.
Wenn Sie sich so über meinen Beitrag aufregen, fragen Sie sich doch einmal, meine Damen und Herren von der Opposition: Warum haben Sie der Kürzung um 2,5 Milliarden € im letzten Jahr bei der Eigenheimzulage zugestimmt? Warum haben Sie der Kürzung zugestimmt, obwohl es so schlimm ist, an die Eigenheimzulage heranzugehen? - Sie müssen sich schon entscheiden.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht sollte man einmal einen Blick in die Geschichte der Eigenheimzulage werfen. Die Vorgeschichte beginnt in den 50er- und 60er-Jahren. Man wollte damals in einer Zeit mit großer Wohnungsnot einen politischen Anreiz schaffen, man wollte ein vernünftiges Instrument, um jungen, finanzschwachen Familien mit Kindern ein eigenes Heim zu ermöglichen.
Diese Situation, liebe Frau Kollegin, hat sich seitdem grundlegend geändert. So haben wir heute keine Wohnungsnot mehr. Im Gegenteil, es gibt vielerorts Leerstände und es gibt einen sinkenden Wohnraumbedarf. Das gilt auch für Schleswig-Holstein.
Dazu muss dann auch die Frage gestellt werden - ich tue es ganz bewusst und provozierend -, ob die immer noch geltende maximale Förderung eines Ehepaares mit zwei Kindern mit 22.000 € nicht eher eine Subvention für den Mittelstand ist als für sozial schwache Familien, die sich ohnehin kein eigenes Heim leisten können.
Was ist eigentlich gerecht daran, dass man mit einer Subvention nur die eine Hälfte der Bevölkerung unterstützt, die Hälfte nämlich, die sich ein eigenes Heim leisten kann, die vielleicht auch gute Jobs hat, die vielleicht nicht zu sehr von Arbeitslosigkeit betroffen ist?
Nichts ist leichter - das wissen wir -, als in Sonntagsreden oder in den Kommentarspalten der Zeitungen einen radikalen Subventionsabbau zu fordern. Doch wenn es zum Schwur kommt, zeigt sich, dass das eben doch nicht so einfach geht. Das wissen auch wir.
Das liegt daran, dass der Abbau von Subventionen - kurzfristig betrachtet - natürlich auch negative Folgen haben kann. Denn an den meisten Subventionen hängen viele Arbeitsplätze, wie die Beispiele von Kohleförderung, Werftenhilfe und Windenergie zeigen.
Nicht zuletzt deshalb wurde auch Anfang des Jahres im Vermittlungsausschuss die Eigenheimzulage durch einen Kompromiss zwischen der Bundesregierung und der CDU/CSU-Fraktion um 30 % gekürzt.
Nun will die Bundesregierung diese Zulage ganz streichen; das Geld soll - das hörten wir bereits - zur Erhöhung des Bildungshaushaltes verwendet werden. Obwohl auch der SSW eine Erhöhung der Bildungsinvestitionen befürwortet, empfinden wir die Kopplung an die Eigenheimzulage als problematisch.
Mit anderen Worten: Die Politik der Bundesregierung ist hinsichtlich der Eigenheimzulage wenig verlässlich, denn weder die künftigen Bauherren noch die Bauwirtschaft wissen jetzt, woran sie sind. Dabei ist die Lage der Bauwirtschaft immer noch schlecht, auch in Schleswig-Holstein, wo nach Angaben des Baugewerbeverbandes im ersten Halbjahr 2004 gegenüber dem Vorjahreszeitraum jeder zehnte Bauarbeiter seinen Arbeitsplatz verloren hat. So waren im Zeitraum Januar bis Juni 2004 im Schnitt rund 10.000 Baubeschäftigte arbeitslos. Das sind 10 % mehr als im Vorjahr. Es ist klar, dass eine völlige Streichung der Eigenheimzulage in dieser Situation die Situation der Bauwirtschaft in Schleswig-Holstein weiter verschlechtern würde. Als verantwortliche Politikerinnen und Politiker - ich denke, das sind wir - müssen wir dem Rechnung tragen, weil wir sonst vielleicht mehr verlieren als gewinnen.
Die Bauwirtschaft braucht die Sicherheit, dass nicht jedes Jahr immer wieder die völlige Abschaffung der Eigenheimzulage auf die politische Tagesordnung kommt.
Der SSW ist der Auffassung, dass die Abschaffung der Eigenheimzulage nur möglich sein wird, wenn es zu einer degressiven Abschmelzung kommt.
Wir erwarten von der Bundesregierung und von der CDU/CSU-Fraktion, dass man sich hinsetzt, dass man einen Handlungsplan erarbeitet und deutlich macht, wie innerhalb der nächsten drei, vier, fünf Jahre die Eigenheimzulage abgeschmolzen wird. Nur so haben alle Planungssicherheit, nur so haben wir es mit verlässlicher Politik zu tun.