Angesichts der Tatsache, dass wir in diesem Hause während der Zugehörigkeit der DVU zusammengestanden haben, dass ich selber mit Ihrer früheren Parteivorsitzenden eine Unterschriftenaktion
in Neumünster - auch zum Unwillen meiner eigenen Partei - gegen den Club 88 gestartet habe, weise ich das auf das Schärfste zurück!
die an dieser Stelle - ich komme zu meinem Abschlusssatz, Herr Präsident - gefordert ist, den gleichen politischen Maßstab anzulegen, den andere vor ihr angelegt haben. Rudolf Seiters hat die Konsequenzen für den Tod eines mutmaßlichen Terroristen gezogen, indem er zurückgetreten ist. Es ist eine Frage des politischen Charakters dieser Landesregierung,
ob Frau Lütkes im Amt bleiben kann. Wir verlangen ihre Entlassung und werden sie an ihren hohen moralischen Ansprüchen auch in diesem Wahlkampf messen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die SPDLandtagsfraktion weist den Antrag von CDU und FDP auf Entlassung der Justizministerin zurück. Er ist nicht begründet.
eines Straftäters aus der Justizvollzugsanstalt Lübeck zur Tötung eines Menschen führte. Der Justizministerin auch nur indirekt Verantwortung für den geschehenen Mord zuzuschieben, ist aus unserer Sicht selbst nicht nur unverantwortlich, sondern unanständig.
Wir halten es für nicht in Ordnung, meine Damen und Herren von der Opposition, dass unmittelbar nach dem Tatgeständnis des Flüchtigen und wieder Festgenommenen am 1. Dezember die Kollegen Dr. Wadephul und Kubicki unisono verkündeten, die Justizministerin trage die Verantwortung dafür, dass „ein unschuldiger Mensch Opfer eines Gewaltverbrechens geworden sei“ - so Dr. Wadephul - und dass - so der Kollege Kubicki wörtlich - „die Schlamperei im Justizministerium ein Menschenleben gekostet hat“.
Und wir halten es genauso wenig für in Ordnung, dass noch in der Innen- und Rechtsausschusssitzung am 8. Dezember unterstellt wurde, die Gewalttat hätte vermieden werden können, wenn die Staatssekretärin - das ist eben wiederholt worden - auf einer Pressekonferenz nach der Flucht deutlicher vor dem gefährlichen Täter gewarnt hätte - so Dr. Wadephul - oder wenn es - so Herr Kubicki wörtlich - vor der Flucht „dem Ministerium nicht völlig egal gewesen
Die Vorwürfe treffen weder die Staatssekretärin noch die Ministerin. Wenn Herr Dr. Wadephul der Staatssekretärin unterstellt, sie habe in besagter Pressekonferenz am Fluchttag nicht gesagt, der Flüchtige sei gefährlich, sondern lediglich, man könne nicht sagen, er sei nicht gefährlich, dann ist das kein sachlicher Vorhalt, sonder Haarspalterei.
Wenn die Staatssekretärin die Worte benutzt hätte „er ist gefährlich“ statt der Worte „Vorsicht, wir können nicht sagen, er ist nicht gefährlich“, meinen Sie dann wirklich, Herr Dr. Wadephul, der Öffentlichkeit weismachen zu können, dass dann die Überlebenschance des bereits vorher konkret ausgesuchten Opfers auch nur um 1 Promille höher gewesen wäre?
Herr Kubicki, der Ministerin zu unterstellen, „Herr Bogner wäre nicht ausgebrochen und hätte keinen Menschen getötet“, wenn sie, die Ministerin, sich durch Nachfrage fachaufsichtlich in den Einzelfall eingeschaltet hätte, ist gleichermaßen daneben,
wenn Sie, Herr Kubicki, im gleichen Atemzug ausweislich des vorläufigen Protokolls des Innen- und Rechtsausschusses vom 8. Dezember, Seite 20, Wert auf die Feststellung legen, zu keinem Zeitpunkt erklärt zu haben, die fachaufsichtliche Einschaltung der Ministerin „sei geboten gewesen“; Sie hätten lediglich gesagt, es wäre „nicht verboten“ gewesen.
Meine Damen und Herren, das sind formale Spielereien, juristisch-exegetische Kunstgriffe, ist l’art pour l’art. Es ist nicht die dem Ernst der Lage angemessene seriöse Untersuchung möglicher Mängel im Strafvollzug, wie sie am Beispiel des gravierenden Einzelfalls der Opposition selbstverständlich zuzugestehen ist. Auch Ihre Rücktritts- und Entlassungsforderung in Richtung Justizministerin ist nicht seriös, weil Sie verlangen, dass politische Konsequenzen aus einem Sachverhalt gezogen werden, der nach Ihrer eigenen Überzeugung noch gar nicht aufgeklärt ist.
Sie selbst verlangen doch von der Ministerin zu Recht ständig die neuesten Informationen über die Umstände und Vorgänge im Zusammenhang mit der Flucht. Auch Ihr legitimes Akteneinsichtsbegehren, dem wir uns selbstverständlich angeschlossen haben, kann
doch sinnvollerweise nur den Zweck verfolgen, die vorhandenen Informationen zu vervollständigen, die uns die Ministerin im Innen- und Rechtsausschuss mit zwei umfangreichen Berichterstattungen bereits gegeben hat.
Beide Berichte zeigen auf, wie im Zusammenwirken von JVA und Ministerium ständig der Auftrag des Strafvollzugsgesetzes erfüllt wird, die Sicherheit innerhalb der Anstalten, aber auch den Schutz der Allgemeinheit vor Flucht und weiteren Straftaten optimal zu gewährleisten. Wir haben zur Kenntnis genommen, dass die für die recht- und zweckmäßige Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalten in unserem Lande hoch qualifizierte und jahrelang, zum Teil jahrzehntelang bewährte Kräfte sind.
Wir haben zur Kenntnis genommen, dass bei der Personalzuweisung im Verhältnis der Mitarbeiter zu Gefangenen Schleswig-Holstein im Bundesvergleich an dritter Stelle liegt und dass in Schleswig-Holstein die JVA Lübeck wegen ihrer besonderen Aufgabenstellungen die günstigste Personalausstattung aller sechs Justizvollzugsanstalten hat. Verbesserungen sind immer noch möglich. Möglichkeiten dazu werden ja auch untersucht.
Wir haben erfahren, dass und wie im Bereich von Alarmierung, Postzustellung, Telefon- und PCNutzung, bei der Mitnahme von Gegenständen in die Werkstätten und bei persönlichen Gefangenenbesuchen Sicherheitsvorsorge getroffen und ständig geübt wird. Uns ist erläutert worden, wie das Ministerium die ihm nach den Strafvollzugsvorschriften des Bundes obliegende Rechts- und Fachaufsicht über das Dienstpersonal der Justizvollzugsanstalten selber ausübt.
Herr Kubicki, wir haben mit Zufriedenheit und Zustimmung insbesondere zur Kenntnis genommen, dass die Ministerin selbst sofort nach Bekanntwerden des aktuellen Vorfalls in der JVA Lübeck generell damit begonnen hat, jedes individuelle Fehlverhalten, aber auch mögliche strukturelle Schwächen im Vollzugsablauf einer konsequenten und umfassenden Aufklärung und Überprüfung zu unterziehen und dies ohne Rücksicht auf die eigenen Zuständigkeiten auch im Bereich der Rechts- und Fachaufsicht des Ministeriums zu tun.
Meine Damen und Herren, wir begrüßen ausdrücklich, dass bei besonders gefährlichen Gefangenen, bei Sicherungsverwahrten und bei langstrafigen Gefangenen nicht nur die Sicherheitsvorkehrungen in den Justizvollzugsanstalten, sondern auch die Kontrollmöglichkeiten des Ministeriums weiter verbessert
werden sollen. Wir begrüßen ausdrücklich auch, dass umgehend nicht nur der Strafvollzugsausschuss der Länder, sondern auch eine Kommission unabhängiger Experten die bisherige Praxis des Controllings besonders gefährlicher Gefangener in Schleswig-Holstein unter Einbeziehung fachaufsichtlicher Erfordernisse überprüfen, mit anderen Ländern vergleichen, bewerten und gegebenenfalls Verbesserungsvorschläge vorlegen.
All dies sind Maßnahmen, mit denen die Justizministerin die ihr obliegende politische Verantwortung für den Justizvollzug in Schleswig-Holstein und für den konkreten Einzelfall wahrnimmt. Sie daraus zu entlassen wäre nicht nur nicht sachgerecht, sondern es wäre im Sinne der eingeleiteten Überprüfungen und angestrebten weiteren Verbesserungen unseres Strafvollzugs sogar kontraproduktiv.
Will die Opposition - das soll meine letzte Frage sein - überhaupt und eigentlich selber die von ihr beantragte Entlassung? Die vermutlich wahrheitsgemäße Antwort hat Dr. Wadephul in der „taz“ vom 9. Dezember gegeben. Ich zitiere:
„Für uns als CDU gäbe es … gar nichts Besseres, als wenn Lütkes bis zum Wahltag im Amt bleibt. Dann haben wir ein Dauerthema.“
Ich gehe davon aus, dass sich Herr Kubicki dieser Erklärung anschließt, denn er hat der CDU die Ehe versprochen und will jedenfalls bisher noch nicht zugeben, dass er sich ins falsche Bett gelegt hat.
Für die SPD-Landtagsfraktion darf ich deshalb abschließend aus einer Presseerklärung der Neuen Richtervereinigung Schleswig-Holstein vom 14. Dezember zitieren, der wir vollinhaltlich zustimmen. Sie lautet:
„Eine Landtagsdebatte ist gut und richtig, wenn sie denn Parlament und Öffentlichkeit die Gefahren und Risiken des Strafvollzugs vor Augen führt und eine sachgerechte Auseinandersetzung darüber fördert, wie diesen Gefahren und Risiken begegnet werden kann. Unerträglich wäre es …, wenn der Tod eines Menschen zum Wahlkampfthema würde.“