Johann Wadephul
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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Während sich diese Koalition in offenen Briefen und Protokollnotizen verheddert, geht die bundesweite Diskussion längst sehr viel weiter. Herr Innenminister, Sie wissen das sehr gut - jedenfalls aus der Zeit, in der Sie den Vorsitz in der Innenministerkonferenz hatten, als wir hier in Schleswig-Holstein haben feststellen können, dass diese Koalition nicht handlungsfähig und handlungsbereit ist.
Heute kann man in der „Welt“ nachlesen, selbst die Sozialdemokraten in der benachbarten Hansestadt Hamburg sind den Vorstellungen der Union im Bereich der Ausweitung der DNA-Analysen sehr aufgeschlossen, wollen den unionsgeführten Hamburger Senat an dieser Stelle unterstützen. Bundesinnenminister Schily ist geradezu ein Vorkämpfer an dieser Stelle. Selbst Bundesjustizministerin Zypries hat erkennen lassen, dass sie für eine entsprechende Diskussion offen ist.
Wer heute dem Kollegen Puls zugehört hat und seine Kraftausdrücke - die ihm ohnehin nicht so liegen - beiseite rückt, stellt fest: Im Kern ist selbst der Kollege Puls der Auffassung, dass die Union hier richtig liegt.
Deshalb sollten Sie, Herr Kollege Puls, versuchen, sich innerhalb der SPD-Fraktion durchzusetzen. Ich hoffe, ich habe Ihnen mit dieser Bemerkung jetzt nicht allzu viel geschadet.
Ich will an dieser Stelle noch einmal festhalten, um was es eigentlich geht. Deshalb sollten wir in der Argumentation sehr vorsichtig sein. Wir sollten - das ist von vielen Rednern hier betont worden - die Rechtsstaatlichkeit beachten, natürlich auch die Informationsrechte und das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Bürgerinnen und Bürger schützen und in keiner Weise missbrauchen. Nur, darum geht es überhaupt nicht. Wenn wir fordern, den genetischen Fingerabdruck den herkömmlichen erkennungsdienstlichen Maßnahmen, die aus dem vorvorletzten Jahrhundert stammen, gleichzustellen, sprechen datenschutzrechtliche Erwägungen überhaupt nicht dagegen. Vielmehr ist es so: Die DNA-Analyse betrifft den nicht codierenden Teil der DNA. Sie enthält zuverlässige Informationen, um einen Täter zu erkennen, aber sie gibt überhaupt keine Auskünfte, die in irgendeiner Weise das Informationsrecht oder das Selbstbestimmungsrecht des Täters betreffen könnten. Deswegen sind wir dafür, diese Möglichkeiten zu nutzen.
Wir müssen schon darauf aufmerksam machen. Heute ist mit großer Verve von der Landesjustizministerin gesagt worden, die gesetzlichen Möglichkeiten reichten aus. Das ist nicht ganz der Fall. Wir haben in unserer Strafprozessordnung - § 81 f Abs. 1 Satz 2 StPO, Frau Kollegin - eine Vorschrift, die heute einen Richtervorbehalt für die Situation verlangt, dass eine molekular-genetische Untersuchung notwendig ist, wenn Spuren eines anonymen Täters am Opfer gefunden werden.
- Es ist sehr gut, wenn Sie hier und heute im Haus erklären, dass Sie dafür sind. Nur, Sie regieren hier in dieser Koalition und es gibt den offenen Brief der Kollegin Fröhlich. Das ist ein klarer Widerspruch. Öffnen Sie endlich die Möglichkeit, an dieser Stelle zu einer gesetzlichen Änderung zu kommen!
Schließlich ist es immer noch so, dass Regierungen - Sie regieren hier in Schleswig-Holstein leider immer noch ein paar Tage und auf Bundesebene bis 2006 - an Ihren Taten gemessen werden. Das wollen wir auch machen.
Ich mache darauf aufmerksam, dass sich alle Fachleute inklusive des von Ihnen, Herr Innenminister, sehr geschätzten Herrn Zierke, in dieser Frage völlig einig sind, dass der Richtervorbehalt bei diesen Spuren, bei anonymen Tätern, völliger Unsinn ist. Was soll der Richter an dieser Stelle eigentlich prüfen? Was soll er
eigentlich abwägen, wenn er überhaupt nicht weiß, wer der potenzielle Täter ist?
Das führt mich zu der Frage - darüber sollten wir etwas näher nachdenken -: Wer denkt an der Stelle eigentlich an die Daten des Opfers, die durch einen unnötigen Richtervorbehalt durch alle Akten geschleppt werden? Wer denkt eigentlich an Datenschutz zugunsten des Opfers? - Wir wollen an erster Stelle Opferschutz und nicht Täterschutz. Hier kann man handeln.
Wer sich an dieser Stelle auf die Grundrechte und ihren Schutzcharakter für die Freiheit der Menschen in Deutschland stützt - sie haben einen großen Wert für uns -, muss darüber nachdenken, um welche Frage es eigentlich geht, wie man die Freiheit der Menschen am besten schützen kann.
Wir haben gegenüber unseren Ermittlungsbehörden eine grundsätzliche andere Einstellung, als Rot-Grün sie offensichtlich hat, jedenfalls der grüne Teil. Den Herrn Innenminister möchte ich ausnehmen. Wir hegen gegenüber den Ermittlungsbehörden unseres Landes, gegenüber den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, gegenüber den Staatsanwälten und Richtern, die damit befasst sind, keinen Generalverdacht, dass sie mit allen Daten irgendwelchen Unsinn anstellten, sondern wir gehen davon aus, dass sie diese Daten nutzen, um Täter zu erkennen, um Täter zu verfolgen und um potenzielle Täter von ihren Taten abzuhalten. Deswegen ist es richtig, ihnen diese Mittel in die Hand zu geben. Wir wollen unsere Ermittlungsbehörden nicht unter Generalverdacht stellen, sondern wir wollen ihnen die Werkzeuge geben, um unsere Bürger wirksam zu schützen. Darum geht es.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Rede des Kollegen Eichstädt war sehr interessant. Nur hat sie zum Regelungsgegenstand, über den wir gleich abzustimmen haben, relativ wenig beigetragen. Aber wir haben einmal gehört, was Peter Eichstädt zu diesen Fragen denkt. Das war vielleicht für alle informativ. Ich will versuchen, die Debatte ein wenig auf das zu lenken, was eigentlich in der Sache abzustimmen ist.
Mit der Schaffung des familienrechtlichen Instituts „eingetragene Lebenspartnerschaft“ durch das am 1. August 2001 in Kraft getretene Lebenspartnerschaftsanpassungsgesetz des Bundes wurde gleichgeschlechtlichen Paaren die Möglichkeit eingeräumt, ihrer auf Dauer angelegten Partnerschaft einen rechtlichen Rahmen zu geben.
Mit dem heute zu beschließenden Lebenspartnerschaftsanpassungsgesetz werden die entsprechenden Änderungen im schleswig-holsteinischen Landesrecht vorgenommen. Dabei wird die Rechtsstellung von eingetragenen Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern in vielen Bereichen der von Eheleuten angeglichen.
Für die CDU sind Ehe und Familie die Keimzelle jeder staatlichen Gemeinschaft. Die Ehe ist mit keiner anderen Lebensgemeinschaft gleichzusetzen. Unsere
Verfassung trägt diesem Wert für unsere Gesellschaft dadurch Rechnung, dass sie durch Artikel 6 Ehe und Familie unter den „besonderen Schutz der staatlichen Ordnung“ stellt. Diese Grundentscheidung unserer Verfassung steht nicht zur Disposition.
Homosexuelle Menschen und Lebensgemeinschaften haben in unserer Gesellschaft Anspruch auf Nichtdiskriminierung, Achtung und Nichtausgrenzung. Wir respektieren die Entscheidung von Menschen, die einen gleichgeschlechtlichen partnerschaftlichen Lebensentwurf zu verwirklichen suchen. Auch in solchen Beziehungen können selbstverständlich Werte gelebt werden, die für unsere Gesellschaft grundlegend sind. Es macht keinen Sinn und ist nicht in unserem Interesse und auch nicht im Interesse der Gesellschaft, demjenigen, für den Ehe und Familie aufgrund ihrer sexuellen Orientierung als Lebensform nicht infrage kommen, die Chance einer bürgerlichen Existenz und eines würdigen und erfüllten Lebens zu erschweren.
Dem hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom Juli 2002 Rechnung getragen und festgestellt, dass Ehe und Lebenspartnerschaften unverbunden nebeneinander stehen. Es hat die Lebenspartnerschaft ausdrücklich als ein Aliud, also als etwas anderes als die Ehe, dargestellt. Der Gesetzgeber ist selbstverständlich frei, für gleichgeschlechtliche Partnerschaften Rechte und Pflichten vorzusehen, die denen der Ehe gleichzusetzen sind oder nahe kommen. Die Union respektiert diese mehrheitlich getroffene Entscheidung des höchsten deutschen Gerichts. Deshalb wird die CDU-Fraktion im SchleswigHolsteinischen Landtag dem heutigen Anpassungsgesetz zum Lebenspartnerschaftsgesetz ihre Zustimmung geben.
Allerdings erlaube ich mir, auf zwei oder drei Problempunkte hinzuweisen, die wir zur Kenntnis nehmen sollten. Wir müssen hier einmal mehr feststellen, dass wir in der Regelungswut in Deutschland sehr weit gekommen sind. Allein 26 materielle Änderungsartikel sind hier heute zu beschließen. Das zeigt, welche Bereiche wir mittlerweile alle regeln.
Ich weise weiter darauf hin, dass wir bei der Sonderurlaubsverordnung festschreiben, dass Sonderurlaub eine Beamtin bekommen soll, deren Frau niederkommt, also ein Kind bekommt. Zu einer solchen Situation kann es natürlich kommen, obwohl es eigentlich nicht zu der Lebenspartnerschaft passt.
- Ich denke nicht, dass es dazu passt.
Ich möchte an dieser Stelle deutlich sagen - das ist auch in der Adoptionsdebatte des Deutschen Bundestages deutlich geworden -, dass die Union an dieser Stelle starke Zweifel hat und es ablehnt, dass in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften Kinder adoptiert werden können.
Weil es um Sonderurlaub und einen Randbereich geht, werden wir dieser Regelung zustimmen. Wir haben allerdings grundsätzliche Bedenken. Die möchte ich hier ausdrücklich zu Protokoll geben.
Außerdem macht es deutlich, dass wir eine übergeordnete Bürokratie haben. Wir haben Gesetze und Verordnungen zu ändern, die wohl kaum jemand kennt und bei denen man sich wirklich fragt, ob sie erforderlich sind. Ich möchte auf die Verordnung über die gemeinsame Fischerei in der Flensburger Innenförde hinweisen, die wir ändern müssen. Nunmehr sollen auch eingetragene Lebenspartnerinnen und Lebenspartner die Nutzung eines bestimmten Fischplatzes in der Flensburger Innenförde erben können. Solche Regelungen beziehungsweise ihre Änderungen sorgen zwar für Arbeitsaufwand in den Ministerien, sorgen aber nicht dafür, dass die Bürokratie, die auch in der vorangegangenen Debatte beklagt worden ist, geringer wird. Deswegen halte ich an dieser Stelle fest: Weniger wäre manchmal auch mehr.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Engelbert Arno Danielsen in den Vormittagsstunden des 26. Oktober 2004 in den silbergrauen Mercedes mit dem Ziel Süden stieg, war er guten Mutes. Der 45-jährige Eutiner, der früher Landschaftsgärtner gewesen war, war lange arbeitslos und suchte dringend eine neue Beschäftigung. Als sich ihm nun diese Chance bot, einen Job bei Mercedes in Sindelfingen zu bekommen, griff er zu. Er lebte allein, brauchte daher nur seine Wohnung zu kündigen und einzusteigen.
Engelbert Arno Danielsen dachte, jetzt könne er ein neues Leben beginnen. Tatsächlich sollte er nur wenige Stunden danach tot sein - ermordet von Christian Bogner, der erst am Morgen aus der JVA LübeckLauerhof entflohen war. Beide sahen sich frappierend ähnlich. Das war der Grund, warum Danielsen sterben musste. Danielsen war sozusagen nur das letzte Glied in Bogners perfidem Plan, auszubrechen und
sodann unter neuer Identität - der Danielsens - weiterzuleben.
Es war wohl nicht das erste Mal, dass Bogner einen solchen Plan hegte. Schon vor dem Landgericht Bückeburg hatte er sich wegen Mordvorwurfs zu verantworten, wonach er 1995 die Identität eines früheren Mitschülers angenommen haben sollte, mit dem er auch dort nach seiner damaligen Flucht aus einer Justizvollzugsanstalt Kontakt gesucht und gefunden hatte.
Es war auch nicht das erste Mal, dass Bogner ausbrach - es war das achte Mal, dass Bogner ausbrach -, und es war auch nicht das erste Mal, dass der gelernte Schlosser Bogner seine Flucht in einer Schlosserei vorbereitete. Nein, auch seine vorherige Flucht aus der Justizvollzugsanstalt Lingen hatte er in einer Schlosserei vorbereitet. Damals baute er sich eine Leiter, diesmal ein spektakuläres Klettergerüst, das er auf einem Gabelstapler montierte.
Das Bemerkenswerte an diesen Umständen ist: All das war den Justizbehörden unseres Landes bekannt. Fassungslos haben wir die Berichte des Ministeriums gelesen und gehört, uns die Örtlichkeiten angesehen. Wir fragen: Wie konnte es geschehen, dass ein derart vorbelasteter Bogner überhaupt wieder in einer Schlosserei eingesetzt wurde? Wie konnte es geschehen, dass man ihn in der Werkhalle der Schlosserei ungestört sein kompliziertes Ausbruchsgestänge zusammenschweißen ließ? Wie konnte es geschehen, dass er sich darüber hinaus offensichtlich ungestört in dem anschließenden Außenlager - wie Sie es nennen, Frau Ministerin - bewegen konnte?
Tatsächlich ist dieses Außenlager eine große Scheune gewesen, in der er unbeobachtet seine Materialien lagern konnte. Von den großen Ausmaßen dieser Scheune beziehungsweise dieses Schuppens kann man sich heute nur noch eine ungefähre Vorstellung machen, denn das Ministerium hat ihn wohlweislich schnell abreißen lassen.
Wie konnte es geschehen, dass niemandem auffiel, dass Bogner an diesem Morgen gar keine Anstaltskleidung anhatte, sondern normales Zivil trug? Wie konnte es geschehen, dass er den Plan gemeinsam mit seinem Bruder während ausgiebiger Besuche ausheckte und besprach? Wie kann es sein, dass diese neuralgische Stelle, an der der Ausbruch geschah, nicht ständig durch Videokameras überwacht wurde? Wie konnte es geschehen, dass in der Anstalt nicht sofort alles wie am Schnürchen klappte, als man den Ausbruch bemerkte? - Ein Wärter drinnen drückte nicht sofort den Alarmknopf, ein Wärter draußen sah zu, wie Bogner flüchtete, und eilte nicht nach.
Fehler, Versäumnisse, Schlampereien! Vielleicht lag es sogar - wie es die Frau Ministerpräsidentin dieser Tage vermutete - am System. Wir werden das zu untersuchen haben.
Ich halte an dieser Stelle fest: Diese Fehler allein, der Ausbruch allein haben uns nicht motiviert, Sie, Frau Ministerin, zum Rücktritt aufzufordern oder Sie, Frau Ministerpräsidentin, Frau Justizministerin Lütkes zu entlassen. Da gehen die Grünen und die Sozialdemokraten in Hamburg schon anders vor. Dort ist überhaupt nichts passiert. Dort hat es auch Fehler gegeben - einen nicht immer besetzten Wachturm -, aber niemand ist entflohen.
Was ist das überhaupt für ein politisches Maß? Was ist das überhaupt für eine politische Glaubwürdigkeit, in Hamburg als SPD und Grüne die Entlassung des Justizministers zu fordern, hier aber nicht zu handeln, meine sehr verehrten Damen und Herren?
Und was tat die Justizministerin vor der Flucht, also in den zurückliegenden fast fünf Jahren, um eine derartige Kette von Fehlern, Pannen und Versäumnissen zu verhindern? - Wir wissen es nicht.
Sofort danach jedenfalls verfiel sie in den Aktionismus, den wir - insbesondere die Mitstreiter im Innen- und Rechtsausschuss - kennen; ich erinnere an ihren kürzlich an den Tag gelegten Aktionismus nach der Beschaffungsaffäre bei der Generalstaatsanwaltschaft in Schleswig. Das Motto lautet stets: Meine unfähigen Mitarbeiter haben Schuld!
Es gibt eine Grundregel, die wir bei dieser Justizministerin immer dann feststellen können, wenn es Schwierigkeiten gibt: Sie selbst, ihr unmittelbarer Bereich, war nie zuständig, konnte nie von den Missständen wissen. Ihr Handeln entspricht frei dem Motto: Mein Name ist Lütkes, ich weiß von nichts! - Doch dieses Mal, Frau Ministerin, kommen Sie mit dieser Ausrede nicht durch.
Denn erstens sagt einem schon der normale Menschenverstand, dass diese Logik absurd ist. Wenn ein Justizministerium vom Strafvollzug im Lande nichts wissen muss - ja, nichts wissen kann -, dann gilt im Umkehrschluss: Ein solches Ministerium brauchen wir gar nicht.
Im Übrigen haben Sie uns selbst im Ausschuss eines Besseren belehrt. In Ihrem ausführlichen Vermerk vom 24. November 2004 haben Sie ausdrücklich geschildert, was alles geschehen ist und welche Überwachungstätigkeiten stattfinden: Es gebe einen
engen fachlichen Austausch zwischen den Anstalten und der Aufsichtsbehörde, zahlreiche Anstaltsbesuche vor Ort fänden statt. Regelmäßige Sicherheits- und Baubesprechungen hätten stattgefunden.
Wer das liest und hört und trotzdem zur Kenntnis nimmt, dass Sie eigentlich die personifizierte Uninformiertheit in Sachen Strafvollzug sind, der fragt sich: In welcher Welt leben Sie eigentlich, Frau Lütkes? Wem möchten Sie das eigentlich ernsthaft erzählen?
Wie passt dazu, dass wir bei unserem Besuch am 28. Oktober 2004 - also zwei Tage nach dem Ausbruch - einen großen Zettel, der von allen Abteilungsleitern unterzeichnet war, vorgefunden haben, auf dem sinngemäß stand: Sehr verehrte Häftlinge, jetzt ist aber Schluss mit den Plastiktüten und den Taschen; diese dürft ihr jetzt nicht mehr aus der Zelle an euren Arbeitsplatz mitnehmen. - Wer das zur Kenntnis nimmt und merkt, dass Sie jetzt erst handeln, der kommt zu der klaren Erkenntnis: Eine Fach- und Rechtsaufsicht durch das Justizministerium hat es in Lübeck nicht gegeben und das ist Ihre politische Verantwortung, die Sie zu tragen haben, Frau Ministerin.
Sie wussten von der personellen Unterbesetzung, Frau Ministerin. Sie wussten, dass Alarmübungen nicht regelmäßig durchgeführt worden sind; darauf sind Sie übrigens auch durch das Parlament hingewiesen worden.
Es gibt eine Verwaltungsvorschrift zu § 151 Strafvollzugsgesetz, in der in § 1 Abs. 1 Folgendes eindeutig steht: Das Ministerium hat die Anstalt aufzusuchen und gründlich zu prüfen. - Sie haben an dieser Stelle versagt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zum Umgang mit der Wahrheit und der Frage, wann eigentlich vor der Gefährlichkeit dieses Straftäters gewarnt worden ist. Sie behaupten - zuletzt sogar noch im „Schleswig-Holstein Magazin“ -, Ihre Staatssekretärin - sie ist immerhin auch Volljuristin und Richterin - habe es „laut“ gesagt. Laut hat die Staatssekretärin in der Pressekonferenz eigentlich nur gesagt, dass der Mann in der Anstalt nicht aufgefallen sei. Mit keinem Wort ist ausdrücklich vor der Gefährlichkeit dieses Täters gewarnt worden und insofern haben Sie die Öffentlichkeit und den Ausschuss nicht richtig informiert. Allein das ist ein Grund zurückzutreten oder die Ministerin zu entlassen, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Sie wollen jetzt Ihre Arbeit machen.
Dazu kann ich nur sagen: Das hätten Sie vorher machen sollen. Woher nehmen Sie eigentlich das Recht, Herrn Brandewiede und fünf andere Mitarbeiter zu suspendieren? - Die würden auch gern ihre Arbeit machen. Sie kleben an Ihrem Stuhl. Sie schauen auf Ihre Pensionsberechtigung ab Februar und wollen einfach weitermachen. Das ist politisch nicht glaubwürdig, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Und die Spitze der ganzen Angelegenheit ist Ihr Interview in den „Kieler Nachrichten“ vom gestrigen Tage. In diesem Interview lesen wir, wir - die CDU - könnten Wasser auf die Mühlen der NPD gießen.
Sie, Anne Lütkes, sagt wörtlich:
„Da muss eine demokratische Partei sehr vorsichtig sein, um nicht in den Verdacht zu geraten, sich in die Nähe solcher Auffassungen zu begeben.“
Angesichts der Tatsache, dass wir in diesem Hause während der Zugehörigkeit der DVU zusammengestanden haben, dass ich selber mit Ihrer früheren Parteivorsitzenden eine Unterschriftenaktion
in Neumünster - auch zum Unwillen meiner eigenen Partei - gegen den Club 88 gestartet habe, weise ich das auf das Schärfste zurück!
Nehmen Sie das zurück! Das ist eine politische Brunnenvergiftung, Frau Ministerin!
Die Frage richtet sich jetzt an die Ministerpräsidentin,
die an dieser Stelle - ich komme zu meinem Abschlusssatz, Herr Präsident - gefordert ist, den gleichen politischen Maßstab anzulegen, den andere vor ihr angelegt haben. Rudolf Seiters hat die Konsequenzen für den Tod eines mutmaßlichen Terroristen gezogen, indem er zurückgetreten ist. Es ist eine Frage des politischen Charakters dieser Landesregierung,
ob Frau Lütkes im Amt bleiben kann. Wir verlangen ihre Entlassung und werden sie an ihren hohen moralischen Ansprüchen auch in diesem Wahlkampf messen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe von der Frau Ministerpräsidentin nicht gerade erwartet, dass sie hier am Rednerpult sagen würde, dass sie unseren Antrag unterstützt und ihm Folge leisten wird. Das war nicht zu erwarten. Das, was Sie, Frau Ministerpräsidentin, dann tatsächlich gesagt haben, habe ich auch nicht erwartet. Der weitere Verlauf der Debatte erschüttert mich auch ein Stück.
Sie stellen sich nämlich auf der einen Seite hier hin - gerade die Frau Ministerpräsidentin! - und äußern Betroffenheit über den tragischen Verlauf dieser Flucht, auf der anderen Seite sagen Sie - ich zitiere hoffentlich richtig -, wir sollten es nicht zu einer „wahltaktischen, parteipolitischen Instrumentalisierung“ nutzen. Als Nächstes holen Sie die Keule her
aus und fangen an, das mit sachfremden Geschichten zu überfremden.
Sie holen den parlamentarischen Untersuchungsausschuss heraus. Wir reden hier über den Verlauf eines Ausbruchs in Lübeck und die Konsequenzen, die daraus zu ziehen sind. Darüber wird hier diskutiert. Politische Ablenkungsmanöver stehen nicht auf der Tagesordnung.
Deshalb will ich konkret etwas zu der Frage der politischen Verantwortung sagen. Es ist doch völlig logisch - das hat dieser Tage sogar schon ein Journalist in den „Kieler Nachrichten“ geschrieben -, dass sich niemand hier hinstellt und sagt, die Frau Ministerin persönlich habe Herrn Bogner quasi freigelassen. Sie ist nicht persönlich für das Zuschließen der Justizvollzugsanstalt verantwortlich. Sie hat eine andere Verantwortung. Sie hat eine politische Verantwortung.
Das wirklich Traurige ist - unabhängig von der Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit -, dass wir hier über die Frage des Rücktritts von Frau Justizministerin Lütkes angesichts der vorliegenden Sachlage im Parlament überhaupt noch miteinander diskutieren müssen. Das ist das wirklich Traurige.
Zeigen Sie mir eine vergleichbare Situation, in der politische Verantwortung nicht darin mündet, dass das Amt aufgegeben wird!
Dass das für den Einzelnen schwer ist und in einer politischen Situation schwierig sein kann, haben wir 1992 erfahren, als Gerhard Stoltenberg als Verteidigungsminister zurückgetreten ist und der damalige Spitzenkandidat Hennig den Posten des Staatssekretärs los war. Aber politische Verantwortung hat ihre besondere Qualität darin, dass man nicht für das persönliche Handeln Verantwortung trägt, sondern dass man für die Fehler Verantwortung trägt, die im eigenen Verantwortungsbereich geschehen sind.
Dass hier zahlreiche Fehler geschehen sind, weitere aufzuklären sind, wissen wir. Wenn politische Verantwortung in diesem Land noch eine Bedeutung hat, kann Frau Lütkes ihr Amt nur aufgeben. Ansonsten geht die Angelegenheit als einmalig in die Justizgeschichte unseres Landes ein. Ich glaube, die Wählerinnen und Wähler werden am 20. Februar ein eindeutiges Votum fällen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In dieser Tagung müssen wir sowohl in erster als auch in zweiter Lesung den Gesetzentwurf der Landesregierung zum Staatsvertrag zur Änderung der Übereinkunft der Länder Freie Hansestadt Bremen, Freie und Hansestadt Hamburg und des Landes Schleswig-Holstein über ein Gemeinsames Prüfungsamt und die Prüfungsordnung für die Große Juristische Staatsprüfung, die jetzt „zweite Staatsprüfung“ heißt, debattieren. Der Gesetzentwurf sieht diese Neubezeichnung, Herr Kollege Kubicki, in der Tat vor. Auch sonst kommt es zu materiellen Änderungen an der einen oder anderen Stelle.
Ich möchte für meine Fraktion ausdrücklich bedauern, dass es zum einen erst so spät zu der Übereinkunft der norddeutschen Bundesländer gekommen ist. Ich möchte an zweiter Stelle bedauern, dass wir diese Angelegenheit hier im Plenum erst zu einem so späten Zeitpunkt beraten können und in einem Hauruckverfahren im Ausschuss nur eine Kurzberatung machen können und die Sache übermorgen schon abschließend entscheiden. Dies tut der Sache, auch wenn das Interesse vielleicht nicht bei jedem Abgeordneten zu 100 % da ist, nicht gut. Die Ausbildung der Juristinnen und Juristen in unserem Bundesland ist eine der wenigen Angelegenheiten, die wir auch als Bundesland noch allein regeln können. Das sollten wir als Landesparlament auch ernst nehmen und sollten uns damit auch ausführlich befassen.
Es ist vorgesehen, dass die Rechtsanwaltsstation auf neun Monate verlängert wird. Insbesondere diese Änderung sowie die Anhebung der Anforderungen an das Bestehen der Prüfung gegenüber dem bisherigen Recht hätten im Grunde eine Anhörung im Innen- und Rechtsausschuss erforderlich gemacht, die nun aufgrund der Tatsache, dass wir erst so spät beraten, nicht mehr stattfinden kann.
Ich muss feststellen, Frau Justizministerin, dass wir schon das Juristenausbildungsgesetz, das in zweiter Lesung im Februar 2004 beschlossen worden ist, als eines der letzten Bundesländer überhaupt beraten und beschlossen haben. Es ist etwas traurig, dass wir diese Verspätung an dieser Stelle wiederholen.
Ich möchte für meine Fraktion festhalten, dass wir die Notwendigkeit, die Anwaltsstation stärker zu betonen, anerkennen. Fakt ist, dass mehr als 10.000 Referendarinnen und Referendare jährlich die Große Juristische Staatsprüfung bestehen und den Eintritt in einen juristischen Beruf suchen. Nur etwa 10 % von ihnen kommen nach Angaben des Deutschen Anwaltsvereins in der Justiz oder sonst im öffentlichen Dienst unter. Die Wirtschaft stellt nach Schätzungen nur etwa 15 % der Abgänger ein. Circa 75 % aller Absolventen der Großen Juristischen Staatsprüfung werden Anwälte beziehungsweise - so muss man traurigerweise sagen - müssen trotz anders lautender Berufswünsche Anwalt werden, wenn sie überhaupt eine juristische Beschäftigung ausüben wollen. Dies führt zu einer dramatischen Steigerung der Zahl der zugelassenen Anwälte von jährlich mehr als 4 %, im Jahre 2003 allein um 6.000. Berücksichtigt man die natürlichen Abgänge durch Tod oder Ausscheiden aus dem Beruf, dürften etwa 8.000 Berufsanfänger jährlich neu in den Anwaltsstand eintreten.
- Bundesweit. - Genau hier liegt auch das Problem. Es muss für die Zukunft sichergestellt sein, dass diejenigen Anwälte, die die Ausbildung in der Anwaltsstation übernehmen, auch über das hinreichende Fachwissen und die Erfahrung verfügen. Hierüber wäre in den Beratungen des Innen- und Rechtsausschusses zu sprechen gewesen.
Ich habe große Zweifel, ob das jetzige Justizausbildungsgesetz und die daraus folgende Verordnung und auch das, was wir jetzt in Bezug auf die Zweite Juristische Staatsprüfung ratifizieren sollen, geeignet ist, diesen Anforderungen gerecht zu werden.
Das große Problem liegt darin, dass das, was der Deutsche Anwaltsverein an Anforderungen an ein Anwaltsreferendariat formuliert hat, auch nicht im Ansatz umgesetzt worden ist. Der Deutsche Anwaltsverein hat nicht nur Anforderungen an ein Anwaltsreferendariat formuliert, sondern hat auch eine gesonderte Anwaltsprüfung formuliert. Ich möchte darauf Bezug nehmen, Frau Justizministerin, und an dieser
Stelle bedauern, dass Sie so wenig Gelegenheit haben, meinem Vortrag hier zu folgen. Ich halte es nicht für besonders höflich, dass die zuständige Fachministerin es in einer Fachdebatte nicht nötig findet, den Ausführungen zu folgen.
Ich möchte ausdrücklich sagen, dass das, was der Deutsche Anwaltsverein an Anforderungen an das Anwaltsreferendariat und an die Anwaltsprüfung formuliert hat, hätte umgesetzt werden müssen. Das ist vorliegend nicht geschehen. Deswegen stimmen wir heute der Ausschussüberweisung zu, sehen uns aber nicht in der Lage, dem Gesetzentwurf letztlich zuzustimmen. Wir werden uns an dieser Stelle enthalten.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Obwohl die Mittagspause schon längst angebrochen ist, möchte ich noch etwas kurz anmerken.
Zunächst gilt dem Kollegen Höppner der herzliche Dank dafür, dass er noch einmal deutlich gemacht hat, wer eigentlich das Thema Ganztagsschule hier in dieser Legislaturperiode vorangebracht hat. Das war nämlich die Union mit ihren Beschlüssen.
Die Ganztagsschule hat in der Zeit zuvor - das wissen Sie ganz genau, Frau Ministerin - ein Schattendasein gefristet. Die Zahlen sind genannt worden. Es waren einige wenige. Wir haben über hundert neue hinzubekommen. Die politischen Impulse hat die CDU gesetzt. Das muss noch einmal gesagt und in diesem Hause festgehalten werden.
Zweitens hat der Kollege Höppner vollkommen richtig gesagt - das war der zweite Punkt, in dem er Recht hatte -, was wir damals beschlossen haben und was ich damals auf dem Parteitag zur Ausgestaltung der Ganztagsschule gesagt habe. Ich glaube auch, dass wir durchaus zu neuen Unterrichtsmodellen kommen können. Das hat der Kollege de Jager in der heutigen Debatte wiederholt. Er hat auch schon in vorherigen Debatten gesagt, dass wir uns Nachmittagsunterricht als Ziel vorstellen, dass wir diesen Unterricht wollen, aber nicht nur klassischen Unterricht. Das haben wir immer gesagt. Insofern kann ich den künftigen Bildungsminister beruhigen. Darüber werden wir Koalitionsverhandlungen führen, und wir werden uns an der Stelle schon einig werden.
Ich finde aber, als Ausgangspunkt sollte man sich eines verdeutlichen: Wenn wir Einigkeit darüber haben, dass wir auch aus gesellschaftspolitischen Gründen - Vereinbarkeit von Familie und Beruf - Ganztagsschulen wollen, wenn wir feststellen, Herr Kollege Klug, dass wir ein eklatantes Stundenfehl an schleswig-holsteinischen Schulen haben, gerade an den Hauptschulen, aber auch an Realschulen und zum Teil auch an Gymnasien
- darüber werden wir im Landtagswahlkampf noch diskutieren, Frau Kollegin -, wenn wir das also auch feststellen, dann wäre es doch idiotisch, wenn wir die
Einführung von Ganztagsschulen nicht dafür nutzten, auch Nachmittagsunterricht zu erteilen, nicht nur Unterricht, aber mehr Unterricht. Dann ist das Rezept, das die Frau Ministerpräsidentin für die Ganztagsschulen genannt hat - Stichwort: Fahrrad flicken mit Opa -, zur Lösung der Probleme des Unterrichtsausfalls an schleswig-holsteinischen Schulen und zur Bewältigung der Probleme, die PISA uns aufgezeigt hat, nicht geeignet. Insofern haben wir dort andere Vorstellungen. Wir wollen mehr Bildung, wir wollen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und insofern sollten wir uns an dem, was in dem Bereich in der nächsten Legislaturperiode stattfinden soll, an den Konzepten der CDU orientieren. So wird insgesamt eine gute Schulpolitik gemacht und so werden die Ganztagsschulen, die errichtet werden, besser werden. Es werden bessere Konzepte sein als das, was hier jetzt angefangen werden muss. Das muss konsequent verbessert werden.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bereits am 14. Mai 1998 hat sich dieser Landtag in vormaliger Zusammensetzung erstmalig mit der Forderung des SSW befasst, ein Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen zu verabschieden. Da die Landesregierung der Aufforderung, unverzüglich einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen, damals nicht nachkam, hat der SSW 1999 einen eigenen Gesetzentwurf in die parlamentarische Beratung eingebracht, der mit einigen Modifikationen am 26. Januar 2000 in zweiter Lesung beraten und beschlossen wurde.
Die Verabschiedung geschah damals sozusagen in letzter Minute am Schluss der vergangenen Legislaturperiode. Schon damals wiesen wir, die damaligen und heutigen Noch-Oppositionsparteien CDU und FDP, darauf hin, dass das Gesetz mit heißer Nadel gestrickt war.
Um den heutigen Anlass der Beratung aufzugreifen: Die so genannte Flucht ins Privatrecht war damals auch schon bekannt, Frau Kollegin Hinrichsen. Insofern hätten wir diese Fragen schon damals, vor vier Jahren, als die Problematik auch schon lange bekannt war, mit aufnehmen können und wahrscheinlich müssen.
Die Anregung des Kollegen Rother und die heutige Erkenntnis, dass eine Regelung im Landesverwaltungsgesetz sehr viel angemessener wäre, sind damals von der Union vorgetragen worden. Das wurde von der damaligen Mehrheit des Hauses leider so nicht getragen. Ich freue mich, wenn wir hier zu neu
en Erkenntnissen kommen. Die Quintessenz ist: In der vergangenen Legislaturperiode ist der Fehler gemacht worden, ein solches Gesetz in der Hektik der letzten Tage zu beraten und durchzupeitschen. So etwas darf sich nicht wiederholen.
Wenn wir hier zu einer neuen Regelung kommen wollen, dann müssen wir diese Frage sorgfältig und in aller Ruhe beraten. Mittlerweile gibt es schon sehr viele weitere Bundesländer, die dem damaligen Beispiel Brandenburgs und unserem Beispiel gefolgt sind. In Berlin und Nordrhein-Westfahlen sind entsprechende Gesetze verabschiedet worden. Es ist schon darauf hingewiesen worden: Der Deutsche Journalistenverband hat sich noch Anfang dieses Monats für die Verstärkung staatlicher Informationspflichten gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern ausgesprochen und die Einigung zwischen Koalition und Bundesregierung auf Eckpunkte eines Informationsfreiheitsgesetzes für den Bund als Schritt in die richtige Richtung bezeichnet.
Festzustellen ist: Eine Stärkung der Informationszugangsrechte für die Bürgerinnen und Bürger ist wünschenswert. Das ist auch immer die Ansicht der CDU-Fraktion gewesen. Durch mehr Transparenz lässt sich die Nachvollziehbarkeit von Verwaltungsentscheidungen und damit deren Akzeptanz erhöhen.
Gleichzeitig wird den Bürgerinnen und Bürgern die Beteiligung an politischen Entscheidungsprozessen auf Landesebene und auf kommunaler Ebene wesentlich erleichtert.
- Lieber Kollege Neugebauer, das Verfahren hier im Hause ist eigentlich, dass Sie sich gleich noch einmal zu Wort melden können. Auf Dauer ist das ein bisschen störend. Ich will am Freitagnachmittag versuchen, die Sache zu Ende zu bringen, weil wir alle nach Hause wollen.
Außerdem haben das Umweltinformationsgesetz und die Informationsfreiheitsgesetze der anderen Bundesländer gezeigt, dass die Zahl der Bürger- beziehungsweise der Verbraucheranfragen keineswegs zu dem befürchteten Zusammenbruch der betroffenen Behörden geführt hat. Liebe Kolleginnen und Kollegen vom SSW, andersherum formuliert gilt aber auch: Wir sollten das Interesse der Bürgerinnen und Bürger an Informationen über die Verwaltungstätigkeit nicht überschätzen. Das ist eine Erfahrung, die wir in unse
ren Ausschusssitzungen machen. Hier ist vielleicht etwas mehr Realismus angebracht.
Wir konzidieren: Der befürchtete massenhafte oder auch nur teilweise Missbrauch von Auskunftsansprüchen ist nicht zu verzeichnen. Insofern hat sich das, was die betroffenen Verbände in den Anhörungen befürchtet haben, überhaupt nicht bewahrheitet. Gefragt ist mehr Mut zu Offenheit statt Ängstlichkeit der Wirtschaft und der Behörden vor den wissbegierigen Bürgerinnen und Bürgern. Insofern greift der SSW mit seinem Gesetzentwurf einen wichtigen Punkt auf, wenn er nun einer Flucht ins Privatrecht vorbeugen will. Zuletzt hat der Kollege Geißler im vergangenen Jahr bei der Debatte über den Bericht des Datenschutzbeauftragen auf diese Entwicklung hingewiesen. Insofern haben Sie die volle Unterstützung der CDU-Fraktion, wenn diese Problematik aufgegriffen werden soll.
Durch die Aufgabe der bisherigen Bezugnahme beim Behördenbegriff auf das Landesverwaltungsgesetz und die neue Formulierung der informationspflichtigen Stellen lehnt sich der Gesetzentwurf des SSW an Formulierungen im noch zu verabschiedenden Umweltinformationsgesetz auf Bundesebene an. Ich übernehme schlicht die Bedenken, die der Kollege Rother hier so kompetent formuliert hat, und wiederhole sie; nicht ausdrücklich, aber noch einmal: Wir müssen sehen, ob wir hier Regelungen schaffen, die mit unseren Regelungen im Landesverwaltungsgesetz kompatibel sind. Wir müssen an dieser Stelle nicht zu zusätzlichen Rechtsverwirrungen und Irrungen beitragen. Dies sind wichtige Fragen, die wir im Innen- und Rechtsausschuss beraten sollten. Ich erlaube mir, abschließend darauf hinzuweisen: Gut Ding hat Weile. Keinesfalls sollten wir noch einmal eine hektische Beratung haben, die im Januar - kurz vor der Landtagswahl - verabschiedet wird. Auch eine neue Landtagsmehrheit, die ja bekanntlich von CDU und FDP gebildet werden wird, wird sich dieses Anliegens annehmen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zumindest für das Protokoll noch Folgendes festhalten. Dieser Bericht hat in der Tat nicht viele Neuigkeiten gebracht, allerdings hat die Aussprache Neuigkeiten gebracht. Wir halten fest, Herr Minister, dass Sie für die Beschlüsse der Innenministerkonferenz zum DNA-Bereich keine Unterstützung Ihres Koalitionspartners haben. Das heißt, Sie verfügen in einem wichtigen und gerade aktuell sehr intensiv diskutierten Bereich der inneren Sicherheit über keine eigene Mehrheit in diesem Haus. Das möchte ich schon für die Öffentlichkeit festhalten.
- Nein, das ist nicht neu. Vielen Dank, ich nehme das gern auf, Frau Fröhlich. Es ist nicht neu, dass Sie keine Mehrheit in wichtigen Bereichen der Innenpolitik haben, aber das soll an dieser Stelle vor dem hohen Haus festgehalten werden.
Zweitens. Sie setzen - und das finde ich zumindest grob fahrlässig - ein gewissen Doppelspiel fort, was ich in der Sache nicht für richtig und gut halten kann. In der Innenpolitik spielen so ein bisschen Dr. Jekyll and Mr. Hyde. Öffentlich verkünden Sie - gerade, seit Sie den Vorsitz der Innenministerkonferenz übernommen haben -, dass Sie geradezu drakonische Maßnahmen ergreifen werden, um hier und da - gerade auch mithilfe der DNA-Analyse - der Straftäter habhaft zu werden. Wenn es dann um das Umsetzen geht, wenn es darum geht, dass hier im Bereich der Beweismitteldatei tatsächlich gehandelt wird, dass hinsichtlich der Fristen klare Regelungen kommen, dass tatsächlich umgesetzt wird, was in der Innenministerkonferenz beschlossen worden ist, dann handeln Sie nicht. Dann sagen Sie, es müsse noch einmal geprüft werden, wir gehen noch einmal in die Arbeitsgruppe II hinein, das muss noch einmal nachgearbeitet werden, ich habe den Vorsitzenden der Justizministerkonferenz angeschrieben, er möge nun auch endlich einmal handeln. Es passiert de facto nichts. Sie merken, dass Ihnen die eigenen Truppen auf dem Weg nicht folgen, und dann tun Sie nichts.
Wenn Sie auf der einen Seite - ich denke an ein „Fokus-Interview“, aber auch an Radiointerviews im NDR, die wir in der ersten Jahreshälfte von Ihnen vermehrt gehört haben - öffentlich den Eindruck erwecken wollen, Sie würden nachhaltige Maßnahmen ergreifen, um in diesem Bereich auf der Höhe der Zeit zu sein, um die Täter wirklich fassen zu können - wir
haben ja gerade wieder einen schlimmen Fall aus Niedersachsen zur Kenntnis nehmen müssen -, dann muss man von Ihnen verlangen - und das verlangt die Opposition in diesem Haus auch -, dass Sie die entsprechenden Gesetzesinitiativen hier auf Landesebene und insbesondere auf Bundesebene auch als Innenminister, als Landesregierung, ergreifen. Da können Sie sich nicht zurückziehen und sagen, dass müsse die Innenministerkonferenz noch einmal prüfen, sondern dann verlangen wir, dass Sie handeln. Wir werden Sie und die Landesregierung an Ihrem konkreten Handeln messen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Heinold, ich glaube, dass diese etwas leichtfertige Formulierung, die Sie gerade gewählt haben, wir würden einen Popanz aufbauen, wir würden die Unterlagen nicht lesen, der Gesamtproblematik überhaupt nicht angemessen ist. Es ist auch mitnichten alles klar, es ist vielmehr vieles unklar.
Ich möchte noch einmal auf die Postwettannahmestelle in Bayern zu sprechen kommen - ein Sachverhalt, der der Regierung offenbar bei Aushandlung des Staatsvertrages überhaupt nicht bekannt war und erst in den parlamentarischen Beratungen ins Gespräch kam.
Wie viele Postwettannahmestellen gibt es überhaupt in Bayern? Gibt es eine oder gibt es mehrere? Es gibt Hinweise, dass es mehrere gibt, sogar drei gibt.
In dem Schreiben von Staatssekretär Meyer vom bayerischen Staatsministerium der Finanzen ist von einer die Rede. Klären Sie das bitte einmal auf, bevor wir hier so weitreichende Verträge unterzeichnen!
Es ist völlig unklar, ob am Schluss die Einnahmen, die dort erzielt werden, wirklich der Regionalisierung unterworfen werden. Es gibt ein ganz dürftiges Schreiben des Staatssekretärs Meyer, das ich gerade eben erwähnt habe, Umdruck 15/4613, vom 8. Juni 2004.
- Ja, das ist nun einmal in der Sache dürftig. Wir wollen an der Stelle doch keine Parteipolitik betreiben,
sondern wir wollen die Interessen der Bürgerinnen und Bürger wahrnehmen.
- Sie können das gern verhöhnen und abtun, meine Damen und Herren. Sie haben die Verantwortung zu tragen, wenn anderswo Einnahmen erzielt werden, die der Regionalisierung nicht unterworfen werden, während unsere Einnahmen unterworfen werden und es deswegen einen finanziellen Schaden zulasten unseres Landes Schleswig-Holsteins gibt. Das ist dann Ihre Verantwortung!
Staatssekretär Meyer räumt ein, dass es seit 20 Jahren einen Rechtsstreit über diese Frage gibt. Da hat man sich irgendwann vergleichen müssen, wie er formuliert. Herr Innenminister, haben Sie den Vergleich eigentlich einmal eingesehen? Wissen Sie eigentlich, welche Rechtsposition die Postannahmestelle hat, ob es wirklich ein gewerblicher Vermittler im Sinne des Vertrages ist? Können Sie das mit Sicherheit sagen? - Nein, das können Sie aller Voraussicht nach nicht sagen. Das kann noch nicht einmal die bayerische Staatsregierung mit Sicherheit sagen, weil das - das hat der Kollege Arp schon gesagt - natürlich nicht die Staatsregierung in Bayern entscheidet, sondern das entscheiden in Deutschland immer noch Gerichte.
Es ist also völlig unverantwortlich, in dieser Situation, in der wir keine rechtliche Klarheit haben, so weitgehende Staatsverträge zu ratifizieren. Deswegen werden wir an der Stelle nicht zustimmen. Wir können Sie nur auffordern: Halten Sie inne und stoppen Sie die Ratifizierung an dieser Stelle!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist bei den Themen Datenschutz und DNA-Analyse, Herr Minister, wie in vielen anderen Bereichen: Sie haben leider nicht die Unterstützung Ihrer Fraktion.
Das, was hier zu den Vorschlägen unseres Innenministers im Bereich der DNA-Analyse gesagt worden ist, findet die volle Unterstützung der CDULandtagsfraktion. Unsere Unterstützung in den Ausschussberatungen dieses Hauses ist Ihnen sicher. Wir werden auch dafür werben, dass Rot-Grün Sie forthin unterstützt.
Wir wollen über Datenschutz diskutieren. Dass Datenmissbrauch eine der größten Bedrohungen des 21. Jahrhunderts für die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes ist, wissen wir alle. Insofern hat sich die Welt an der Stelle sehr geändert.
Deshalb ist der Schutz dieser Daten eine der vornehmsten Aufgaben der Freiheitssicherung.
Die Bedrohungen sind vielfältig und immer neue; das zeigt auch der diesjährige Bericht. Deswegen wandele ich einen Spruch der NATO einmal um: Wachsamkeit gegenüber Datenmissbrauch ist der Preis der Freiheit in unserem Lande auch heute. - Diese Wachsamkeit hat das Unabhängige Landeszentrum für den Datenschutz bewiesen. Mit Sorge lesen wir in dem Bericht die Kritik der Datenschützer am fahrlässigen Umgang gerade medizinischer, also persönlichster Daten an einem hiesigen Krankenhaus oder bei hiesigen Lebensversicherungen.
Zu Recht weist das Datenschutzzentrum darauf hin - der Kollege Rother hat es auch angesprochen -, dass uns das E-Government vor ganze neue Herausforderungen des Datenschutzes auch in Schleswig-Holstein stellen wird.
Zu Recht weist das Datenschutzzentrum des Weiteren darauf hin, dass es das Projekt „Anon“ - anonymes Websurfen - mitbetreut hat. Ich glaube, das ist eine der wichtigsten Aufgaben. Wer sich von uns einmal daran beteiligt hat - dazu gehören sicherlich viele -, der weiß, dass Anonymität im Internet eines der wichtigsten Themen heutzutage ist; das gilt gerade im angesprochenen Bereich der Telefonseelsorge.
Das Datenschutzaudit, das hier entwickelt worden ist - ich habe es zum Teil etwas kritisch gesehen und den Sinn hinterfragt; das gestehe ich offen -, macht gerade im mittelständischen Bereich bei den Anwälten - dort bin ich selber tätig -, aber auch im medizinischen Bereich bei Ärzten und bei anderen Unternehmen langsam Furore und wird eine Qualitätsplakette auf dem Briefpapier so mancher Kanzlei sein.
Zwei Problemkreise gewinnen gegenüber dem Datenmissbrauch hiesiger staatlicher Behörden immer mehr an Gewicht, ohne dass wir allzu viel dagegen machen können.
Erstens. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass sich die Privatwirtschaft nahezu ungezügelt der Daten der Bürger bemächtigt. Ob bei der Flut der Kundenkarten oder bei der fortschreitenden Videoüberwachung im privaten Bereich: Zu Recht haben unsere Datenschützer hier den Finger in die Wunden gelegt. Es wird darauf hingewiesen, dass man sich in den größeren Städten auch unseres Landes - Lübeck sowie andere Städte im Hamburger Umland - nicht mehr durch die Innenstadt bewegen kann, ohne dass man nahezu lückenlos videoüberwacht wird. Das ist eine Gefahr. Das ist nicht gut und darauf müssen wir aufpassen.
Ein immer größerer Bereich gespeicherter Daten entzieht sich unserer staatlichen Kontrolle in Schleswig-Holstein oder in Deutschland. Denn er findet im Ausland statt. Das erleben wir vor allem im Internet. Ich kann jedem Kollegen empfehlen, den eigenen Namen zum Beispiel bei „google“ einzugeben und zu schauen, was dabei herauskommt. Man bekommt einen Schreck.
Zweitens. Als weiteren Punkt nenne ich das neue EUUSA-Abkommen bezüglich der Flugdaten, das eine Speicherung persönlichster - auch biometrischer - Daten in den Vereinigten Staaten von Amerika für bis zu drei Jahre erlaubt. Das erfüllt mich mit Sorge. An der Stelle sind wir persönlich machtlos und darauf angewiesen, dass im überstaatlichen Bereich gehandelt wird.
Manchmal übertreibt es der Bericht auch; ich möchte einen Bereich herausgreifen. Die Ostseecard wird kritisch beleuchtet. Man redet davon, dass über Touristen - ich zitiere - ein „feinmaschiges Datenprofil“ erfasst werden könne. Es wird ausdrücklich gesagt, wann die Touristen den Strand oder öffentliche Ein
richtungen wie beispielsweise die Toilette oder die Wurstbude am Strand besuchen und so weiter. An der einen oder anderen Stelle übertreiben es unsere Datenschützer. Wir sollten sie darauf hinweisen.
Auch heute sollte man sich Gedanken darüber machen, ob ein 200 Seiten langer Bericht in jedem Bereich Not tut oder ob es manchmal nicht auch ein bisschen kürzer geht.
Insgesamt dankt die CDU-Landtagsfraktion allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landeszentrums und insbesondere seinem bisherigen Leiter Helmut Bäumler, der ein sehr engagierter Datenschützer ist. Er hat Meilensteine gesetzt und wir danken ihm und den Mitarbeitern für diese Arbeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir danken zunächst dem Herrn Kollegen Kubicki für die freundlichen Hinweise zum Verfassungsrecht in der Bundesrepublik Deutschland,
bekennen uns dazu mit allem Nachdruck und stellen fest - -
Ich frage mich manchmal, ob Sie den Kollegen Lehnert ablösen wollen. Ich möchte diese Landesregierung und insbesondere diesen Innenminister ablösen.
Er muss an dieser Stelle Farbe bekennen. Herr Buß, da haben Sie schön um den Brei herumgeredet. Sie haben darauf hingewiesen, dass Sie an entscheidender Stelle bei den Zuwanderungsberatungen dabei sind. Dass Sie als Chef der Innenministerkonferenz ein Intimus von Schily sind, betonen Sie in Ausschusssitzungen und auch bei anderer Gelegenheit oft genug.
Die Zitate, die Herr Lehnert hier vorgetragen hat, werden in diesem Haus von Ihrem Koalitionspartner, der Frau Abgeordneten Fröhlich, als freie Meinungsäußerung dargestellt, so, als hätten Sie politisch damit gar nichts zu tun. Es ist doch Ihre Bundesregierung, es ist Rot-Grün, die diesen Bundesinnenminister tragen. Er gehört entsprechend zur Verantwortung gezogen.
Wenn hier, wie der Kollege Kubicki das zu Recht getan hat, auf rechtsstaatliche Grundsätze hingewiesen wird, muss ich sagen: Da ist auch bei uns die Grenze erreicht. Der Kollege Schily sagt in dem besagten „Spiegel“-Interview, er möchte schon bei positiver Gefahrenprognose ausweisen. Das ist nicht einmal ein hinreichender, geschweige denn ein dringender Tatverdacht. Das finde ich rechtsstaatlich abenteuerlich. Da erwarte ich von unserem Innenminister in diesem Haus eine klare Distanzierung, eine klare Meinungsäußerung zu diesem Punkt. Herr Minister Buß, Sie haben überhaupt kein Wort dazu gesagt, was Sie davon halten.
Wenn wir über Integration miteinander reden, muss ich die Fraktionen auf der linken Seite des Hauses einmal fragen: Wer hat hier den ersten Integrationsantrag eingebracht? - Das war die CDU-Landtagsfraktion. Er schmort seit drei Jahren im Ausschuss und wird immer wieder vertragt, weil Sie nicht zu Potte kommen. Das ist die Wahrheit.
(Beifall bei CDU und FDP)
Um ein praktisches Beispiel auch für die Damen und Herren auf den Zuschauerbänken zu liefern: Wir fordern seit drei Jahren, seit der letzten Landtagswahl in diesem Haus immer wieder, dass Sie deutschsprachigen Islamunterricht einführen. Es ist nichts
passiert. Das ist Ihre Integrationspolitik hier in Schleswig-Holstein. Versagen auf ganzer Linie!
Der Kollege Klug hat zu Recht auf die Sprachkurse hingewiesen. Auch da fehlt ein klares Wort. Es geht darum, wer das bezahlt. Natürlich muss das der Bund bezahlen. Setzen Sie sich als starker Mann der Innenministerkonferenz dafür ein. Die Unterstützung des Hauses haben Sie.
Wir wollen, dass die Kosten übernommen werden.
Das ist keine Einbahnstraße. Aus persönlicher Kenntnis - ich kenne einige Personen, die in Kiel Sprachkurse veranstalten - sage ich Ihnen: Es muss dann auch so sein, dass es, wenn so etwas bezahlt wird, auch Pflicht wird und diejenigen Ausländerinnen und Ausländer, für die das bezahlt wird, für die ein Kursplatz bereitgestellt wird, dann, wenn sie das nicht wahrnehmen und nicht zum Unterricht gehen, Nachteile, auch Rechtsnachteile haben.
Lassen Sie uns in diesem Sinne weiter konstruktiv über Integrationspolitik miteinander streiten. Dazu erwarten wir vom Innenminister, dass er auf Bundesebene nicht nur hohe und höchste Ämter wahrnimmt und wichtige Zeitungsinterviews gibt, sondern hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag, wo er die parlamentarische Verantwortung trägt, auch dezidiert Auskunft gibt.
Frau Präsidentin! Die CDU-Fraktion teilt die Rechtsauffassung, die in der Beschlussempfehlung deutlich geworden ist. Wir bedauern außerordentlich, dass wir heute so entscheiden müssen, wie der Wissenschaftliche Dienst es dem Ausschuss angeraten hat. Wir bedauern auch, dass eine Umformulierung nicht mehr möglich war.
Die Initiative hat die Möglichkeit, den Rechtsweg zu beschreiten. Sie hat auch die Möglichkeit, und das weiß sie, gegebenenfalls mit einer neuen Formulierung noch einmal initiativ zu werden. Letztlich ist in der vorangegangenen Debatte deutlich geworden, dass die CDU-Fraktion das politische Begehren, den bildungspolitischen Ansatz der Initiative, mehr als teilt. Insofern sind die tatsächlichen Feststellungen zum Unterrichtsfehl und zu der dann notwendigen Mehrbelastung des Haushalts auch ein Wert an sich, den wir natürlich außerhalb dieser Debatte - in der öffentlichen Debatte in Schleswig-Holstein - durchaus verwenden werden.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist eine bemerkenswerte Debatte, die wir hier erleben. Das gesamte Haus ist sich eigentlich darin einig, dass der Antrag des SSW nicht weiter verfolgt werden sollte. Bei dem bemerkenswerten Redebeitrag unseres Kollegen Geißler habe ich fest
gestellt, Frau Spoorendonk, dass selbst Sie geklatscht haben, also eingesehen haben, dass Ihr Antrag falsch ist und in die falsche Richtung führt.
- So war es.
Dann hören wir aber von der linken Seite des Hauses Wortbeiträge - dazu zählt auch der Beitrag des Kollegen Puls -, die sich zu 80 % dem Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschuss und dem Vorgehen der Minderheit in diesem Ausschuss widmen.
- Nein, es war nicht alles richtig. Wenn Sie uns hier vorwerfen, wir würden die Möglichkeiten, die die Verfassung beziehungsweise das Untersuchungsausschussgesetz uns einräumten, missbrauchen, dann kann ich nur sagen: Dieser Vorwurf fällt auf Sie zurück, wenn Sie eine solche Debatte in diesem Hause auf diese Art und Weise nutzen.
Ich muss ganz offen sagen: Gerade in SchleswigHolstein, wo das Untersuchungsausschussrecht praktisch mit geboren wurde, wo wir vor gut zehn bis zwölf Jahren wesentliche Debatten dazu geführt und einen großen Beitrag dazu geleistet haben, dass das Untersuchungsausschussrecht in die bundesrepublikanische Parlamentsgeschichte Eingang gefunden hat, sollten wir Situationen, in denen ein Untersuchungsausschuss in einer Art und Weise agiert, dass es den Regierungsfraktionen möglicherweise nicht passt, nicht dazu nutzen, gleich wieder an die Grundfesten unseres parlamentarischen Systems, an die Grundfesten auch eines Konsenses der Demokraten heranzugehen und solche Instrumentarien infrage zu stellen.
Deshalb muss ich in aller Form zurückweisen, dass Sie eine solche Debatte dafür nutzen, sich überwiegend mit der Arbeit im 2. PUA auseinander zu setzen, und Sie auffordern: Kehren Sie zurück zu einer guten parlamentarischen Gemeinsamkeit und zu einer gemeinsamen Arbeit, die akzeptiert, dass wir derzeit in der Minderheit sind, aber jede Möglichkeit nutzen, Sie auf das härteste zu kontrollieren.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf zur Abstimmung darum bitten, dass wir zunächst über die Ziffern 1 und 2 des Artikels 1 ohne den Absatz 5 abstimmen, dann über Absatz 5 und danach über Artikel 2.
Es bleibt dabei: Wir stimmen den meisten Änderungsvorschlägen zu, mit einer Ausnahme: Die CDUFraktion lehnt das „Haltbarkeitsdatum“ für Volksentscheidgesetze ab. Wir teilen dabei die Bedenken, die der Herr Innenminister in den Ausschusserörterungen
geäußert hat. Herr Innenminister, wie an manch anderer Stelle in der Innenpolitik sind wir hier voll an Ihrer Seite, Rot-Grün nicht.
- Das ist so.
Es gibt keine Notwendigkeit, dass wir die Verfassung ändern. Ein Blick auf die Verfassungssituation anderer, älterer Demokratien, wie etwa des Vereinigten Königreichs von Großbritannien oder der Vereinigten Staaten von Amerika, zeigt, dass weniger meistens mehr ist, auch im Verfassungsrecht. Angesichts unserer Regulierungsdichte - eine Bundes- und 16 Landesverfassungen - sollten wir Änderungen auf das absolut Notwendige beschränken und auf Verfassungsbeständigkeit setzen.
Die rot-grüne Argumentation zum vorliegenden Änderungsvorschlag überzeugt nicht. Denn wenn der Landtag in der Tat entschlossen wäre, ein innerhalb der letzten zwei Jahre durch Volksentscheid zustande gekommenes Gesetz zu ändern, dann müsste er sich das genau überlegen. So war es ja auch schon früher. Denken Sie nur an die öffentliche Situation bei der Rechtschreibreform.
Ich behaupte: Eine solche Korrektur wird ohnehin nur mit den Stimmen der großen Fraktionen, also de facto mit Zweidrittelmehrheit, zustande kommen. Eine Verfassungsänderung ist schon von daher überflüssig. Mehr noch: Die von Ihnen vorgeschlagene Verfassungsänderung erweckt nur den Eindruck, „Haltbarkeit“ zu gewährleisten. Tatsächlich ist dies gar nicht der Fall.
In Ihrem dramatischen Appell vom Dienstag an uns, doch bitte zuzustimmen - heute haben Sie ihn im hohen Hause wiederholt -, nehmen Sie noch einmal auf die Rechtschreibreform Bezug. Damals sei, so die verehrten Kollegen Frau Fröhlich und Herr Puls, der Eindruck entstanden, das Parlament könne sich jederzeit und ohne Weiteres über einen Volksentscheid hinwegsetzen. Dem wolle man mit dieser Initiative entgegenwirken.
Doch weit gefehlt! Der Landtag hob damals den Volksentscheid mit Zustimmung aller Fraktionen auf. Auch die von Ihnen jetzt vorgeschlagene Änderung hätte damals die Aufhebung des Volksentscheidgesetzes überhaupt nicht verhindert, hätte also nichts bewirkt.
Deshalb sagen wir Ihnen: Für Placebo-Politik taugt das Verfassungsrecht in Schleswig-Holstein nicht. Sie erhöht auch nicht die Glaubwürdigkeit vor den Bürgerinnen und Bürgern.
Eine „nachhaltige Haltbarkeit“ erreichten Sie also allein, wenn Sie Volksentscheidgesetze generell - etwa für zwei Jahre - der Änderungsbefugnis des Landtages entzögen. Damit wird jedoch deutlich - das haben Sie gerade auch angesprochen, Herr Kollege Puls -, dass die vorgeschlagenen Änderungen verfassungssystematisch und verfassungspolitisch problematisch sind. Denn sie führten zu Gesetzen höherer Qualität - nämlich solchen mit „Haltbarkeitsdatum“ - und zu Gesetzen minderer Qualität. Die letzten dürften dann wir, das Parlament, meine sehr verehrten Damen und Herren, noch verabschieden. Parlamentsgesetze wären dann Gesetze zweiter Klasse.
Denken Sie im Übrigen an unsere ruhmreichen Beschlussfassungen zum Thema Diätenstrukturreform. Herr Kollege Astrup, Sie haben sicherlich gute Erinnerungen daran. Damals haben wir uns zumindest bemüht, das gesetzgeberische Kunststück zu vollbringen, ein Gesetz wieder aufzuheben, bevor es - juristisch gesehen - das Licht der Öffentlichkeit erblickt hatte. Dieses Beispiel zeigt aus meiner Sicht in krasser Form die unterschiedliche Wertigkeit, die RotGrün Gesetzen geben will: Parlamentsgesetze können noch nach Beschlussfassung im Landtag und Unterzeichnung durch die Ministerpräsidentin „kassiert“ werden - wir hoffen es jedenfalls, der Kollege Kubicki bezweifelt es -, und Volksentscheidgesetze sollen eine „Haltbarkeit“ von zwei Jahren bekommen. Das degradiert das parlamentarische System. Sie hängen damit einem Ideal der Volksgesetzgebung an, welches schon in der griechischen Polis so nicht mehr angehimmelt und praktiziert wurde. Auch deshalb lehnen wir das ab.
Abschließend will ich sagen, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wenn Sie mehr Demokratie wollen, dann empfehle ich gerade den Sozialdemokraten, in der eigenen Partei zu beginnen. In der ChristlichDemokratischen Union ist es durch Satzung vorgeschrieben, Herr Kollege Astrup, dass jedes Mitglied darüber abstimmt, wer Landtagskandidat wird. Ich habe jetzt in der Zeitung gelesen, in einigen Wahlkreisen seien es bei Ihnen 20, 30 oder 40 Delegierte - Funktionäre -, die darüber entscheiden dürfen. Wenn Sie also mehr Demokratie wagen wollen, wozu wir Sie ausdrücklich ermuntern, dann fangen Sie in der eigenen Partei an und ändern Sie nicht die Verfassung. Das werden wir ablehnen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will gern versuchen, es schnell zu machen. Ich nehme den Appell der Justizministerin ernst, dass sie gesagt hat, wir sollten zügig beraten. Nur, Frau Ministerin, das muss ich schon zurückgeben. „Zügig“ ist in diesem Verfahren in Ihrem Hause leider fast gar nichts gelaufen. Wir haben, wie Sie es eben gerade gesagt haben, das Juristenausbildungsgesetz - wir diskutieren nicht erst seit 1968 über Juristenausbildung, schon der alten Goethe hat sich darüber beschwert und Diskussionen dazu angeschoben - seit über einem Jahr als Rahmengesetz des Bundes mit Vorgaben. Jetzt fängt Schleswig-Holstein mit einer einjährigen Verspätung damit an, dies in unserem Land umzusetzen.
Dass wir neuerdings unter Ihrer Verantwortung auch im Justizbereich Schlusslicht sein sollen, erfüllt uns mit Sorge. Wir möchten bitten, in diesem Bereich schneller und zügiger zu arbeiten. Ich glaube, die Ausbildung der Juristinnen und Juristen ist genauso wichtig wie die der Lehramtskandidaten, über die wir gerade lange diskutiert haben. Also nehmen Sie die Sache in die Hand.
Ich finde an der Stelle den Ablauf der Dinge blamabel für unser Land.
Des Weiteren sage ich Folgendes. Es kommen völlig neue Anforderungen auch auf die Universitäten zu, die hier eben völlig zu Recht skizziert worden sind. Wir finden es alle richtig, dass interdisziplinäre Schlüsselqualifikationen, die intensiver als bisher auf die berufliche Praxis ausgerichtet sind, zum Beispiel fremdsprachliche Kenntnisse, nachgewiesen werden müssen. Wir wollen auch sichergestellt wissen, dass diese Forderung umgesetzt wird.
Nur, wer all dies von der Universität verlangt, wer Sprachkurse und Seminare für Verhandlungsmanagement, Rhetorik, Streitschlichtung, Meditation, Kommunikationsfähigkeit und so weiter machen will, muss der Universität - ich glaube, die Bildungspolitiker werden zustimmen - dafür auch Personal und Geld geben. Dafür sind dann Sie, Frau Ministerin, verantwortlich.
Wir halten mit Ihnen sehr an dem Bild des Einheitsjuristen fest. Wir finden es nach wie vor richtig, dass
wir uns hier in einer zweistufigen Ausbildung mit einem Universitätsstudium und einem sich daran anschließenden Referendariat befinden. Wir sind allerdings der Auffassung, dass in dem Juristenausbildungsgesetz, das uns jetzt vorliegt, manches mehr geregelt werden könnte, was Sie offenbar erst in der Verordnung zu regeln beabsichtigen. Wenn wir über einen Gesetzesvorbehalt miteinander reden, dann glaube ich schon, dass wir in den Ausschussberatungen genau prüfen müssen, welche Ausbildungsinhalte, die jetzt für die Verordnung vorgesehen sind, nicht doch besser in einem Gesetz geregelt werden sollten, damit das Parlament darüber entscheiden kann, ob es so oder anders gemacht werden soll. Wir werden dazu Vorschläge unterbreiten.
Ein wesentlicher Bestandteil des Referendariats ist die Verlängerung der Anwaltsstation auf mittlerweile neun Monate. Wir wollen alle hoffen, dass die Ausbildung an der Stelle genutzt wird.
Wir Rechtsanwälte, Herr Kollege Kubicki, haben immer gefordert, dass es eine Frau Kollegin a. D. oder im Ruhestand oder zeitweiligen Ruhestand gibt.
- Ja, das wäre eine Lauerstellung. Bis zum Jahr 2005 können Sie wieder voll zuschlagen. Wir haben also immer gefordert, dass wir dort einen deutlicheren Schwerpunkt bekommen. Nur, wenn man so etwas machen will, muss man es professionell umsetzen. Das heißt an dieser Stelle auch, dass sichergestellt werden muss, dass wir genug Anwälte haben, die bereit sind, das zu machen.
Und es müssen Anwälte sein, die die zeitlichen und räumlichen Ressourcen haben, um das umzusetzen.
Wie stellen Sie es sich, Frau Ministerin, eigentlich vor - darauf haben wir im Ausschuss keine befriedigende Antwort bekommen -: Sollen die begleitenden Arbeitsgemeinschaften und der dreiwöchige Einführungskurs überhaupt durchgeführt werden? Wenn Sie das wie bisher machen wollen, indem Sie den Anwälten, die dafür zur Verfügung stehen, 30 oder meinetwegen auch 40 € in der Stunde geben, dann werden Sie kaum Anwälte finden, die dafür tätig werden. Und diejenigen, die sich dafür hergeben, werden vielleicht nicht die besten Anwälte sein, die wir hier in Schleswig-Holstein haben. Es gibt vielleicht einige, die es der Ehre halber zu diesem Preis machen werden, vielleicht Sie, Herr Kubicki.
Wenn Sie Anwälten so etwas übertragen wollen, wenn Sie wollen, dass qualifizierte Anwälte diese Kurse durchführen, dann muss dafür das notwendige Geld zur Verfügung gestellt werden. Dann müssen wir Preise zahlen, die den normalen Stundensätzen in einer Kanzlei entsprechen.
Das bedeutet auch, dass wir darüber reden müssen, mit welchen Kursen wir da arbeiten wollen. Ist es richtig, schon jetzt für 70 Teilnehmer zu planen? Haben wir dafür überhaupt die Räumlichkeiten? Wie sind die Unterrichtsmaterialien, die Skripte? Manches ist da neu zu bedenken. Manches ist im Ministerium noch an Hausaufgaben zu machen.
Ich fordere Sie auf, diese Angelegenheit jetzt endlich in die Hand zu nehmen. Nehmen Sie die Ausbildung der jungen Juristinnen und Juristen in SchleswigHolstein in die Hand und machen Sie sie zur Chefsache. Vielleicht wird es dann ja besser.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte uns alle bitten, in der Beratung der Sache die Äußerungen im hohen Haus in angemessener Form zu bringen, Frau Heinold.
Wenn Sie hier vorne keifen, Frau Heinold und mit sich überschlagender Stimme argumentieren,
wirken wir gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern nicht gerade glaubwürdig und behandeln das Thema aus meiner Sicht auch nicht angemessen.
Die Argumente können wir gern austauschen.
Ich möchte zu zwei Punkten etwas sagen. Der eine ist die Aussage des Kollegen Klug, der Professor Benda aus dem heutigen „Tagesspiegel“ mit der Aussage zitiert hat, das Problem sei, dass die Altersversorgung erst im Jahr 2005 in Kraft trete und die Diätenerhöhung jetzt schon stattfinden solle. Wenn das die Aussage von Herrn Benda ist, dann hat er seine eigenen Vorschläge nicht verstanden.
Denn die entsprechenden Zahlungen, die wir für die Altersversorgung, die wir aufzubauen haben, mit
1.000 € im Monat tätigen wollten, wären erst im Jahre 2005 gezahlt worden und würden nicht jetzt gezahlt. Das ist schlicht und ergreifend so. Ich glaube auch nicht, Herr Kollege Klug - da möchte ich Herrn Benda auch in der Sache widersprechen -, dass das letzten Endes der Punkt war, der die Sache zum Einstürzen gebracht hat. Zum Einsturz gebracht hat die Sache die Nichtvermittelbarkeit des Betragsunterschieds von 3.900 € zu 5.790 € gegenüber Bürgerinnen und Bürgern.
Man kann darüber diskutieren, ob wir nicht vielleicht einen etwas zu großen Schluck aus der Pulle genommen haben. Vielleicht hätten wir etwas weniger nehmen sollen. Aber im Kern hat es in der Öffentlichkeit, initiiert durch die Presse, aber natürlich auch durch viele Äußerungen, die wir dazu gemacht haben, letztlich eine Sozialneiddebatte gegeben. Wenn wir dem in den nächsten Jahren weiter Vorschub leisten, werden wir - da nehme ich die Äußerungen des Kollegen Hay auf - erleben, wie wir immer weniger Leute noch begeistern können, überhaupt ins Parlament zu gehen.
In welchem deutschen Parlament sind denn noch die Akademiker, die Ärzte, die Apotheker oder die Architekten und die Handwerksmeister, die Facharbeiter zu finden? Wir können sie gar nicht mehr überzeugen, weil diese Arbeit aus guten Gründen zeitlich befristet ist und das Geld vorn und hinten diesen Einsatz nicht rechtfertigt. Mit dieser Debatte sollten wir nicht fortfahren.
Das Zweite ist die Frage der Verfassungswidrigkeit. Herr Kollege Benker, ich habe volle Hochachtung vor Ihrer Einstellung. Es ist Ihr verfassungsgemäßes Recht, Klage zu erheben und sich in der Abstimmung anders als Ihre Fraktion zu verhalten. Das darf jeder in Gewissensfragen machen.
Aber ich möchte eines festhalten, Herr Kollege Kubicki. Es ist kein verfassungswidriges Gesetz Schleswig-Holsteins. Das entscheidet allein das Bundesverfassungsgericht. Es hat die alleinige Verwerfungskompetenz.
- Kollege Benker wird dazu sicherlich Anlass geben.
Karlsruhe hat entschieden, dass das Thüringische Gesetz verfassungswidrig ist. Daraus kann man schließen, dass das unsrige auch entsprechenden verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt. Das haben wir durch gesetzliche Maßnahmen zu beenden versucht. Nun wollen wir das heute aus guten Gründen nicht durchsetzen, denn gerade die FDP hat gesagt, was daran alles falsch und verkehrt ist. Es ist doch verrückt, genau diese Sache in Kraft zu lassen und heute nicht zu beenden, was Sie in vielen Punkten kritisiert haben.
Es gibt viele andere Wege, zu einem verfassungsgemäßen und unbedenklichen Status zu kommen. Wir können sie alle zusammen beschreiten.
Den Weg, den wir beschreiten wollten, fanden wir richtig,
aber er ist nicht der einzige mögliche Weg und wir bleiben alle aufgerufen, in den nächsten Wochen und Monaten andere Wege zu suchen.
Frau Ministerpräsidentin, warum haben Sie in der Pressekonferenz erklärt, Sie hätten die Staatssekretärin - so wörtlich - nicht loswerden wollen, wenn Sie nunmehr auch vor dem hohen Hause erklären, die Entlassung aus dem Landesdienst sei sozusagen aus fachlichen Gründen erfolgt?
Frau Ministerpräsidentin, Sie haben soeben auf die erste Frage des Abgeordneten Kubicki geantwortet, Sie seien von der neuen Tätigkeit und der damit verbundenen Besoldung von Frau Berg erst in der Kabinettssitzung am 11. Februar durch den Umweltminister informiert worden. Auf welcher Grundlage haben Sie sich dann in der Lage gesehen, in der „NordwestZeitung“ schon vorher Aussagen zu der Beschäftigung und zu der Besoldungshöhe zu machen?
Frau Ministerpräsidentin, wenn Sie jetzt sagen, die Staatssekretärin Berg habe - so Ihre Wortwahl soeben - mehrere Eisen im Feuer gehabt, wie haben Sie dann überhaupt Angaben zu der Frage machen können, ob das Land Schleswig-Holstein eine Zusatzzahlung hätte leisten sollen? Wenn es mehrere Jobmöglichkeiten gegeben hat, so hätte man doch überhaupt nicht darüber spekulieren können, wie viel sie künftig verdienen wird.
Ich darf höflich darauf hinweisen, dass die Geschäftsordnung keine Begrenzung der Zahl der Zusatzfragen vorsieht, sondern das ins Ermessen des verehrten Präsidiums stellt. – Darf ich noch eine Frage stellen?