Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie - das sehen auch wir so - bedeutet eine große Herausforderung für die Mitgliedstaaten der EU und auch für Schleswig-Holstein. Entsprechende Novellierungen des Wasserhaushaltsgesetzes und des Landeswassergesetzes wurden vorgenommen, um den Zielen der Wasserrahmenrichtlinie gerecht zu werden.
Diese Ziele werden im vorliegenden Bericht der Landesregierung wie folgt definiert: der gute ökologische Zustand in natürlichen Gewässern, das gute ökologische Potenzial in künstlichen oder erheblich veränderten Gewässern und der gute chemische und mengenmäßige Zustand im Grundwasser.
Mit dem von der CDU im Februar 2002 geforderten Bericht zur Vorbereitung der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie hat die Landesregierung unter anderem darüber Auskunft gegeben, wie sich die Struktur der Umsetzung, die Einbindung geeigneter Behörden, die Konkretisierung des Arbeitsumfangs und die Vor
bereitung der ausgewählten Pilotprojekte - der Flussgebiete Treene, Schwentine, Alster - darstellen.
In dem heute vorliegenden Bericht vermisse ich Erfahrungswerte aus den oben genannten Pilotprojekten, die Aufschluss darüber geben können, welche Fehlerquellen bestehen und was zu optimieren ist. Der heutige Bericht ist eine Bestandsaufnahme. Der Kollege Jacobs hat es schon gesagt: Rund 98 % der Fließgewässer, rund 95 % der Seen und rund 95 % der Küstengewässer werden den ökologisch guten Zustand vorerst nicht erreichen.
Diese Feststellungen möchte ich allerdings kritisch hinterfragen, da in vielen Fällen die biologische Komponente der Gewässer weitgehend in Ordnung zu sein scheint. Die vielfach gute Wasserqualität findet nicht ausreichende Berücksichtigung, weil der Morphologie der Gewässer ein größerer Stellenwert eingeräumt wird.
Der immer wiederkehrende Begriff des guten ökologischen Zustandes von Gewässern wirft die Frage auf, wie dieser letztlich zu definieren ist. Klare Aussagen gibt es dazu nicht. Wenn ein Gewässer chemisch in einem guten Zustand ist, über biologische Vielfalt verfügt, kann es doch nicht so entscheidend sein, ob der Wasserlauf begradigt und befestigt ist oder nicht. Der Kostenfaktor muss angesichts des Gesamtgefüges der finanziellen Möglichkeiten stärkere Berücksichtigung finden. Nicht alles, was wünschenswert ist, ist in diesen finanzschwachen Zeiten auch machbar. Wir schulden unseren Kindern nicht nur eine intakte Umwelt, sondern auch einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Finanzhaushalt.
Ich bin überzeugt, dass Schleswig-Holstein und die Bundesrepublik auch diese EU-Richtlinie übererfüllen werden. Ein begradigtes Fließgewässer, das sich in ökologisch einwandfreiem Zustand befindet und von den im Bericht genannten Langdistanzwanderfischen - ein tolles Wort! - nicht gerade gemieden wird, muss nicht um jeden Preis in den Urzustand zurückversetzt werden. Ich glaube nicht daran, dass andere EU-Mitgliedstaaten die Zielsetzungen der Wasserrahmenrichtlinie mit dem gleich hohen Anspruch interpretieren, wie die Bundesregierung und insbesondere Schleswig-Holstein es tun.
Die CDU hat sich von Anfang an dafür ausgesprochen, das Know-how vor Ort bei der Umsetzung der Richtlinie zu nutzen und die Wasser- und Bodenverbände als Kenner der Materie einzubinden und mit der Federführung zu beauftragen. Sehr gern hätten wir auch die Sach- und Fachkenntnis der Kreise einbezogen, was an mangelnder Kooperation seitens der Landesregierung gescheitert ist.
Mit der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie betreten wir Neuland. Politik, Verwaltung, Landwirtschaft, Vereine und Verbände haben die Chance, gemeinsam nach den Vorgaben der EU etwas umzusetzen, was der Umwelt dient.
An dieser Stelle möchte ich den zahlreichen ehrenamtlich Mitarbeitenden in den Arbeitsgruppen für ihr Engagement danken. Ohne sie wären wir mit der Wasserrahmenrichtlinie längst nicht so weit, wie wir es jetzt sind.
Die Kosten müssen jedoch im Rahmen bleiben. 688 Millionen € sind ein stolzer Betrag. Die Wasserbenutzungsabgaben sind auch ein Risiko. Die Grundwasserentnahmeabgabe und die Oberflächenwasserentnahmeabgabe sind Einnahmequellen, auf die wir nicht 100-prozentig setzen können.
Ich denke, es wird sich noch viel zeigen. Wir werden später einen neuen Bericht bekommen. Ob Sie, Herr Minister, diesen Bericht dann erstellen werden, werden die Wählerinnen und Wähler entscheiden.
Nun aber zu Ihrem Antrag, meine Damen und Herren von Rot-Grün! Dieser Antrag ist ein reiner ClaqueurAntrag, wie ich ihn einmal bezeichnen möchte. Sie können doch nicht im Ernst erwarten, dass wir unter Punkt 4 Wasserabgaben manifestieren, von denen Sie auf der einen Seite die Zweckbindung aufgehoben haben, was wir in dieser Form nicht hinnehmen können. Wir können diesen Punkt nicht akzeptieren.
Dann heißt es weiter: Der Landtag fordert die Kreise auf, sich an den Umsetzungsberatungen zu beteiligen. Das finde ich ein bisschen schwach formuliert. Man muss den Kreisen ein vernünftiges Angebot machen, damit sie wissen, wie die Beteiligung aussehen soll. Auf blauen Dunst so etwas zu formulieren, ist schon sehr anmaßend.
Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Die Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union ist nicht nur eine Rechtsvorschrift, die durch die Mitgliedstaaten umgesetzt werden muss. Nein, in den vergangenen Jahren hat sich auch wegen des Umfangs der durchzuführenden Arbeiten der Anlass er
geben, die Verwaltungsstrukturen unseres Landes zu überdenken. Wir als FDP-Fraktion haben seinerzeit im Einklang mit den Kreisen und kreisfreien Städten gefordert, die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie im Wesentlichen durch die Kreise und in Zusammenarbeit mit den Wasser- und Bodenverbänden durchführen zu lassen. Der Umweltminister hat im Gegensatz darauf beharrt, die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie in seinem Haus durch seine Unterbehörden, die Staatlichen Umweltämter, organisieren zu lassen. Das macht aus seiner Sicht auch Sinn. So hat er die Macht und die Handhabe, seine politischen Vorgaben im Umsetzungsprozess zu diktieren und durchzusetzen.
Nicht umsonst haben die Landräte beziehungsweise die Kreise und kreisfreien Städte ihre weitere Kooperation mit der Landesregierung seinerzeit verweigert. Wir sehen in der von der Landesregierung gewählten Vorgehensweise eine vertane Chance, die nach Angaben des Landkreistages das Land auch noch zusätzliche Mittel in zweistelliger Millionenhöhe gekostet hat.
Das Studium des heute von der Landesregierung vorgelegten Berichts ist schnell hinter sich gebracht. Ich bedauere, dass die Landesregierung die Chance vertan hat, wirklich über den Gang der Umsetzung zu informieren. Wenn sich von einem 20-seitigen Bericht ein Viertel mit dem Inhaltsverzeichnis und Maßnahmen zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie in anderen Länder beschäftigt, gibt es anscheinend nicht so sehr viel über die eigene Arbeit zu vermelden.
Was will die Wasserrahmenrichtlinie? - Das Endziel dieser Richtlinie „besteht darin, die Eliminierung prioritärer gefährlicher Stoffe zu erreichen und dazu beizutragen, dass in der Meeresumwelt für natürlich vorkommende Stoffe Konzentrationen in der Nähe der Hintergrundwerte erreicht werden“. So weit die EU-Richtlinie. Dazu ist das Erreichen eines guten chemischen Zustandes des Gewässers eine wichtige Voraussetzung. Wie soll dieser Zustand nun erreicht werden? Welche konkreten Maßnahmen sind hier gefordert? Dies darzulegen wäre Aufgabe des Berichtes gewesen. Was aber im Bericht im Wesentlichen dargelegt wird, ist die Binnenorganisation und nicht die konkreten Maßnahmen an den Gewässern.
Es ist durchaus interessant, dass es Grobkonzepte für die Gewässerentwicklung gibt, die man einvernehmlich mit den Wasser- und Bodenverbänden ausgearbeitet hat. Was aber beinhalten diese? Ich nehme jetzt einfach einmal ein Beispiel aus der Praxis. Durch meine Gemeinde fließt die Mühlenau. Wir haben seinerzeit im Rahmen der Regulierung Solabstürze
eingebaut, die jetzt durch Solgleiten ersetzt werden sollen, eine sehr vernünftige Maßnahme. Im unteren Verlauf der Mühlenau sind aber bereits solche Solgleiten eingerichtet worden in einem Böschungs- oder Gefälleverhältnis von 1:30, damit die Fische da auch raufkommen können, wenn sie laichen wollen. Wir hatten zunächst auch eine Genehmigung für Solgleiten im Verhältnis 1:30. Das wurde dann aber vom LANU in Solgleiten 1:40 geändert, weil man festgestellt hat, dass zwar Fische eine Steigung von 1:30 überwinden können, aber keine Kleinstlebewesen im Wasser. Deshalb jetzt in Ellerbek zwei Solgleiten 1:40. Jetzt kosten die beiden Solgleiten nicht mehr 50.000 €, sondern 80.000 €, was ja auch nicht gerade ein Pappenstiel ist. Wir werden jetzt diese Solgleiten im Böschungsverhältnis von 1:40 bauen, damit auch die Kleinstlebewesen bei uns hochkommen können.
Leider kommen die aber gar nicht erst bis zu uns, weil im unteren Bereich, also in der Gemeinde Rellingen, Solgleiten im Verhältnis 1:30 sind. Das heißt, die kommen da gar nicht herauf, bevor sie die tollen Solgleiten bei uns in Ellerbek tatsächlich überwinden können.
Das sind Beispiele, Herr Nabel, aus der Praxis, die die Akzeptanz, die Sie, Herr Müller, vorhin angesprochen haben, für solche Maßnahmen zumindest in Teilbereichen schmälern.
Ich glaube, dass dem Vorhaben nicht damit gedient ist. Wir müssen einfach dazu beitragen, dass solche Maßnahmen praxisnah durchgeführt werden. Eben ist schon gesagt worden, letztlich sind das Steuergelder, die verbaut werden. Die Bevölkerung hat insgesamt ein Anrecht darauf, dass diese wirtschaftlich eingesetzt und vernünftig eingesetzt werden und hier nicht eine Prinzipienreiterei betrieben wird, die zu diesen Dingen beiträgt, die wir so nicht haben wollen.
Zu dem Antrag, der uns hier als Tischvorlage vorgelegt worden ist: Wir könnten einigen dieser Punkte zustimmen, es gibt aber zwei Punkte, die für uns so nicht akzeptabel sind. Aus diesem Grunde werden wir diesem Änderungsantrag nicht zustimmen, wir werden ihn ablehnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie wird eine wesentliche Aufgabe der Umweltpolitik in unserem Lande, nachdem die Ausweisung der Natura-2000-Gebiete und damit die Umsetzung der FFH- und Vogelschutzrichtlinie der EU abgeschlossen ist. Wir in Schleswig-Holstein haben bei unserer Arbeit im Bundesvergleich die Nase weit vorn. Durch die ständige Beteiligung aller relevanten Interessenträger in zahlreichen Arbeitsgruppen wird die Umsetzung sehr konfliktarm erfolgen können. Akzeptanz ist eine wesentliche Säule zur Erreichung der in der EU-Verordnung vorgeschriebenen Ziele: Verbesserung der chemischen Beschaffenheit des Wassers, Bewahrung und Wiederherstellung von Naturnähe in unseren Gewässern.
Fest steht, dass die vollständige Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie über einen Zeitraum von mindestens zwei Legislaturperioden erfolgen muss. Gleichzeitig können wir mit vorgezogenen Maßnahmen bereits heute erste Schritte durchführen und tun das sehr erfolgreich. Sicherlich ist bei den Maßnahmen zur Erreichung größerer Naturnähe unserer Gewässer mit Konflikten zu rechnen, ähnlich wie bei der Umsetzung der Natura-2000-Richtlinie.
Bei der jetzt gewählten Organisationsform erwarten wir jedoch eine frühzeitige und konstruktive Arbeit im Dialog. Damit werden bei diesem Großprojekt der Umweltpolitik Erfahrungen der vergangenen Jahre berücksichtigt.
Zum langfristigen Erhalt der Ressource Wasser müssen die direkten und indirekten Schad- und Nährstoffeinträge dauerhaft reduziert werden. Die Grund- und Oberflächenwasserabgaben schaffen dazu finanzielle Ressourcen. Wir streben daher an, den zweckgebundenen Anteil der Abgaben schrittweise zu erhöhen. Ziel ist der flächendeckende Grundwasserschutz.
Gerade bei der Zielsetzung chemische Beschaffenheit begegnen sich Wasserpolitik und grüne Energiepolitik sehr produktiv. Mit der Biomassestrategie der Landesregierung schlagen wir drei Fliegen mit einer Klappe: Energie, Klima und Wasser.
Nehmen wir zum Beispiel Gülle. In Biogasanlagen zunächst energetisch verwertet und dann ausgebracht, führt ihre Ausbringung zu einer deutlich geringeren
Belastung des Grundwassers. Als angenehmer Nebeneffekt: Die Emissionen von klimaschädlichen Gasen sind deutlich reduziert und, auf Deutsch gesagt, das Zeug stinkt nicht mehr so. Durch die Möglichkeit der Kopfdüngung ist der Nährstoffentzug der Pflanzen deutlich besser und die Auswaschung von Nährstoffen in das Wasser geringer. Wir streben also an, den Anteil der Gülle, die wir in einem Biogasprozess verwerten können, deutlich zu erhöhen. Ich denke, dass ein Bereich von 70 bis 80 % wirtschaftlich erreichbar sein wird.
Neben der vielfachen Klimarendite der Biogaserzeugung profitiert auch das Wasser davon. Ökologische Politik zahlt sich hier aus. Die Wasserrahmenrichtlinie eröffnet neue Möglichkeiten, unseren Gewässern in Schleswig-Holstein ihre natürliche Gestalt zurückzugeben und sie in intakte Lebensräume für Pflanzen, Menschen und Tiere zu entwickeln. Damit gewährleisten wir Vielfalt und Schönheit der Landschaften und stärken zugleich ein wesentliches Standbein für den Tourismus und die Lebensqualität in SchleswigHolstein.