Protocol of the Session on January 26, 2005

Login to download PDF

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

(Karl-Martin Hentschel)

Ich bedanke mich bei unserem Koalitionspartner dafür, dass das möglich war.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich bin in diesem Zusammenhang über den Beitrag der CDU ziemlich erschrocken, der deutlich gemacht hat, dass das Verständnis von Demokratie sehr begrenzt ist.

(Widerspruch bei der CDU)

- Herr Schlie, Sie behaupten, dass die Mitarbeit von kleinen Fraktionen ausreichend geregelt sei, dass man das bloß nicht machen sollte und dass es eine faire Verteilung sei, auch für kleine Fraktionen, die sowieso weniger Mitglieder im Ausschuss haben und sowieso mehr Stimmen brauchten, um überhaupt ein Ratsmitglied zu bekommen. Wir brauchen erheblich mehr Stimmen, um ein einziges Ratsmitglied zu bekommen, als Sie von der CDU als große Partei!

(Beifall)

Denn das ist in der Gemeindevertretung das Gleiche: Wir brauchen in der Gemeindevertretung erheblich mehr Mitglieder, um ein Ausschussmitglied zu bekommen, als Sie, obwohl Sie ja die größere Partei sind. Wenn Sie eine Änderung an dieser Stelle ablehnen, ist das für mich ein typisches Zeichen für Ihren Charakter.

(Widerspruch bei der CDU)

- Das ist Ihre Grundeinstellung, Herr Schlie; sie ist nun einmal so.

(Wortmeldung des Abgeordneten Werner Kalinka [CDU])

- Nein, Herr Kalinka, Sie brauchen sich nicht um eine Zwischenfrage zu bemühen; denn ich habe nur noch 30 Sekunden Redezeit. Es tut mir Leid.

(Unruhe bei der CDU)

Herr Hildebrand, was die FDP, also die andere Oppositionspartei, vertreten hat, ist genau das Gegenteil von dem, was die CDU vertritt. Die FDP fordert nämlich mehr Demokratie in den Gemeindevertretungen. Das unterstützen wir. Wenn wir beide die Mehrheit hätten, würden wir sicher zu einem gemeinsamen Antrag kommen, der das umsetzen würde.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP - Joachim Behm [FDP]: Sehr gut!)

Ich gehe davon aus, dass wir auch den SSW auf unserer Seite hätten.

(Anke Spoorendonk [SSW]: Wir sehen das ein bisschen anders!)

Da das aber nicht so ist, denke ich, dass wir hier einen wichtigen Schritt vorangekommen sind. Ich bedanke mich bei unserem Koalitionspartner, dass wir das mehrheitlich verabschieden können. Ich freue mich, dass wir in den Gemeinden in Zukunft einen kleinen Schritt weitergekommen sind hin zu mehr Demokratie.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das Wort für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich jetzt der Frau Abgeordneten Silke Hinrichsen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der SSW wird keinem der hier zur Diskussion stehenden Gesetze seine Zustimmung geben können. Ich will das gern im Einzelnen erläutern.

Auch den geänderten Gesetzentwurf zur Verbesserung - ich lege Wert auf das Wort „Verbesserung“ - der kommunalen Verwaltungsstrukturen wird der SSW ablehnen. Wir bleiben dabei, dass der vorliegende Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen und der Landesregierung zur Änderung der Amtsordnung und zur Einführung eines hauptamtlichen Amtsdirektors nicht nur enttäuschend ist, sondern auch viel zu kurz greift angesichts der kommunalen Ausgangslage in Schleswig-Holstein.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei der CDU)

Jetzt sollen es zwar keine Amtsbürgermeister sein - sodass es zumindest keine Verwechslung mit dem Amtsborgmester in Dänemark geben kann -, sondern Amtsdirektoren werden. Wie man nun das Kind nennt, ist egal, denn die Konstruktion bleibt die gleiche.

Wir haben mit immer noch über 1.100 Kommunen eine äußerst kleinteilige kommunale Struktur, die sich in den letzten 30 Jahren durch das Prinzip der Freiwilligkeit fast überhaupt nicht verändert hat. Es muss nach unserer Ansicht darum gehen, dass die kommunalen Verwaltungen den komplexen Anforderungen und den berechtigten Ansprüchen der Einwohnerinnen und Einwohner gerecht werden. Wir brauchen zukunftsfähige Kommunen mit effektiven und transparenten Verwaltungen. Mit den Vorschlägen in diesem Gesetzentwurf wird aber kaum eines

(Silke Hinrichsen)

der Probleme gelöst, die der Landesrechnungshof mit seinem Bericht angesprochen hat.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei der CDU)

In § 15 a der Amtsordnung wird klargestellt, dass nun Ämter mit mehr als 8.000 Einwohnerinnen und Einwohnern durch die Hauptsatzung bestimmen können, dass sie zukünftig eine Amtsdirektorin oder einen Amtsdirektor als hauptamtlichen Verwaltungsleiter erhalten. Bereits aus der ersten Lesung dieses Gesetzes ging klar hervor, dass es sich um ein Gesetz handelt, welches den Gemeinden Heikendorf, Schönkirchen und Mönkeberg helfen soll, ihren Zusammenschluss zu unterstützen. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, aber dies ist nicht der richtige Weg.

Die Verbesserung der kommunalen Verwaltungsstrukturen in Schleswig- Holstein wird nicht dadurch eingeleitet, indem man eine neue Position schafft, die gar nicht zu einer Verbesserung der Strukturen beiträgt. Der Landesrechnungshof hat in seiner Analyse der derzeitigen Verwaltungsstrukturen im kreisangehörigen Raum gefordert, dass alle - und zwar wirklich alle - ihre Anstrengungen für Verwaltungszusammenschlüsse deutlich zu verstärken haben, um die Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit der Verwaltungen zu steigern. Dies ist aber durch den hier vorliegenden Antrag nicht erkennbar, sondern gibt - wie gesagt - nur denjenigen, die sich zusammenschließen, die Möglichkeit, einen hauptamtlichen Amtsdirektor zu erhalten. Natürlich ist es richtig, dass die Eingliederung amtsfreier Gemeinden in bestehende Ämter erleichtert und eine intensivere Zusammenarbeit mit größeren Städten, Gemeinden und Ämtern untereinander finanziell gefördert werden soll. Nun wissen wir doch alle, dass gerade diese freiwillige Zusammenarbeit, die ja schon 30 Jahre lang gelaufen ist, an ihre Grenzen gestoßen ist, wenn es um die Interessen der eigenen Kommunen geht. Es hilft alles nichts: Die großen Parteien des Landes müssen endlich den Mut aufbringen, eine grundlegende Gebiets- und Verwaltungsreform in Angriff zu nehmen.

Für den SSW bleibt es die entscheidende Frage, ob sich Schleswig-Holstein im 21. Jahrhundert weiterhin eine kommunale Struktur aus dem 19. Jahrhundert leisten soll. Wir meinen nein und haben mit unserem kommunalen Eckpunktepapier klare Prioritäten gesetzt. Wir wollen endlich leistungsstarke Kommunen. Die bisherige Struktur mit einer Verstärkung der Ämter als Schreibstuben der Gemeinden muss durchbrochen werden, damit die Gemeinden ihre Selbstverwaltung zurückbekommen.

(Beifall beim SSW)

Deshalb fordern wir die Abschaffung der Ämter und wir wollen, dass alle bestehenden Ämter in Kommunen umgewandelt werden und eine Mindestgröße von 8.000 Einwohnern haben. Unser Vorschlag beinhaltet eine dreistufige Verwaltungsstruktur mit weniger Kommunen und einer transparenten und effizienten Verwaltung. In unserem Modell können wir mehr Aufgaben an die dann leistungsstarken Gemeinden geben. Damit erhalten die Kommunalpolitiker und -politikerinnen vor Ort den Vorteil, wieder etwas zu entscheiden, und nicht nur weiter zu delegieren. So definieren wir im Übrigen auch eine bürgernahe und moderne Verwaltung.

(Beifall beim SSW)

Nur mit finanziellen Anreizen - die auch wir befürworten - und Freiwilligkeit wird man eine wirkliche Änderung der kommunalen Struktur nicht erreichen können. Daher muss auch nach unserer Vorstellung der Gesetzgeber spätestens 2007 eine Gebietsreform einleiten. Wir werden sehen, ob es nicht nach der Landtagswahl andere Parteien gibt, die das genauso sehen.

Beim ursprünglichen Gesetzentwurf der FDP zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften konnten wir die Forderung nach einer Anwendung von Hare/Niemeyer statt des üblichen d´Hondt-Zählverfahrens bei der Verteilung von kommunalen Mandaten grundsätzlich unterstützen, weil es gerechter für die kleineren Parteien ist. Aber das auch im Gesetz beinhaltete Grundmandat für Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker in den Ausschüssen der Kommunen lehnen wir ab. Auf den ersten Blick wirkt die Idee eines Grundmandats auch für uns verlockend.

Wir vertreten aber die Auffassung, dass es durch die Formulierung von § 46 Abs. 1 und 2 der Gemeindeordnung zu einem Ausschuss kommen kann, der aus der gesamten Gemeindevertretung besteht. Jede Fraktion erhält einen Sitz, fraktionslose Gemeindevertreter erhalten für die von ihnen gewählten Ausschüsse ein Grundmandat und dann muss die Anzahl der weiteren Vertreter im Ausschuss so erhöht werden, dass sich wiederum die Mehrheitsverhältnisse aus den Gemeindevertretungen widerspiegeln. Das kann eigentlich nicht sein.

Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass durch die Änderung der Kommunalverfassung aus dem Jahre 2001 jede Kommunalpolitikerin und jeder Kommunalpolitiker an jeder Ausschusssitzung teilnehmen kann und auch antragsberechtigt ist, obwohl sie oder er nicht Mitglied im Ausschuss ist. Damit ist

(Silke Hinrichsen)

nach unserer Ansicht die Forderung nach einem Grundmandat überflüssig. Dies haben wir bereits in der ersten Lesung deutlich gemacht. Heute liegt der Gesetzentwurf der FDP etwas modifiziert vor. Aus der genannten Erwägung lehnen wir ihn ebenfalls ab, das Wählverfahren natürlich nicht.

SPD und Grüne haben nun den FDP-Antrag zum Anlass genommen, eine weitere Änderung einzubringen. Diese schlägt aber plötzlich in eine ganz andere Richtung. Denn nun liegt uns ein Gesetzentwurf zur Abstimmung vor, der eine Änderung der letzten Reform der Gemeindeordnung vorsieht. Bei der damaligen Beratung zur Gemeindeordnung, 2001, war immer die Rede von der Stärkung des gewählten Ehrenamtes. Wir, der SSW, hatten bereits damals kritisiert, dass nicht nur die Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter, sondern auch die bürgerschaftlichen Mitglieder und die Beiräte ähnliche Rechte erhielten. Sie erhielten damals Rede- und Antragsrechte in allen Sitzungen aller Ausschüsse. Dies fanden wir nicht ganz richtig. Anscheinend gibt es in den Gemeinden erhebliche Probleme, wie uns im Ausschuss versichert wurde.

Aber durch den hier vorliegenden Gesetzesvorschlag wird diese Änderung eindeutig zu weit zurückgedreht. Denn gewählte Gemeindevertreter sollen jetzt kein Antrags- und Rederecht mehr erhalten, wenn sie im Ausschuss bereits durch andere Fraktionsmitglieder vertreten sind.

Die Überlegungen, dass zumindest bürgerschaftliche Mitglieder gegebenenfalls Aufgaben in Ausschüssen übernehmen könnten, deren Positionen bei Nichtfraktionen oder sehr kleinen Fraktionen schwer zu besetzen sind, sind damit künftig ausgeschlossen. Dies sind Überlegungen, die angesichts der nach unserer Ansicht nicht ausreichenden Beratung im Ausschuss hätten weiter diskutiert werden müssen. Dies führt dazu, dass wir heute diesen Antrag ablehnen werden.

(Beifall beim SSW)

Ich darf zunächst weitere Gäste begrüßen, und zwar Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker aus Kuddewörde. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall im ganzen Haus)

Nun erteile ich Herrn Innenminister Buß für die Landesregierung das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der heutigen zweiten Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der kommunalen Verwaltungsstruktur wird der Landtag - so hoffe ich - ein Gesetz beschließen, das den Kommunen Schleswig-Holsteins verbesserte Rahmenbedingungen für die kommunale Zusammenarbeit bringen wird. Über die allgemeine Notwendigkeit, die kommunale Zusammenarbeit zu intensivieren und insbesondere im ländlichen Raum zu einer stärkeren Bündelung der Verwaltungskräfte zu gelangen, besteht nach meinem Eindruck und der Wertung der Debatte mittlerweile fraktionsübergreifend Konsens. Auch die vom Innen- und Rechtsausschuss durchgeführte Anhörung hat gezeigt, dass die Zielsetzungen und im Wesentlichen auch die Inhalte des Gesetzentwurfs von den Verbänden mitgetragen werden. Dass zu manchen Detailfragen unterschiedliche Lösungsansätze offeriert werden, liegt in der Natur der Sache. Es gibt auch im kommunalen Verfassungsrecht keinen Königsweg. Insbesondere der mit dem Gesetzentwurf angestrebten Fortentwicklung der Amtsordnung muss aus meiner Sicht hohe Priorität eingeräumt werden. Es gibt konkreten Bedarf für die vorgesehenen hauptamtlichen Ämterstrukturen.

In diesem Zusammenhang wurde in der Öffentlichkeit wiederholt der Eindruck erweckt, die Änderung der Amtsordnung stelle eine Lex Ostufer dar. Das stimmt so natürlich nicht. Zwar ist richtig, dass die Gemeinden Heikendorf, Mönkeberg und Schönkirchen die Bildung eines Amtes mit hauptamtlicher Leitung beabsichtigen. Es gibt aber zum Glück zahlreiche weitere Kooperationen, für die eine hauptamtliche Verwaltungsleitung entweder bereits konkret vorgesehen ist oder bei denen sich die Hauptamtlichkeit geradezu aufdrängt. So gibt es beispielsweise in den Ämtern Segeberg Land und Wensin sowie Heide Land und Weddingstedt bereits sehr konkrete Fusionsplanungen. Hier werden Ämter mit einer Größe von 20.000 beziehungsweise 16.000 Einwohnerinnen und Einwohner entstehen. Es liegt auf der Hand, meine Damen und Herren, dass diese neuen Ämter die Option auf eine hauptamtliche Verwaltungsleitung erhalten müssen.