Protokoll der Sitzung vom 24.03.2011

Ich will gar nicht verschweigen, dass das finanzielle Ausmaß der StadtRegionalBahn und die prognostizierte Defizitabdeckung uns auch in der Diskussion im Kreis Plön eine ganze Menge Bauchschmerzen bereitet. Denn die StadtRegionalBahn wird ja den Busverkehr nicht komplett ersetzen können. Stärke des Konzeptes für die Kreise ist ja die intelligente Verbindung von Regionalbahnen und Zubringerverkehren, die in der Summe zu einer besseren Verkehrsanbindung im ländlichen Bereich führen wird. Das ist gerade bei der Diskussion um die Entscheidung in den Kreisen ein ganz entscheidender Punkt. Wir werden uns in diesen ländlichen Kreisen über die Mobilität der Zukunft ganz entscheidende Gedanken machen müssen, und

(Hans-Jörn Arp)

wir sind mit dem Busverkehr in den Kreisen nicht hundertprozentig optimal für die Zukunft aufgestellt.

(Beifall bei SPD und vereinzelt bei der LIN- KEN)

Jetzt steht die Entscheidung für die Gründung der Planungsgesellschaft an. Ich kann - da kann ich dem Kollegen Tietze nur recht geben - absolut nicht nachvollziehen, warum sich das Land jetzt, nachdem es alle Schritte mitgegangen ist, aus der Beteiligung an der Planungsgesellschaft zurückziehen will. Denn jetzt geht es mit der Planungsgesellschaft auch darum, ein öffentliches Beteiligungsverfahren in Gang zu setzen und die Menschen in der Region mit diesem Projekt vertraut zu machen und sie in die Planungen einzubeziehen. Das ist ein ganz entscheidender Punkt, gerade aus den Erfahrungen mit Großprojekten wie Fehmarnbelt und Stuttgart 21. Wir brauchen die Akzeptanz der Bevölkerung in den Kreisen, in der Region, die zwar einerseits von der Bahn profitieren sollen, die aber andererseits auch ganz klar in der Bauphase und durch die Streckenführung vielleicht nicht immer nur positiv betroffen sind.

Deswegen ist es wichtig, dass wir jetzt diesen nächsten Schritt mit der Planungsgesellschaft gehen. Natürlich müssen die Kreise selbst die Entscheidung treffen, gar keine Frage. Sie müssen sie vielleicht auch zuerst treffen, aber es kann an diesem Punkt absolut nicht angehen, dass sich das Land aus dieser Verantwortung zurückzieht, und das auch noch mit der Begründung, es gehe ja um eine rein kommunale Sache.

Herr Tietze hat darauf hingewiesen: In der Region wohnen 25 % der Schleswig-Holsteiner auf 22 % der Fläche. Dieses Projekt wird enorme Entwicklungspotenziale für die Region auslösen können. Da von einer kommunalen, von einer regionalen Entscheidung zu sprechen, greift meiner Ansicht nach viel, viel zu kurz. Ich erwarte von der Landesregierung, dass sie auch weiterhin zu dem Projekt ein positives Signal gibt, damit in den Kreisen auf Grundlage dieser Information und der Rahmenbedingungen, die wir sonst haben, auch eine vernünftige Entscheidung getroffen werden kann. Deshalb werden wir den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterstützen.

(Beifall bei SPD und der LINKEN)

Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Christopher Vogt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Arp, ich widerspreche Ihnen immer äußerst ungern, aber verprügelt fühle ich mich vom Kollegen Tietze nun wahrlich nicht. Ehrlich gesagt müsste da schon etwas mehr kommen.

(Beifall bei der FDP - Zuruf von der SPD: Das ist aber scharf!)

Herr Kollege Tietze, ich kann Sie beruhigen, das Wort „Bimmelbahn“ werde ich nicht in den Mund nehmen. Sie haben das Wort Bimmelbahn ja mehrfach in den Mund genommen. Das ist tatsächlich nicht meine Art und Weise. Was der geschätzte Kollege Garg in den letzten Jahren gesagt hat, ist seine Sache, aber intellektuelles Niveau haben Sie auch nicht gerade im Überfluss versprüht. Insofern lassen wir es einmal dabei bewenden.

Wenig überraschend unterstützt meine Fraktion die Haltung des Ministeriums, sich nicht an der Planungsgesellschaft für den Bau der StadtRegionalBahn zu beteiligen. Es ist ja bekannt, dass wir das Projekt verkehrs- und haushaltspolitisch sehr skeptisch sehen. Es handelt sich natürlich um ein rotgrünes Lieblingsprojekt.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Ja, Umfragewerte, Herr Tietze. Immer wenn man keine Argumente hat, dann kommt man mit bundesweiten Umfragewerten. Ehrlich gesagt ist das ein bisschen einfach.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Ja, Herr Tietze, ist ja in Ordnung. Es ist ein rotgrünes Lieblingsprojekt, das ist ja auch in Ordnung. - Das Land hat bisher seinen Beitrag auch immer geleistet. Aber jetzt - und das ist der Kern der Debatte - kommt es eben darauf an, dass sich zunächst einmal die betroffenen Kreise beziehungsweise kreisfreien Städte, die daran beteiligt sind, erst einmal entscheiden. Da trennt sich derzeit die Spreu vom Weizen.

(Zuruf)

- Herr Fischer, dazu komme ich jetzt. Wie in dem Schreiben des Ministeriums an die Landeshauptstadt dargelegt wurde, ist das Land eben nicht wil

(Anette Langner)

lens, rund 1,1 Millionen € - das wäre der Beitrag des Landes für eine Planungsgesellschaft - auszugeben, wenn nicht klar ist, dass dieses Projekt auch tatsächlich umgesetzt werden soll. Mit Blick auf die Zuständigkeit gibt es hier auch eine klare Rechtslage. Das sollte man sich auch noch einmal anschauen. Es ist nicht nur eine politische Frage, sondern auch eine Frage der Zuständigkeit. Sie mögen es anders sehen, aber aus unserer Sicht ist es eben nicht Aufgabe des Landes, sich an der Planungsgesellschaft zu beteiligen.

Die Landesregierung hat klare Aussagen zu den Fördermöglichkeiten durch Land und Bund getroffen. Vor einigen Monaten hatte ich dazu eine Anfrage gestellt, die Herrn Tietze hat Jubeln lassen, wobei dort die rechtliche Situation der Fördermöglichkeiten dargestellt wurde. Sie haben mir natürlich wieder böse Absichten unterstellt. Das ist okay, das können Sie gern machen.

(Zuruf)

Letztlich waren die Antworten eindeutig und ließen wenig Raum für Interpretation.

Die Landesregierung - Herr Tietze hat es angesprochen - hat vor einigen Monaten ein Gutachten zur SRB mit 20.000 € bezuschusst. Danach hat sie eine Abwägung vorgenommen. Die hat ergeben, dass sich das Land eben nicht beteiligen möchte. Die Planungsgesellschaft wird die Beteiligten - das ist nicht wenig Geld - rund 8 Millionen € kosten. Allein die Stadt Kiel, egal ob mit oder ohne Landesbeteiligung, muss allein rund 5,7 Millionen € tragen. Das ist ja auch nicht wenig Geld, über das man dort redet.

Es wundert mich ein bisschen, wie so einfach über die Kostenfrage hinweggegangen wird.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Ja, Herr Tietze, wir müssen uns einmal angucken, was das Land bezahlen muss und was die Kommunen bezahlen müssen. Dann müssen wir uns die Gesamtkosten noch einmal vor Augen führen. Nach jetzigem Stand geht es um rund 355 Millionen €. Rund 160 Millionen € würden Bund und Land bezuschussen, wenn das Projekt denn verwirklicht würde.

Das ist auch die Frage, warum die Kreise momentan so zurückhalten sind. Vor dem Hintergrund der Situation der kommunalen Finanzen kann ich es gut verstehen. Mich würde auch einmal die genaue Meinung von Frau Heinold interessieren. Denn Sie und Ihre Fraktion selbst führen sich immer als so

eine Art Gralshüterin der kommunalen Finanzen auf. Die Stadt Kiel hat 400 Millionen € Schulden, und das würde dann auch deutlich mehr werden.

Sie haben den Kosten-Nutzen-Faktor von 1,9 angesprochen. Man muss sich dann auch einmal den Bundesverkehrswegeplan anschauen. Über 75 % dort haben einen Kosten-Nutzen-Faktor von über 2,0. Das ist nicht wirklich ein hoher Wert. Das kann man objektiv so feststellen. Es handelt sich ja auch nicht primär um staatliche Einnahmen, die zurückkommen, sondern um volkswirtschaftliche Effekte. Das muss man sich auch einmal vor Augen führen. Das ist schon eine Belastung für die kommunalen Haushalte. Insofern würde mich einmal Frau Heinolds Meinung interessieren.

Ich habe Ihre Anfrage sehr interessiert zur Kenntnis genommen, dass Sie die Landesregierung vor Kurzem gefragt haben: Was würde es denn kosten, wenn man auf das Autobahnprojekt verzichten würde, auf das Nächste und so weiter? Bei Ihnen merkt man schon, dass Sie bei Autobahnen ganz vorsichtig und zurückhaltend sind. Wenn es um eigene, um Lieblingsprojekte geht, dann ist das auf einmal alles egal. Das erinnert mich ein bisschen an NordrheinWestfalen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Wenn es um die eigenen Projekte geht, dann ist alles auf einmal in Ordnung. Ich vermisse ein bisschen - Sie hatten Herrn Albig ja auch schon angesprochen - die große Unterstützung von Herrn Albig. Herr Todeskino hat sich bisher ganz stark eingesetzt. Ich vermisse ein bisschen den Einsatz von Herrn Albig, insofern werden wir es einmal abwarten.

In Hamburg haben die Sozialdemokraten das Standbahnprojekt jetzt als Erstes gekippt - auch ganz interessant. Insofern beantragen wir - Herr Tietze - Abstimmung in der Sache. Wir werden den Antrag heute ablehnen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE erteile ich Herrn Abgeordneten Björn Thoroe das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu Beginn meiner Rede bedanke ich mich für den klaren Redebeitrag von Herrn Vogt. Er hat noch einmal klargestellt, dass es eine politische Entschei

(Christopher Vogt)

dung ist, wie man zur StadtRegionalBahn steht, und dass es nicht so schwammig ist, wie Herr Arp gesagt hat, dass das Land erst einmal die Entscheidung der Kommunen abwarten will, sondern dass es eine Kostenfrage ist. Herr Vogt hat das ganz klar gesagt, und er betrachtet dieses Projekt eher negativ.

(Christopher Vogt [FDP]: Ich habe nur die Skepsis vorgetragen!)

Allerdings wird in Kiel seit vielen Jahren mit großem Engagement an der Verwirklichung einer StadtRegionalBahn gearbeitet. Viele Akteure in Kiel sehen es mittlerweile als großen Fehler an, im Jahr 1985 die Straßenbahn stillgelegt zu haben.

Eine StadtRegionalBahn erhöht die Attraktivität einer ganzen Region. Nicht nur Kiel würde profitieren, sondern auch die Kreise Plön und RendsburgEckernförde, und auch Neumünster hätte positive Effekte zu verzeichnen.

Mit Blick auf die Umwelt und auch mit Blick auf die Wirtschaft ist die geplante StadtRegionalBahn ein überaus unterstützenswertes Projekt. Eine StadtRegionalBahn erhöht die Attraktivität des ÖPNV massiv. In allen Städten mit S- oder U-Bahnanschluss ist der öffentliche Personennahverkehr viel angesehener als in Städten ohne Schienenverkehr. Die Transportkapazitäten des ÖPNV würden sich außerdem verdreifachen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Regionen, die ein Stadtbahnprojekt verwirklicht haben, bereuen dies nicht. Die Fahrgastzahlen des Nahverkehrs sind gestiegen, und die Straße ist entlastet worden. In der Region Karlsruhe führte ein öffentliches StadtRegionalBahn-Projekt zu einer Steigerung der Fahrgastzahlen um 630 % innerhalb von fünf Jahren. Dies schützt die Umwelt und erhöht die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch die lokale Wirtschaft würde von einer StadtRegionalBahn profitieren. Eine StadtRegionalBahn bringt Menschen in die Innenstädte und nutzt so dem lokalen Einzelhandel. Dem Trend zu Shoppingcentern auf der grünen Wiese wird so entgegengewirkt.

Zwei große Arbeitgeber in der Region Kiel sind Hersteller von Schienenfahrzeugen. Diese Arbeitsplätze zu sichern, sollte im Interesse aller Beteiligten sein.

Volkswirtschaftliche Gutachten haben einen Nutzen-Kosten-Koeffizienten zwischen 1,9 und 2,2 ergeben. Das heißt, jeder investierte Euro bringt 1,90 € bis 2,20 € an Wirtschaftskraft in die betroffene Region.

Fakt ist auch, dass bei einer Verwirklichung des StadtRegionalBahn-Projekts circa 240 Millionen € an Bundesmitteln nach Schleswig-Holstein fließen würden. Das Land müsste noch circa 60 Millionen € beisteuern; 100 Millionen € müsste die Stadt Kiel tragen.