Protokoll der Sitzung vom 27.05.2011

- Herr Abgeordneter, ich passe immer auf, was ich sage. Das würde ich Ihnen auch empfehlen.

Wenn Sie jahrelang das Glücksspielmonopol verteidigt und hochgehalten haben, so ist doch festzustellen, dass Ihre Politik erstens rechtlich gescheitert ist und zweitens auch politisch gescheitert ist.

Wenn ich mir noch einmal durchlesen, was Sie am 8. Oktober 2010 hier in diesem Haus in der Diskussion - als der Gesetzentwurf zum Glücksspielstaatsvertrag der regierungstragenden Fraktionen eingebracht wurde - zur Legalisierung gesagt haben, und ich mir jetzt angucke, was in Ihrem Antrag steht, dann mag das vielleicht bei Ihnen im Kopf zusammenpassen, aber bei Leuten, die Politik nachvollziehen wollen, nicht. Sie haben gesagt, dass es eine Legalisierung in diesem Bereich nicht geben darf, und jetzt begrüßen Sie den Entwurf, den die Länder eingebracht haben. Das ist doch die Teillegalisierung.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das begrüßen Sie. Was wollen Sie denn jetzt eigentlich? Erzählen Sie es doch einmal! Das ist die Teillegalisierung, die ist aber leider rechtlich noch problematisch. Das ist der Punkt.

Herr Dr. Stegner, das, was Sie jahrelang verteidigt haben, hat ja gerade nicht dazu geführt, dass Sucht bekämpft werden konnte. Es hat dazu geführt, dass Europa gesagt hat, dass das eben gerade nicht das adäquate Mittel ist. Das ist die Problematik, und deswegen ist es richtig, dass wir uns auch in einer offenen Diskussion stellen. Bei den Diskussionsbeiträgen, auch von den Grünen, sind im letzten Jahr und auch heute einige Punkte genannt worden, die in der Gesamtdiskussion eine Rolle spielen.

Im Folgenden möchte ich Ihnen ganz kurz einige Gründe erläutern, aus denen heraus die Landesregierung nicht in der Lage ist, dem vorliegenden Entwurf der Mehrheit der Länder zur Änderung des Glücksspielstaatsvertrags zuzustimmen. Vorausschicken möchte ich, dass die Landesregierung sich nachhaltig in Übereinstimmung mit der Koalitionsvereinbarung von CDU und FDP für eine bundeseinheitliche Änderung der Rechtslage mit dem Ziel einer Zulassung privater Glücksspielanbieter eingesetzt hat und natürlich auch weiter einsetzen wird. Das, was jetzt schon an Bewegung da ist dieser Staatsvertrag, der jetzt vorliegt -, ist ausschließlich der Haltung Schleswig-Holsteins zu verdanken. Das müssen Sie einfach zur Kenntnis nehmen. Es ist natürlich ein Erfolg, dass sich inzwischen alle Länder der Forderung Schleswig-Holsteins nach einer Wiederzulassung von Glücks

spielangeboten im Internet und der Lockerung der Werbebeschränkung angeschlossen haben. Insbesondere das Internetverbot, gegen das sich Schleswig-Holstein schon bei den Verhandlungen des Glücksspielstaatsvertrags 2008 ausgesprochen hatte, ist eine wesentliche Ursache für die Umsatzrückgänge der letzten Jahre bei den staatlichen Lotterien und der Sportwette Oddset.

Der vorliegende Staatsvertragsentwurf wird aber nach wie vor der Hauptzielsetzung der Landesregierung nicht gerecht, die Vielzahl der bisher in Deutschland nicht erlaubten Glücksspielangebote im Internet in einen legalen und staatlich überwachten Markt zu überführen und daraus auch Einnahmen für die Länder zu erzielen. Auf die Bedeutung dieses Aspekts weist auch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in ihrem Antrag im ersten Punkt der Nummer 2 hin. Bei der Konzessionsregelung im Staatsvertragsentwurf handelt es sich nach unserer Einschätzung dagegen eher um eine Scheinliberalisierung. Hierfür nenne ich Ihnen die beiden wesentlichen Gründe:

Erstens. Die von den anderen 15 Ländern vereinbarte Höchstzahl von sieben Konzessionen, die im Rahmen einer Experimentierklausel an Sportwettenanbieter vergeben werden können, halten wir für zu gering. Es ist zu erwarten, dass wesentliche Anbieter auf dem Sportwettenmarkt nicht berücksichtigt werden können. Darüber hinaus erhöht sich das verfassungsrechtliche Risiko für eine Konzessionsregelung, je geringer die Zahl der zu vergebenden Konzessionen ist, weil man damit die Anforderungen an die Rechtfertigung dieses Eingriffs in die Berufsfreiheit des Artikels 12 Grundgesetz steigen.

Zweitens. Die vorgesehene Konzessionsabgabe in Höhe von 16,67 % an die Wetteinsätze, die sich am Steuersatz nach dem bundesrechtlichen Renn-, Wett- und Lotteriegesetz orientiert, ist im europäischen Vergleich viel zu hoch. Die privaten Wettanbieter haben auch in der von den Landtagsausschüssen durchgeführten Anhörung einhellig und nachvollziehbar erklärt, dass es für sie bei diesem Abgabensatz nicht interessant ist, eine Konzession zu beantragen. Es besteht also die konkrete Gefahr, dass die Konzessionsregelung leerläuft und allenfalls von den staatlichen Lottogesellschaften mit ihrem Sportwettenangebot Oddset genutzt wird. Es bliebe dann praktisch alles beim Alten, und das Ziel der Kanalisierung der bisher unerlaubten Angebote in den legalen Markt würde nicht erreicht. Marktgerecht ist ein Abgabesatz von 20 % auf den Bruttorohertrag, wie er im Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen auch vorgesehen ist.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kalinka?

Gern.

Ist das Protokoll zutreffend, dass sich die Landesregierung nur bei einem Punkt enthalten hat, bei der Frage, ob es sieben oder mehr Konzessionen geben soll?

- Wir sind in einem laufenden Prozess, der jetzt auch in der Ministerpräsidentenkonferenz weitergeführt wird. Es ist genauso ein laufender Prozess wie das Gesetzgebungsverfahren, auf das Sie hingewiesen haben, Herr Abgeordneter. Deswegen ist es auch klug, vernünftig und richtig, wenn wir alle gemeinsam, jedenfalls diejenigen, die daran arbeiten, aus einer Unrechtssituation herauskommen, dass wir Sucht bekämpfen wollen, dass wir für Schleswig-Holstein Einnahmen sichern wollen, dass wir dazu beitragen wollen, in der Bundesrepublik eine einheitliche Lösung zu finden, dass wir uns alle noch beweglich zeigen - sowohl an dieser Stelle als auch an der, die wir in den Beratungen im Parlament haben.

(Beifall bei der CDU)

Zwar ist der Ansatz im Staatsvertragsentwurf richtig, ausländische und inländische Sportwettenanbieter nicht unterschiedlich zu besteuern. Die Lösungsmöglichkeit liegt aber in einer Absenkung des Steuersatzes für Sportwetten durch eine Änderung des Renn-, Wett- und Lotteriegesetzes. Voraussetzung wäre allerdings eine entsprechende Einigung zwischen Bund und Ländern.

In der ergänzenden Anhörung zum Glücksspielstaatsvertrag, die Sachsen-Anhalt als Vorsitzland der Ministerpräsidentenkonferenz gerade durchgeführt hat, ist massive Kritik an der vorgesehenen Konzessionsregelung geäußert worden. Vor diesem Hintergrund habe ich weiterhin die Hoffnung, dass es noch zu einer Annäherung der anderen Länder zur Position Schleswig-Holsteins und damit zu einer bundeseinheitlichen Lösung kommt. Für die Landesregierung biete ich auch an, bei gegebenenfalls notwendigen Änderungen des Vorschlags der regierungstragenden Fraktionen Formulierungshilfe zu leisten.

Zum Schluss gehe ich noch kurz auf die Forderung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nach einem Landesspielhallengesetz ein. Meine Damen

(Minister Klaus Schlie)

und Herren Abgeordneten der Grünen, damit erzeugen Sie einen Widerspruch in Ihrem eigenen Antrag. Sie sind doch gegen einen schleswig-holsteinischen Alleingang. Die von Ihnen geforderten Regelungen zu Spielhallen sind aber bereits weitgehend in dem Änderungsentwurf zum Glücksspielstaatsvertrag enthalten. Wollen Sie nun doch einen Alleingang und die vorgesehenen Vorschriften dort nicht übernehmen? Selbst wenn es nicht mehr zu einer akzeptablen Einigung über einen neuen Glücksspielstaatsvertrag kommt und SchleswigHolstein gezwungen wäre, einen Sonderweg zu gehen, ergibt sich daraus nicht unmittelbar die Notwendigkeit eines gesonderten Spielhallengesetzes. Ergänzende Regelungen zum Spielhallenrecht wie zum Beispiel das Verbot von Mehrfachkonzessionen und ein Verbot der Vermittlung von Wetten in Spielhallen könnten dann auch durch Änderungsanträge in den vorliegenden Entwurf eines Glücksspielgesetzes aufgenommen werden.

(Zuruf)

- Ja gut, das ist dann ein vernünftiger Weg.

Zu bedenken ist aber auch, dass nicht alle Fehlentwicklungen - das sage ich deutlich - im Bereich der Spielhallen auf fehlende gesetzliche Regelungen zurückzuführen sind. Sowohl das Gewerberecht als auch das Baurecht bietet schon jetzt - ich gebe zu: leider nur gewisse - Möglichkeiten, Auswüchsen zu begegnen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Gemeinden vor Ort auch konsequent mitziehen. Dabei kann es natürlich auch Interessenkonflikte geben. Denn Spielhallen versprechen natürlich auch vor Ort Steuereinnahmen. Wenn man das aber nicht will, gibt es jetzt schon gewisse Möglichkeiten. Richtig ist, dass wir den Weg in diesem Bereich, der natürlich in erster Linie auch mit zum Suchtverhalten beiträgt, auch konsequent weiter miteinander beschreiten wollen. Die Landesregierung bietet Ihnen an, in beiden Bereichen weiterhin diesen Weg mit Ihnen gemeinsam - jedenfalls mit der Mehrheit des Hauses - zu gehen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Von der SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Andreas Beran das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin immer etwas irritiert, wenn wir hier über EU-Recht sprechen und behauptet wird, das EU-Recht ließe ein Glücksspielmonopol nicht zu. So, wie wir es in Deutschland gehalten haben, ist es nicht kohärent. Deswegen müssen wir, wenn wir es behalten wollen, nachbessern. Das ist das Entscheidende.

(Beifall bei SPD und der LINKEN)

Es ist ein Unterschied, hier immer zu behaupten, es lasse dies nicht zu, und dennoch zu sagen, wenn wir es wollen, können wir es rechtlich so ausgestalten, dass es möglich ist. Dazu gehört auch der Part der Spielhallen, der insbesondere im Antrag der Grünen enthalten ist. Das ist auch der Grund, weswegen wir diesem Antrag der Grünen in allen seinen Punkten, die vorgetragen wurden, durchaus zustimmen können. Auch die SPD will eine Liberalisierung, jedoch keine Radikalisierung. Das der kleine Unterschied.

Wir haben den Eindruck, dass der Gesetzentwurf, der uns momentan vorliegt, eher eine Radikalisierung des Glücksspielmarktes bewirkt und weniger eine Liberalisierung. Es wird alles zugelassen, was auf dem Glücksspielmarkt möglich ist. Wir könnten sogar darauf wetten, ob der Ministerpräsident im Sommer noch Ministerpräsident ist. So weit geht das.

(Zuruf von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)

- Es ist völlig in Ordnung. Wir können das sehen. Aber es ist zurzeit illegal, Herr Ministerpräsident.

Ob wir das wirklich in dieser Form, wie es derzeit in England üblich ist, wollen, wage ich zu bezweifeln.

In vielen Zielen, die von allen Seiten genannt worden sind, stimmen wir durchaus überein. Ich höre von Suchtprävention. Ich höre von Jugendschutz. Das sind Dinge, die anscheinend alle wollen, die wir hier sind. Nur der Weg dorthin scheint unterschiedlich zu sein. Wir können uns eine Kanalisierung vorstellen. Ich könnte mir zum Beispiel auch vorstellen, dass auch durch den deutschen Lottoblock Online-Geschichten angeboten werden. Die Wege dorthin sind anders. Wir halten den Weg, wie er in dem Gesetzentwurf vorgegeben ist, für den gefährlicheren. Wir wollen gern einen liberalisierten Weg mitgehen, der Spielersucht berücksichtigt. An diesem Punkt sind wir noch auseinander.

(Minister Klaus Schlie)

Wenn man das wirklich will, was Sie wollen, muss man bereit sein, sich mit den anderen Ländern an einen Tisch zu setzen und zu gucken, ob diese Ziele nicht gemeinsam erreicht werden können. Das ist das, was wir mit dem Antrag heute erreichen wollen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat signalisiert, dass sie ihren Antrag ändern will. Ich bitte die Parlamentarische Geschäftsführerin, Frau Abgeordnete Monika Heinold, die Änderungen vorzustellen. - Es wäre hilfreich, wenn Sie hierher kämen und ich anschließend die geänderte Fassung bekäme.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die CDU hat mich zu Recht darauf hingewiesen, dass wir an einer Stelle nicht korrekt formuliert haben. Es gibt keine illegalen Anbieter, sondern es gibt nur Spieler, die sich illegal verhalten, wenn sie bestimmte Spielangebote wahrnehmen. Deshalb bitte ich darum, Punkt 2 an folgenden Stellen zu ändern:

Unter Punkt 2 hinter dem ersten Kuller heißt es dann:

„Der neue Staatsvertrag muss die europarechtlichen Vorgaben beachten. Ziel muss es sein, das Glücksspiel in die Legalität zurückzuholen, die Anbieter zu regulieren und angemessen zu besteuern.“

Unter dem dritten Kuller bleibt nur noch der Satz:

„Internetsperren sind auszuschließen.“

Die weiteren Sätze unter dem dritten Kuller werden gestrichen; es geht mit dem vierten Kuller, Suchtund Schuldnerberatung, weiter.

Vielen Dank. - Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst über den Antrag der SPD-Fraktion, Drucksache 17/1453, abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen von CDU, FDP und SSW gegen die Stimmen von SPD und

DIE LINKE bei Enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt worden.

Ich komme nun zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 17/1480. Es wurde beantragt, nummerweise abzustimmen. Wer diesem Antrag unter Nummer 1 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer lehnt die Nummer 1 ab? - Damit ist diese Nummer mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW abgelehnt worden.

Wir kommen zur Abstimmung über die Nummer 2. Wer dieser Nummer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist Nummer 2 einstimmig angenommen worden.

Ich lasse über Nummer 3 des Antrags abstimmen. Wer dieser Nummer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Damit ist die Nummer 3 mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW abgelehnt worden.

Schließlich stimmen wir über die Nummer 4 ab. Wer dieser Nummer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Wer ist dagegen? Stimmenthaltungen sehe ich nicht. Damit ist diese Nummer mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW abgelehnt worden.