Protocol of the Session on March 22, 2017

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Wie Sie wissen, können dabei nur öffentlich zugängliche Informationen hier diskutiert werden. In dem genannten Fall ist das einfach. Der Kreditnehmer selbst hat einen Sachstand der Verhandlung veröffentlicht. Auf der Homepage des Rickmers Maritime Trust finden Sie mit Datum vom 21. März 2017 eine Information über die aktuellen Verhandlungen.

Danach habe die HSH Nordbank klargestellt, dass sie per dato keinen wie auch immer gearteten Vorschlag des Trusts über einen Forderungsverzicht akzeptiert habe. Die HSH habe dem Trust bis zum 15. April 2017 Zeit gegeben, um einen Vorschlag zu präsentieren, der der HSH eine höhere Rückzahlung garantiere als im Fall einer Abwicklung des Trusts.

Diese Klarstellung bezieht sich auf eine Veröffentlichung des Trusts vom 16. März 2017. Dort hatte der Trust berichtet, dass die HSH einen Vorschlag des Trusts akzeptiert habe, wonach die HSH unter ganz bestimmten Bedingungen einen wesentlichen Schuldenerlass der bestehenden Darlehen gewähren würde. Schon damals hieß es, dass die HSH diesen Vorschlag nur unter der Bedingung akzeptiert habe, dass sie eine höhere Rückzahlung erhalten würde als im Fall der Abwicklung des Trusts. Sollte diese Bedingung neben weiteren Bedingungen nicht erfüllt werden, würde die HSH eine Abwicklung des Trusts unterstützen.

Meine Damen und Herren, Sie sehen also: Bei Restrukturierung inklusive Forderungsverzichten steht

immer die Frage der Wirtschaftlichkeit an erster Stelle.

Bei der HSH Nordbank haben wir es mit milliardenschweren Altlasten und mit hohen Klumpenrisiken zu tun. Es handelt sich um Kredite, die in den Jahren 2003 bis 2008 vergeben wurden und deren Grundstruktur in Teilen so ist, dass die Haftung nur auf den jeweiligen Einzelkredit begrenzt ist.

Ich bin mir sicher, meine Damen und Herren von der CDU, dass Sie dieses sehr genau wissen, denn Sie waren doch ab 2005 in Regierungsverantwortung und in den entsprechenden Gremien der Bank vertreten. Sehr geehrter Herr Abgeordneter Wiegard, als früherer verantwortlicher Minister können Sie dem Parlament und ihrer eigenen Fraktion doch wahrscheinlich am besten erklären, warum Kredite in dieser Form, mit diesem Umfang und diesem Risiko vergeben wurden. Und Sie könnten auch erklären, wie die Garantie der Länder funktioniert, die Sie damals federführend für die Regierung verhandelt haben und die nun in Anspruch genommen wird.

Meine Damen und Herren, ich kann die Empörung vieler Bürgerinnen und Bürger gut verstehen. Sie erwarten zu Recht, dass Reeder, die Privat- und Firmenbesitz haben, ihre Kredite an eine Bank mit öffentlicher Trägerschaft vollständig zurückzahlen. Das ist auch meine Erwartung, denn wenn das nicht passiert, wird das Gerechtigkeitsempfinden in unserer Gesellschaft tief verletzt. Und dennoch wird es auch künftig zu Forderungsverzichten kommen, und zwar immer dann, wenn es die wirtschaftlichste Lösung für die Bank und damit für uns als Land und Anteilseigner ist.

Meine Damen und Herren, die Opposition tritt an, um Regierungsverantwortung zu übernehmen und erweckt gleichzeitig den Eindruck, sie würde zukünftig Forderungsverzichte verhindern. Das ist unredlich. Keine Landesregierung würde den Vorstand einer Aktiengesellschaft anweisen, auf Restrukturierungen eines Kredits zu verzichten, wenn Wirtschaftsprüfer dieses als wirtschaftlichste Lösung einstufen. Denn das wäre zum Schaden des Landesvermögens. Außerdem würde damit der Vorstand aufgefordert werden, gegen den Garantievertrag zu verstoßen. Denn dieser besagt eindeutig zum Schutz des Landesvermögens -, dass sich die Bank stets garantieschonend verhalten muss.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das macht sie ja gerade nicht!)

Wenn ein Forderungsverzicht zu einem geringeren Garantieschaden führt als eine Insolvenz des

(Vizepräsidentin Marlies Fritzen)

Schuldners, dann ist der Vorstand auch gehalten, entsprechend zu handeln.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Herr Wiegard, vielleicht können Sie Ihren jüngeren Kollegen noch einmal erklären, wie die Grundzüge der Garantie aussehen, die Sie damals installiert haben.

Herr Kubicki, Sie sagen heute in der „Welt“, sie würden nicht lockerlassen, um zu verhindern, dass schleswig-holsteinische Steuerzahlerinnen und Steuerzahler die Bankschulden vermögender Reeder bezahlen. Sie verschweigen dabei, dass Ihr Vorschlag für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler noch teurer würde.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Welcher Vor- schlag?)

Denn bei Restrukturierungen ohne begleitende Forderungsverzichte droht oftmals Insolvenz, und der Reeder würde noch weniger Geld an die Bank zahlen. Dann wäre - außer dem Schrottpreis - alles verloren.

Meine Damen und Herren, gerade wenige Wochen vor der Wahl ist Ehrlichkeit das Gebot der Stunde. Dazu gehört die Tatsache, dass es auch künftig in der HSH Nordbank wie in der AöR Forderungsverzichte geben wird. Dazu gehört die Tatsache, dass auf das Land aus den Altlasten der HSH Nordbank mehrere Milliarden Euro Schulden zukommen. Dazu gehört auch die Tatsache, dass alle, die in den letzten Jahren Regierungsverantwortung getragen haben, Teil der Verantwortungskette sind.

Meine Damen und Herren, das Finanzministerium arbeitet gemeinsam mit Hamburg mit Hochdruck daran, dass der Verkaufsprozess gelingt. Möglicherweise helfen uns dabei auch die steigenden Charter- und Frachtraten. Eine Garantie dafür, dass der Verkauf gelingt, gibt es nicht. Aber das wäre das Beste für das Land, und deshalb ist es gut, dass wir es zumindest versuchen. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ver- einzelt SPD und SSW)

Wir kommen jetzt zur Aussprache. Das Wort hat der Kollege Wolfgang Kubicki von der FPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Frau Ministerin, ich glaube, Herr Kollege Wiegard muss seinen jüngeren Fraktionskollegen nicht erklären, wie die Garantie funktioniert. Sie haben ja dafür gestimmt, im Gegensatz zu uns, wir haben damals dagegen gestimmt. Wir gehen davon aus, dass die Abgeordneten, einschließlich des Kollegen Koch, damals verstanden haben, worum es geht. Deshalb bedurfte es dieser Belehrung nicht.

(Zurufe Birgit Herdejürgen [SPD] und Tho- mas Rother [SPD])

- Ja, aber dafür kann ich nichts.

Ich möchte auf eins hinweisen, Frau Ministerin; ich wiederhole das immer wieder: Wir sind seit 2007 von den Bankvorständen definitiv jedes Mal mit herausragend guten Erklärungen über den Zustand der Bank, die weitere Geschäftsentwicklung, die Weltgeltung und andere Dinge mehr hinter die Fichte geführt worden. Es hat sich bis heute immer herausgestellt, dass diese aus Sicht des Vorstands vielleicht sinnvollen Äußerungen am Ende des Jahres mit der Realität nicht übereingestimmt haben.

(Beifall Dr. Heiner Garg [FDP])

Ich habe auch heute meine Zweifel daran, dass wir so ohne Weiteres immer den Erklärungen von Herrn Ermisch glauben sollten. Er hat ja ein ganz eigenes Interesse, nämlich nachzuweisen, dass es ihm gelingen kann, eine Kernbank zu produzieren, die an sich profitabel wäre, die man isoliert verkaufen könnte. Was allerdings vom Verkaufsprozess nicht gedeckt ist, ist, dass dann die Abbaubank mit einem wirklich beachtlichen Paket an den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein hängen bliebe. Herr Ermisch würde dokumentieren, er ist ein guter Banker, die Lasten müssten dann schließlich die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler aus SchleswigHolstein tragen.

Ich behaupte, dass die Erklärung, die er so locker in den „Kieler Nachrichten“ abgegeben hat, es werde auch künftig Forderungsverzichte geben, nur deshalb von ihm so getätigt werden kann, weil er weiß, dass jeder Forderungsverzicht der Bank sofort eins zu eins durch Leistungen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in Schleswig-Holstein ausgeglichen wird. Würden wir nicht dafür eintreten müssen, würde er vielleicht sehr sorgfältig mit der Frage umgehen, was denn die Kreditnehmer, seine Kreditnehmer, im Zweifel noch zu leisten bereit sind.

(Ministerin Monika Heinold)

Ich möchte jetzt keine Einzelfälle diskutieren, weil ich mich weigere, im Parlament Dinge zu diskutieren, die hinter verschlossenen Türen diskutiert werden müssten.

(Zuruf SSW)

- Nein, nein. Aber wenn ich lese und höre und wenn es bestätigt wird - das kann man nicht nur in deutschen Zeitungen, sondern auch in internationalen Zeitungen nachlesen -, dass der Trust seit Jahren systematisch entkernt worden ist, um Privatvermögen zu generieren, muss man sich in der Tat schon fragen, was denn die HSH Nordbank dagegen getan hat,

(Beifall Dr. Heiner Garg [FDP])

dass sich auf diese Art und Weise ihre Sicherheitenlage dramatisch verschlechtert hat.

Noch einmal: Ich will das nicht hinnehmen - und ich kann Menschen in Schleswig-Holstein verstehen, dass sie einen Hals haben, den habe ich auch, ich habe den wirklich auch -, dass wir es Menschen, die im Zweifel nicht darauf angewiesen wären, mithilfe der Steuerzahlungen der Krankenschwester von der Ralf Stegner immer so gern spricht - ermöglichen, ihr Privatvermögen nicht nur zu erhalten, sondern auch noch anzuhäufen. Das ist nicht Aufgabe einer vernünftigen Politik einer Landesregierung - egal, wer im Zweifel die Ministerin, den Minister oder die Staatssekretäre stellt.

Wenn wir schon einmal dabei sind, Herrn Wiegard zu fragen, was in der Zeit zwischen 2003 und 2008 mit den Riesenkrediten, die aufgelegt worden sind, und der Ausweitung des Schiffsportfolios gemacht worden ist, möchte ich daran erinnern, dass der Kollege Dr. Stegner, der Verteidiger der armen Menschen, damals bis zum Jahr 2008 im Aufsichtsrat gesessen hat. Wir müssen auch einmal die Frage klären, was eigentlich dieser herausragende Arbeiterführer dafür getan hat, dass wir uns kein Klumpenrisiko einfahren, für das die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler heute haften müssen. Das ist die nächste zentrale Frage.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Es kann doch wirklich nicht sein, Frau Ministerin und da werden die Leute irre -, dass wir innerhalb von zehn Jahren irgendwann definitiv einen Verlust von 10 Milliarden € auf das Buch bekommen, und dann sagen wir: Das ist leider irgendwie schlechte Arbeit des Vorstands, schlechte Arbeit des Aufsichtsrats gewesen. Wir diskutieren auch im strafrechtlichen Bereich manchmal bei kleinen Beträgen über hohe Strafzahlungen und möglicherweise auch

über Haftstrafen von Bankvorständen, und hier akzeptieren wir, als sei es das Natürlichste der Welt, dass 10 Milliarden € einfach in die Luft geblasen werden? - Ich mache Sie ja dafür nicht verantwortlich, ich will nur davor warnen - ich weiß wirklich, wovon ich rede -, dass im Zuge des jetzigen Prozesses unsere Kassen nicht weiter geplündert werden, weil möglicherweise einige derjenigen, die uns heute möglicherweise zu einer Restrukturierung raten, künftig dann in den Gesellschaften gefunden werden, die die Restrukturierung durchführen. Also: Sehr sorgfältige Überwachung dieser Maßnahmen und sehr große Skepsis bei dem, was uns der Bankvorstand erzählt, und dem, was uns die Reeder in Hamburg erzählen. Dass die davon gut haben, das leuchtet mir ein, aber es ist nicht Aufgabe des schleswig-holsteinischen Steuerzahlers -

(Beifall Dr. Heiner Garg [FDP])

- Du weißt doch noch gar nicht, was ich sagen wollte. - Es ist nicht seine Aufgabe, dafür Sorge zu tragen, dass es ihnen auch weiter gut geht.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Bemerkung des Abgeordneten Andresen?

Herr Andresen, bitte.

Ja, vielen Dank, Herr Kollege. Ich bin ein bisschen irritiert, weil Sie eingangs gesagt haben - daran haben Sie sich dann ja auch gehalten -, dass Sie über konkrete Fälle gar nicht sprechen wollten. Dann stelle ich mir jetzt die Frage, warum Sie diesen Berichtsantrag gestellt haben - der zwar von dem Kollegen Vogt unterzeichnet wurde; aber ich gehe einmal davon aus, dass Sie darüber in der Fraktion gesprochen haben, schließlich sprechen Sie ja gerade für Ihre Fraktion -, der als einziges Thema den Schuldenerlass der HSH Nordbank für die Containerschiffsreederei Rickmers Maritime Trust beinhaltet. Darüber fordern Sie einen Bericht an und stellen sich dann hier hin und sagen, Sie wollten über Einzelfälle gar nicht sprechen. Sie sagen dann vieles Richtige, was ich auch unterschreiben kann, aber ich verstehe

(Wolfgang Kubicki)

nicht, warum Sie diesen Berichtsantrag gestellt haben.

(Beifall Torge Schmidt [PIRATEN])

Ja, das müsste Ihnen eigentlich klar sein: weil die Information darüber, dass hier ein Schuldenerlass in dreistelliger Millionenhöhe bevorsteht, dieses Parlament unmittelbar beschäftigen muss. Was denn sonst? Wir haben die letzte Tagung. Was denn sonst? Ich komme vielleicht noch einmal dazu.