Protocol of the Session on October 10, 2014

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Meine Damen und Herren, ich eröffne die heutige Sitzung und wünsche Ihnen allen einen wunderschönen guten Morgen.

Heute sind erkrankt die Damen und Herren Abgeordneten Barbara Ostmeier, Hauke Göttsch und Jens-Christian Magnussen. - Wir wünschen ihnen an dieser Stelle gute Besserung!

(Beifall)

Bitte begrüßen Sie mit mir auf der Tribüne Schülerinnen und Schüler der Grund- und Gemeinschaftsschule Pönitz und der Gemeinschaftsschule Kronshagen. - Seien Sie herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 25 auf:

Berichtsantrag zur HSH Nordbank

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/2331

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Mit dem Antrag wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich lasse zunächst darüber abstimmen, ob der Bericht in dieser Tagung gegeben werden soll. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist einstimmig. Dann haben wir so beschlossen, und ich erteile für die Landesregierung der Finanzministerin Monika Heinold das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich auf den Antrag der FDP eingehe, möchte ich zwei aktuelle Dinge vorwegschicken.

Erstens. Ich freue mich, dass es gelungen ist, mit Herrn Dr. Philipp Nimmermann einen Staatssekretär zu gewinnen, der reichlich Erfahrung aus dem Bankensektor mitbringt.

(Beifall)

Damit ist sichergestellt, dass wir auch zukünftig einen kompetenten Vertreter unseres Landes im Aufsichtsrat der HSH Nordbank haben werden.

Zweitens. Wie Sie den Medien sicherlich entnommen haben, ist die HSH Nordbank erneut von ihrer Vergangenheit eingeholt worden. 2007 hat sie

ein mehr als fragwürdiges Geschäft mit den Stadtwerken Kiel abgeschlossen. Ein rechtliches Schlupfloch wurde genutzt, um den Kieler Stadtwerken ein Steuersparmodell zu ermöglichen. Diese Form der Geschäftspolitik ist insbesondere für ein öffentlich-rechtliches Unternehmen nicht akzeptabel.

(Beifall)

Deshalb begrüße ich, dass die Bank ihre Vergangenheit aufarbeitet, und ich erwarte, dass sie dies auch zukünftig in voller Transparenz tut.

Nun zum Antrag der FDP, die einen mündlichen Bericht über die aktuellen Entwicklungen bei der HSH Nordbank, insbesondere über das Beihilfeverfahren der EU-Kommission sowie den EZB-Stresstest, fordert. Außerdem soll dargestellt werden, welche Auswirkungen sich für den Landeshaushalt ergeben. Anschließend möge ich eine Aussage des Vorstands bewerten. Dies will ich gern tun.

Meine Damen und Herren, die Europäische Zentralbank prüft zurzeit systemrelevante Institute auf Herz und Nieren, bevor sie am 4. November 2014 die Aufsicht über diese übernimmt. Beim Asset Quality Review beleuchtet die EZB die wichtigsten Aktiva in den Bilanzen.

Beim Stresstest geht es darum, die Widerstandsfähigkeit der Banken in ungünstigen wirtschaftlichen Szenarien zu überprüfen. Die Regeln für den Stresstest sind klar. Wird bei einer Bank eine Kapitallücke festgestellt, muss sie einen Kapitalplan vorlegen, aus dem hervorgeht, wie die Lücke geschlossen wird. Die Ergebnisse werden aller Voraussicht nach am 26. Oktober 2014 bekannt gegeben. An Spekulationen über den Ausgang des noch laufenden Verfahrens werden wir uns als Anteilseigner nicht beteiligen.

Meine Damen und Herren, nach der Wiedererhöhung der Zweitverlustgarantie von 7 Milliarden € auf die bereits 2009 genehmigten 10 Milliarden € durch die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein lag die harte Kernkapitalquote mit Stand 30. Juni 2014 bei 12,8 % inklusive Garantiepuffer, wobei die aktuell gültigen Übergangsbestimmungen zu Basel III berücksichtigt sind.

Die Genehmigung steht, wie Sie wissen, noch aus. Im laufenden Beihilfeverfahren der EU-Kommission zur Wiedererhöhung der Garantie muss die Bank beweisen, dass ihr neues Geschäftsmodell langfristig greift. Für die HSH Nordbank ist der Stresstest deshalb nur ein Teil der Herausforderung, die sie meistern muss. Sollte es durch den Stresstest zu

sätzliche negative Auswirkungen geben, hätte dies ebenfalls Rückwirkungen auf das Beihilfeverfahren, weil jede Form einer zusätzlichen Stärkung der Bank durch die Länder beihilferelevant wäre. Aktuell rechnet die Landesregierung mit einem Abschluss des bereits laufenden Beihilfeverfahrens im ersten Quartal 2015. Bank und Länder stehen weiterhin in konstruktivem Austausch mit der Kommission.

Meine Damen und Herren, kommen wir nun auf die Auswirkungen der aktuellen Herausforderungen auf den Landeshaushalt zu sprechen. Die Landesregierung berichtet seit 2009 regelmäßig auf Basis aktualisierter Planungen der Garantiegeberin hsh finanzfonds AöR darüber, wie sich die Entwicklung der HSH Nordbank auf den Landeshaushalt auswirkt. Dabei handelt es sich immer nur um eine Momentaufnahme. Zum heutigen Stand geht die Bank davon aus, dass die Beanspruchung der Garantie 2019 bis 2025 1,6 Milliarden € umfassen wird. Dem stehen jährliche Einnahmen aus Garantiegebühren der HSH von derzeit 400 Millionen € gegenüber. Aktuell plant die hsh finanzfonds AöR, die Abrechnung aus der Garantie ohne Rückgriff auf die Länderhaushalte zu stemmen. Ob diese Planungen nach Abschluss der EZB-Prüfung aktualisiert werden müssen, wissen wir frühestens Ende Oktober.

Auf jeden Fall lässt sich sagen: Die HSH Nordbank ist nach wie vor das größte Haushaltsrisiko unseres Landes. Seien Sie sich deshalb sicher, dass wir uns auf allen Ebenen für unsere Bank einsetzen. Es gibt Gespräche mit dem Bundesfinanzministerium, der deutschen Bankenaufsicht, der Europäischen Zentralbank und der Europäischen Kommission. Dort machen wir deutlich, wie sensibel die Situation für die Länder ist.

Bleibt die Bitte der FDP, ich solle das Zitat des HSH-Vorstandsvorsitzenden bewerten. Er wurde angesichts des letzten Halbjahresergebnisses in der „Welt“ mit folgendem Satz zitiert:

„Wir werden stetig besser, und wir haben ein stabiles Geschäftsmodell.“

Meine Damen und Herren, ein Vorstand, der in der jetzigen schwierigen Lage Pessimismus verbreiten würde, wäre kein guter Vorstand.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Die Bank weiß, dass sie schwer an ihren Altlasten trägt. Dass sie stolz darauf ist, dass es dennoch gelungen ist, das neue Geschäft zum 30. Juni 2014 im

(Ministerin Monika Heinold)

Vergleich zum Vorjahreszeitraum um zwei Drittel zu steigern und das Ergebnis vor Steuern von 137 Millionen € auf 432 Millionen € zu erhöhen, finde ich selbstverständlich.

Meine Damen und Herren, die umfassende Prüfung der EZB mit ihren Bestandteilen AQR und Stresstest läuft noch. Die Ergebnisse werden - wie gesagt - voraussichtlich Ende Oktober 2014 vorliegen. Ich biete dem Finanz- und Beteiligungsausschuss an, wie bisher zeitnah und transparent zu informieren. Nicht Alternativlosigkeit, sondern rationale Entscheidung im Interesse des Landes müssen und werden für uns auch zukünftig die Leitlinie sein. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, SSW und FDP)

Für die FDP-Fraktion hat der Fraktionsvorsitzende Wolfgang Kubicki das Wort. - Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Frau Ministerin! Herzlichen Dank für Ihren Bericht. Zunächst einmal beglückwünsche ich Sie auch im Namen der FDP-Fraktion zu der herausragend guten Auswahl Ihres Staatssekretärs. Ich hoffe, er wird sein Amt antreten trotz der Debatte, die gestern Morgen über die Fragen von möglichen Karenzzeiten geführt worden ist.

(Zuruf)

- Das hoffe ich wirklich. Man kann jemanden, der mit großem Sachverstand aus der Wirtschaft kommt, nicht gerade einfach dafür begeistern, in Schleswig-Holstein aktiv zu werden. Jedenfalls ist es eine gute Wahl, und wir können uns darüber sehr freuen.

Anlass unseres Antrags war nicht nur die Halbjahrespressekonferenz, sondern die Besorgnis, dass Informationen, die von der Bank gegeben werden, mit der Wirklichkeit nur graduell in Übereinstimmung zu bringen sind. Wir - Sie und ich gemeinsam - kennen seit 2008 die regelmäßigen Erklärungen des Vorstands der Bank über die Situation, die zum Halbjahrestermin immer sehr optimistisch sind und sich am Ende des Jahres in das genaue Gegenteil verkehrt haben.

So, wie wir auch immer von besorgten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern angesprochen werden, wie

es weitergeht - nicht nur bei der Provinzial, sondern auch bei der HSH Nordbank -, müssen wir uns Gedanken darüber machen, was Informationen und Aussagen des ehemaligen Wirtschaftsministers des Landes Schleswig-Holstein, Werner Marnette, bedeuten, der auch an den Entscheidungen der HSH Nordbank mitgewirkt hat, ob zugunsten oder zulasten. Denn entgegen der Aussage des Vorstands hat er öffentlich erklärt und uns wahrscheinlich allen seine Einschätzung der Qualitäten des Kollegen Koch - das will ich jetzt nicht weiter rühmen - zur HSH Nordbank zugeleitet. Er kommt zu dem Ergebnis - ich muss sagen, die Analyse der vorgelegten Bilanz lässt einiges in dieser Richtung als zutreffend vermuten -, dass die Ertragskraft der Bank weiter rückläufig sei und dem Trend der letzten Jahre folge. Das Geschäftsmodell - sagt er - sei nicht tragfähig.

Die positiven Ergebnisse im ersten Halbjahr 2014 432 Millionen € und im ersten Quartal 344 Millionen € seien ausschließlich auf rechnerische Effekte aus den Ländergarantien, die Reduktion der Risikovorsorgefonds und den Verzicht der Länder infolge der Kapitalschutzklausel zurückzuführen. Ohne diese rechnerischen Effekte - das war eigentlich Gegenstand unserer Frage - müsste die Bank per 30. Juni 2014 statt eines Gewinns einen Verlust von über 150 Millionen € ausweisen. Das ist eine durchaus signifikante Differenz zu dem, was öffentlich kommuniziert worden ist. Und: Die Bank kann die von der Bankenaufsicht geforderte harte Kernkapitalquote von 10 % nicht mehr erfüllen.

Er schreibt dazu:

„Nur deshalb darf auf Basis der Kapitalschutzklausel der Forderungsverzicht der beiden Länder in Höhe von 573 Millionen € erfolgen, wodurch das Ergebnis rechnerisch positiv, das heißt geschönt, dargestellt werden kann.“

Nun hoffen wir alle - Sie haben es richtig beschrieben, das größte Haushaltsrisiko, die größte Risikobaustelle ist für uns die HSH Nordbank -, dass es gelingen kann, die Europäische Kommission davon zu überzeugen, dass im Wege des Beihilfeverfahrens keine weiteren Lasten auf die HSH Nordbank zukommen, denn es ist schon jetzt schwierig, die damit verbundenen Zahlungen wirklich operativ über längere Zeit zu stemmen.

Wir können und müssen hoffen, dass der EZBStresstest positiv verläuft, denn allein die Meldung darüber, dass es Nachforderungen gibt, möglicherweise das Eigenkapital zu verstärken, und es Pro

(Ministerin Monika Heinold)

bleme bei der HSH Nordbank gibt, wird dazu führen, dass deren Refinanzierungskosten drastisch in die Höhe gehen, weil natürlich die Refinanzierung am Kapitalmarkt oder bei institutionellen Anlegern dann schwieriger werden wird und wahrscheinlich nur mit einem höheren Zinsaufschlag gestemmt werden kann.

Was uns unruhig macht, ist die Tatsache, dass die HSH Nordbank der Öffentlichkeit gegenüber erklärt hat, sie habe durch eine sehr umfangreiche und auch sehr kostspielige Analyse der Geschäfte der Vergangenheit festgestellt, dass es eine Reihe von Cum-Ex-Geschäften gegeben habe - Cum-Ex ist die Frage des Dividendstrippings vor und nach dem Stichtag, an dem eine Hauptversammlung über die Dividendenausschüttung beschließt -, und man habe festgestellt, dass es da seit 2008 Probleme gebe, und habe es korrigiert, indem man bereits 116 Millionen € an das Finanzamt zurückgezahlt habe.