Einen wunderschönen guten Morgen! Ich darf alle bitten, die Plätze einzunehmen. Wir möchten beginnen. Ich eröffne die heutige Sitzung.
Bevor wir in die Tagesordnung einsteigen, teile ich Ihnen mit, dass nach Mitteilung der SPD-Fraktion die Kollegen Kirsten Eickhoff-Weber und Tobias von Pein erkrankt sind. Wir wünschen gute Besserung.
Aufgrund auswärtiger Verpflichtungen ist Finanzministerin Heinold heute von 11 bis 15 Uhr beurlaubt. Kollege Kilian von der CDU-Fraktion hat uns mitgeteilt, dass er nach § 47 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Landtags an der heutigen Sitzung verhindert ist.
Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Mit dem Antrag zu a) wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Somit lasse ich wie gewohnt zunächst darüber abstimmen, ob der Bericht in dieser Tagung gegeben werden soll. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen. Somit darf für die Landesregierung der Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus, Dr. Bernd Buchholz, sprechen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich bitte mit einer Vorbemerkung beginnen. Mit jedem weiteren Tag des Lockdowns wird die Situation für viele Unternehmen im Land immer dramatischer. Bei allen Wirtschaftshilfen, die wir leisten, sollten wir uns das vor Augen führen. Bei einigen droht, gerade auch im Bereich des Einzelhandels, aber auch insbesondere in dem Bereich des größeren Mittelstands, bei dem die Programme nicht richtig passgerecht sind, die Existenz vernichtet zu werden. Bei allem, was wir hier tun, muss es uns immer darum gehen, Unternehmen, die ursprünglich gesund waren, zu retten und sie lebend durch die Krise zu bekommen.
(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Doris Fürstin von Sayn-Wittgenstein [fraktionslos])
Ich sage ganz deutlich: Wir müssen diesen Unternehmen vor allem die Perspektive geben, dass sie endlich wieder ihre Arbeit aufnehmen können. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns alle an die Regeln halten, um die Infektions- und Inzidenzwerte zu senken. Es ist nicht cool, wenn man keine Maske trägt und versucht, die Regeln zu umgehen. Es ist nicht clever, wenn man auf Sylt Urlaub macht und Zweitwohnungsbesitz ausnutzt.
Es ist nicht egal, wenn man privat feiert, meine Damen und Herren. Das gefährdet die Existenz von Unternehmen und Arbeitsplätze in diesem Land. Deshalb ist es wichtig, dass sich alle an die Regeln halten. Ich bitte, das auch in diesem Sinne zu sehen.
Meine Damen und Herren, wir versuchen indes, natürlich überall da nachzusteuern, wo wir Einfluss darauf nehmen können, dass die Bedingungen für die Wirtschaftshilfen verbessert werden.
Wir sind manchmal dabei auch nicht unerfolgreich. Mit dem Appell, die Überbrückungshilfe III zu vereinfachen und auszuweiten, ist man uns immerhin in Berlin ein Stück entgegengekommen. Bei der letzten Ministerpräsidentenkonferenz hat man einige der Forderungen der Wirtschaftsminister und einige der Forderungen, die wir auch in diesem Land intensiv gestellt haben, erhört. Die Abschlagszahlungen wurden auf 100.000 € erhöht und sollen bereits im Februar 2021 starten. Insgesamt sollen För
derungen bis 1,5 Millionen € möglich sein. Ein einheitliches Kriterium - nichts mehr mit indirekt, mittelbar Betroffenen oder Sonstiges - ist gewählt worden. Der Einstiegsumsatzverlust, der notwendig ist, um Überbrückungshilfe III zu erhalten, liegt jetzt bei 30 %. Das, was wir im Land ursprünglich schon im November 2020 gefordert haben, ist realisiert worden, zwar spät, aber es ist realisiert worden. Das ist ein großer Erfolg.
Vielen Dank, Herr Minister Buchholz. Eine Bemerkung und eine Frage habe ich zu Ihren einleitenden Worten. Sie haben gesagt: Uns muss bewusst sein, dass Unternehmen mit ihrer Existenz kämpfen. Sie haben insbesondere den Einzelhandel erwähnt. Ich habe es gestern schon gesagt: Die Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage meines Kollegen Schaffer hat ergeben, dass nur zehn Fälle eindeutig dem Einzelhandel zuzurechnen sind - von über 21.600 Infektionsfällen in Schleswig-Holstein. Das zeigt mir, dass der Einzelhandel kein Treiber der Pandemie war und ist und dass die Hygienekonzepte greifen.
(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)
Das ist Ihr Problem. Wenn Sie in die entsprechende RKI-Statistik hineinschauen, dann sehen Sie, dass davor ein Disclaimer steht, eine Vorbemerkung. Die Vorbemerkung lautet, dass leider nur ein Drittel des ganzen Pandemiegeschehens nach diesen Ursachen zugeordnet werden kann, und zwei Drittel, also
über 60 %, nicht zugeordnet werden können. Das haben Sie leider überlesen, nicht gelesen oder wollen es nicht wahrnehmen. Das tut mir leid. Aber pauschal behaupten, dass es im Einzelhandel nicht zu Infektionen kommen kann, das kann man leider nicht.
Solange Sie meine Zeit anhalten und nicht hinterher monieren, dass ich überzogen habe, bin ich einverstanden.
Vielen Dank, Herr Minister. Sie haben natürlich recht. Nicht alle Infektionen lassen sich einwandfrei zuordnen, aber es sind immer noch über 4.000 - wenn ich das richtig verstanden habe -, die sich zuordnen lassen. Von diesen über 4.000 sind es nur zehn im Einzelhandel. Das sind also zehn von über 4.000. Das ist immer noch von der Relation her so, dass ich sage: Da kann man den Einzelhandel öffnen.
Dass Sie das sagen, Herr Nobis, habe ich zur Kenntnis genommen. Aber ehrlich gesagt sind wir alle daran interessiert, dass wir auch gerade die Älteren in unserer Gesellschaft schützen, die zum Beispiel gerade in Sachsen massenweise - - Schauen Sie sich an, was gerade in den Krematorien in Meißen los ist! Das wollen wir vermeiden. Deshalb versuchen wir, Kontakte zu vermeiden. Das ist ein Stück Menschlichkeit.
Chance, Saisonware abzuschreiben und die entsprechenden Abschreibungsbeträge als Fixkosten anzusetzen. Auch das ist ein wichtiger Punkt. Aber, meine Damen und Herren, lassen Sie mich auch ganz klar sagen: Die letzten Monate haben uns gelehrt: Den Worten und Ankündigungen in den Ministerpräsidentenkonferenzen müssen auch echte Taten folgen.
Viele Unternehmen beschweren sich völlig zu Recht, dass die Auszahlung der Hilfen ewig lange dauert, und ehrlich gesagt kann von der großen Bazooka, dem großen Wumms und einer schnellen und unbürokratischen Hilfe leider überhaupt keine Rede sein.
Es ist und bleibt ein Desaster, dass das Programmieren einer Software und die Freischaltung für uns bei der Bearbeitung der Novemberhilfen insgesamt zweieinhalb Monate dauert. Es bleibt ein Desaster.
Meine Damen und Herren, es ist aber ehrlicherweise auch so, dass nicht nur das Bundeswirtschaftsministerium Fehlleistungen produziert, sondern dass vieles von der Bürokratie - das muss man an dieser Stelle auch einmal sagen - leider auch auf das Haus des Bundesfinanzministeriums zurückzuführen ist. 58 Seiten Vollzugshinweise allein für die Novemberhilfen basieren im Wesentlichen darauf, dass das Finanzministerium in Berlin unter Ihrem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz Dinge hineinformuliert, die - ehrlich gesagt - an der Stelle schon ein bürokratischer Wahnsinn sind.
Ich will eines herausgreifen, was uns und vor allem die Steuerberaterinnen und Steuerberater im Land aktuell extrem beschäftigt, die so wichtig bei der Antragsberatung sind. Nachdem wir erreicht haben, dass die Abschlagszahlungen für die Novemberhilfe erhöht worden sind, hat das Finanzministerium Wert darauf gelegt, dass bitte der Umfang der Vorprüfungen dafür von 10 % der Fälle auf 30 % der Fälle erhöht werden muss. Von den 8.000 Anträgen sind deshalb bei uns im Scoring 2.500 Fälle automatisch in die Kategorie „gelb“ gerutscht. Das bedeutet, dass wir Rückfragen bei den Steuerberatern stellen müssen. Die Steuerberater, die schon vorgeprüft haben, bekommen dann einen Zettel von uns nach dem Motto: Bitte belegen Sie nunmehr die Tatsache, dass der Mietvertrag A, B oder C existiert.